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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 13.06.2007
Aktenzeichen: 6 K 302/06
Rechtsgebiete: GewStG


Vorschriften:

GewStG § 7
GewStG § 8 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

6 K 302/06

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Gewerbesteuermessbescheide 1997 bis 2000.

Die Klägerin wurde im Jahre 1981 gegründet. Mit Wirkung vom 1. Juli 1981 pachte die Klägerin die wesentlichen Betriebsgrundlagen von dem Einzelunternehmen A.B. ("Mietvertrag über Maschinen und Kraftfahrzeuge"); dieser Vertrag wurde durch den Nachtragsvertrag vom 1. Juli 1989 sowie Nachtrag vom 5. Januar 1993 abgelöst; das Vertragsverhältnis wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2000 durch Vertrag vom 20. Dezember 1999 neu geregelt; zwischen beiden Unternehmen liegt eine Betriebsaufspaltung vor.

Der "Mietvertrag über Geschäftsräume, Maschinen und Kraftfahrzeuge" enthält keine näheren Angaben, was genau verpachtet wurde; so heißt es im Vertrag vom 18. Dezember 1984, dass der Geschäftswert mitverpachtet ist.

Im Vertrag vom 5. Januar 1993, der für die Streitjahre 1997 bis 1999 maßgebend ist, findet sich folgende Bestimmung:

"...

besteht ein Mietvertrag über Maschinen und Kraftfahrzeuge vom 01.07.1989, ... Unter Bezug auf die nunmehr abgeschlossene Betriebsprüfung wird dieser Vertrag nachstehend präzisiert:

Die monatliche Miete beträgt seit 1. August 1992 DM 40.000,00. Die Miete soll nach dem Willen der Parteien langfristig die Zinsaufwendungen und die Abschreibungen sowie die mit der Vermietung direkt zusammenhängenden Aufwendungen (jedoch ohne allgemeine Kosten) decken. Der vereinbarte Mietpreis entspricht nach den heutigen Gegebenheiten diesem Erfordernis. Die A.B. GmbH trägt die laufenden Instandhaltungen der vermieteten Wirtschaftsgüter und ist grundsätzlich verpflichtet, mit den Mietgegenständen sorgsam umzugehen. Schuldhaft verursachte Schäden sind dem Vermieter gegenüber zusätzlich auszugleichen, sofern nicht bereits durch den Mieter die Behebung solcher Schäden vorgenommen wurde. Zur Ersatzbeschaffung der überlassenen Wirtschaftsgüter ist der Vermieter verpflichtet, wenn die überlassenen Wirtschaftsgüter technisch oder wirtschaftlich als verbraucht anzusehen sind."

In dem neuen Vertrag vom 20. Dezember 1999, der als "Pachtvertrag" bezeichnet ist, - auf die Kopie in den FA-Akten (Rechtsbehelfsakte) wird verwiesen - wird in § 3 der Pachtzins, in § 6 die Instandhaltungsverpflichtung des Pächters und die Verpflichtung zum Abschluss von Versicherungen sowie in § 7 die Erneuerungsverpflichtung geregelt. Mit diesem Vertrag soll - so § 1 dieses Vertrages - das bisherige Vertragsverhältnis in seiner Gesamtheit fortgeführt werden. Abweichend von diesen bisherigen Verträgen wird nunmehr zusätzlich "... auch alle dem Betrieb dienenden immateriellen Gegenstände einschließlich des Geschäftswerts" mit überlassen.

Das Grundstück, auf dem das Unternehmen der Klägerin betrieben wird, wird von X.B., der Ehefrau des Einzelunternehmers und Hauptgesellschafters der Klägerin (74%) A.B., direkt an die Klägerin vermietet.

Im Herbst 2002 wurde bei der Klägerin und bei dem Besitzunternehmer A.B. eine Betriebsprüfung durchgeführt (vgl. geänderter Bericht über die Betriebsprüfung vom 7. April 2005 - Bp-Bericht -). Der Betriebsprüfer vertrat u.a. die Auffassung, dass die Verträge nicht als Pachtverträge i.S. des BGB zu qualifizieren seien, sondern dass auf das Verhältnis die Regeln über Mietverträge anzuwenden seien; demnach seien die Instandhaltungen, die die Klägerin geleistet habe, den Zahlungen an das Einzelunternehmen hinzuzurechnen und nach § 8 Nr. 7 des Gewerbesteuergesetzes -GewStG- zu behandeln (vgl. Tz. 6.03 des Bp-Berichts).

Das beklagte Finanzamt -FA- schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ mit Datum 9. September 2004 geänderte Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre.

Gegen die geänderten Bescheide für 1997 bis 2000 wurde form- und fristgerecht mit Schreiben vom 10. September 2004 Einspruch eingelegt. Im Wesentlichen wurde vorgetragen, dass das FA die Verträge rechtlich unzutreffend als Mietverträge qualifizieren würde; von ihrem Regelungsgehalt her würde es sich zweifelsfrei um Pachtverträge handelt, sodass die Instandhaltungsaufwendungen der Klägerin nicht den Mietzahlungen hinzuzurechnen seien.

Während des Einspruchsverfahrens wurde ein geänderter Gewerbesteuermessbescheid für 1997 erlassen, der gemäß § 365 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2006, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2006, der am gleichen Tag bei Gericht eingegangen ist, wurde Klage erhoben. Unter Bezugnahme auf das Vorbringen im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren wird zusammenfassend vorgetragen, dass es sich von seinem wirtschaftlichem Gehalt her um einen Pachtvertrag handeln würde und die Instandhaltungsarbeiten der Klägerin demnach dem gesetzlichen Verteilungstypus zwischen Pächter und Verpächter entsprechen würden, sodass eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG ausscheide. Des Weiteren sei der einheitliche Pachtzins für die Jahre 1997 bis 1999 aufzuteilen, d.h., das auf den Firmenwert entfallende Entgelt sei aus den Hinzurechnungen zu eliminieren.

Die Klägerin beantragt,

die geänderten Gewerbesteuermessbescheide für 1997 bis 2000 - alle in der Form der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2006 - dahingehend abzuändern, dass die von der Klägerin geleisteten Pachtzahlungen um das auf den Firmenwert entfallende Entgelt gekürzt und sodann die von der Klägerin aufgewendeten Kosten für Instandhaltungsarbeiten aus der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG herausgenommen werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass - unabhängig von der Vertragsbezeichnung - auch bei Pachtverträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter die Regeln über den Mietvertrag anzuwenden seien.

Mit Beschluss vom 25. April 2007 wurde der Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die sich in der finanzgerichtlichen Akte befinden, die vom FA vorgelegten Steuerakten sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 17. Januar 2007 sowie über die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

1. Nach § 8 Nr. 7 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb - vgl. § 7 GewStG - die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Das gilt nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer heranzuziehen sind, es sei denn, dass ein Betrieb oder ein Teilbetrieb vermietet oder verpachtet wird und der Betrag der Miet- oder Pachtzinsen in den Streitjahren 250.000 Deutsche Mark übersteigt. Maßgebend ist jeweils der Betrag, den der Mieter oder Pächter für die Benutzung der zu den Betriebsstätten eines Gemeindebezirks gehörigen fremden Wirtschaftsgüter an einen Vermieter oder Verpächter zu zahlen hat.

Diese Vorschriften sind, wie sich aus ihrer Entstehungsgeschichte erschließt, von dem gesetzgeberischen Bestreben getragen, Gewerbetreibende, die mit gemieteten oder gepachteten beweglichen Anlagevermögen arbeiten und die demgemäß die Aufwendungen für die Miete oder Pacht als Betriebsausgaben absetzen können, denjenigen Unternehmern gewerbesteuerrechtlich gleichzustellen, die mit eigenem beweglichen Anlagevermögen arbeiten und die demgemäß den Reinertrag aus diesem Teil des Anlagevermögens in voller Höhe der Gewerbesteuer zu unterwerfen haben. Um die Gleichstellung herbeizuführen, schreibt das Gesetz die Hinzurechnung der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen vor. Das Gesetz geht dabei davon aus, "dass die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen den Reinertrag aus den gemieteten Maschinen oder sonstigen beweglichen Gütern des Anlagevermögens darstellt" (Begründung zum Gewerbesteuergesetz 1936, RStBl 1937, 693/696).

2. Der Begriff des Wirtschaftsguts in § 8 Nr. 7 GewStG deckt sich mit dem des Einkommensteuergesetzes (EStG). Danach sind Wirtschaftsgüter sowohl Gegenstände i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB-- (Sachen und nicht körperliche Gegenstände), sofern sie "als realisierbarer Vermögenswert angesehen" werden können, als auch bloße vermögenswerte Vorteile, sofern diese insbesondere nach der Verkehrsauffassung einer selbstständigen Bewertung zugänglich sind.

Davon ausgehend hat die Rechtsprechung des BFH zu § 8 Nr.7 GewStG eine selbstständige Bewertungsfähigkeit bloßer vermögenswerter Vorteile (insbesondere eines Geschäftswerts / Firmenwertes) bei Betriebsverpachtungen nur dann angenommen, wenn durch den Pachtvertrag (oder sonstige Umstände) hinreichend konkretisiert wurde, dass sie Gegenstand des Pachtverhältnisses sind; das Vorliegen einer solchen Konkretisierung hat der BFH (für den Regelfall) dann verneint, wenn Gegenstand der Pacht auch die Betriebsräume sind und eine einheitliche Umsatzpacht vereinbart wurde (grundlegend BFH-Urteil vom 29. April 1970 IV R 20/67, BStBl II 1970, 726; vgl. ferner Urteil vom 30. März 1976 VIII R 169/72, BStBl II 1976, 463 m.w.N.).

Im vorliegenden Streitfall ist für die Streitjahre 1997 bis 1999 weder greifbar noch abgrenzbar, inwieweit der Steuerpflichtige die Pacht für die Überlassung von "Geschäftsräumen, Maschinen und Kraftfahrzeugen" und inwieweit der Steuerpflichtige eine Pacht für einen Geschäftswert entrichtet wurde. Nur dann, wenn ein auf dieses Wirtschaftsgut entfallender Pachtzinsanteil klar ausscheidbar wäre, könnte von einer Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter und deren Bewertungsfähigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts die Rede sein (vgl. auch BFH Beschluss vom 27. Februar 1995 I B 57/94, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1995, 823. Da dies nicht der Fall ist, kann die Klage hinsichtlich dieses Streitpunktes keinen Erfolg haben.

Auch für das Streitjahr 2000 enthält die Neufassung des Pachtvertrages vom 19. Dezember 1999 keine hinreichend deutliche Abgrenzung i.S. der vorgenannten BFH-Rechtsprechung - vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 bis 3 des Pachtvertrages -, sodass auch die Klage insoweit abzuweisen war.

3. Der Begriff der Miet- und Pachtzinsen i. S. von § 8 Nr. 7 GewStG ist wirtschaftlich zu verstehen, und zwar insbesondere insofern, als er nicht nur die laufenden Barzahlungen des Mieters oder Pächters an den Vermieter oder Verpächter umfasst. Demgemäß kann offenbleiben, welchen Inhalt die bürgerlichrechtlichen Begriffe "Mietzins" und "Pachtzins" im Einzelnen haben, insbesondere welche Leistungen des Mieters oder Pächters noch von diesen Begriffen umfasst werden.

Offen ist allerdings, was im Einzelnen zu den Miet- und Pachtzinsen i. S. des § 8 Nr. 7 GewStG gehört, insbesondere, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen darunter auch die vom Mieter oder Pächter getragenen Aufwendungen für die Reparatur und die Versicherung des gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgutes fallen.

Der BFH ist der Auffassung, dass die vom Mieter oder Pächter getragenen Instandhaltungskosten und die Kosten einer Kaskoversicherung zu den Miet- oder Pachtzinsen gehören, wenn und soweit nach den für den in Frage stehenden Vertragstyp (z.B. Mietvertrag, Pachtvertrag, Pachtvertrag über ein landwirtschaftliches Grundstück, Pachtvertrag über ein Grundstück samt Inventar) gültigen gesetzlichen Regelungen des BGB die Instandhaltungskosten und die Versicherungskosten nicht der Mieter oder Pächter zu tragen hätte und wenn und soweit abweichend hiervon durch Parteivereinbarung nicht nur der Vermieter oder Verpächter von seiner gesetzlichen Verpflichtung entbunden wird, den vermieteten oder verpachteten Gegenstand während der Miet- oder Pachtzeit in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, sondern vielmehr darüber hinaus eine besondere Verpflichtung des Mieters oder Pächters gegenüber dem Vermieter oder Verpächter begründet wird, den gemieteten oder gepachteten Gegenstand laufend instand zu halten und für ihn eine Kaskoversicherung abzuschließen (BFH Urteil vom 27. November 1975 IV R 192/71, BStBl II 1976, 220; vgl. ferner BFH Beschluss vom 23. September 1998 I B 34/98, BFH/NV 1999, 515).

Im vorliegenden Rechtsstreit teilt der Senat die Rechtsauffassung des FA, dass aufgrund der gewählten Rechtskonstruktion von einem Mietvertrag i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuches auszugehen ist mit der Konsequenz, dass die über das gesetzliche Maß der im BGB vorgesehenen Lastenverteilung hinausgehende Zahlungen der Klägerin, der durch den Vertrag anstelle des Vermieters (Verpächters) Erhaltungsaufwendungen aufgebürdet werden (vgl. § 535 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB), als Grundlage der Hinzurechnung nach dem GewStG anzusehen sind.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 FGO.



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