Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 13.07.2007
Aktenzeichen: 9 K 153/02
Rechtsgebiete: EStG, Assoziierungsabkommen EWG-Türkei


Vorschriften:

EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3
Assoziierungsabkommen EWG-Türkei Art. 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

9 K 153/02

Kindergeldanspruch für in der Türkei lebende Kinder

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger (Kl) aufgrund assoziationsrechtlicher Bestimmungen das Kindergeld für seine in der Türkei lebenden Kinder in voller Höhe beanspruchen kann.

Der Kl und seine Familie sind türkischer Abstammung. Die drei Töchter wurden in Deutschland geboren, A. am ...1989 und die Zwillinge B. und C. am ...1991.

Der Kl ist Arbeiter und betreibt daneben seit 1994 ein Taxiunternehmen. Er wird zusammen mit seiner 1964 geborenen Ehefrau X. zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Die nach der Splittingtabelle endgültig festgesetzte ESt-Schuld belief sich 1999 auf 1.225,-EUR, 2000 auf 4.281,-EUR, 2001 auf 3.758,-EUR, 2002 auf 1.734,-EUR und 2003 auf 822,-EUR. Kinderfreibeträge wurden nur in den Jahren 2000 und 2001 und zwar in Höhe von jeweils insgesamt 5.080,-EUR (9.936,-DM) berücksichtigt.

Dem Kl, seiner Ehefrau und den drei Töchtern wurde im Sommer 1997 (Ausstellungsdatum des Personalausweises ...1997) die deutsche Staatsangehörigkeit verliehen. Von dem Urlaub in der Türkei im Sommer 1998 kehrte nur der Kl in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Für seine Familie mietete er in Ankara eine große Wohnung an. Er selbst lebte abwechselnd drei Monate in Deutschland und drei Monate in der Türkei. Der Kl gab daher die bisherige Wohnung auf und mietete im Herbst 1998 in -Y-eine wesentlich kleinere Wohnung mit nur noch 1 1/2 Zimmern an.

Die Töchter besuchten mit Beginn des Schuljahres im September 1998 in der Türkei die Schule. Die Zwillinge B. und C. wurden dort eingeschult und die älteste Tochter A. wieder von der deutschen Grundschule genommen. Während der türkischen Sommerferien hielten sie sich in den Jahren 2000 und 2001 in Deutschland auf und besuchten in -Y-von Ende Juni bis Ende Juli eine deutsche Schule. Sie konnten während ihres Aufenthalts die Wohnung eines türkischen Bekannten des Kl nutzen, der sich während dieser Zeit im Heimaturlaub befand.

Seit August 2003 lebt die Familie wieder in Deutschland und die Töchter gehen hier zur Schule.

Der Kl stellte am 08.10.1998 einen Antrag auf Kindergeld für die drei Töchter. Der Beklagte (Bekl) setzte hierauf mit bestandskräftigem Bescheid vom 22.04.1999 Kindergeld in Höhe von 95,-DM (10,-DM, 25,DM, 60,-DM) fest. Am 07.03 und 20.06.2001 reichte der Kl erneut einen Antrag auf Kindergeld ein.

Mit Bescheid vom 24.08.2001 lehnte der Bekl die Gewährung eines höheren Kindergeldes ab. Die Kinder hielten sich nur in den Ferien in Deutschland auf. Dies sei für die Begründung eines Wohnsitzes im Inland nicht ausreichend. Kindergeld könne daher nur in der Höhe festgesetzt werden, wie es dies das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 30.04.1964 vorsehe.

Der Kl ließ rechtzeitig "Widerspruch" einlegen und vortragen, Kinder, die sich vorübergehend zu Ausbildungszwecken im Ausland aufhielten, hätten in der Regel weiterhin ihren Wohnsitz bei den Eltern. Der auswärtige Aufenthalt sei durch den Zweck, die Schulausbildung abzuschließen, zeitlich begrenzt und lasse daher nicht den Schluss zu, dass die Verbindung zu den Eltern unterbrochen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) behielten sogar studierende Kinder ihren Wohnsitz in der Wohnung der Eltern bei, sofern sie diese in den ausbildungsfreien Zeiten nutzten. Dies sei jeweils während der Sommerferien in der Türkei vom 15.06. bis 15.09. der Fall gewesen.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 10.05.2002 führte der Bekl aus, ein Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt der Kinder liege in Deutschland nicht vor. Sie befänden sich seit 1998 in der Türkei in Schulausbildung und hielten sich nur in den Ferien in Deutschland auf. Hier stehe ihnen jedoch kein Wohnraum zur Verfügung. Vielmehr wohnten sie während ihres Aufenthalts bei Bekannten der Familie. Ein Anspruch auf Kindergeld bestehe daher nur nach den Sätzen des deutschtürkischen Abkommens über Soziale Sicherheit.

Der Kl erhob fristgerecht Klage und trägt ergänzend vor, in der Europäischen Union (EU) tätigen türkischen Arbeitnehmern stehe wie Angehörigen der Mitgliedsstaaten der EU das Kindergeld in voller Höhe auch dann zu, wenn sich die Kinder in der Türkei aufhielten. Dies ergebe sich aus dem europäischtürkischen Assoziationsrecht.

Aus den unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Art. 37 des Zusatzprotokolls vom 23.11.1970 zum Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Türkei vom 12.09.1963 (Assoziierungsabkommen EWG-Türkei) und Art. 10 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980 (ARB Nr. 1/80) folge ein gemeinschaftsrechtlicher Anspruch auf gleiche Arbeitsbedingungen. Hierzu gehöre schon nach dem Urteil des Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH)vom 15.01.1986 Rs. 41/84 - Pinar I -auch das Kindergeld. Der EuGH ordne auch das Erziehungsgeld dem Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt zu. Hinzu komme, dass ebenso steuerliche Vergünstigungen zum Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt gehörten.

Die nach Art. 48 ff. (jetzt Art. 39 ff.) des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG- Vertrag) für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft geltenden Grundsätze seien nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer zu übertragen. Die Anwendung des Diskriminierungsverbots des Art. 48 (jetzt Art. 39) EG-Vertrag fordere jedoch die Einbeziehung der im Ausland lebenden Kinder von Freizügigkeitsberechtigten in die Kindergeldberechnung. Würden in der Türkei wohnende Kinder allein aufgrund ihres Wohnortes vom Bezug von Kindergeld ausgeschlossen, handele es sich um den klassischen Fall der verschleierten mittelbaren Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit. Der EuGH habe jedoch mehrfach das Verbot der Diskriminierung der türkischen Staatsangehörigen bestätigt.

Der Kl ist der Ansicht, der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit führe nicht zum Verlust der aus dem Assoziationsrecht folgenden Rechtsstellung. Eine Einbürgerung hindere nach dem EuGH-Urteil vom 23.02.1990 C-419/92 -Scholz -nicht die Anwendung des Diskriminierungsverbots auf die Arbeitsbedingungen. Die aus dem ARB Nr. 1/80 folgenden Rechte könnten sich vom Stammberechtigten lösen. Würden Unionsbürger Inländer, blieben die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen auch unverändert bestehen. Das EuGH-Urteil vom 11.11.1999 C-179/98 -Fatnah Mesbah -sei nicht anwendbar. Der Urteilsfall betreffe keine Beitrittsassoziation. Das Kooperationsabkommen EWG-Marokko weise in Wortlaut, Gegenstand und Zweck wesentliche Unterschiede auf. Es sei deshalb nicht gerechtfertigt, eingebürgerte Arbeitnehmer mit ehemals türkischer Staatsangehörigkeit von der Anwendung des Art. 37 des Zusatzprotokolls auszunehmen.

Der Kl meint, die Veranlagung zur ESt habe keinen Vorrang. Dieser sei nur in den Fällen gegeben, in denen eine Verletzung des Existenzminimums der Kinder geltend gemacht werde. Der Vorrang greife daher dann nicht ein, wenn aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Regelungen ein gesetzlicher Anspruch auf ein höheres Kindergeld bestehe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Kl verweist der Senat insbesondere im Hinblick auf die angeführte umfangreiche Rechtsprechung des EuGH auf die Schriftsätze vom 21.01.2003, 27.03., 31.05. und 20.06.2007.

Der Kl beantragt sinngemäß,

den Bekl unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 10.05.2002 und des Ablehnungsbescheids vom 24.08.2001 zu verpflichten, für den Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) festzusetzen.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl führt unter Verweis auf die ergangene Einspruchsentscheidung aus, da die Kinder des Kl im streitbefangenen Zeitraum weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hätten, könne das Kindergeld auch nur in Höhe der in Art. 33 Abs. 1 des deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit festgelegten Sätze gezahlt werden.

Vor dem Berichterstatter fanden am 26.03. und 20.06.2007 Erörterungstermine statt, hinsichtlich deren Ergebnisse auf die Niederschriften (Bl. 56 ff. und Bl. 116 ff. der FG-Akte) verwiesen wird.

Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Dem Kl steht für den Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 kein Anspruch auf das im EStG geregelte Kindergeld zu.

Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG hat derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehaben. Die Türkei gehört nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten.

Seinen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 der Abgabenordnung -AO). Dies setzt zunächst voraus, dass eine Wohnung mit zum Wohnen geeigneten Räumlichkeiten vorhanden ist, über die diese Person tatsächlich verfügen kann (BFH-Urteil vom 23.11.1988 II R 139/87, Bundessteuerblatt - BStBl -II 1989, 182;vom 22.04.1994 III R 22/92, BStBl II 1994, 887 undvom 12.01.2001 VI R 64/98, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV -2001, 1231).

Den Kindern des Kl stand jedoch im Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 in Deutschland kein Wohnraum zur Verfügung, den sie als ständige Bleibe nutzen konnten. Die 1 1/2 Zimmerwohnung des Vaters war zu klein, um den drei Kindern dauerhaft als Unterkunft dienen zu können. Die Beibehaltung des Wohnsitzes bei den Eltern oder einem Elternteil setzt jedoch voraus, dass die objektiven Wohnverhältnisse dem Kind die Möglichkeit eines längeren Wohnens eröffnen (BFH-Urteil vom 23.11.2003 VI R 107/99, BStBl II 2001, 294 m.w.N.). Die 3 Kinder mussten aber während ihrer Aufenthalte in Deutschland in der Wohnung eines Bekannten des Kl untergebracht werden, über die sie nicht als dauerhafte Bleibe, sondern nur vorübergehend als eine Art Ferienwohnung verfügen konnten.

Die Ablehnung des Anspruchs auf Kindergeld nach dem EStG begegnet vorliegend auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Aus dem Grundgesetz (GG) kann keine Verpflichtung abgeleitet werden, im Ausland lebende Kinder deutscher Staatsangehöriger bei der Gewährung von Kindergeld zu berücksichtigen (BFH-Urteile vom 23.11.2000 VI R 165/99, BStBl II 2001, 279 undvom 26.02.2002 VIII R 85/98, BFH/NV 2002, 912; Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG-vom 05.11.1986 1 BvR

Dem Kl steht auch aufgrund des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei kein Anspruch auf ein höheres Kindergeld zu.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist zwar die Bestimmung eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Abkommens als unmittelbar anwendbar anzusehen, "wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Gegenstand und die Natur des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Akts abhängen" (EuGH-Urteile vom 02.03.1999 C-416/96 -El-Yassini; vom 4.05.1999 C262/ 96 -Sema Sürül -Rn. 60 m.w.N.). Dies gilt nach der Rechtsprechung des EuGH auch für die Bestimmungen eines Beschlusses des Assoziationsrats EWG-Türkei (EuGH C-262/96 Rn. 60; EuGH- Urteile vom 20.09.1990 C-192/89 -Sevince -Slg. 1990, I -3461 Rn. 15 und vom 07.07.2005 C-374/03 Rn.20 -Gaye Gürol ). Die fehlende Veröffentlichung der Assoziationsratsbeschlüsse nimmt dem Einzelnen nicht die Möglichkeit, sich jedenfalls gegenüber einer Behörde auf die ihm durch diese Beschlüsse zuerkannten Rechte zu berufen (EuGH C-192/89 Rn. 24).

Unter den genannten Voraussetzungen sind sowohl Bestimmungen des primären als auch des sekundären Assoziationsrechts vorrangig gegenüber dem nationalen Recht und verändern dessen Tatbestandsmerkmale. Jeder Vertragsbürger, der in ihren Anwendungsbereich fällt, ist daher berechtigt, sie vor den nationalen Gerichten geltend zu machen.

Der Kläger kann sich jedoch nicht auf die im europäisch-türkischen Assoziationsrecht enthaltenen Diskriminierungsverbote berufen. Art. 9 des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei, der jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet, bleibt als reiner Programmsatz ohne unmittelbare Wirkung (vgl. bereits EuGH-Urteil vom 30.09.1987 Rs. 12/86 -Demirel). Art. 37 des Zusatzprotokolls zum Abkommen will für die in der Gemeinschaft beschäftigten Arbeitnehmer türkischer Staatsangehörigkeit in Bezug auf die Arbeitsbedingungen eine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung gegenüber den Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten verhindern. Der Kläger war jedoch im Zeitraum des Bezugs des strittigen Kindergeldes deutscher Staatsangehöriger.

Aus den selben Gründen scheidet Art. 10 ARB Nr. 1/80 als Anspruchsgrundlage aus. Die Bestimmung räumt türkischen Arbeitnehmern eine Rechtsposition ein, die hinsichtlich der Arbeitsbedingungen jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit ausschließt. Verknüpft eine Regelung des Assoziierungsrechts ein Diskriminierungsverbot mit dem Bestehen einer bestimmten Staatsangehörigkeit, führt die Einbürgerung jedoch zwingend zum Verlust dieser Privilegierung (EuGH-Urteil C-179/98).

Der eindeutige Wortlaut der Bestimmungen lässt eine Differenzierung nach der Art der Assoziierung nicht zu. Mit dem Erwerb der Staatsangehörigkeit des Aufnahmestaates verliert daher auch ein türkischstämmiger Arbeitnehmer die auf der aufgegebenen Staatsangehörigkeit beruhenden Rechte aus dem Assoziationsstatus.

Ein anderes Ergebnis folgt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch nicht aus dem EuGH-Urteil C-419/92 -Scholz. Der Entscheidung liegt Art. 48 Abs. 2 (jetzt Art. 39 Abs. 2) EG-Vertrag zugrunde, der wie der Gerichtshof betont -jedem Gemeinschaftsbürger unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer einräumt. Die Aufgabe der deutschen und der Erwerb der italienischen Staatsangehörigkeit war daher nur aus diesem Grund für den Ausgang jenes Verfahrens ohne Bedeutung.

Ein Erfolg der Klage wäre selbst dann ausgeschlossen gewesen, wenn der Kl die türkische Staatsangehörigkeit beibehalten hätte. Der als speziellere Vorschrift vorrangige Beschluss Nr. 3/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 19.09.1980 (ARB Nr. 3/80) beschränkt den Anspruch auf Familienleistungen gemäß Art. 2, 4 Abs. 1 18 ausdrücklich auf die im Gebiet eines Mitgliedsstaats wohnenden Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer (Urteil des Bundessozialgerichts vom 29.01.2002 B 10/14 EG 8/99 R, Breith 2002, 645).

Das Gericht sieht keine Veranlassung, den EuGH gemäß Art. 234 EG-Vertrag anzurufen. Die Rechtslage erscheint eindeutig. Allerdings lässt der Senat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu. Nachdem der BFH bisher noch keine Gelegenheit hatte, auf die von der Klägerseite aufgeworfenen assoziationsrechtlichen Fragen einzugehen, erfordert zumindest die Fortbildung des Kindergeldrechts eine höchstrichterliche Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück