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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 08.12.2006
Aktenzeichen: 9 K 23/05
Rechtsgebiete: ErbStG, BewG, BGB


Vorschriften:

ErbStG § 12
ErbStG § 13a
ErbStG § 25 Abs. 1 S. 1
BewG § 138 Abs. 5
BGB § 2147
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

9 K 23/05

Tatbestand:

Streitig ist die Bewertung eines Übernahmerechts und der Ansatz des Betriebsvermögensfreibetrages nach § 13a Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG).

Der Kläger ist der älteste Sohn des am...11.1997 verstorbenen Landwirts ... Dieser hinterließ drei weitere Söhne und seine Ehefrau. Der Erblasser hatte, ohne die Aufgabe seinen Betriebes erklärt zu haben, seinen Hof bereits ab 01.07.1997 an den Kläger verpachtet.

Zur Regelung der Erbfolge hatte der Erblasser zwei Verfügungen von Todes wegen getroffen:

Am 21.03.1983 hatte er mit seiner Frau einen Erbvertrag geschlossen. Unter Ziffer II. § 1 des Vertrages setzte er seine vier Söhne zu gleichen Teilen als Erben ein, seine Ehefrau bedachte er mit Vermächtnissen. Unter § 4 traf er Regelungen in Bezug auf seinen landwirtschaftlichen Betrieb:

"Der Ehemann verfügt folgende Übernahmerechte:

1) Zur Übernahme seines landwirtschaftlichen Betriebes ist berechtigt:

a) in erster Linie der Sohn A. G.,

b) in zweiter Linie ersatzweise der Sohn B. G.,

c) in dritter Linie .............,

sofern der jeweilige Übernehmer zur eigenen Bewirtschaftung des Betriebs bereit ist.

Die Übernahme erfolgt mit allen Aktiven und Passiven zum Ertragswert. Außerdem hat der Übernehmer die an die Ehefrau als überlebenden Teil nach § 2 dieses Erbvertrages zu entrichtende Geldrente zur Erfüllung zu übernehmen und das Wohnungsrecht § 3 gegen sich gelten zu lassen.

2) ...

Für das Übernahmerecht gelten im übrigen folgende weitere Bestimmungen:

1. ...

4. Der von den jeweiligen Übernehmern zu entrichtende Übernahmepreis ist innerhalb von 12 Monaten nach Ausübung der Übernahmerechte zur Zahlung fällig... ."

Der Erbvertrag wurde am 07.05.1991 hinsichtlich einzelner Bestimmungen geändert und neu gefasst. Ziffer II § 4 1), 2) erhielt folgenden - neuen - Wortlaut:

"Der Ehemann verfügt folgende Übernahmerechte:

A.

Zur Übernahme seines landwirtschaftlichen Betriebes ist berechtigt:

a) in erster Linie der Sohn A. G.,

b) in zweiter Linie......,

c) in dritter Linie.....,

sofern der jeweilige Übernehmer zur eigenen Bewirtschaftung des Betriebes bereit ist.

Die Übernahme erfolgt mit allen Passiven und Aktiven. Der Übernehmer hat die an die Ehefrau als überlebenden Teil nach 2 dieses Erbvertrages zu entrichtende Geldrente zur Erfüllung zu übernehmen und das Wohnungsrecht § 3 gegen sich zu lassen. Weitere Gegenleistungen sind jedoch nicht zu erbringen. ... Für das Übernahmerecht gelten im übrigen folgende Bestimmungen:

1. Das Übernahmerecht ist innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall auszuüben. Erfolgt keine fristgerechte Erklärung, so erlischt das Übernahmerecht und der als weiterer Übernehmer vorgesehene Sohn hat sich ebenfalls innerhalb von 6 Monaten zu erklären. ...

2. ..."

Wegen der weiteren Inhalte der Erbverträge wird auf Bl. 7 - 28 der Erbschaftsteuerakte Bezug genommen.

Die Erben und Vermächtnisnehmer nahmen die Erbschaft beziehungsweise Vermächtnisse an, der Kläger übte das Übernahmerecht fristgerecht aus. Die Erbauseinandersetzung wurde mit notariellem Vertrag vom 23.03.1998 durchgeführt. Im Anschluss hieran erfolgten die notwendigen dinglichen Rechtsänderungen.

Da der Kläger der Aufforderung des Beklagten zunächst nicht nachkam, eine Erbschaftsteuererklärung einzureichen, setzte das Finanzamt in dem am 26.01.2000 erlassenen Erbschaftsteuerbescheid die Erbschaftsteuer auf der Basis geschätzter Besteuerungsgrundlagen in Höhe von 100.980,- DM unter Vorbehalt der Nachprüfung fest. Seinen rechtzeitig eingelegten Einspruch begründete der Kläger u.a. mit dem Hinweis auf die zwischenzeitlich abgegebene Erbschaftsteuererklärung. Unter Berücksichtigung des in § 13a ErbStG geregelten Freibetrages und des Bewertungsabschlages werde, so das Einspruchsschreiben, keine Erbschaftsteuer anfallen. Der vom Finanzamt sodann schriftlich geäußerten Auffassung, dass es sich bei dem Übernahmerecht um ein bloßes Forderungsrecht handele, das zum einen mit dem vollen gemeinen Wert der zu übernehmenden Sachen zu bewerten und für das zum anderen nach den Erbschaftsteuerrichtlinien die Vergünstigung gemäß § 13a ErbStG nicht zu gewähren sei, trat der Kläger in weiteren Schriftsätzen entgegen. Zwar konzedierte er dem Finanzamt schließlich, dass von einem Vorausvermächtnis und nicht lediglich von einer Teilungsanordnung auszugehen sei. Doch müsse der Steuerwert des landwirtschaftlichen Vermögens zum Ansatz kommen, weil das Vermächtnis auf die Leistung eines ganz bestimmten Gegenstandes, nämlich des Bauernhofes, gerichtet sei. Im Übrigen falle er mit seinem Erwerb unter die Vergünstigungsregelungen des § 13a ErbStG. Denn in der Übertragung des begünstigten Vermögens im Rahmen der Erbauseinandersetzung sei kein Verstoß gegen die Behaltensregeln zu erblicken.

Zum Zwecke der Erbschaftsteuer stellte das Finanzamt -X- mit Bescheid vom 10.10.2001 gesondert und einheitlich den Grundbesitzwert auf den 05.11.1997 fest. Es rechnete den Grundbesitzwert den Miterben entsprechend ihrer Erbquote zu. Im Hinblick auf den Erblasser ging es fälschlicher Weise davon aus, dass der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft diesem lediglich zur Hälfte gehört habe. Tatsächlich stand der Bauernhof, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, im Alleineigentum des Erblassers.

Der Beklagte blieb in der Einspruchsentscheidung vom 13.12.2004 bei seiner Beurteilung und setzte unter gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) erfolgter Änderung des Bescheids vom 26.01.2000 die Erbschaftsteuer nunmehr auf 490.542,- DM fest. Er ging hierbei davon aus, dass es sich bei der Einräumung des Übernahmerechts nicht um eine Teilungsanordnung, sondern um ein Vorausvermächtnis gehandelt habe, dass das Übernahmerecht als Forderungsrecht zu qualifizieren sei, das mit dem Verkehrswert des Gegenstandes anzusetzen sei, auf den sich die Übernahme beziehe, und dass ferner auch die Vergünstigungen des § 13a ErbStG nicht zu gewähren seien, weil der Kläger nicht unmittelbar von Todes wegen begünstigungsfähiges Betriebsvermögen vom Erblasser erhalten habe. Die Begünstigung für den Erwerb der Erben entfalle ebenfalls, weil das Betriebsvermögen aufgrund der letztwilligen Verfügung des Erblassers an den Übernehmer als eines "Dritten" zu übertragen gewesen sei (§ 13a Abs. 3 Satz 1 ErbStG).

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage bekräftigte der Kläger seinen Rechtsstandpunkt. Da das Vermächtnis auf die Leistung eines ganz bestimmten Gegenstandes gerichtet gewesen sei, habe es sich um ein Stück- oder Sachvermächtnis gehandelt, das mit dem Steuerwert der zugewandten Sache zu bewerten sei. Demgegenüber habe der Erbvertrag in seiner ursprünglichen Fassung wohl ein sogenanntes Kaufrechtsvermächtnis, bei dem nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in der Tat der gemeine Wert des Kauf- beziehungsweise Forderungsrechts anzusetzen sei, beinhaltet. Die maßgebliche jüngere Fassung sei aber anders zu beurteilen. Denn die wesentliche Änderung des Erbvertrags habe gerade darin bestanden, ihm die Übernahme des väterlichen Betriebs ohne Zahlung eines Übernahmepreises zu ermöglichen. Die Übernahme des Wohnrechts und die Geldrentenverpflichtung sei im erbschaftsteuerrechtlichen Sinne keine Gegenleistung, was sich aus § 25 ErbStG ergebe. Die Bezeichnung "Berechtigung zur Übernahme" sei wohl einfach aus dem ursprünglichen Vertrag übernommen worden. Da ein Kaufpreis jedoch nicht mehr zu zahlen gewesen sei, liege tatsächlich ein reines Sachvermächtnis vor. Da ihm somit ein landwirtschaftlicher Betrieb durch ein Sachvermächtnis zugewandt worden sei, müsse ihm auch der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 2 ErbStG gewährt werden. Hilfsweise müsse er einwenden, dass das Finanzamt den Verkehrswert des Betriebes zu hoch angesetzt habe. So seien einige der an die Miterben herauszugebenden Grundstücke in der Berechnung noch enthalten.

Im Rahmen des Klageverfahrens haben sich die Beteiligten über die tatsächlichen Grundlagen der Wertermittlung dahingehend verständigt, dass als gemeiner Wert des Übernahmerechts im Ergebnis ein Betrag von 3.736.300,- DM anzusetzen ist. Hiervon entfällt ein Teilbetrag von 300.000,- DM auf den Wohnteil des landwirtschaftlichen Betriebes. Der Beklagte hat daraufhin am 04.04.2006 einen geänderten Erbschaftsteuerbescheid erlassen und Erbschaftsteuer in Höhe von 476.121,- DM festgesetzt.

Der Kläger beantragt,

die Erbschaftsteuer unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13.12.2004 auf 0,- DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Rechtsauffassung fest. Dem Kläger sei im Wege des Vorausvermächtnisses ein Übernahmerecht, also eine Forderung, zugewandt worden. Die Forderung sei mangels anderer Regelungen mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen. Der Erwerb eines Erwerbsrechts sei im Übrigen auch nicht nach § 13a ErbStG begünstigt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet. Der Beklagte ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger durch ein Vorausvermächtnis ein mit dem gemeinen Wert zu bewertendes Übernahmerecht zugewendet wurde. Da das Übernahmerecht jedoch zum Erwerb von begünstigtem Vermögen führte, mussten der Freibetrag und der Bewertungsabschlag gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ErbStG gewährt werden.

1.) Der Kläger hat durch Vorausvermächtnis ein Übernahmerecht erworben. Dessen Wert war gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) mit dem gemeinen Wert anzusetzen; mangels anderer Wertmaßstäbe ist dieser nach dem Verkehrswert der Gegenstände zu schätzen, auf die sich das Übernahmerecht bezog.

a) Als Erwerb von Todes wegen gilt nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG u.a. der Erwerb durch Vermächtnis.

aa) Dem Kläger wurde durch Vorausvermächtnis ein Übernahme-, also ein Erwerbsrecht zugewandt.

Entgegen dem Vorbringen des Klägers lag kein - bedingtes - Sachvermächtnis vor. Denn der landwirtschaftliche Betrieb als eine zur Erbschaft gehörende Sachgesamtheit wurde dem Kläger nicht vermacht. Zugewandter Vermögensvorteil und damit Gegenstand des Vermächtnisses war nicht, wie bei einem Sachvermächtnis, ein bestimmter zum Nachlass gehörender körperlicher Gegenstand und hieraus resultierend der schuldrechtliche Anspruch gegen den Beschwerten auf Übereignung der nämlichen Sache (vgl. § 2147 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Gegenstand des Vermächtnisses war allein das Übernahmerecht als ein Gestaltungsrecht, das es dem Vermächtnisnehmer ermöglichte, den schuldrechtlichen Sachleistungsanspruch erst nach etwaiger Abgabe einer Willenserklärung zur Entstehung gelangen zu lassen oder auch nicht. In der Zuwendung dieser bloßen Wahlmöglichkeit ist bereits der nach § 1939 BGB für ein Vermächtnis erforderliche Vermögensvorteil zu erblicken (vgl. BGH-Urteil vom 08.11.1961 V ZR 31/60 BGHZ 36, 115, 117; BFH-Urteile vom 16.03.1977 II R 11/69, BFHE 121, 519, BStBl II 1977, 640; vom 01.08.2001 II R 47/00, HFR 2002, 620 m.w.N.; Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3, Rz 186a).

Dass im Erbvertrag kein Sachvermächtnis verfügt war, folgt für den Senat aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des notariellen Erbvertrages. Der Wortwahl kommt in einem von einem Notar beurkundeten Vertrag besonderes Gewicht zu (BFH-Urteil vom 02.07.2004 II R 73/01, BFH/NV 2005, 214).

Der Erbvertrag spricht - auch in der geänderten Fassung vom 07.05.1991 - zum einen ausdrücklich von der Berechtigung zur Übernahme des Betriebes beziehungsweise vom Übernahmerecht und nicht davon, wie beispielsweise bei den im Erbvertrag enthaltenen Vermächtnissen zugunsten der Ehefrau und den Brüdern des Klägers, dass bestimmte Personen mit bestimmten Sachen oder Rechten im Wege des Vermächtnisses bedacht werden. Den unter Beteiligung eines Notars handelnden Personen waren somit die Unterschiede zwischen Übernahmerecht und Sachvermächtnis geläufig. Zum anderen machen die zahlreichen detaillierten Regelungen des Übernahmerechts (Ausübungsfristen und Ausübungsbedingungen, Erlöschen des Rechts durch Nichtausübung und Übergang des Rechts auf die Brüder des Klägers u.Ä.) deutlich, dass ein solches von den vertragsschließenden Parteien gewollt war. Denn im Falle eines Sachvermächtnisses hätte es all dieser speziellen Regelungen nicht bedurft.

Das hier gefundene Auslegungsergebnis beruht nicht zuletzt auch auf dem Umstand, dass es sich bei der letztwilligen Verfügung nicht um das Vertragswerk rechtsunkundiger Privatleute handelte. Vielmehr ging dem Abschluss des notariellen Erbvertrages laut seinem Vorspann eine umfangreiche Sacherörterung der Parteien mit dem Notar voraus.

bb) Die im Erbvertrag enthaltene Regelung ist nicht als Kaufrechtsvermächtnis, sondern als reines Übernahmevermächtnis (Übernahmerecht ohne Gegenleistungspflicht, zum Begriff vgl. Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rz 186a) zu qualifizieren.

Zwar war die Übernahme nach dem Erbvertrag mit der Belastung verbunden, die Geldrente zugunsten der Mutter des Klägers zur Erfüllung zu übernehmen und das Wohnrecht gegen sich gelten zu lassen, doch handelte es sich hierbei nicht um einen Kaufpreis, sondern um eine Auflage, deren Vollziehung die Brüder des Klägers als Miterben verlangen konnten (§§ 1940, 1941 Abs. 1, 2194 BGB). Auch dieses Ergebnis folgte für den Senat aus der Auslegung des Erbvertrages. Dessen Wortlaut gibt im Unterschied zu der Ursprungsfassung des Erbvertrages (dort insbesondere Ziffer II § 4 2) 4.) keinen Hinweis darauf, dass der Kläger das Recht erhalten sollte, mit der Erbengemeinschaft einen Kaufvertrag über den landwirtschaftlichen Betrieb gegen Zahlung eines bestimmten Kauf- bzw. Übernahmepreises abschließen zu dürfen. Der schuldrechtliche Eigentumsverschaffungsanspruch sollte vielmehr unmittelbar durch einseitiges Rechtsgeschäft, nämlich Erklärung der Übernahme, zur Entstehung gelangen. Ähnlich wie bei einer Schenkung unter Auflage gemäß § 525 Abs. 1 BGB sollte dann der Kläger als Vorausvermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichtet sein, die aus dem Zuwendungsgegenstand zu entnehmen war. Für das Vorliegen einer Auflage spricht zudem, dass die Mutter als Auflagenbegünstigte im Sinne des § 1940 BGB kein Recht auf die Leistung gegen den Kläger erwerben sollte. Denn Geldrente und Wohnrecht waren ihr bereits durch Ziffer II. § 2 c und § 3 a des Erbvertrages vom 21.03.1983 unmittelbar vermacht worden. Aufgrund dieser Stückvermächtnisse konnte sie von allen Miterben als den Beschwerten (§ 2147 Satz 2 BGB) den vermachten Gegenstand fordern (§ 2174 BGB). Letztere konnten vom Kläger die Vollziehung der Auflage gemäß § 2194 BGB verlangen und so im Verhältnis zu diesem (nicht aber im Verhältnis zu ihrer Mutter) von ihrer Pflicht zur Erfüllung des Geldrentenvermächtnisses befreit werden.

Obgleich es sich im Streitfall um ein Übernahmevermächtnis (mit Auflage) und nicht um ein Kaufrechtsvermächtnis handelte, ist entgegen der Auffassung des Klägers die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Kaufrechtsvermächtnissen (BFH-Urteile vom 06.06.2001 II R 76/99, BFHE 195, 415, BStBl II 2001, 605; vom 06.06.2001 II R 14/00, BFHE 195, 419 BStBl II 2001, 725; vom 01.08.2001 II R 47/00, HFR 2002, 620) sehr wohl auf den Streitfall übertragbar. Denn Gegenstand des Vermächtnisses ist in beiden Fällen nicht die zu erwerbende Sache und auch nicht der Sachleistungsanspruch, sondern allein das Wahl- bzw. Gestaltungsrecht, den Gegenstand käuflich oder unentgeltlich erwerben zu können oder auch nicht. Unterschiede zwischen Kaufrechts- und Übernahmevermächtnis bestehen hiernach nicht im Gegenstand des Vermächtnisses (Zuwendung des Gestaltungsrechts), sondern allein im Umfang der Bereicherung des Vermächtnisnehmers (Abzug des Kaufpreises beim Kaufrechtsvermächtnis).

cc) Bei der Einräumung des Übernahmerechts handelte es sich um ein Vorausvermächtnis und nicht um eine Teilungsanordnung. Dieser Punkt ist zwischen den Beteiligten mittlerweile nicht mehr umstritten. Dem Kläger sollte über seine Erbeinsetzung hinaus ein Vermögensvorteil zugewandt werden, weil er den landwirtschaftlichen Betrieb ohne nennenswerte Belastung - Wohnrecht und Geldrente zugunsten der Mutter machen nur einen Bruchteil des Verkehrswerts des Betriebes aus - übernehmen konnte, ohne den hiermit verbundenen Vorteil gegenüber seinen Brüdern ausgleichen zu müssen. Im Übrigen spricht vieles dafür, dass im Falle der Verfügung eines Übernahmerechts stets ein Vorausvermächtnis gegeben sein muss (vgl. Otte in Staudinger, Bürgerliches Gesetzbuch, 13. Bearb., § 2150, Rz. 11).

b) Das Übernahmerecht war in Höhe des Verkehrswerts des übernommenen landwirtschaftlichen Betriebes zu bewerten.

Der Bewertung eines Vermächtnisses gemäß § 12 ErbStG hat die Bestimmung dessen vorauszugehen, was der Bedachte durch Vermächtnis mit dem Tod des Erblassers erworben hat. Dies ist Gegenstand des Vermächtnisses und nicht dasjenige, was er aufgrund des Vermächtnisses, d.h. zu dessen Erfüllung, letztlich erhält. Damit ist Gegenstand des Erwerbs durch Vermächtnis nie - selbst wenn es sich vorliegend um ein Sachvermächtnis gehandelt haben sollte - die Sache selbst, sondern allenfalls der schuldrechtliche Anspruch (vgl. § 2174 BGB) auf Übertragung der Sache. Bei einem Übernahmerecht ist Vermächtnisgegenstand noch nicht einmal dieser schuldrechtliche Anspruch, sondern das Recht, den Übertragungsanspruch durch Erklärung der Übernahme zu begründen. Das Übernahmerecht als solches und nicht der erst durch dessen Ausübung entstehende Übertragungsanspruch ist Gegenstand des Vermächtnisses. Das Übernahmerecht kann daher auch nicht mit dem Steuerwert (Einheitswert) derjenigen Sache angesetzt werden, die der Übernahmeberechtigte zu erwerben in der Lage ist. Vielmehr ist das Erwerbsrecht als solches gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 BewG mit seinem gemeinen Wert zu bewerten (BFH-Urteile vom 06.06.2001 und vom 01.08.2001, a.a.O.). Die jüngst vom BFH aufgeworfene Frage, ob nicht selbst bei Vorliegen eines Sachvermächtnisses der Sachleistungsanspruch des Vermächtnisnehmers mit dem gemeinen Wert zu bewerten wäre (vgl. BFH-Urteil vom 02.07.2004 II R 9/02, BFHE 207, 42, BStBl II 2004, 1039), bedarf im Streitfall keiner Beantwortung, da, wie oben festgestellt, ein Übernahmerecht und nicht eine Sache vermacht wurde. Mangels anderer Wertmaßstäbe ist das Übernahmerecht mit dem Verkehrswert der Sachen und Rechte zu schätzen, auf die es sich bezieht. Hiernach war unstreitig ein Betrag von 3.736.300,- DM anzusetzen.

2.) Das beim Erwerb von Todes wegen erhaltene land- und forstwirtschaftliche Vermögen musste gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ErbStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20.12.1996 bis zu einem Wert von 500.000,-DM außer Ansatz bleiben. Der verbleibende Wert des Vermögens war mit 60 v.H. anzusetzen.

a) Der Erwerb des Klägers war dem Grunde nach gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG begünstigt.

Ob ein Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnis, das den Erwerb von Betriebsvermögen zum Gegenstand hat, unter § 13a ErbStG fällt, ist, soweit ersichtlich, noch nicht Gegenstand finanzgerichtlicher Entscheidungen gewesen. In der Literatur wird die Frage streitig beurteilt (verneinend z.B. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13a Rz. 22; bejahend Northoff in Hörger/Stephan, Die Vermögensnachfolge im Erbschaft- und Ertragsteuerrecht, 1998, S. 263 f.). Die Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) enthalten keine spezielle Aussage zu Kaufrechts- oder Übernahmevermächtnissen, wollen den Anwendungsbereich des § 13a ErbStG aber wohl auf Sachvermächtnisse beschränkt wissen (vgl. R 55 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 ErbStR).

Der streitgegenständliche Erwerb des landwirtschaftlichen Vermögens erfüllt die Voraussetzungen der Begünstigungsnorm. Gesetzeswortlaut, Entstehungsgeschichte und Zweck des § 13a ErbStG lassen nach Auffassung des Senats eine andere Beurteilung nicht zu.

Für das gefundene Ergebnis streitet nachdrücklich der Zweck des Gesetzes. Die historisch-teleologische Auslegung gebietet geradezu die Einbeziehung eines im Wege des Übernahmevermächtnisses erworbenen landwirtschaftlichen Vermögens in die Begünstigungsregelung des § 13a ErbStG. Deren Zweck wird allgemein darin erblickt, die Fortführung betrieblich gebundenen, sozialpflichtigen Vermögens im Wege der Generationenbrücke steuerlich zu begünstigen (vgl. Meincke, ErbStG, § 13a Rz. 7). Die Entstehungsgeschichte der durch das Jahressteuergesetz 1997 geänderten Fassung des § 13a ErbStG zeigt deutlich, dass die Erleichterung der Generationenfolge auch bei land- und fortwirtschaftlichem Vermögen zum Tragen kommen soll und dass im Unterschied zur früheren Rechtslage, die nur die Begünstigung des Erbanfalls kannte, bei allen Erwerbsfällen von Todes wegen, insbesondere auch bei Vermächtnissen, Freibetrag und Bewertungsabschlag zu gewähren sind. Die Steuerentlastungen, so die Begründung zum Jahressteuergesetz 1997, sollen grundsätzlich dem vom Erblasser bestimmten Übergang des Betriebsvermögens auf den Letzterwerber folgen. "Die Neuregelung", so die Begründung weiter, "ermöglicht in Verbindung mit Absatz 3, daß auch beim Erwerb von Todes wegen immer derjenige von der Erbschaftsteuer entlastet wird, dem nach dem Willen des Unternehmers auch außerhalb der Erbfolge das Betriebsvermögen ... letztendlich zugewendet wird. Damit ist der Erwerb von Betriebsvermögen und anderem Vermögen unabhängig vom Verwandtschaftsgrad und der Rechtsnatur der Zuwendung deutlich entlastet." (Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. für ein Jahressteuergesetz 1997, Bundestags-Drucksache 13/4839, S. 67 f.).

Der Kläger hat aufgrund eines Übernahmevermächtnisses begünstigtes Vermögen von seinem Vater erhalten. Mit der erbvertraglichen Verfügung wurde ersichtlich eine Regelung für die generationenübergreifende Unternehmensnachfolge getroffen. Nach dem Willen des Erblassers sollte primär der Kläger die Möglichkeit erhalten, nach Ausübung des Übernahmerechts als Letzterwerber den Betrieb fortzuführen. Der Erwerb durch die Miterben stellte sich dahingegen als bloßer Durchgangserwerb dar, der nach der Intention des Gesetzes (vgl. § 13a Abs. 3 ErbStG) nicht begünstigt ist, weil er nicht der kontinuierlichen Betriebsfortführung zu dienen bestimmt war.

Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bleibt land- und forstwirtschaftliches Vermögen bis zu einem Wert von 500.000,- DM außer Ansatz "beim Erwerb von Todes wegen". Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB). Bereits die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung "beim Erwerb" ist weit gefasst und lässt es bei unbefangener Betrachtung zu, den Erwerb des Klägers als begünstigt anzusehen, hat dieser doch das Betriebsvermögen bei dem - im Sinne von im Rahmen oder im Zuge - Erwerb durch Vermächtnis erhalten. Entscheidend tritt hinzu, dass der Erwerbsgegenstand beim Vermächtnis im Falle des § 13a ErbStG abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bestimmt werden muss, um der Vorschrift ihren praktischen Anwendungsbereich zu erhalten. Wie oben ausgeführt, ist Erwerbsgegenstand beim Vermächtnis nicht dasjenige, was der Bedachte zur Erfüllung des Vermächtnisses letztlich erhält, sondern dasjenige, was der Bedachte durch Vermächtnis mit dem Tod des Erblassers erworben hat. Wird Betriebsvermögen vermacht, dann ist also nicht das Betriebsvermögen als solches Gegenstand des Erwerbs durch Vermächtnis, sondern der schuldrechtliche Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Beschwerten auf Erfüllung des Vermächtnisses, sprich Übereignung des Betriebsvermögens. Selbst der Sachvermächtnisnehmer erwirbt Betriebsvermögen nicht unmittelbar vom Erblasser, sondern von den Erben. Zuvor muss er wie jeder Gläubiger eine schuldrechtliche Forderung geltend machen und in diesem Sinne sein "Erwerbsrecht" ausüben. Da einzelne schuldrechtliche Ansprüche als solche kein begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13a Abs. 4 ErbStG darstellen, könnten bei einem engen Gesetzesverständnis die Steuererleichterungen von Vermächtnisnehmern nie in Anspruch genommen werden. Einer solchen Betrachtungsweise stünde aber nicht nur der Wortlaut des § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entgegen, der differenzierungslos alle Erwerbe von Todes wegen und damit auch alle Erwerbe durch Vermächtnis im Sinne der §§ 2147 ff. BGB erfasst. Diese Deutung geriete auch unweigerlich mit dem Ergebnis der historischen Auslegung in Konflikt, wonach der Gesetzgeber des Jahressteuergesetzes 1997 die Steuererleichterungen ausdrücklich auf Erwerbe durch Vermächtnis erstreckt wissen wollte. Somit behandelt § 13a ErbStG den Vermächtnisnehmer offenkundig nicht als bloßen Anspruchsgläubiger, sondern als den Erwerber des vom Anspruch betroffenen Vermögens (vgl. Meincke, ErbStG, § 12, Rz 26). Nach alledem folgte hieraus für den Senat die Notwendigkeit, den Erwerbsgegenstand beim Erwerb durch Vermächtnis im Rahmen des § 13a ErbStG nicht danach zu bestimmen, was der Vermächtnisnehmer mit dem Tod des Erblassers erhalten hat (eine Forderung), sondern danach, was er nach dem Willen des Erblassers letztlich erhalten sollte. Wollte also der Erblasser in einer letztwilligen Verfügung eine Regelung der Unternehmensnachfolge treffen und ermöglicht er einer von ihm ausgewählten Person, den Betrieb, sei es auch im Wege eines Kaufrechts- oder eines Übernahmevermächtnisses, zu übernehmen und fortzuführen, dann muss die Steuererleichterung gewährt werden (gleicher Auffassung im Ergebnis Northoff in Hörger/Stephan, Die Vermögensnachfolge im Erbschaft- und Ertragsteuerrecht, 1998, S. 263 f.). Ob der - dingliche - Erwerb des Betriebsvermögens sich einstufig und unmittelbar (Erwerb durch Erbanfall) oder mehrstufig und mittelbar (Erwerb durch Vermächtnis) vollzieht, ist dahingegen unerheblich (vgl. Hübner in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, ErbStG, § 13a Rz. 7). Auch eine generelle Beschränkung des Anwendungsbereichs der Norm auf Sachvermächtnisse (so wohl R 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und Abs. 4 ErbStR) lässt das Gesetz nicht zu. Denn nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sowie dem in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG enthaltenen ausdrücklichen Verweis auf die Vielzahl der in §§ 2147 ff. BGB gesetzlich geregelten Vermächtnisformen ist dem Grunde nach jede Vermächtnisform geeignet, dem Bedachten die Steuererleichterungen zu verschaffen. Da das Gesetz den sich notwendigerweise stets mehrstufig vollziehenden dinglichen Erwerb des Betriebsvermögens aufgrund eines Vermächtnisses nicht von der Begünstigungswirkung des § 13a ErbStG ausschließen wollte, kann es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob, wie beim Sachvermächtnis, unmittelbar ein an sich ohnehin nicht begünstigter schuldrechtlicher Sachleistungsanspruch erworben wird oder ob der Sachleistungsanspruch auf einer zweiten Stufe des Erwerbs erst nach Ausübung des vermachten Übernahmerechts zur Entstehung gelangt. Mit anderen Worten: Es spielt keine Rolle, ob sich der dingliche Erwerb des Betriebsvermögens gewissermaßen zweistufig - Sachvermächtnis - oder dreistufig - Übernahmevermächtnis - vollzieht. Nimmt man schließlich die einschlägigen Formulierungen in den ErbStR beim Wort, wonach ein begünstigter Erwerb nur dann vorliegt, wenn der Erblasser selbst von ihm stammendes begünstigtes Vermögen dem Erwerber zugewiesen hat (R 55 Abs. 4 Satz 1 ErbStR), dann ist nicht ersichtlich, warum das im Streitfall zu beurteilende Vermächtnis aus dem Anwendungsbereich des § 13a ErbStG herausfallen sollte. Denn der Erblasser selbst - und nicht die Erbengemeinschaft - hat im Erbvertrag bestimmt, dass der väterliche Betrieb in erster Linie vom Kläger erworben und fortgeführt werden soll.

Den Kläger im Anwendungsbereich des § 13a ErbStG einem Erben von Betriebsvermögen gleichzustellen, erscheint nicht zuletzt deshalb konsequent, weil auch sein Erwerb bewertungsrechtlich der Nachlassbeteiligung des Erben insofern gleichgestellt wird, als der Wert des Übernahmerechts sich nach dem Wert des Gegenstands bestimmt, den der Kläger als Vermächtnisnehmer aus dem Nachlass zu beanspruchen hat. Anders gewendet: Der Kläger durfte nach Auffassung des Senats bewertungsrechtlich im Ergebnis nicht so gestellt werden, als habe er wertmäßig den gesamten väterlichen Betrieb erhalten, ohne ihm gleichzeitig die spezifischen bewertungsrechtlichen Vergünstigungen eines Betriebserwerbers zu gewähren.

b) Wegen der im Erbvertrag enthaltenen Weitergabeverpflichtung stand der Freibetrag im Ergebnis nicht den Brüdern des Klägers als den Miterben, sondern diesem in seiner Eigenschaft als Vorausvermächtnisnehmer zu, und zwar in voller Höhe, da bei den Miterben kein begünstigtes Vermögen verblieben ist (§ 13a Abs. 3 ErbStG, vgl. Gebel, BB 1997, 811). Aus diesem Grunde bedarf die Frage keiner Beantwortung, ob nicht dem Kläger im Streitfall wegen seiner Erbenstellung zumindest der anteilige Freibetrag auf jeden Fall hätte gewährt werden müssen. Die auch den Kläger als Miterben treffende Verpflichtung, den Betrieb nach Ausübung des Übernahmerechts gewissermaßen an sich selbst zu übereignen, kann dem wohl kaum entgegenstehen, ansonsten müsste die Vergünstigung von Vorausvermächtnissen stets an § 13a Abs. 3 ErbStG scheitern. Auch dass ein etwaiger nach Ausübung des Erwerbsrechts zustande kommender Kaufvertrag zwischen einem Kaufrechtsvermächtnisnehmer und den Erben einen Veräußerungsfall im Sinne des § 13a Abs. 5 ErbStG darstellen könnte, erscheint dem Senat mehr als zweifelhaft.

c) Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, gehörte der erworbene Betrieb mit folgender Einschränkung zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13a Abs. 4 Nr. 2 ErbStG: Der Wohnteil des Betriebsinhabers wird von der genannten Vorschrift nicht erfasst (vgl. Weinmann in Moench, ErbStG, § 13a, Rz 33). Da das Übernahmevermächtnis den Erwerb des Wohnteils beinhaltete, darf insbesondere der Bewertungsabschlag nicht auf der Grundlage des gesamten Werts des Übernahmerechts berechnet werden. Vielmehr ist Bezugsgröße für den Wertabschlag der um den Verkehrswert des Wohnteils reduzierte Wert des gesamten Übernahmerechts. Soweit der Kläger als Miterbe zu 1/4 erworben hat, ist der nicht begünstigte Wohnteil ebenfalls herauszurechnen. Für den Erbenerwerb sind daher 1/4 des Betriebswerts in Höhe von 116.626 DM, also 29.157,- DM begünstigt. Bei dem Vermächtniserwerb sind 75% des um den Verkehrswert des Wohnteils reduzierten Werts des gesamten Übernahmerechts anzusetzen, also 2.577.225,- DM (75% von [3.736.300,- DM minus 300.000,- DM]). Als Bemessungsgrundlage für den Bewertungsabschlag ist somit ein Betrag von 2.106.382,- DM (29.157,- DM plus 2.577.225,- DM = 2.606.382,- DM minus 500.000,- DM [Freibetrag gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG]) anzusetzen.

Ergänzend ist anzumerken, dass bei dem Erbenerwerb des Klägers im Ausgangspunkt der Betriebswert in voller Höhe von 116.626 DM anzusetzen war. Denn der Erblasser war, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, Alleineigentümer des landwirtschaftlichen Betriebes. Dem steht nicht entgegen, dass in der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Grundbesitzwerts durch das Lagefinanzamt davon ausgegangen wurde, dass der Erblasser nur Eigentümer zu 1/2 war und dem Kläger als Erbe zu 1/4 im Ergebnis 1/8 des Werts zugerechnet wurde. Eine Bindung an die fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts durch das Lagefinanzamt besteht nicht. Der Senat folgte insoweit der derzeit herrschenden Auffassung, wonach eine Bindung des Veranlagungsfinanzamts hinsichtlich der Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit nicht besteht (Knobel in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, ErbStG, § 138 BewG, Rz. 55; Wilms, UVR 2000, 333; Beschluss des Hessischen FG vom 28.03.2000 1 V 4736/99, EFG 2000, 632; Urteil des FG Nürnberg vom 07.08.2003 IV 140/2003, Juris). Aus Sinn und Zweck der Bedarfsbewertung und der Bindungswirkung der erforderlichen Feststellungen des Lagefinanzamts folgt, dass das Lagefinanzamt den Grundstückswert wegen seiner Ortsnähe in der Regel zutreffender und leichter als das Erbschaftsteuerfinanzamt ermitteln kann und durch die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids divergierende Entscheidungen bei mehreren Beteiligten vermieden werden können. Diese Überlegungen kommen aber nicht zum Tragen, wenn es um spezielle erbschaft- und schenkungssteuerrechtliche Fragen geht, die in die originäre Veranlagungstätigkeit der Erbschaftsteuerstellen fallen. So können beispielsweise nur letztere sinnvoll entscheiden, ob ein bestimmter Gegenstand aufgrund eines Vorausvermächtnisses einem Beteiligten zuzurechnen ist oder ob der fragliche Gegenstand, weil tatsächlich eine bloße Teilungsanordnung vorliegt, den Miterben quotal zusteht. Primär die Erbschaftsteuerstellen und nicht die Lagefinanzämter sind auch dazu berufen, zu beurteilen, ob etwa gewillkürte Erbfolge (Zurechnung an den Testamentserben) oder als Folge etwaiger Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung gesetzliche Erbfolge eingetreten ist. Die Regelung der Zurechnungsentscheidung in § 138 Abs. 5 BewG wird auf der Grundlage der hier vertretenen Rechtsauffassung auch nicht überflüssig, weil die Zurechnung im Feststellungsbescheid für die Bestimmung des Inhaltsadressaten erforderlich ist (vgl. zum Ganzen Knobel, a.a.O.).

3.) Das zugunsten der Ehefrau des Erblassers angeordnete Wohnrecht und die Geldrente unterliegen dem Abzugsverbot gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Der vom Gesetz geforderte unmittelbare Zusammenhang zwischen Vermögenserwerb und Belastung ist darin zu erblicken, dass das Übernahmevermächtnis mit der Auflage beschwert war, die Geldrente zur Erfüllung zu übernehmen und das Wohnrecht gegen sich gelten zu lassen. Im Übrigen ist der Senat der Auffassung, dass selbst bei Annahme eines Kaufrechtsvermächtnisses der Kaufpreis in Gestalt der Rentenzahlungsverpflichtung unter das Abzugsverbot fallen würde. Für den Erbenerwerb des Klägers steht dies außer Frage, weil der Kläger und seine Brüder unmittelbar mit dem Geldrentenvermächtnis zugunsten ihrer Mutter beschwert sind. Dass diese Rentenlast, nur weil sie der Kläger in seiner Eigenschaft als Vorausvermächtnisnehmer allein zur Erfüllung übernommen hat, ihren Charakter jetzt dahingehend geändert haben sollte, dass sie nunmehr voll abziehbar wäre, ist für den Senat nicht einsichtig. Der Wortlaut des § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG erfasst auch das Kaufrechtsvermächtnis, wenn die Gegenleistung darin besteht, eine Rente zugunsten der Ehefrau des Erblassers zahlen zu müssen.

4.) Hiernach errechnet sich die festzusetzende Erbschaftsteuer und die Höhe des gemäß § 25 ErbStG zu stundenden Betrages wie folgt (vgl. BFH-Urteil vom 01.08.2001 II R 47/00, BFH/NV 2002, 788):

 Hinterlassene Vermögenswerte 
-Y-, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft415.000 DM
-Y-, ....... straße...315.000 DM
Kapitalvermögen519.789 DM
Gesamtwert der Nachlassgegenstände1.249.789 DM
  
Nachlassverbindlichkeiten 
Vermächtnis K. G.: ... str. .. und Kaptalvermögen834.789 DM
Vermächtnisse B.,N. und H. G.: FlSt. .., .., ..5.000 DM
Erbfallkostenpauschbetrag20.000 DM
Gesamtwert der Nachlassverbindlichkeiten859.789 DM
Wert des Reinnachlasses390.000 DM
Erbteil 1/4 von 390.000 DM97.500 DM
  
Vermächtnis: Übernahmerecht Betrieb der Landwirtschaft 
3/4 von 3.736.000 DM2.802.225 DM
Erwerb von Todes wegen2.899.725 DM
  
Berechnung der Steuerbegünstigung nach § 13a ErbStG 
Betriebswert lt. Grundbesitzwertbescheid116.626 DM x Erbteil 1/429.157 DM
Übernahmerecht: 2.808.225 DM abzügl. nicht begünstigterWohnteil 225.000 (3/4 des Verkehrswerts)2.577.225 DM
Wert des begünstigten Vermögens2.606.382 DM
Abzüglich Freibetrag § 13a Abs. 1 ErbStG500.000 DM
Verbleiben2.106.382 DM
Abzüglich Bewertungsabschlag 40%842.553 DM
Ansatz des begünstigten Vermögens mit1.263.829 DM
  
Umfang der Steuerbegünstigung (500.000 DM + 842.553 DM)somit1.342.553 DM
Berechnung der Erbschaftsteuer 
Erwerb von Todes wegen2.899.725 DM
Abzüglich Freibetrag400.000 DM
Abzüglich Steuerbegünstigung gemäß § 13a ErbStG1.342.553 DM
Steuerpflichtiger Erwerb, gerundet1.157.100 DM
Festzusetzende Steuer (Steuerklasse I, Steuersatz 19%)219.849 DM
  
Berechnung der Erbschaftsteuer nach Abzug der Belastung 
Erwerb von Todes wegen2.899.725 DM
Abzüglich Geldrente und Wohnrecht insgesamt 234.662 DM,nach § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG begrenzt auf1263829/2606382tel von 234.662 DM =113.787 DM
Abzüglich Freibetrag400.000 DM
Abzüglich Steuerbegünstigung nach § 13a ErbStG1.342.553 DM
Verbleiben1.043.300 DM
  
Steuerberechnung nach § 19 Abs. 3 ErbStG: 15% von 1 Mio.DM=150.000 DM + 1/2 von 43.300 DM = 21.650 DM,Erbschaftsteuer insgesamt171.650 DM
  
Stundungsbetrag nach § 25 ErbStG 
Erbschaftsteuer ohne Abzug der Belastung219.849 DM
Erbschaftsteuer nach Abzug der Belastung171.650 DM
Zinslos zu stundende Erbschaftsteuer48.199 DM

5.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 Zivilprozessordnung (zur Anwendbarkeit des § 708 Nr. 10 ZPO, vgl. Stapperfend in Gräber, FGO, 6.Aufl., § 151, Rz. 3 m.w.N.).

Da, soweit ersichtlich, höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob Kaufrechts- oder Übernahmevermächtnisse zu den begünstigten Erwerben im Sinne des § 13a Abs. 1 ErbStG rechnen, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Da zudem eine Äußerung des Bundesfinanzhofs zum Umfang der Bindungswirkung des Feststellungsbescheids gemäß § 138 Abs. 5 BewG noch aussteht (beim BFH anhängiges Revisionsverfahren II R 42/05, Juris), war die Revision auch aus diesem Grunde zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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