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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 15.10.2007
Aktenzeichen: 1 V 1223/07
Rechtsgebiete: EStG, AO, FGO


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 4 Abs. 2
EStG § 4 Abs. 3
EStG § 7 Abs. 1
EStG § 7g Abs. 3 S. 5
EStG § 7g Abs. 4 S. 2
EStG § 7g Abs. 5
EStG § 7g Abs. 6
EStG § 7g Abs. 7 S. 1 Nr. 3
EStG § 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 1
EStG § 11
EStG § 15
EStG § 18
AO § 173
AO § 240
FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1
FGO § 69 Abs. 3 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

1 V 1223/07

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) -Einkommensteuer 2003, 2004

In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg -1. Senat -

am 15. Oktober 2007

durch

die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter am Verwaltungsgericht ...

beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom 31. Januar 2007 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung im Verfahren 1 K 1222/07 ausgesetzt, soweit die Steuer höher als 42.079 EUR festgesetzt ist.

Hinsichtlich der auf den ausgesetzten Betrag entfallenden und bereits verwirkten Säumniszuschläge wird die Aufhebung der Vollziehung angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2003 vom 31. Januar 2007 zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 48 v.H. dem Antragsteller und zu 52 v.H. dem Antragsgegner auferlegt.

Gründe:

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt, der ab dem Jahr 1996 zunächst gewerbliche Einkünfte aus einer Partnervermittlung sowie Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit als freier Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei erzielte. Am 1. Dezember 1999 eröffnete der Antragsteller eine eigene Rechtsanwaltskanzlei. In seiner Einnahme -Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz -EStG-für das Jahr 2000 machte er Abschreibungen auf Anlagevermögen in Höhe von 229.016,47 DM geltend. Ausweislich des beigefügten Anlagespiegels handelte es sich dabei lediglich in Höhe von 21.892,79 DM um Abschreibungen auf bereits vorhandenes Anlagevermögen. Mit Bescheid vom 14. Februar 2002 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer 2000 erklärungsgemäß und endgültig fest. In seiner Gewinnermittlung für das Jahr 2001 machte der Antragsteller wiederum Abschreibungen auf Anlagevermögen in Höhe von 120.000 DM geltend, die ausweislich des beigefügten Kontennachweises zur Gewinnermittlung als Ansparabschreibung deklariert waren. Mit Bescheid vom 17. Februar 2003 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer 2001 ebenfalls erklärungsgemäß und endgültig fest. Mit Schreiben vom 16. April 2003 informierte der Antragsgegner den Antragsteller darüber, dass er hinsichtlich der Einkommensteuervorauszahlungen ab dem Jahr 2002 von einem voraussichtlichen Gewinn in Höhe von 60.000 DM ausgehe und gab dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme. Dieser teilte daraufhin am 25. April 2003 mit, dass er wegen seiner Kanzleieröffnung am 1. Dezember 1999 Ansparabschreibungen für Existenzgründer im Jahr der Gründung und in den nächsten fünf Jahren in Anspruch nehmen könne. Daher sei für das Jahr 2002 kein Gewinn in Höhe von 60.000 DM zu erwarten. Für das Jahr 2002 machte der Antragsteller ebenfalls eine Ansparabschreibung in Höhe von 95.000 EUR geltend und erklärte ferner in seiner Gewinnermittlung für das Jahr 2003 Erträge aus der Auflösung von Ansparabschreibungen in Höhe von 19.500 EUR. Die Einkommensteuerbescheide für 2002 und 2003 ergingen am 5. Januar 2004 und 27. Oktober 2004 jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In der Zeit vom 1. November 2004 bis 14. März 2005 fand bei dem Antragsteller für die Jahre 2001 und 2002 eine Außenprüfung statt, die ausweislich des Prüfungsberichts vom 14. März 2005 im wesentlichen ohne Beanstandungen verlief. Im Prüfungsbericht finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass Gegenstand der Prüfung auch die Ansparabschreibungen gewesen wären. Ausweislich der beigezogenen Akten des Antragsgegners befindet sich allerdings in der sog. Hinweisakte ein Aktenvermerk vom 14. März 2005, der als Hinweis für die Veranlagungsstelle folgende Formulierung enthält:

"Die Rücklage § 7 g EStG wurde ergebnislos geprüft. Zu beachten bleibt, dass der Steuerpflichtige wegen seiner Tätigkeit in 1996 nicht zum Kreis der Existenzgründer zählt und somit die Zweijahresfrist für die Auflösung gilt." Aufgrund des Prüfungsergebnisses wurde der Einkommensteuerbescheid 2002 mit Bescheid vom 24. Juni 2005 geringfügig geändert und der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Am 30. Dezember 2005 reichte der Antragsteller seine Einkommensteuererklärung 2004 nebst Gewinnermittlung beim Antragsgegner ein, mit der er Erträge aus der Auflösung einer Ansparabschreibung in Höhe von 24.000 EUR erklärte. Mit Bescheid vom 20. Januar 2006 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer 2004 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Im November 2006 fand beim Antragsgegner eine Außenprüfung für die Jahre 2003 und 2004 statt. Ausweislich Textziffer 17 des Prüfungsberichtes vom 10. November 2006 löste die Prüferin die noch verbliebene Ansparabschreibung aus dem Jahr 2000 in Höhe von 80.477,33 EUR und die Ansparabschreibung aus 2001 in Höhe von 61.355,03 EUR im Jahr 2003 auf. Die im Jahr 2002 vorgenommene Ansparabschreibung in Höhe von 95.000 EUR wurde im Jahr 2004 aufgelöst. Die Prüferin ermittelte ferner laut Textziffer 14 des Prüfungsberichts die Gewinnzuschläge 2003 für die Ansparabschreibung 2000 mit 14.485,92 EUR (für 3 Jahre), für die Ansparabschreibung 2001 mit 7.362,60 EUR (für 2 Jahre) sowie den Gewinnzuschlag für 2004 für die Ansparabschreibung 2002 in Höhe von 11.400 EUR (2 Jahre). In Textziffer 17 des Prüfungsberichtes ist vermerkt, dass der Antragsteller bereits bei der Vorprüfung darauf hingewiesen worden sei, dass er wegen seiner früheren Tätigkeiten (Partnervermittler und selbstständige Tätigkeit für eine Rechtsanwaltskanzlei) kein Existenzgründer im Sinne des § 7 g Abs. 7 EStG sei und daher Ansparabschreibungen nach 2 Jahren aufzulösen und zu verzinsen seien. Der Antragsgegner schloss sich diesen und weiteren Prüfungsfeststellungen an und erließ am 31. Januar 2007 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide, setzte die Einkommensteuer für 2003 auf 88.139 EUR (Zahllast 74.205 EUR) und für 2004 auf 52.286 EUR (Zahllast 38.997 EUR) fest und hob jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Gegen die geänderten Bescheide legte der Antragsteller fristgerecht Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte der Antragsteller aus, dass für Existenzgründer Ansparabschreibungen spätestens am Ende des fünften auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen seien. Demnach finde für Existenzgründer die in § 7 g Abs. 4 S. 2 EStG genannte Zweijahresfrist keine Anwendung. Der Antragsteller sei durchgehend davon ausgegangen, dass es sich bei ihm um einen Existenzgründer handele. Davon müsse auch der Antragsgegner ausgegangen sein, da sich der Bestand der Ansparabschreibungen am 1. Januar 2003 auf 236.832,36 EUR und damit weit über dem zulässigen Betrag von 154.000 EUR für die normale Ansparabschreibung belaufen habe. Bereits bei der Außenprüfung für die Jahre 2001 und 2002 sei deutlich zu erkennen gewesen, dass der Antragsteller von einer existenzgründungsbedingten Ansparabschreibung ausgehe, weil sich auch die für 2001 und 2002 gebildeten Ansparabschreibungen auf insgesamt 156.335,03 EUR belaufen hätten. Da ein Steuerpflichtiger davon ausgehen könne, dass im Rahmen einer Außenprüfung auch die zulässigen Höchstbeträge geprüft werden, habe der Antragsteller darauf vertrauen dürfen, dass er als Existenzgründer die Ansparabschreibung nach § 7 Abs. 7 EStG in Anspruch nehmen könne, zumal der Antragsgegner seinem Schreiben vom 25. April 2003, dass er als Existenzgründer die Ansparabschreibung in Anspruch nehme, nicht widersprochen habe. Mit Verfügung vom 02. April 2007 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab und wies mit Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2007 den Einspruch als unbegründet zurück. Bei dem Antragsteller handele es sich nicht um einen Existenzgründer im Sinne des § 7 g Abs. 7 EStG, so dass die gebildeten Ansparabschreibungen gem. § 7 g Abs. 4 S. 2 EStG zwingend nach 2 Jahren aufzulösen seien. Da die Veranlagung des Jahres 2002 bereits bestandskräftig sei, sei die Ansparabschreibung aus dem Jahr 2000 im ersten noch offenen Veranlagungszeitraum und damit im Jahr 2003 aufzulösen (Urteil des Finanzgerichts Köln vom 25.04.2007 -10 K 4638/06, EFG 2007, 1144). Allein der Umstand, dass die Ansparabschreibungen gewinnmindernd gebildet worden seien, verlange korrespondierend ihre gewinnerhöhende Auflösung. Der Antragsgegner sei auch nicht durch Treu und Glauben an einer Auflösung der Ansparabschreibung gehindert gewesen. Die Behauptung, es sei bereits im Rahmen der Betriebsprüfung 2001/2002 für die Prüferin erkennbar gewesen, dass die gebildete Ansparabschreibung die Existenzgründereigenschaft voraussetzte, sei als Schutzbehauptung anzusehen. Denn der Antragsteller sei im Rahmen der Prüfung 2001/2002 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er kein Existenzgründer sei. Dies sei auch bereits im Rahmen der Prüfungsvorbereitung durch den Aktenvermerk der Prüferin vom 21. Oktober 2004 entsprechend dokumentiert worden. Zudem trage der Vermerk den handschriftlichen Zusatz, dass die Problematik mit dem Steuerberater besprochen worden sei. Es sei zwar tatsächlich fehlerhaft eine insgesamt zu hohe Ansparabschreibung in den Jahren 2001 und 2002 unbeanstandet geblieben, dies allein begründe aber keinen Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Antragstellers. Der Antragsteller hat am 30. Juli 2007 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 1 K 1222/07 anhängig ist und über die der Senat noch nicht entschieden hat.

Mit seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 durch das Gericht machte der Antragsteller geltend, dass der Antragsgegner im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2001 und 2002 einen Vertrauenstatbestand gesetzt habe und daher den Antragsteller als Existenzgründer behandeln müsse. Aufgrund der mehrjährigen bestandskräftigen Behandlung der Ansparabschreibungen habe der Antragsteller darauf vertraut, dass auch der Antragsgegner von einem fünfjährigen Anschaffungszeitraum für Existenzgründer ausgehe. Entgegen der Behauptung des Antragsgegners sei der Antragsteller im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2001 und 2002 jedenfalls nicht darauf hingewiesen worden, dass er kein Existenzgründer sei.

Der Antragsteller beantragt,

1. die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2003 vom 31. Januar 2007 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2007 auszusetzen, soweit die Steuer höher als 28.810 EUR festgesetzt ist;

2. die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2004 vom 31. Januar 2007 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2007 auszusetzen, soweit die Steuer höher als 21.582 EUR festgesetzt ist;

3. soweit Aussetzung der Vollziehung gewährt wird, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen,

hilfsweise

für den Fall des Unterliegens die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Zur Begründung bezieht sich der Antragsgegner auf seine in der Einspruchsentscheidung dargelegte Rechtsauffassung.

Der Antrag hat hinsichtlich der Einkommensteuer 2003 Erfolg, soweit der Antragsgegner die im Jahr 2000 gebildete Ansparabschreibung und einen Gewinnzuschlag für drei Jahre als Betriebseinnahme erfasst hat.

Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO kann das Gericht die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel bestehen, wenn bei der überschlägigen Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vergleiche: BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 -III B 9/66, BStBl III 1967, 182). Derartige ernstliche Zweifel bestehen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides 2003, soweit der Antragsteller die Ansparabschreibung aus dem Jahr 2000 in Höhe von 80.477,33 EUR gewinnerhöhend aufgelöst und einen Gewinnzuschlag mit 6 v.H. für einen Zeitraum von 3 Jahren in Höhe von 14.485,92 EUR vorgenommen hat. Im Übrigen bestehen nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide, die eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen könnten. Der Antragsgegner hat zu Recht die in den Gewinnermittlungen für 2001 und 2002 gebildeten Ansparabschreibungen in Höhe von 61.355,03 EUR und 95.000,00 EUR zuzüglich eines Zinszuschlags von 6 v.H. für zwei Jahre (7.362,60 EUR / 11.400,00 EUR) in den Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 als Betriebseinnahme erfasst. Gemäß § 7 g Abs. 4 S. 2 EStG ist eine Ansparabschreibung, sofern sie am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist, zu diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen. Ferner bestimmt § 7 g Abs. 5 EStG für diesen Fall, dass der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 Prozent des aufgelösten Rücklagenbetrages zu erhöhen ist. Bei der Gewinnermittlung durch Einnahme -Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG wird die Bildung der im Gesetz als Ansparabschreibung bezeichneten Rücklage durch den Abzug einer Betriebsausgabe und ihre Auflösung durch den Ansatz einer Betriebseinnahme berücksichtigt (§ 7 g Abs. 3 und Abs. 6 EStG). Eine danach vorgenommene Ansparabschreibung ist daher gemäß § 7 g Abs. 4 EStG zwingend wieder rückgängig zu machen, und zwar unabhängig davon, ob die begünstigten Anlagegüter angeschafft oder hergestellt worden sind, die Investition geringer als geplant ausgefallen oder gar völlig ausgeblieben ist. Wird die geplante Investitionen nicht ausgeführt und ist die Ansparabschreibung am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, beziehungsweise der Abzug zu diesem Zeitpunkt noch nicht durch einen entsprechenden Zuschlag kompensiert, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen. Bei einer Einnahme -Überschussrechnung ist daher der vorgenommene Betriebsausgabenabzug zu diesem Zeitpunkt durch eine entsprechende Betriebseinnahme auszugleichen. Der Antragsteller hat bezüglich der Ansparabschreibungen für die Jahre 2001 und 2002 innerhalb der gesetzlich normierten Zweijahresfrist keine entsprechenden Investitionen getätigt. Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Ansparabschreibungen nebst Zinszuschlägen in den Veranlagungszeiträumen 2003 und 2004 als Betriebseinnahme erfasst hat. Da im Zeitpunkt der Außenprüfung 2003/2004 die Einkommensteuerveranlagungen der Jahre 2001 und 2002 bereits bestandskräftig waren, kann es auch dahinstehen, ob und inwieweit die in diesen Jahren vorgenommenen Ansparabschreibungen rechtmäßig oder zumindest teilweise wegen Übersteigens des Höchstbetrages nach § 7 g Abs. 3 S. 5 EStG unzulässig waren. Denn für das summarische Verfahren geht der Senat davon aus, dass keine Berichtigungsmöglichkeiten hinsichtlich der ursprünglichen, die Ansparabschreibungen berücksichtigenden Steuerfestsetzungen gegeben waren, zumal die einzig denkbare Berichtigung nach § 173 Abgabenordnung -AO-wegen der vorhandenen Tatsachenkenntnis aus der Außenprüfung 2001/2002 offensichtlich nicht greift. Konnten somit die bestandskräftigen Veranlagungen mangels Änderungsvorschriften nicht mehr korrigiert werden, waren die zu Unrecht gebildeten Ansparabschreiben am Ende des zweijährigen Investitionszeitraums erfolgswirksam aufzulösen. Denn § 7 g Abs. 4 S. 2 EStG unterscheidet nicht zwischen einer zu Recht und einer zu Unrecht vorgenommenen Ansparabschreibung (vgl. BFH-Urteil vom 28.04.2005 IV R 30/04, BStBl II 2005, 704).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers war die Investitionsfrist für die von ihm geplante Anschaffung von beweglichem Anlagevermögen auch nicht gemäß § 7 g Abs. 7 S. 1 Nr. 3 EStG auf 5 Jahre verlängert. Denn der Antragsteller ist kein Existenzgründer im Sinne der genannten Vorschrift. Nach der gesetzlichen Definition in § 7 g Abs. 7 S. 2 Nr. 1 EStG ist ein Existenzgründer nur eine natürliche Person, die innerhalb der letzten 5 Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung u.a. keine Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt hat. Der Antragsteller hat jedoch, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, bereits ab dem Jahr 1996 Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG und aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 EStG erzielt.

Der Antragsgegner hat gegenüber dem Antragsteller hinsichtlich des fünfjährigen Investitionszeitraums für Existenzgründer auch keinen Tatbestand gesetzt, auf dessen Einhaltung der Antragsteller nach dem Grundsatz von Treu und Glauben vertrauen durfte. Ein Vertrauenstatbestand besteht in einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen kann, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten (BFH -Urteil vom 26. April 1995 XI R 81/93, BStBl II 1995, 754). Das Setzen eines Vertrauenstatbestandes erfordert daher neben weiteren Voraussetzungen die eindeutige, klare und unmissverständliche Äußerung, dass ein bestimmter Tatbestand für die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts maßgeblich sein soll (BFH -Urteil vom 15. Dezember 1999 XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708). Da sich Äußerungen im Rahmen einer Betriebsprüfung in der Regel auf bereits abgelaufene Zeiträume beziehen, hat eine für diese Zeiträume getroffene Regelung grundsätzlich nur Bedeutung für die Vergangenheit (BFH -Urteile vom 11. Oktober 1989 I R 161/85, BFH/NV 1990, 364 undvom 5. September 1990 X R 100/89, BFH/NV 1991, 217 m.w.N.). Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen einer Außenprüfung auch Regelungen für künftige Zeiträume getroffen werden (BFH -Urteil vom 11. Oktober 1989 I R 161/85, BFH/NV 1990, 364). Unter Anwendung dieser Grundsätze lässt sich anhand der präsenten Beweismittel kein zu Gunsten des Antragstellers wirkender Vertrauenstatbestand feststellen. Weder aus dem Bericht über die Außenprüfung für die Jahre 2001/2002 vom 14. März 2005 noch aus dem Vortrag des Antragstellers ergibt sich ein solcher Vertrauenstatbestand. Es ist kein Verhalten des Antragsgegners erkennbar, aus dem der Antragsteller bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen konnte, dass in Zukunft die Ansparabschreibungen nicht beanstandet würden. Der Antragsteller selbst behauptet nicht, dass die Prüferin im Rahmen der Außenprüfung für die Jahre 2001/2002 verbindlich zugesagt hätte, er könne den fünfjährigen Investitionszeitraum für Existenzgründer in Anspruch nehmen. Sein dahingehender Vortrag erschöpft sich vielmehr in einer Reihe von Mutmaßungen, auf Grund derer er habe annehmen dürfen, dass der Antragsgegner von der Existenzgründereigenschaft des Antragstellers ausgegangen sein müsse. Soweit der Antragsteller ausführt, dass die Prüferin es nicht beanstandet habe, dass die Ansparabschreibungen für die geprüften Jahre 2001/2002 bereits den zulässigen Höchstbetrag nach § 7 g Abs. 3 S. 5 EStG von 154.000 EUR überschritten haben, reicht dies nicht aus. Denn selbst wenn die Prüferin davon ausgegangen wäre, dass es sich bei dem Antragsteller um einen Existenzgründer im Sinne des § 7 g Abs. 7 EStG handeln würde -was der Senat nach Aktenlage für eher unwahrscheinlich hält-, hätte die Betriebsprüferin durch diese falsche Rechtsauffassung keinen Vertrauenstatbestand gesetzt. Eine verbindliche Zusage, eine tatsächliche Verständigung oder eine sonstige Bindung der Finanzbehörde nach Treu und Glauben würde nämlich voraussetzen, dass die Finanzbehörde durch einen für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträger (Vorsteher oder Sachgebietsleiter) vertreten worden ist (BFH-Beschluss vom 09.12.2004 VII B 129/04,BFH/NV 2005, 663; BFH-Urteil vom 07.07.2004 X R 24/03, BStBl II 2004, 975). Äußerungen eines Betriebsprüfers, Berichte oder Mitteilungen der Außenprüfung reichen für eine solche Bindung grundsätzlich nicht aus (BFH-Urteil vom 21.06.2001 V R 33/99, BFH/NV 2001, 1619). Es entspricht auch dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, dass die Finanzbehörde bei Veranlagungssteuern für jeden Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu beurteilen hat. Die Finanzbehörde ist daher an die Behandlung in früheren Veranlagungszeiträumen grundsätzlich nicht gebunden (BFH-Urteil vom 05.12.1989 VIII R 322/84, BFH/NV 1990, 499). Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss sie zum frühest möglichen Zeitpunkt korrigieren (BFH-Urteil vom 16.07.1964 V 92/61 S,BStBl III 1964, 634). Zudem standen die Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 auch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Dadurch konnten sie nicht nur uneingeschränkt geändert werden, sondern machten auch für den Antragsteller deutlich erkennbar, dass der Antragsgegner sich mit den Steuerbescheiden 2003 und 2004 vom 05. Januar und 27. Oktober 2004 bezüglich der Höhe der Steueransprüche weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht binden wollte. Auch dies schließt die Entstehung eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes auf Seiten des Antragstellers aus.

Da somit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der gewinnerhöhenden Auflösung der Ansparabschreibungen der Jahre 2001 und 2002 in den Einkommensteuerveranlagungen 2003 und 2004 bestehen, sind auch die Gewinnzuschläge nach § 7 g Abs. 5 EStG rechtlich nicht zu beanstanden.

Es bestehen aber ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2003 soweit der Antragsgegner die Ansparabschreibung aus dem Jahr 2000 in Höhe von 80.477,33 EUR gewinnerhöhend aufgelöst und einen Gewinnzuschlag mit 6 v.H. für einen Zeitraum von 3 Jahren in Höhe von 14.485,92 EUR vorgenommen hat. Soweit der Antragsgegner diesbezüglich -unter Berufung auf die Rechtsprechung des Finanzgerichts Köln, Urteil vom 25.04.2007 - 10 K 4638/06 (a.a.O.)-ausführt, dass infolge der Bestandskraft der Einkommensteuerveranlagung 2002 die zu Unrecht fortgeführte Ansparabschreibung im ersten noch offenen Veranlagungszeitraum und damit im Jahr 2003 aufzulösen sei, vermag der Senat diese Rechtsauffassung nicht zu teilen. Denn ausweislich des § 7 g Abs. 4 S. 2 i.V.m. Abs. 3 und Abs. 6 EStG hätte die Ansparabschreibung aus dem Jahr 2000 bereits im Veranlagungszeitraum 2002 aufgelöst und als Betriebseinnahme erfasst werden müssen. Soweit sich der Antragsgegner hieran infolge der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides 2002 gehindert sah und daher mangels Berichtigungsmöglichkeit an der "Fehlerquelle" die Korrektur im ersten noch offenen Veranlagungszeitraum vorgenommen hat, hat er zu Unrecht den Gedanken des "formellen Bilanzenzusammenhangs" auf den Antragsteller, der seinen Gewinn durch Einnahme - Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, übertragen. Der XI. Senat des Bundesfinanzhofshat mit Urteil vom 21.06.2006 (XI R 49/05, BStBl II 2006, 712) ausgeführt, dass bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ein unterlassener Betriebsausgabenabzug in einem Folgejahr nicht nachgeholt werden kann und die Grundsätze der Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 EStG keine Anwendung finden. Ebenso wenig existiere ein dem Bilanzzusammenhang vergleichbarer Wertzusammenhang für Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs-oder Herstellungskosten gemäß § 7 Abs. 1 EStG auf mehrere Jahre zu verteilen sind. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an und geht davon aus, dass bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG jeder Veranlagungszeitraum für sich zu beurteilen ist und die Vorjahre keinerlei Bindungswirkung entfalten. Die bei bilanzierungspflichtigen Steuerpflichtigen bestehende Möglichkeit einer periodenübergreifenden Fehlerkorrektur dient der Ermittlung des richtigen Totalgewinns, sofern der Steuerbescheid, in dem ein fehlerhafter Bilanzansatz berücksichtigt worden ist, aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann. Der Antragsteller erstellt aber keine Bilanzen; vielmehr ist er gesetzlich verpflichtet seine Ansparabschreibungen als Betriebsausgabe und deren Auflösung als Betriebseinnahme zu behandeln (§ 7 g Abs. 6 EStG). Selbst unter Zugrundelegung des Grundsatzes der Totalgewinnidentität ist es daher nicht geboten, eine bestandkräftig versäumte Auflösung der Ansparabschreibung über eine periodenübergreifende Fehlerkorrektur nachzuholen. Der Grundsatz der Totalgewinnidentität besagt, dass die verschiedenen Gewinnermittlungsmethoden unter Beachtung der Regeln für die jeweilige Ermittlungsmethode auf Dauer gesehen zu demselben Gesamtgewinn führen müssen (BFH-Urteile vom 13.02.2003 IV R 12/01, BStBl II 2003, 827 undvom 21.06.2006 XI R 49/05, a.a.O.). Dies zugrunde gelegt hätte daher der Antragsteller die Ansparabschreibung aus dem Jahr 2000 in seiner Einkommensteuererklärung 2002 als Betriebseinnahme erfassen müssen, um Totalgewinnidentität mit einem bilanzierungspflichtigen Steuerpflichtigen zu erreichen. Aus dem Grundsatz der Totalgewinnidentität folgt aber nicht, dass Fehler, die nach dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs in späteren Veranlagungszeiträumen noch korrigiert werden können, in entsprechender Weise auch bei der Einnahme - Überschussrechnung zu berichtigen sind. Denn die Möglichkeiten der bilanziellen Fehlerkorrektur sind nicht auf die Einnahme - Überschussrechnung zu übertragen, bei der im Hinblick auf die Erfassung von Einnahmen und Ausgaben auf § 11 EStG abzustellen ist (BFH-Urteil vom 21.06.2006 XI R 49/05 a.a.O.). Aus den genannten Gründen bestehen daher ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2003, soweit der Antragsteller die Ansparabschreibung aus dem Jahr 2000 in Höhe von 80.477,33 EUR gewinnerhöhend aufgelöst und einen Gewinnzuschlag mit 6 v.H. für einen Zeitraum von drei Jahren in Höhe von 14.485,92 EUR vorgenommen hat, so dass die hierauf entfallende Einkommensteuer von der Vollziehung auszusetzen war.

Gemäß § 69 Abs.3 Satz 4 FGO waren ferner die auf den auszusetzenden Betrag (46.060 EUR Einkommensteuer) entfallenden und bereits verwirkten Säumniszuschläge i.S.d. § 240 AO aufzuheben, da der Antragsteller bereits vor Fälligkeit der Einkommensteuerschuld 2003 deren Aussetzung beantragt hat und zu diesem Zeitpunkt schon ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides erkennbar vorlagen. Säumniszuschläge gemäß § 240 AO sind ein Druckmittel eigener Art, das den Abgabenschuldner zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll. Die Ausübung von Druck i.S.d. § 240 AO ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Vollziehung eines Bescheides ansteht, der entweder nicht angefochten wurde oder bezüglich dessen trotz Anfechtung keine ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Wird dagegen ein Einkommensteuerbescheid angefochten und werden -wenn auch nachträglich -ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit von Anfang an festgestellt, so entfallen die Voraussetzungen für eine Druckausübung "rückwirkend". Vom Grundgedanken des § 240 AO besteht in einem solchen Fall für die Erhebung von Säumniszuschlägen kein Anlass.

Hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2003 wird die Beschwerde § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erforderlich macht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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