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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 13.03.2007
Aktenzeichen: 11 B 1379/06 B
Rechtsgebiete: GrEStG, FGO


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3
GrEStG § 6 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

11 B 1379/06 B

Aussetzung der Vollziehung betreffend Grunderwerbsteuer

In dem Verfahren

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg -11. Senat -

am 13. März 2007

durch

den Richter am Finanzgericht ...

den Richter am Finanzgericht ...

den Richter am Finanzgericht ...

beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 27.06.2006 wird mit Wirkung vom 12.07.2006 aufgehoben und bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Entscheidung über die Klage vom 28.09.2006 - 11 K 1378/06 B - ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Gründe:

I. Mit notariellem Kaufvertrag vom 03.05.2002 - URNr. ..., Notar F. - erwarben der Antragsteller sowie D., handelnd in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), von Frau K. das Eigentum an dem im Grundbuch von B. eingetragenen Grundstücks B. Der Kaufpreis betrug 660.000,-EUR. In § 5 wurde festgehalten, dass dem Käufer sämtliche Mietverträge bekannt sind. Im Grundbuch eingetragen wurden am 03.03.2003 der Antragsteller sowie Herr D. "als BGB-Gesellschafter".

Am 17.06.2005 ging bei dem Finanzamt H. die nicht unterzeichnete Feststellungserklärung 2002 für die GbR ein, in der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von (43.532,-EUR Mieteinnahmen für Wohnungen ./. 38.093,-EUR Werbungskosten =) 5.439,-EUR erklärt wurden. Dem Antragsteller wurden 70% der Einkünfte und Herrn D. 30 % der Einkünfte zugerechnet.

In einem Feststellungsbescheid für 2003 vom 19.09.2005 des Finanzamtes H. für die GbR wurden die Einkünfte in Höhe von ./. 22.554,57 EUR zu 100% dem Antragsteller und zu 0% Herrn D. zugerechnet.

Bereits am 24.08.2005 hatten der Antragsteller und Herr D. einen "Vergleich ... zur Herstellung des Rechtsfriedens und zur Erledigung der in Rede stehenden Ansprüche" geschlossen.

Darin trafen sie eine Auseinandersetzungsvereinbarung des Inhaltes, dass der Antragsteller Herrn D. von sämtlichen Verpflichtungen und Forderungen der GbR freistellte und dieser auf sämtliche Ansprüche gegenüber der GbR verzichtete und erklärte, dass er hiermit aus der GbR ausgeschieden sei. Der Antragsteller erklärte, die GbR werde von ihm als Einzel-GbR weitergeführt. Des Weiteren verpflichteten sich Herr D. zum Verlassen der von ihm genutzten Wohnräume B. in B., und der Antragsteller zur Auskehr einer Umzugshilfe in Höhe von 5.000,-EUR sowie zur Übernahme der Notar- und Grundbuchkosten.

Auf eine Anfechtung oder einen Widerruf des Vergleichs wegen Formmangels verzichteten die Beteiligten.

Am 30.08.2005 ließen der Antragsteller und Herr D. eine Grundbuchberichtigungsbewilligung notariell beurkunden - URNr. ..., Notar P. Als Grundlage wurde das Ausscheiden des Herrn D. aus der GbR unter Übertragung seiner Gesellschaftsanteile auf den Antragsteller angegeben. Der Verkehrswert des Grundstücks wurde mit 660.000,-EUR beziffert; von der Änderung seien 30% der Gesellschaftsanteile betroffen.

Auf Anfrage des Antragsgegners über die Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse der GbR teilte der Antragsteller mit Schreiben vom 03.01.2006 mit, der Kaufpreis für das Grundstück sei allein von ihm aufgebracht worden. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag liege nicht vor. Es sei vorgesehen gewesen, dass er und Herr D. entsprechend ihrer Einlage hätten beteiligt sein sollen. Letzterer habe nie eine Einlage geleistet und sei daher mit einer Quote von 0,-EUR am Vermögen der GbR beteiligt gewesen. Mit Schreiben vom 31.01.2006 führte er weiter aus, es sei eine Beteiligungsquote des Herrn D. von 30% vorgesehen gewesen. Da dieser nie eine Einlage erbracht habe, sei die GbR nicht zustande gekommen und er alleiniger Eigentümer gewesen.

An das Finanzamt W. - Bewertungsstelle -richtete der Antragsgegner am 19.06.2006 die Bitte, eine Bedarfsbewertung auf den 30.08.2005 für die Grunderwerbsteuer gemäß § 138 Abs. 5 Bewertungsgesetz (BewG) vorzunehmen.

Mit Bescheid vom 27.06.2006 setzte er für den Antragsteller als Gesamtrechtsnachfolger der GbR gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in Höhe von 11.550,-EUR Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Grundbesitzes von der GbR durch "Anwachsung vom 30.08.2005" fest. Als Bemessungsgrundlage legte er den Grundbesitzwert in Höhe von 660.000,-EUR zugrunde, wobei 50% der sich ergebenden Steuer gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG nicht erhoben wurden. Bei einer zweigliedrigen GbR ohne schriftlichen Gesellschaftsvertrag ergebe sich für die Gesellschafter eine hälftige Beteiligungsquote, wobei die Höhe der gezahlten Einlage und die Zahlung des Kaufpreises durch nur einen Gesellschafter unerheblich sei. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass der gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG anzusetzende Grundbesitzwert geschätzt worden sei und nach Eingang der von der Bewertungsstelle angeforderten Bewertung eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) ergehen werde.

Der Antragsteller erhob hiergegen am 12.07.2006 Einspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte er aus, Grunderwerbsteuer sei gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG nicht zu erheben. Zweifelhaft sei schon das Vorliegen einer Anwachsung, denn es habe lediglich eine Aufhebung der ursprünglichen Vereinbarungen und eine Grundbuchberichtigung gegeben. Jedenfalls wäre aber die Beteiligungsquote des Herrn D. 0% gewesen, da eine GbR kein festes, sondern nur ein bewegliches Kapitalkonto kenne, das sich nach den Einlagen bzw. Entnahmen der Gesellschafter richte. Jedenfalls zum 30.08.2005 habe dessen Beteiligungsquote 0% betragen.

Mit Bescheid vom 19.07.2006 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung ab.

Durch Einspruchsentscheidung vom 09.09.2006 wies der Antragsgegner den Einspruch des Antragstellers zurück. Darin führte er aus, maßgeblich sei die Vereinbarung vom 24.08.2005, die zur Anwachsung geführt habe; auf die Grundbuchberichtigungsbewilligung vom 30.08.2005 komme es nicht an. Hinsichtlich der Beteiligungsquote gelte, dass Beiträge auch nur eines Gesellschafters gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschaft und damit aller Gesellschafter würden. Mangels abweichender Vereinbarungen könnten alle Gesellschafter den gleichen Anteil beanspruchen, hier mithin 50%.

Am 28.09.2006 hat der Antragsteller Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 11 K 1378/06 B geführt wird und über die der Senat noch nicht entschieden hat. Zugleich hat er die gerichtliche Vollziehungsaussetzung beantragt.

Ergänzend verweist der Antragsteller hinsichtlich der Beteiligungsquote auf die Feststellungserklärung 2002 sowie den Feststellungsbescheid 2003. Im übrigen sei bei handelsrechtlichen Gesellschaften, die Gemeinschaften zur gesamten Hand seien und keine Sondervereinbarungen getroffen hätten, der verhältnismäßige Anteil der Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft regelmäßig aus den Kapitalanteilen abzuleiten, mithin aus dem Geldwert seiner Einlage zuzüglich Gewinnanteil und abzüglich Verlustanteil sowie Entnahmen. Dies müsse entsprechend für eine GbR gelten, da gemäß §§ 733 Abs. 2, 734 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zunächst die Schulden zu regulieren und dann die Einlagen zurückzuerstatten seien. Ohne Leistung einer Einlage sei ein Gesellschafter daher - wie hier -nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Dafür, dass der ehemalige Gesellschafter D. die Berichtigungsbewilligung abgegeben habe, weil er die vereinbarte Einlage nicht erbracht habe, bietet der Antragsteller diesen als Zeugen an.

Der Antragsteller beantragt,

1) die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 27.06.2006 auszusetzen und

2) soweit Aussetzung der Vollziehung gewährt wird, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hält die Ausführungen zur Handelsgesellschaft nicht für einschlägig bei einer GbR.

II. Der Antrag ist zulässig und begründet.

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 FGO soll das Finanzgericht die Vollziehung eines angefochtenen Bescheides ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsaktes neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unsicherheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (Bundesfinanzhof [BFH], Beschluss vom 05.04.2005 -I B 221/04 -, Bundessteuerblatt II [BStBl II] 2005, 526). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (BFH, Beschluss vom 04.10.2005 - II B 29/05 -, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2006, 123). Eine überwiegende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist für die Aussetzung der Vollziehung nicht erforderlich (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss vom 15.12.2000 -IX B 128/99 -, BStBl II 2001, 411, m.w.N.). Dies zugrunde gelegt bestehen im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Grunderwerbsteuerbescheides.

Zu Recht hat der Antragsgegner allerdings die Besteuerung auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG gestützt, denn danach unterliegt der bloße Übergang des Eigentums an einem Grundstück der Grunderwerbsteuer, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall zum 24.08.2005 vor, denn der Übergang aller Gesellschaftsanteile des Gesellschafters D. auf den Antragsteller führte zur Auflösung der GbR und mit dieser zum Übergang des vormals gesamthänderisch gebundenen Vermögens der Gesellschafter in das Alleineigentum des Antragstellers als Erwerber. Den Ausführungen des Antragstellers, die GbR sei nicht entstanden und die Vereinbarung zu deren Gründung sei schlicht aufgehoben worden, weil der Gesellschafter D. die vereinbarte Einlage nicht erbracht habe, vermag der Senat dagegen nicht zu folgen. Denn die rechtliche Entstehung und der Bestand einer GbR sind nicht davon abhängig, ob von den Gesellschaftern die versprochene Einlage geleistet wird. Mit dem Kauf des Grundstücks "als BGB-Gesellschafter" zu dem mindestens aus der Feststellungserklärung 2002 erkennbaren Zweck, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, sind die konstitutiven Merkmale einer GbR in Gestalt des (mündlichen) Gesellschaftsvertrages, des gemeinsamen Zweckes und der Förderungspflicht erfüllt, so dass die Gesellschaft zur Entstehung gelangt ist. Sie ist auch nicht etwa durch eine vereinbarte oder einseitig erklärte Aufhebung des Gesellschaftsvertrages rückwirkend entfallen -sofern dies mit dem Wesen der Gesellschaft überhaupt vereinbar und möglich ist. Vielmehr ist die Gesellschaft gemäß Vergleich vom 24.08.2005 ausdrücklich durch Übertragung des Gesellschaftsanteils und Ausscheiden des Gesellschafters D. auseinandergesetzt worden. Der Antragsteller hat dadurch im Wege der Anwachsung das vormals zum Gesellschaftsvermögen gehörende Grundstück erworben.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Grunderwerbsteuerbescheides ergeben sich jedoch daraus, dass der Antragsgegner den aufgrund der Anwachsung am 24.08.2005 erfolgten Erwerb des Antragstellers lediglich in Höhe von 50% nach § 6 Abs. 2 GrEStG als begünstigt angesehen und daher nur in diesem Umfang die Steuer nicht erhoben hat.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Antragsgegner sich darauf berufen, dass Beiträge der Gesellschafter gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter und damit gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen werden, §§ 718, 719 BGB. Dies sowie die Regelung des § 722 BGB, wonach jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und die Größe seines Beitrags einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust habe, sofern der Anteil nicht (ausdrücklich) bestimmt worden ist, hat nach Ansicht des Antragsgegners zur Folge, dass dem Antragsteller als Vermögensanteil im Sinne von § 6 Abs. 2 GrEStG nur 50% anzurechnen seien. Richtig daran ist, dass nach § 6 Abs. 2 GrEStG nur ein vermögensmäßiger Anteil berücksichtigt werden kann, der auf einer unmittelbaren dinglichen Mitberechtigung beruht, während eine nur mittelbare Beteiligung nicht ausreicht (vgl. Viskorf, in Boruttau, GrEStG, 15. Aufl. 2002, § 6 Rdn. 13, § 5 Rdn. 16 m.w.N.). Der anzurechnende Vermögensanteil selbst ist jedoch nicht identisch mit dem "Anteil am Gesellschaftsvermögen" im Sinne des § 719 Abs. 1 BGB und bemisst sich weder nach der dinglichen Zuordnung im Rahmen der Gesamthandsberechtigung noch nach dem gesetzlichen oder vereinbarten Anteil an Gewinn und Verlust. Vermögensanteil im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 GrEStG ist vielmehr die -nicht summenmäßige, sondern -verhältnismäßige (prozentuale) Beteiligung an dem nach einer besonderen Vermögensaufstellung auf den maßgeblichen Stichtag (der Tag, an dem der der Steuer unterliegende Erwerbsvorgang verwirklicht wird) ermittelten Reinvermögen der Gesellschaft; sie ist mit anderen Worten ein gedachter (unterstellter) rechnerischer Anteil des Gesellschafters am Gesamthandvermögen, der allerdings den wahren, dem einzelnen Gesellschafter zustehenden Wertanteil an diesem Reinvermögen widerspiegeln soll (vgl. BFH, Urteil vom 31.05.1972 - II R 9/66 - BStBl II 1972, 833; Viskorf, a.a.O., § 6 Rdn. 14, § 5 Rdn. 29 m.w.N.). Maßgebend ist, in welchem Umfang letztlich der wahre Wert des Grundstücks dem betreffenden Gesellschafter zufließt (Viskorf, a.a.O., § 5 Rdn. 29).

Es muss also unterschieden werden zwischen der Gesamthandsberechtigung als dinglicher Zuordnung und der - hier maßgeblichen -jeweiligen wertmäßigen Beteiligung der Gesellschafter. Bei der wertmäßigen Beteiligung, dem Vermögensanteil, handelt es sich nicht um einen realen Anteil, denn realiter wird das Gesellschaftsvermögen erst dadurch geteilt, dass die Auseinandersetzung stattfindet und der nach Berichtigung der Schulden verbleibende Überschuss an die Gesellschafter ausbezahlt wird. Der Anteil ist also kein wirklicher, realer, sondern ein gedachter, ideeller. Er beruht darauf, dass für jeden beliebigen Zeitpunkt ein bestimmter Anteil des Gesellschafters feststellbar ist (vgl. hierzu Ulrich Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts, 1970, § 7 Ziffer 2, Seite 145 f.). Er gibt den wahren Wert der Gesellschaftsbeteiligung wieder, wie der Abfindungsanspruch, der bei der Anwachsung dem ausgeschiedenen Gesellschafter ein grundsätzlich vollwertiges Äquivalent für den Verlust der gesamthänderischen Mitberechtigung -seiner dinglichen Stellung - gewährt und dadurch auf dessen vermögensrechtliche Stellung ohne Einfluss ist, weil dieser durch sein Ausscheiden vermögensmäßig nicht schlechter gestellt wird (Ulmer, a.a.O., § 738 Rdn. 8; Timm/Schöne, in Beckscher Online-Kommentar, Stand 01.12.2006, § 738 Rdn. 13 und 22).

Unter Zugrundelegung der dargelegten Unterscheidung kommt es auf die jeweilige Höhe der versprochenen oder geleisteten Einlage lediglich insoweit nicht an, als es die dingliche Mitberechtigung der einzelnen Gesamthänder am Gesamthandsvermögen betrifft; auch wenn ein Gesellschafter ohne vermögenswerte Einlage aufgenommen worden ist oder wenn er die versprochene Einlage noch nicht geleistet hat, ist er gleichwohl als Mitglied der Personenverbindung automatisch auch Mitinhaber des Gesamthandsvermögens (vgl. Ulmer, in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 718 Rdn. 6 und § 719 Rdn. 4).

Anders ist dies jedoch für den jeweiligen Vermögenswert der Beteiligung und seine Berücksichtigung bei der Auseinandersetzung oder Abfindung. Denn dabei ist die Höhe der versprochenen oder geleisteten Einlage sehr wohl von Bedeutung (Ulmer, a.a.O., § 718 Rdn. 6). Der Vermögensanteil bezieht sich auf die Beteiligung des Gesellschafters am Wert des Gesellschaftsvermögens im Sinne eines sich aus Vermögenswerten und Schulden ergebenden "Reinvermögens". Für die Höhe des Wertanteils sind die Einlage des Gesellschafters und sein Anteil an den später erzielten Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft maßgeblich (vgl. Ulrich Huber, a.a.O., § 8 Ziffer 1 lit. a, Seite 173; Ulmer, a.a.O., § 738 Rdn. 37). Die Nichterbringung ausstehender Gesellschafterbeiträge ist hierbei zu berücksichtigen, denn sie führt zu einer entsprechenden Verminderung des Guthabens, also des Wertanteils des Gesellschafters (vgl. Ulmer, a.a.O., § 738 Rdn. 2 i.V.m. § 730 Rdn. 30 zur Auseinandersetzung, deren Rechtsfolgen denen des Ausscheidens hinsichtlich der Wertbeteiligung entsprechen).

Dies zugrunde gelegt ist das Vorbringen des Antragstellers, der Mitgesellschafter D. habe seine gesellschaftsrechtlich vereinbarte Einlage nicht erbracht, weil der Kaufpreis für das Grundstück allein von ihm - dem Antragsteller -aufgebracht worden sei, entgegen der Auffassung des Antragsgegners im Rahmen des § 6 Abs. 2 GrEStG beachtlich. Entgegen der Auffassung des Antragstellers folgt zwar aus der Nichtzahlung der vereinbarten Einlage durch den Mitgesellschafter D. nicht, dass dieser automatisch zu 0% am Vermögen beteiligt ist. Denn die Nichterbringung ausstehender Gesellschafterbeiträge berührt die vereinbarte oder gesetzliche Beteiligung des betreffenden Gesellschafters an Gewinn und Verlust nicht, so dass er am Ergebnis der Gesellschaft mit der Folge beteiligt ist, dass sich sein Wertanteil verändern kann. Die nicht erbrachte Einlage vermindert jedoch - wie oben bereits ausgeführt - seinen Wertanteil, so dass sein verhältnismäßiger Vermögensanteil an der Gesellschaft - folgerichtig -geringer ist, als bei erbrachter Einlage.

Den Umstand, dass die im (mündlichen) Gesellschaftsvertrag vereinbarte Einlage des Gesellschafters D. von diesem nicht erbracht worden ist, hat der Antragsteller nach Auffassung des Senats im vorliegenden summarischen Verfahren unter anderem durch Vorlage des Feststellungsbescheides 2003 und des Vergleichsvertrages vom 24.08.2005 ausreichend glaubhaft gemacht. Die bereits für das Veranlagungsjahr 2003 erfolgte 100%ige Zurechnung der Einkünfte der GbR auf ihn sowie der Vergleichsvertrag vom 24.08.2005, durch den der Gesellschafter D. ohne Abfindung "zur Herstellung des Rechtsfriedens" aus der GbR ausgeschieden ist, lassen im Zusammenhang den Schluss zu, dass der Mitgesellschafter des Antragstellers seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft nicht erfüllt hat. Sein diesbezügliches Vorbringen hat der Antragsteller weiter dadurch untermauert, dass er den ausgeschiedenen Gesellschafter D. als Zeugen dafür angeboten hat, dass dieser die Berichtigungsbewilligung wegen der Nichtleistung der vereinbarten Einlage abgegeben habe. Im übrigen hat der Antragsgegner den entsprechenden Vortrag des Antragstellers, er allein habe entgegen der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung den Kaufpreis für das Grundstück geleistet, weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren bestritten, so dass der Senat in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von der Richtigkeit ausgehen kann.

Im Ergebnis ist dem Antragsteller in vollem Umfang Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, da selbst unter Berücksichtigung der Beteiligung des Gesellschafters D. am Ergebnis der GbR - mag sie 50% oder 30% betragen haben - diesem am maßgeblichen Stichtag bei summarischer Prüfung anhand der Aktenlage keine nennenswerte Beteiligung am Vermögen im Sinne von § 6 Abs. 2 GrEStG zugestanden hat.

Eine abweichende Auseinandersetzungsquote im Sinne von § 6 Abs. 4 GrEStG ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, so dass es bei dem Vorstehenden bleibt.

Bei diesem Ergebnis lässt der Senat es ausdrücklich dahinstehen, inwieweit das unzutreffend mit dem 30.08.2005 angegebene Datum der Anwachsung im Bescheid vom 27.06.2006 ebenfalls Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grunderwerbsteuerfestsetzung begründet. Das Datum der Anwachsung, die für den grunderwerbsteuerlichen Vorgang maßgeblich ist, hat Bedeutung für den Zeitpunkt der Bedarfsbewertung für die Grunderwerbsteuer gemäß § 138 Abs. 5 BewG sowie gegebenenfalls für die Höhe des anzurechnenden Vermögensanteils im Sinne des § 6 Abs. 2 GrEStG, denn bei einem anderen Datum können sich andere Werte ergeben. Zwar hat der Antragsgegner in der Einspruchsentscheidung korrigierend ausgeführt, dass der Vergleichsvertrag vom 24.08.2005 Auslöser für das Entstehen der Grunderwerbsteuer sei und es auf die Grundbuchberichtigung vom 30.08.2005 eben nicht ankomme. Der Einspruchsentscheidung lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der maßgebliche Stichtag für die - bereits angeforderte -Bedarfsbewertung entsprechend geändert worden ist.

Die bereits durchgeführte Vollziehung war rückwirkend zum 12.07.2006, dem Tag des Eingangs des an das Finanzamt gerichteten Aussetzungsantrages aufzuheben mit der Folge, dass insoweit die entstandenen Säumniszuschläge entfallen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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