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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 20.05.2009
Aktenzeichen: 11 K 1422/05 B
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 174 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 11. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Mai 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ...

sowie die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Frau ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

In der notariellen Verhandlung vom 23. Februar 1994 (UR-Nr.: ... des Notars ...) bestellten die A und B an dem Grundstück G.1. (3.657 m²) - Eigentümer: B - und an dem angrenzenden Grundstück G.2. (ca. 4.015 m²) - Eigentümer: A - zugunsten der Klägerin ein Gesamterbbaurecht. Der Anteil der A an der Gesamtfläche von 7.672 m² betrug 52%, der des B 48%, wie aus der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten am 27. November 2003 vor dem Finanzgericht - FG - Berlin in dem Verfahren 1 K 1318/01 folgt.

Der Zweck der Bestellung des Erbbaurechtsvertrages bestand gemäß § 2 darin, ein Gebäude entsprechend dem Entwurf des Architekten M. zu errichten. Nach § 3 der Vereinbarung war die Klägerin als Erbbauberechtigte verpflichtet, das Bauwerk zu errichten. In einer weiteren Vereinbarung vom 18./23.02.1994 wurde u.a. die Verpflichtung der Klägerin geregelt, das bebaute Erbbaurecht der C, einer Organtochter der D - AG und der E - AG, im Rahmen eines Leasingvertrages zur Nutzung zu überlassen. Die C hatte wiederum selbst mit der A am 18./23. Februar 1994 einen Leasingvertrag geschlossen, wonach die A als Erbbaurechtsgeber und Grundstückseigentümer das bebaute Grundstück nutzen sollte. Der A wurde gegenüber der Klägerin im Rahmen des Erbbaurechtsvertrages auch ein Ankaufsrecht eingeräumt für voraussichtlich den 31. Dezember 2016 bzw. spätestens den 31. Dezember 2026.

Der Beklagte setzte zunächst mit zwei Bescheiden vom 5. Juli 1994, bezogen auf zwei Erwerbsvorgänge wegen der beiden beteiligten Grundstückseigentümer auf der Veräußererseite, gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer fest, wobei er lediglich jeweils den kapitalisierten Erbbauzins als Bemessungsgrundlage ansetzte. Bezogen auf den Erwerbsvorgang der Klägerin mit der A ergab sich eine Grunderwerbsteuer von 676.926,00 DM und hinsichtlich des Erwerbsvorganges mit dem B eine Grunderwerbsteuer von 616.567,00 DM.

Nur gegen den hinsichtlich des Erwerbsvorganges der Klägerin mit der A ergangenen Bescheid erhob die Klägerin Einspruch mit der Begründung, dass der Erbbauzins lediglich aufschiebend bedingt vereinbart worden sei und deshalb noch keine Grunderwerbsteuer angefallen sein könne.

Ende des Jahres 1995 erhielt der Beklagte aufgrund einer bei der Klägerin in X durchgeführten Betriebsprüfung über eine Kontrollmitteilung des Finanzamtes Y vom 7. Dezember 1995 Kenntnis von einem Generalübernehmervertrag, der am 20. Oktober/7. November 1994 zwischen der Klägerin und der A als Generalübernehmer schriftlich vereinbart worden war. Die Generalübernehmer-Vertragssumme betrug netto 191 Mio. DM. Hinzu kamen nach dem Bericht des Finanzamtes X vom 18. November 1996 noch weitere Aufwendungen hinzu (s. S. 2 der Einspruchsentscheidung vom 21. September 2005), so dass sich ein Gesamtbetrag von 230.217.774,00 DM ergab.

Auf dieser Grundlage setzte das Finanzamt durch Änderungsbescheid vom 29. Dezember 1998 die Grunderwerbsteuer hinsichtlich des von der A zugunsten der Klägerin bestellten Erbbaurechts - Vorgang II - auf 4.604.355,00 DM fest. Zugleich berücksichtigte es abweichend von der ursprünglichen Festsetzung nicht mehr den gesamten kapitalisierten Erbbauzins, sondern nur noch den Kapitalwert für das Nutzungsentgelt vom 1. März 1994 bis zum 30. September 1997, d.h. einen Betrag von nunmehr 6.016.074,00 DM.

Der nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AO - geänderte Bescheid wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Die Klägerin ergänzte ihr bisheriges Vorbringen im Einspruchsverfahren dahin, dass die Änderung unzulässig sei.

Den Einspruch wies das Finanzamt mit Entscheidung vom 16. Juli 2001 zurück. Die daraufhin erhobene Klage hatte insoweit Erfolg, als das Finanzgericht - FG - Berlin durch Urteil vom 27. November 2003 (Aktenzeichen: 1 K 1318/01) nur den auf die anteilige Bebauung des A-Grundstücks entfallenden Aufwand - neben dem oben genannten Kapitalwert - in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezog. Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des FG Berlin wies der Bundesfinanzhof - BFH - durch Beschluss vom 15. April 2005 (Aktenzeichen: II B 21/04) als unbegründet zurück.

Mit gemäß § 174 Abs. 4 AO geändertem Bescheid vom 20. Januar 2004 setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer unter Einbeziehung von 48% der Kosten laut Generalübernehmervertrag zuzüglich Baunebenkosten (s. o.) in Höhe von 107.616.816,00 DM auf 2.768.904,00 DM für den hier streitigen Erwerb des Erbbaurechts von dem B - Vorgang I - gegen die Klägerin fest. Dabei bezog er außerdem - wie im Ausgangsbescheid vom 5. Juli 1994 - den gesamten kapitalisierten Erbbauzins in Höhe von 30.828.393,75 DM in die Bemessungsgrundlage ein.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und berief sich darauf, dass eine Änderung des angefochtenen Bescheides wegen bereits eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich sei. Eine Änderungsmöglichkeit gemäß § 174 Abs. 4 AO liege nicht vor, weil bezüglich der Frage eines einheitlichen Vertragswerks keine irrige Beurteilung seitens des zuständigen Finanzamtes erfolgt sei. Dieses habe lediglich die Beurteilung des Finanzamtes X gemäß dem Betriebsprüfungsbericht vom 18. November 1996 übernommen. Die Erfassung sämtlicher Baukosten bei dem Vorgang II sei erfolgt, weil allein die A Generalübernehmerin gewesen sei. Deshalb sei es für sie - die Klägerin - nicht erkennbar gewesen, dass ein bestimmter Sachverhalt, hier das Vorliegen eines einheitlichen Vertragswerks, in dem Steuerbescheid für den Vorgang I in der Annahme nicht berücksichtigt worden sei, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu erfassen sei. Eine Änderung nach § 174 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 AO scheide bereits aus diesem Grund aus. Im Übrigen liege ein einheitliches Vertragswerk für den Vorgang I nicht vor. Der Generalübernehmervertrag sei ausschließlich zwischen der A und ihr - der Klägerin - ausgehandelt worden. Der B sei zu keinem Zeitpunkt in die Verhandlungen einbezogen worden, so dass er weder bewusst noch gewollt in dieses Konzept eingebunden gewesen sei.

Durch Einspruchsentscheidung vom 21. September 2005 wies der Beklagte den Rechtsbehelf als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO seien erfüllt. Der bestimmte Sachverhalt ergebe sich aus dem Erwerb der Erbbaurechte an den Grundstücken G.1. und G.2. - als Vorgänge I und II bezeichnet - laut Vertrag vom 23. Februar 1994. Das Finanzamt habe beim Vorgang II das Investitionsvolumen in die Bemessungsgrundlage gemäß dem Betriebsprüfungsbericht vom 18. November 2000 einbezogen. Die Berücksichtigung des Investitionsvolumens in dieser Höhe sei aufgrund irriger Beurteilung des o. a. Sachverhalts erfolgt. Das Finanzgericht habe das Investitionsvolumen zu 52% bei dem Vorgang II berücksichtigt. Aufgrund des Klageverfahrens sei der Ursprungsbescheid vom 5. Juli 1994 insoweit zugunsten der Klägerin aufgehoben worden. Die irrige Beurteilung des Finanzamtes habe darin gelegen, dass es die Grundstücksbebauung allein dem Vorgang II zuordnete. In Kenntnis der Tatsache, dass sich die Bebauung auch auf das Grundstück des B - Vorgang I - erstreckt habe, sei dieser Irrtum für die Klägerin erkennbar gewesen. Die Ausführungen des FG Berlin zum einheitlichen Vertragswerk in seinem Urteil vom 27. November 2003 (s. o.) seien auch hinsichtlich des Erwerbsvorganges zwischen der Klägerin und dem B - Vorgang I - maßgeblich. Danach liege ein einheitliches Vertragswerk dann vor, wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages die Art und die Investitionskosten des Bauvorhabens bereits festgelegt gewesen seien. Träten auf der Veräußererseite mehrere Personen oder Unternehmen auf, so sei es für das Vorliegen eines engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den Verträgen erforderlich, dass die auf der Veräußererseite Beteiligten untereinander personell, gesellschaftsrechtlich oder wirtschaftlich miteinander verbunden seien oder aufgrund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiteten und durch abgestimmtes Verhalten darauf hinwirkten, dass das Grundstück bei dem Erwerber als bebautes Grundstück ankomme. Im Streitfall werde eine entsprechende Zusammenarbeit auf der Veräußererseite bereits in der Formulierung des § 2 des Erbbaurechtsvertrages deutlich. Das Vertragsobjekt werde von beiden Mitveräußerern als Gesamterbbaurecht bezeichnet und zur Errichtung eines Gebäudes entsprechend dem Entwurf des Architekten M. in der Fassung, die durch das ...amt ... genehmigt werden würde, verkauft. Den entsprechenden Antrag auf Baugenehmigung vom 15. Dezember 1993 habe der B mit unterzeichnet. Abweichungen von der genehmigten Bauausführung hätten der Zustimmung sämtlicher Vertragsparteien bedurft. Die Festsetzungsfrist für die Änderung der Steuerfestsetzung sei nicht gemäß § 174 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AO abgelaufen, weil die steuerlichen Folgen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheides gezogen worden seien. Die Änderung des fehlerhaften Bescheides zum Vorgang II sei durch Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 27. November 2003 geschehen, die Änderung zum Vorgang I sei mit Bescheid vom 20. Januar 2004 erfolgt.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage.

Die Klägerin macht geltend, eine Änderung des Ausgangsbescheides scheitere bereits daran, dass weder die Voraussetzungen des § 173 AO noch die des § 174 Abs. 4 AO vorlägen. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sei nicht anwendbar, weil die Festsetzungsfrist für den streitigen Rechtserwerb vom 5. Juli 1994 zum 20. Januar 2004 bereits um Jahre abgelaufen und auch nicht nachvollziehbar sei, welche neuen Tatsachen eine Änderung nach § 173 AO rechtfertigen sollten. Die Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO komme nicht zum Zuge, weil es zum einen an der erforderlichen Sachverhaltsidentität fehle. Der hier zu beurteilende Sachverhalt beziehe sich auf die Rechtsbeziehung zwischen dem B und ihr - der Klägerin -, während der aufgrund des Urteils des Finanzgerichts Berlin geänderte Bescheid auf der Rechtsbeziehung zwischen der A und der Klägerin beruhe. Insoweit könne allenfalls von einer Teilidentität der Sachverhalte gesprochen werden. Dies genüge für die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO nicht, weil es sich nicht um ein und denselben Lebensvorgang handele. Des Weiteren fehle es an einer irrigen Beurteilung der für den Erlass des Steuerbescheides zuständigen Finanzbehörde. Der Beklagte habe lediglich mechanisch die Ergebnisse des Betriebsprüfungsberichtes übernommen, nach dem sämtliche Baukosten in die Bemessungsgrundlage des grunderwerbsteuerbaren Vorgangs von der A einzubeziehen seien. Darüber hinaus habe der Beklagte bei der Erhöhung der Bemessungsgrundlage die Bestellung des Erbbaurechts durch den B übersehen und folglich nicht gewürdigt. Ein Irrtum über einen Sachverhalt setze jedoch voraus, dass die Finanzbehörde den Sachverhalt tatsächlich beurteilt und nicht schlicht übersehen habe. Dass das Finanzamt den Erwerbsvorgang mit dem B außer Acht gelassen und somit übersehen habe, habe es in der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2003 vor dem Finangericht Berlin eingeräumt, wie dies auch im Tatbestand des Urteils auf Seite 15 und in den Entscheidungsgründen auf Seite 23 festgehalten sei. Davon abgesehen lägen die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 174 Abs. 3 Satz 1 AO nicht vor, weil nach Ablauf der Festsetzungsfrist eine Änderung nur möglich sei, wenn ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden sei, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei. Von einer Erkennbarkeit könne nicht die Rede sein, denn die Zuschlagung sämtlicher Bebauungskosten zu dem grunderwerbsteuerbaren Vorgang zwischen der A und ihr - der Klägerin - sei deshalb erfolgt, weil allein die A Generalübernehmerin gewesen sei. Sie - die Klägerin - habe zudem bei verständiger Würdigung des an sie gerichteten Bescheides nicht erkennen müssen, dass und warum ein bestimmter Vorgang dort nicht berücksichtigt worden sei. Ferner fehle es an dem für das Bestehen eines engen sachlichen Zusammenhangs erforderlichen einheitlichen Angebot der Anbieterseite, d.h. B und A. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages sei eine Gebäudeerrichtungsverpflichtung der Veräußererseite weder beabsichtigt noch gegeben gewesen. Vorgesehen sei nach dem Erbbaurechtsvertrag vielmehr, dass sie - die Klägerin - das Gebäude errichte. Auch die Absicht einer Generalübernehmerstellung der A zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages habe nicht bestanden. Vielmehr sei die Einzelvergabe der einzelnen Gewerke durch sie - die Klägerin - vorgesehen gewesen. Erst als diese ursprüngliche Planung verworfen und die Einschaltung eines Generalunternehmers für sinnvoll erachtet worden sei, seien Verhandlungen über den Abschluss eines Generalübernehmervertrages zunächst mit der F - AG geführt worden. Zwar könne ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen Grundstücksübertragungs- und Bauerrichtungsvertrag auch dann bestehen, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner aufträten. Notwendig sei jedoch, dass die Umstände des Zusammenwirkens dieser Personen ergäben, dass der Erwerber ein bebautes Grundstück erhalte. Wenn die auf der Veräußererseite handelnden mehreren Personen nicht personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden seien wie im Streitfall, so liege ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen Übertragungs- und Bauerrichtungsvertrag nur dann vor, wenn diese Vertragspartner aufgrund von Abreden durch abgestimmtes Verhalten für den Erwerber objektiv erkennbar auf den Abschluss der Verträge hinwirkten. Ein derartiges abgestimmtes Verhalten zwischen A und B habe jedoch nicht bestanden. Dem B sei es allein auf die mietweise Nutzung des geplanten Vorhabens angekommen. Wer das Gebäude später errichtet habe, sei für ihn belanglos gewesen. Es habe kein Anlass für ein abgestimmtes Verhalten mit der A bestanden. Darüber hinaus sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages für den B nicht erkennbar gewesen, dass die A insoweit eine Generalübernehmerfunktion ausüben würde. Die Annahme eines auf die Übereignung des Grundstücks und Errichtung des Gebäudes hinwirkenden abgestimmten Verhaltens zwischen A und B sei daher konstruiert. Das von dem Beklagten unterstellte abgestimmte Verhalten des B hätte sich auf etwas richten müssen, was zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages weder beabsichtigt noch erkennbar gewesen sei. Für die Annahme eines abgestimmten Verhaltens genüge ein bloßes zufälliges Zusammentreffen der auf der Veräußererseite handelnden Personen ebenso wenig wie ein bloß tatsächliches Gewährenlassen des Dritten. Außerdem habe nicht die für die Annahme eines engen sachlichen Zusammenhangs erforderliche Bindung an eine etwaige Gebäudeerrichtung durch die Veräußererseite bestanden. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages habe es auch keinen von der Veräußererseite vorbereiteten Geschehensablauf gegeben, weil sie - die Klägerin - zu diesem Zeitpunkt offenbar beabsichtigt habe, das Gebäude selbst zu errichten oder dies durch Dritte vornehmen zu lassen. Im Übrigen habe der Bundesfinanzhof - BFH - in seinem Urteil vom 23. Oktober 2002 (Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2003, 199) entschieden, dass in der Gebäudeherstellungsverpflichtung regelmäßig keine Gegenleistung für die Bestellung des Erbbaurechts liege. Die vom BFH geforderten Regelungen im Erbbaurechtsvertrag, aus denen hervorgehe, dass die Bauleistung dem Erwerber selbst zugute komme und somit keine Gegenleistung vorliege, seien im Streitfall erfüllt. Sie - die Klägerin - sei zur Unterhaltung des Bauwerks verpflichtet. Ergänzt werde dies durch weitere Verpflichtungen in den §§ 6 bis 10 des Abschnittes b des Erbbaurechtsvertrages. Darüber hinaus erhalte sie nach dem Vertrag bei Erlöschen des Erbbaurechts vom Grundstückseigentümer eine Entschädigung für das Gebäude in Höhe des Verkehrswertes. Im Ergebnis kämen daher die Verwendungen auf das Erbbaugrundstück ihr - der Klägerin - als Erbbauberechtigte dauerhaft zugute. Schließlich fehle es an Indizien für ein einheitliches Vertragswerk. Auch ein faktischer Zwang, der nur bei einer in einem einheitlichen Baukörper sich befindenden Eigentumswohnung gegeben sei, bestehe im Streitfall nicht, da hier insgesamt ein neues Gebäude gebaut und Grundstücksverkäufer sowie die A als späterer Bauunternehmer unterschiedliche Personen seien. Für den Beweis eines einheitlichen Vertragswerkes bedürfe es im Einzelfall der konkreten Feststellung, ob und in welchem Umfang ein künftiger Grundstückszustand als Gegenleistung des Erwerbsvorganges anzusehen sei. Hinsichtlich des Vorliegens vorheriger Absprachen sei ein konkreter Nachweis erforderlich. Derartige Nachweise seien hier nicht erbracht. Da aber insoweit das Finanzamt die Feststellungslast trage, habe die Klage Erfolg.

Die Klägerin beantragt,

den Änderungsbescheid vom 20. Januar 2004 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 21. September 2005 aufzuheben und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er bezieht sich auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und hält weiterhin die Voraussetzung für eine Änderung des Ausgangsbescheides vom 5. Juli 1994 für erfüllt. So sei einmal § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO anwendbar, weil mit Bekanntwerden des Generalübernehmervertrages Ende 1995 eine neue Tatsache auch für den Vorgang B/Klägerin vorgelegen habe, die in Zusammenschau mit den §§ 2 und 3 des Erbbaurechtsvertrages zu dem Ergebnis eines einheitlichen Vertragswerks führe. Zum anderen seien die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO erfüllt. Der nach § 173 AO geänderte Bescheid für den Vorgang II sei am 29. Dezember 1998 ergangen und aufgrund des Einspruchs der Klägerin durch das Urteil des Finanzgerichts vom 27. November 2003 teilweise aufgehoben worden. Innerhalb eines Jahres nach dieser Entscheidung, d.h. am 20. Januar 2004, sei der gemäß § 174 Abs. 4 AO geänderte Bescheid für den Vorgang I erlassen worden. Im Streitfall sei die fehlerhafte Entscheidung durch den Änderungsbescheid vom 29. Dezember 1998 für den Vorgang II durch Einbeziehung sämtlicher Baukosten in die Bemessungsgrundlage getroffen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Festsetzungsfrist für den hier streitigen Vorgang I noch nicht abgelaufen gewesen, so dass es auf die Erkennbarkeit im Sinne des § 174 Abs. 3 AO gemäß § 174 Abs. 4 Satz 4 AO nicht ankomme. Ferner sei der bestimmte Sachverhalt im Sinne des § 174 Abs. 4 AO nicht auf ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasse den einheitlichen, für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex, d.h. hier die Gesamtbebauung mit einem Gebäude. Im Übrigen sei auch eine Erkennbarkeit im Sinne des § 174 Abs. 3 AO gegeben, weil für die Klägerin im Hinblick auf die einheitliche Bebauung beider Erbbaugrundstücke mit einem von beiden Veräußerern vorgeplanten Gebäude bei verständiger Würdigung erkennbar gewesen sein müsse, dass nicht nur die auf das von der A erworbene Grundstück entfallenden Baukosten der Grunderwerbsteuer unterlägen. Für die Änderungsmöglichkeit nach § 173 AO sei zudem nicht auf den 20. Januar 2004 abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die fehlerhafte Entscheidung getroffen worden sei. Des Weiteren liege ein einheitliches Vertragswerk vor, da ausreichend sei, dass sich der Veräußerer in das einheitliche Vertragswerk einbinden lasse. Dies ergebe sich hier neben den bereits in der Einspruchsentscheidung dargelegten Gründen auch aus der Tatsache, dass der B sich bereit erklärt bzw. verpflichtet habe, eine Grundstücksteilfläche von H zu erwerben, um der Klägerin das Erbbaurecht an dieser für das Bauvorhaben erforderlichen Fläche einräumen zu können. Hinzuweisen sei auf die partnerschaftliche Vereinbarung zwischen A und B vom 31. März 1991, auf die in der Anlage 1 (S. 5) zum Erbbaurechtsvertrag Bezug genommen werde. Darüber hinaus liege im Streitfall ein abgestimmtes Verhalten zwischen dem B und der A als Grundstücksveräußerin, Geschäftsbesorgerin und Generalunternehmerin vor. Dies ergebe sich u.a. aus den in der Einspruchsentscheidung genannten Gründen und werde weiterhin bestätigt durch die Ausführungen in der Präambel zum Entwurf des öffentlich- rechtlichen Vertrages zwischen der A und dem B einerseits und H andererseits. Danach hätten beide Veräußerer für die von ihnen beabsichtigte Bebauung einen Bauwettbewerb ausgeschrieben. Außerdem sei die Unterbringung des B in dem neuen Gebäude von Anfang an vorgesehen gewesen und bereits in der Bau- und Betriebsbeschreibung der Architekten M & Partner vom 15. Dezember 1993 dargestellt worden. In den Vereinbarungen zur Regelung nachbarschaftlicher Belange vom 20. Juli, 27. Juli und 27. August 1993 werde ebenfalls ausgeführt, dass die Veräußerer gemeinsam beabsichtigten, auf den Grundstücken G.2. , G.1. ein ...-Zentrum zu errichten. Für die Frage, in welchem Zustand die Parteien das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht hätten, sei zudem entscheidend, ob der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Bebauung frei gewesen sei. Im Streitfall habe im Erwerbszeitpunkt eine vollständige Planung, für die bereits am 15. Dezember 1993 eine Baugenehmigung beantragt gewesen sei, vorgelegen. In § 3 des Erbbaurechtsvertrages habe sich die Klägerin verpflichtet, das in § 2 beschriebene Bauwerk zu errichten. Schließlich gehe aus dem Urteil des BFH vom 23. Oktober 2002 im Umkehrschluss hervor, dass bei Vorliegen eines einheitlichen Leistungsgegenstandes zum Zeitpunkt des Erbbaurechtsbestellungsvertrages eine Einbeziehung der Bebauungskosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage nach wie vor gerechtfertigt sei.

Dem Senat haben bei seiner Entscheidung die die Vorgänge I und II betreffenden Grunderwerbsteuerakten (3 Bände) und die Streitakte 1 K 1318/01 des FG Berlin vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt nicht die Rechte der Klägerin.

Dabei ist zunächst festzustellen, dass die formellen Voraussetzungen für eine Änderung des Ausgangsbescheides vom 5. Juli 1994 vorliegen. Gemäß § 174 Abs. 4 AO durfte der Beklagte die korrespondierende richtige Besteuerung des mit dem B vollzogenen Erwerbsvorganges der Klägerin vornehmen, da diesem Erwerbsvorgang derselbe Sachverhalt wie dem Vorgang II zugrunde liegt. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Finanzgerichts Berlin vom 27. November 2003 (1 K 1318/01) steht fest, dass die Bestellung des Gesamterbbaurechts in engem objektiv sachlichen Zusammenhang mit dem von der Veräußererseite, d.h. der A und dem B, vorgegebenen Bebauungskonzept stand. Die Bebauungskosten sind anteilig in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage nach den §§ 8, 9 Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG - einzubeziehen, weil insoweit die von der höchstrichterlichen Rechtssprechung genannten Voraussetzungen für die Annahme eines einheitlichen Leistungsgegenstandes zum Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs im Februar 1994 vorgelegen haben. Wie es in der Entscheidung des FG Berlin (S. 19 f.) weiter heißt, war die Klägerin zum Zeitpunkt der Erbbaurechtsbestellung hinsichtlich des Bebauungsvorhabens auf ein von der A als Mitveräußerer im Einzelnen geplantes Bauvorhaben festgelegt, wobei die A als Bauherrin das gesamte Baugeschehen in der Hand hatte. Dass die Klägerin als Erwerberseite insoweit einem von der Veräußererseite vorgegebenen Bebauungskonzept unterworfen war, ergibt sich im Übrigen auch aus den Formulierungen auf S. 18 des Anlageprospekts vom November 1995, wonach die Klägerin hinsichtlich der rechtlichen und tatsächlichen Planung und Ausführung der Investition an die Vorgaben der Leasingnehmerin gebunden war und sie das Baugeschehen aufgrund der abgeschlossenen Verträge nicht beherrschte (Urteil des FG Berlin a.a.O., S. 20). Schließlich war danach die A als Mitveräußerin im Rahmen des Erbbaurechtsbestellungsvertrages zunächst als Geschäftsbesorgerin und später als Generalübernehmerin für die Durchführung des gesamten Bauvorhabens verantwortlich (siehe näher das genannte Urteil, S. 21).

Dieser durch die gemeinsame Bestellung eines Gesamterbbaurechts seitens der A und des B zugunsten der Klägerin und durch das vorgegebene Bebauungskonzept geprägte Sachverhalt wird nicht aufgrund der in dem Urteil des FG Berlin vorgenommenen rechtlichen Aufspaltung der Bebauungskosten auf die A und den B verändert. Zwar betrifft der durch das eben genannte Urteil geänderte Bescheid vom 29. Dezember 1998 nur den Erwerbsvorgang II. Der hier streitige Erwerbsvorgang I bezieht sich demgegenüber auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und B. Der zugrunde liegende Sachverhalt (siehe oben) ist aber von der rechtlichen Würdigung dieses Lebensvorganges zu trennen. Dass der dem Bescheid vom 29. Dezember 1998 für Vorgang II zugrunde liegende Sachverhalt - Gesamterbbaurechtsbestellung durch die A und vorgegebenes Bebauungskonzept - in erster Linie das Grundstück der A, hinsichtlich der Bebauungskosten aber auch das Grundstück des B erfasst, während es hier allein um den B und sein Grundstück geht, steht der Änderung des Ausgangsbescheides hinsichtlich des Erwerbsvorganges I nicht entgegen. Die richtige steuerliche Beurteilung kann gegenüber der Klägerin vorgenommen werden, weil diese am betreffenden Lebensvorgang sowohl gegenüber der A als auch gegenüber dem B beteiligt war.

Im Streitfall hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid die zutreffende rechtliche Konsequenz aus dem - von ihm zunächst nicht für rechtserheblich gehaltenen - Umstand gezogen, dass ein und derselbe Lebenssachverhalt zwei rechtlich verschiedene Grundstücke umfasst. Es kann keine Rede davon sein, dass der Beklagte das Steuerrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem B übersehen habe. Abgesehen davon, dass der Beklagte den Erwerbsvorgang I mit Bescheid vom 5. Juli 1997 der Grunderwerbsteuer unterworfen hat, zeigt die Einbeziehung der gesamten Bebauungskosten in den Erwerbsvorgang II, dass der Beklagte insoweit den Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt hat. Aus dieser Einbeziehung folgt nämlich notwendig, dass die gesamte Bebauung, die sich unzweifelhaft auf beide Grundstücke bezog, von dem Beklagten erfasst worden ist. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Urteil noch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung (S. 5) vor dem FG Berlin (1 K 1318/01). Daraus folgt lediglich die fehlerhafte Zuordnung der gesamten Bebauungskosten zum Grundstück der A. Des Weiteren ist die Auffassung der Klägerin, es liege eine bloße mechanische Übernahme des Betriebsprüfungsberichts des Finanzamtes X vor, unzutreffend. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ein derartiger Bericht keine Bindungswirkung entfaltet und dass das betreffende Finanzamt einen Auszug aus dem Bericht zur Auswertung an das seinerzeit für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzamt für Erbschaftsteuer und Verkehrssteuern übersandt hat, von dem es zudem mit der Prüfung beauftragt worden war.

Die von der Klägerin hervorgehobene Teilidentität wirkt sich nur auf die rechtliche Bewertung des Sachverhaltes aus und bewirkt keine Aufspaltung des einheitlichen Erwerbs eines Gesamterbbaurechts in zwei voneinander unabhängige Lebenssachverhalte.

Maßgeblich ist zudem, dass es sich rechtstechnisch gesehen zwar um zwei Erwerbsvorgänge handelt, die aber durch ein und denselben Sachverhalt (s. o.) miteinander verknüpft sind und zu einem einzigen Erwerb, nämlich der Erlangung des Gesamterbbaurechts durch die Klägerin, geführt haben. Dass dieser Erwerb durch zwei Personen auf der Veräußererseite vermittelt wurde, ändert an der Identität des zugrunde liegenden Sachverhaltes nichts. Gleichermaßen berührt die rechtliche Aufspaltung des einheitlichen Erwerbs im Wege der anteiligen Zuordnung des Kapitalwertes für den jährlichen Erbbauzins und der Kosten der Bebauung zu den beiden Grundstücken nicht den tatsächlichen Lebensvorgang.

Der Unterscheidung zwischen Lebenssachverhalt (s. o.) und Erwerbsvorgang (hier: Vorgänge I und II) steht auch im Streitfall nicht entgegen, dass die rechtliche Beurteilung eines Lebensvorganges durch das (bekannte) Hin- und Herwandern des Blickes des Rechtsanwenders zwischen Sachverhalt und Norm (Obersatz) vollzogen wird (Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 3. Auflage, Seite 15). Trotz dieser Verknüpfung ist der im Streitfall der Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO zugrunde gelegte Lebenssachverhalt nicht identisch mit der Beurteilung, dass zwei Erwerbsvorgänge vorliegen. Vielmehr handelt es sich dabei um Transformationen des natürlichen Sachverhaltes in den juristischen (siehe z.B. Sauer, Juristische Elementarlehre, 1944, S. 28). Nach alledem stellen die beiden Erwerbsvorgänge nicht zwei verschiedene konkrete Lebensfälle dar, welche der Anwendbarkeit von § 174 Abs. 4 AO im Streitfall entgegenstünden. Maßgeblich ist hier dagegen der aus dem Abschluss des Gesamterbbaurechtsvertrages mit zumindest im Wesentlichen vorgegebenem Bebauungskonzept zusammengesetzte natürliche Sachverhalt, der einer korrespondierenden rechtlichen Beurteilung (s. o.) zugänglich ist.

Unter diesen Umständen liegt die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene Notwendigkeit einer Ergänzung des Sachverhaltes nicht vor. Vielmehr handelt es sich bei der Beurteilung des zugrunde liegenden Sachverhaltes als einheitliches Vertragswerk auch hinsichtlich des Vorganges I um die juristische Transformation des (natürlichen) Lebensvorganges (s. o.). Hinzu kommt, dass die Klägerin bei beiden Erwerbsvorgängen die (vertragliche) Steuerschuldnerin ist.

Die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO im Streitfall ist ferner nicht infolge nicht Verjährung ausgeschlossen. Die Festsetzungsfrist für die Änderung der Steuerfestsetzung vom 5. Juli 1994 war nicht nach § 174 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AO abgelaufen, weil die steuerlichen Folgen innerhalb eines Jahres nach Änderung des fehlerhaften Bescheides gezogen worden sind (§ 174 Abs. 4 Satz 3 AO). Die Änderung des fehlerhaften Bescheides zum Vorgang II ist durch Urteil des FG Berlin vom 27. November 2003 (1 K 1318/01) erfolgt, während der den Vorgang I betreffende Ausgangsbescheid vom 5. Juli 1994 durch Bescheid vom 20. Januar 2004 geändert wurde.

Auf die Frage der Erkennbarkeit im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO kommt es nicht an, weil der Änderungsbescheid für den Vorgang II, durch den sämtliche Baukosten in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurden, am 29. Dezember 1998 erlassen worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Festsetzungsfrist für den hier streitigen Vorgang I noch nicht abgelaufen, da die Klägerin das Gesamterbbaurecht von der A und dem B am 23. Februar 1994 erworben hatte und die Festsetzungsfrist deshalb unter Berücksichtigung der Anzeige des Notars ... vom 18. März 1994 hinsichtlich der Erbbaurechtsbestellung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO am 31. Dezember 1998 endete. Dabei ist die Frist gewahrt, weil der den Vorgang II betreffende Bescheid vom 29. Dezember 1998 den Bereich des Beklagten vor Ablauf der Festsetzungsfrist, nämlich am 29. Dezember 1998, verlassen hat (s. Bl. 21 R. der Grunderwerbsteuerakten, Bd. II), was gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AO ausreichend ist. Deshalb erübrigt sich eine Prüfung, ob die Verletzung der Anzeigepflicht des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG durch die Klägerin eine Anlaufhemmung im Sinne des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bewirkt und damit zu einer Verlängerung der o. g. Festsetzungsfrist geführt hat. Davon abgesehen ist eine Änderung i.S.d. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AO möglich, wenn für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar war, dass der Beklagte die gesamten Baukosten beim Vorgang II berücksichtigt und nicht die erforderliche rechtliche Aufspaltung der Gesamtbausumme in beide Grundstücke der A und des B anteilsgerecht erfassende Teilbeträge vorgenommen hat. Ob dies die Klägerin zweifelsfrei dem Bescheid vom 29. Dezember 1998 entnehmen konnte, brauch der Senat indes nicht mehr zu entscheiden.

Bei dieser Rechtslage kann offen bleiben, ob die Änderung des den Vorgang I betreffenden Bescheides vom 5. Juli 1994 außerdem auf § 173 Abs. 1 Satz 1 AO gestützt werden kann, da insoweit auch eine Festsetzungsfrist von sieben Jahren abgelaufen war.

Sind nach alledem die formellen Voraussetzungen für eine Änderung jedenfalls nach § 174 Abs. 4 AO gegeben, ist diese auch in der Sache gerechtfertigt. Dabei ist zunächst auf das vom BFH bestätigte Urteil des FG Berlin vom 27. November 2003 (a.a.O.) hinzuweisen, wodurch rechtskräftig festgestellt ist, dass hinsichtlich des Vorganges II ein einheitliches Vertragswerk besteht. Soweit es um den Vorgang I geht, könnte diese Feststellung bereits aus Gründen der Folgerichtigkeit nur dann nicht zutreffen, wenn der B in den oben dargestellten einheitlichen Lebensvorgang eine Sonderrolle gespielt hätte, aufgrund derer er nur - wie die Klägerin vorträgt - zufällig Nutznießer der Bebauung auch seines Grundstücks mit dem sich zugleich auf das Grundstück der A erstreckenden Einheitsgebäude geworden wäre.

Davon kann im Streitfall nicht die Rede sein. Der B hat nämlich zusammen mit der A ein Gesamterbbaurecht zugunsten der Klägerin bestellt. Beide Verbände sind gegenüber der Klägerin als Teil der Veräußererseite anzusehen. Sie sind durch die gemeinsame Bestellung des Erbbaurechts rechtlich miteinander verbunden. Sie waren dadurch nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern auch untereinander verpflichtet, an der Bebauung mit dem weitgehend vorgeplanten Gebäude, für das Vorleistungen der A in Höhe von 20 Mio. DM bereits im Februar 1994 erbracht worden waren (vgl. S. 20 f. des oben genannten Urteils des FG Berlin), mitzuwirken. Dies ergibt sich zunächst aus dem Bauantrag vom 15. Dezember 1993, dem der B als betroffener Grundstückseigentümer ausdrücklich zugestimmt hat. Vor allem aber folgt die Verbindung des B mit der A aus dem vom Beklagten zu Recht hervorgehobenen abgestimmten Verhalten zwischen den beiden Verbänden. Dabei ist ausreichend, dass dieses Verhalten, das sich aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der A, dem B und H, den Vereinbarungen zur Regelung nachbarschaftlicher Belange vom 20. und 27. Juli sowie 27. August 1993 und der partnerschaftlichen Vereinbarung vom 31. März 1991 ergibt, auf die Bebauung der beiden Grundstücke mit einem einheitlichen Gebäude angelegt war. An das von der A bereits im Februar 1994 zumindest weitgehend erstellte Bebauungskonzept war der B selbstverständlich gebunden; er hat daran mitgewirkt oder sich jedenfalls dem Konzept unterworfen.

Ferner war die Veräußererseite zu einer Veränderung des tatsächlichen Zustandes des gesamten Areals verpflichtet, denn die das Baugeschehen beherrschende A, die bereits im Zeitpunkt der Bestellung des Gesamterbbaurechts als Geschäftsbesorgerin im Hinblick auf das geplante Baukonzept auftrat, übernahm dann ausdrücklich im November 1994 die Errichtungspflicht aufgrund ihrer Eigenschaft als Generalübernehmerin (vgl. dazu auch das Urteil des FG Berlin vom 27. November 2003, S. 20 ff.). Außerdem ist die Generalübernehmerstellung der A bereits Anfang 1993 mündlich vereinbart worden (s. die Präambel zum Generalübernehmervertrag). Die Verpflichtung der A als ein Teil der Veräußererseite reicht nach ständiger Rechtssprechung des BFH (siehe z.B. Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Auflage, § 9, Textziffer 165 a m. N.) aus, denn der B hatte sein Grundstück der A zumindest an die Hand gegeben, da er deren Bebauungskonzept auch im Bezug auf das eigene Grundstück notwendigerweise akzeptiert hatte. Unerheblich ist deshalb, dass der B nicht explizit eine Verpflichtung zur tatsächlichen Veränderung des Grundstückszustandes gegenüber der Klägerin übernommen hatte. Ohne Bedeutung ist ferner, dass der Generalübernehmervertrag erst im November 1994 geschlossen und nach dem Vorbringen der Klägerin zunächst andere Vorstellungen über die Person des Generalunternehmers bestanden. Bereits bei Bestellung des Gesamterbbaurechts stand das Bebauungskonzept der A, die bereits mit 20 Mio. DM in Vorleistung getreten war, fest (s. o.). Dass der Abschluss des Generalübernehmervertrages erst im November 1994 erfolgte, ist nicht rechtserheblich, wie sich ohne weiteres aus dem rechtskräftigen Urteil des FG Berlin vom 27. November 2003 und dem Beschluss des BFH vom 15. April 2005 (II B 21/04), durch den die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des FG Berlin als unbegründet zurückgewiesen worden ist, ergibt. Es genügt die im Zeitpunkt der Gesamterbbaurechtsbestellung bereits vorgesehene Einbindung eines Generalunternehmers in das vorgegebene Bebauungskonzept. Die Person des Generalunternehmers, der bei einer derart geplanten Einbindung auf jeden Fall Teil der Veräußererseite ist, muss dabei noch nicht feststehen oder kann später ausgetauscht werden. Aus diesen Gründen war eine Kenntnis des B von der Generalübernehmerstellung der A bereits im Zeitpunkt des Erbbaurechtsvertrages nicht erforderlich. Die Frage der Erkennbarkeit ist zudem nur für den Erwerber, soweit es um das Zusammenwirken auf der Veräußererseite geht, von Bedeutung. Dies ist aber ein anderer Fall. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es auf die Beweisanträge der Klägerin nicht an.

An dem vorgegebenen Bebauungskonzept konnte und wollte der B nichts ändern, auch wenn er nach dem Vorbringen der Klägerin weder in die Verhandlungen über den Generalübernehmervertrag noch in diesen selbst eingebunden war. Außerdem beziehen sich die beiden Leasingverträge am 18./23. Februar 1994 auf das Gebäude "T", so dass die Bebauung auch des Grundstücks des B Gegenstand der Gesamterbbaurechtsbestellung, die gleichermaßen durch den B und die A erfolgte, war.

Insgesamt verkennt die Klägerin, dass auch eine eher passive Rolle des B nichts an dessen Zuordnung zur Veräußererseite, die insbesondere aus der notwendigen Mitbestellung des Gesamterbbaurechts zugunsten der Klägerin folgt, änderte. Wie bei Miteigentümern auf der Erwerberseite, ist für die auf der Veräußererseite handelnden Besteller eines Gesamterbbaurechts der Gegenstand des Veräußerungsvorganges derselbe, nämlich das Erbbaurecht in bebautem Zustand (vgl. auch Boruttau, a.a.O., § 9, Textziffer 166 b).

Des Weiteren steht das Urteil des BFH vom 23. Oktober 2002 (II R 81/00, BStBl II 2003, 199) der Einbeziehung der auf das Grundstück des B entfallenden Bebauungskosten in Höhe von 107.616.816,00 DM (48% der Kosten lt. Generalübernehmervertrag) nicht entgegen, da hier im Zeitpunkt der Bestellung des Gesamterbbaurechts ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vorlag (vgl. auch das Urteil des FG Berlin, a.a.O., S. 22; BFH, Beschluss, a.a.O., S. 7 f.). Aufgrund der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten in dem oben genannten Verfahren vor dem FG Berlin ist der betreffenden Aufteilung der Bebauungskosten zu folgen.

Nach alledem ist die Klage, soweit es um die anteiligen Bebauungskosten geht, unbegründet.

Hinsichtlich der Berechnung des Kapitalwertes des jährlichen Erbbauzinses ist die Klage ebenfalls unbegründet. Der Kapitalwert des Erbbauzinses von jährlich 1.719.375,00 DM (Erbbaurechtsvertrag Abschnitt C § 1 Nr. 1) beträgt bei einer Laufzeit von 60 Jahren 17,93 (Anlage 9a zu § 13 Bewertungsgesetz) x 1.719.375,00 DM = 30.828.393 DM.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da eine Abweichung von der Rechtsprechung des BFH nicht vorliegt.

Ende der Entscheidung

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