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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 12 K 12217/07
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

12 K 12217/07

Steuerberatungssachen (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO, § 38 a StBerG)

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 12. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11. Juni 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter ... sowie

die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, die verbindliche Auskunft vom 05.09.2007 dahingehend zu ändern, dass die Klägerin bereits ab dem 26.01.1996 als Sachbearbeiterin oder mindestens in gleichwertiger Stellung gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG tätig gewesen ist.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 4/7 und die Beklagte zu 3/7 zu tragen.

Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Hinblick auf eine verbindliche Auskunft gemäß § 38a Abs. 1 Steuerberatungsgesetz (StBerG), ab welchem Zeitpunkt die Klägerin eine hinreichend qualifizierte Vortätigkeit im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG ausgeübt hat.

Die Klägerin trat im April 1992 als Verwaltungsangestellte in den Dienst der ... Finanzverwaltung ein. Bis zum 20.12.1993 war sie insbesondere als Mitarbeiterin Veranlagungsstelle (Probezeit) tätig und nahm an verschiedenen Angestelltenlehrgängen teil. Ab dem 21.12.1993 kam es zu folgender dienstlichen Verwendung:

 vom 21.12.93bis 27.02.94Probeweise Aufgabenübertragung, Sachbearbeiterin Veranlagung
vom 28.02.94bis 22.04.94Teilnahme am Angestelltenlehrgang (Abschlusslehrgang)
vom 23.04.94bis 31.01.95Probeweise Aufgabenübertragung, Sachbearbeiterin Veranlagung
vom 01.02.95bis 26.01.97Einsatz als Sachbearbeiterin Veranlagung; ab 26.01.1996: Zeichnungsbefugnis einer Sachbearbeiterin
vom 27.01.97bis 21.03.97Teilnahme (ganztägig) an "Sachbearbeiterschulung Teil I"
vom 22.03.97bis 20.04.97Sachbearbeiterin Veranlagung
vom 21.04.97bis 13.06.97Teilnahme (ganztägig) an "Sachbearbeiterschulung Teil II"

In der Zeit vom 21.12.1993 bis zum 13.06.1997 wurde die Klägerin probeweise als zusätzliche Sachbearbeiterin auf dem Veranlagungsplatz ... des Finanzamts ... eingesetzt. Dieser Veranlagungsplatz setzte sich aus einem Sachbearbeiter, einem zusätzlichen Sachbearbeiter und zwei Bearbeitern zusammen. Für drei bis fünf Steuerbezirke mit den Schwerpunkten Textileinzelhandel sowie Grundstücksgemeinschaften waren Steuerpflichtige mit Einkünften gemäß §§ 15, 18 und 19 Einkommensteuergesetz (EStG) zu veranlagen. Dabei waren beide Sachbearbeiter gemeinschaftlich für den Veranlagungsplatz verantwortlich. Von Beginn ihrer Tätigkeit im Dezember 1994 an war die Klägerin gegenüber den beiden Mitarbeitern - in fachlicher Hinsicht, mithin nicht personalrechtlich - weisungsbefugt.

Zunächst verfügte die Klägerin lediglich über ein - ihr im Juni 1993 eingeräumtes - umfassendes Bearbeiterzeichnungsrecht (vergleichbar mit den Mitarbeitern des mittleren Dienstes). In dieser Zeit musste sie im Regelfall die Akten zur Schlusszeichnung dem Sachgebietsleiter vorlegen. Nachdem sie sich in ihrer Tätigkeit bewährt hatte, wurde ihr mit Wirkung vom 26.01.1996 die Zeichnungsbefugnis einer Sachbearbeiterin erteilt.

Bei den Lehrgängen "Sachbearbeiterschulung Teil I" (27.01. bis 21.03.1997) und "Sachbearbeiterschulung Teil II" (21.04. bis 13.06.1997) handelte es sich um Ganztagesveranstaltungen in der Finanzschule. Die erfolgreiche Teilnahme setzte mehrere Leistungsnachweise in Form von mindestens mit "ausreichend" benoteten Klausuren voraus. Während der längerfristigen Abwesenheit der Klägerin wurde der Veranlagungsplatz ... personell nicht verstärkt.

Seit dem 14.06.1997 war die Klägerin zunächst bis zum 03.08.1997 als Sachbearbeiterin Veranlagung eingesetzt, danach begann ihre Tätigkeit als Betriebsprüferin.

Im Juni 2007 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf die diesbezüglichen Bescheinigungen der Beklagten vom 31.08.2006 und 13.06.2007 zur Vorlage bei der Zulassungsstelle zur Steuerberaterprüfung, ihr eine verbindliche Auskunft gemäß § 38a StBerG hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Befreiung von der Steuerberaterprüfung zu erteilen. In diesem Zusammenhang ging die Klägerin davon aus, dass für die Zeit vom 21.12.1993 bis zum 03.08.1997 die Tätigkeit als Sachbearbeiterin oder mindestens in gleichwertiger Stellung im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG anzuerkennen sei. Dem gegenüber vertrat die Beklagte in der Verfügung vom 05.09.2007 die Auffassung, dass erst die praktische Tätigkeit nach Abschluss der Sachbearbeiterschulung - mithin der Zeitraum ab dem 14.06.1997 bis zum 13.06.2007 (Datum des Tätigkeitsnachweises) - als qualifizierte Tätigkeit anzusehen sei. Zuvor seien der Klägerin - abgesehen von dem Besuch der Schulungen - im Wesentlichen lediglich probeweise die Aufgaben einer Sachbearbeiterin Veranlagung übertragen worden. Folglich erfülle die Klägerin in zeitlicher Hinsicht noch nicht die Voraussetzungen für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung.

Die Klägerin begründet ihre Klage wie folgt: Die Voraussetzungen einer qualifizierten Tätigkeit im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG seien seit Dezember 1993 erfüllt. Sie, die Klägerin, sei ohne jede Einschränkung seit dem 21.12.1993 als Sachbearbeiterin praktisch tätig gewesen. Erforderlich und ausreichend in diesem Zusammenhang sei lediglich das tatsächliche Ausüben einer Sachbearbeitertätigkeit. Dagegen sei es unerheblich, ob es sich förmlich um eine "vorläufige Sachbearbeiterin", eine "zweite Sachbearbeiterin", eine "vorübergehende Sachbearbeiterin" oder eine mit den "Aufgaben einer Sachbearbeiterin probeweise Beauftragte" handele. Die Teilnahme an den entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen habe lediglich dazu gedient, sie, die Klägerin, an den jeweils neuen Stand des Steuerrechts heranzuführen. Auch habe die Beklagte selbst bereits in einem anderem Verfahren (Finanzgericht Berlin, Az: 4 K 2545/04) die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen, die Ganztageslehrgänge in einem Gesamtumfang von neun Monaten und acht Tagen innerhalb von rund viereinhalb Jahren betroffen hätten, als praktische Tätigkeitszeit anerkannt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, die verbindliche Auskunft gemäß § 38a StBerG vom 05. September 2007 dahingehend zu ändern, dass die praktische Tätigkeit im Zeitraum vom 21. Dezember 1993 bis zum 13. Juni 2007 in einem Gesamtumfang von 13 Jahren, 5 Monaten und 23 Tagen (Datum des letzten Tätigkeitsnachweises) gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG anerkannt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten kann das Wirken der Klägerin bis zum 13.06.1997 nicht als Tätigkeit einer Sachbearbeiterin im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG anerkannt werden. Denn vom 21.12.1993 bis zum 31.01.1995 seien der Klägerin - unterbrochen durch den Abschlusslehrgang - als Mitarbeiterin lediglich probeweise die Aufgaben einer Sachbearbeiterin übertragen worden. Insbesondere aber seien die Sachbearbeiterlehrgänge Teil I und II (27.01. bis 21.03. und 21.04. bis 13.06.1997) nicht als gewöhnliche dienstliche Fortbildungsveranstaltungen anzusehen, sondern hätten die fachspezifische Grundlagenqualifizierung beinhaltet. Diese Lehrgänge hätten der Klägerin die erforderlichen theoretischen Kenntnisse für die Sachbearbeitertätigkeit vermittelt. Erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Lehrgänge am 13.06.1997 sei die Klägerin als Sachbearbeiterin oder in gleichwertiger Stellung tätig geworden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nur zum Teil begründet. Die verbindliche Auskunft vom 05. September 2007 erweist sich in dem nachfolgend dargelegten Umfang als unzutreffend und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten, § 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte lediglich für den Zeitraum ab dem 26.01.1996 verpflichtet, eine diesbezügliche verbindliche Auskunft zu einer qualifizierter Tätigkeit der Klägerin im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG zu erteilen, § 38a Abs. 1 StBerG.

Die Klägerin entsprach nicht bereits in dem Zeitraum 21.12.1993 bis 25.01.1996 den Anforderungen für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung. Sie war in dieser Zeit nicht im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG als Sachbearbeiterin oder mindestens in gleichwertiger Stellung tätig.

Der Begriff des Sachbearbeiters oder die mindestens gleichwertige Stellung bestimmt sich nach den inhaltlichen Anforderungen der betreffenden Tätigkeit. Maßgeblich ist mithin, ob der (ehemalige) Beamte des gehobenen Dienstes oder vergleichbare Angestellte im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 4 StBerG hinsichtlich der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, die eine Sachbearbeiterposition mit sich bringt, in vergleichbarer Weise tätig gewesen ist (in diesem Sinne: Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 28.06.1966 - VII 88/65, Bundessteuerblatt [BStBl.] III 1966, 524 [525]; Finanzgericht Stuttgart, Urteil vom 16.03.1965 - IV 941/63, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1965, 301). Entscheidend in diesem Zusammenhang ist der Schwerpunkt der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit unter dem Funktionsgesichtspunkt einer typischen Sachbearbeitertätigkeit. Dabei schließen Unterschiede in der organisatorischen Einbindung oder auch im Hinblick auf die Arbeitsinhalte die in einer wertenden Gesamtschau zu beurteilende Gleichwertigkeit nicht aus (vgl. hierzu: Bericht des Wirtschaftsausschusses, Bundestag-Drucksache III/zu 2859, S. 6; BFH, Urteil vom 04.02.1964 - VII 57/63 U, BStBl. III 1964, 279 [282]). Ein Sachbearbeiter bearbeitet hiernach typischerweise im Grundsatz eigenverantwortlich das Arbeitsgebiet in einem Finanzamt. Insoweit gewinnt die Vergleichbarkeit des betreffenden Anforderungsprofils maßgebliche Bedeutung (in diesem Sinne auch: Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 28.01.1965 - IV 1279/64, EFG 1965, 357; Finanzgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 18.09.2002 - 2 K 1972/01, EFG 2002, 1631 [1632] mit weiteren Nachweisen).

Vor diesem Hintergrund erfüllte die Klägerin für den Zeitraum 21.12.1993 bis 25.01.1996 nicht die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG. Bis zu diesem Zeitpunkt im Januar 1996 vermochte sie nicht vergleichbar einer Sachbearbeiterin oder mindestens in gleichwertiger Stellung zu wirken. Sie verfügte in dieser Zeit nicht über das Zeichnungsrecht einer Sachbearbeiterin. Für die Frage der Verantwortlichkeit und demgemäß zum Bestimmen der Selbständigkeit einer Tätigkeit gewinnt gerade das Zeichnungsrecht ganz maßgebliche Bedeutung. Ist ein Angehöriger der Finanzverwaltung für bestimmte Bereiche zeichnungsbefugt, trägt er insoweit auch die alleinige Verantwortung. Soweit demgegenüber eine Finanzamtsangehörige lediglich über das Zeichnungsrecht einer Mitarbeiterin verfügt und hiernach regelmäßig noch eine anderweitige Schlusszeichnung erforderlich ist, wird in dieser Einschränkung der begrenzte Umfang einer eigenverantwortlichen Tätigkeit deutlich.

Ohne Bedeutung ist zur Überzeugung des Senats in diesem Zusammenhang der Umstand, dass der Klägerin bereits vor dem 26.01.1996 - probeweise - Aufgaben übertragen worden sind, die in den Verantwortungsbereich einer Sachbearbeiterin fallen. Denn mangels Zeichnungsrecht trug sie jedenfalls bis zum 25.01.1996 gerade nicht in dem erforderlichen Umfang die alleinige Verantwortung, die einer Sachbearbeiterin typischerweise obliegt. Immerhin kann es etwa zu Ausbildungszwecken oder auch wegen anderweitiger Zwänge der Personalwirtschaft immer wieder erforderlich werden, dass die Leitung eines Finanzamts einem Amtsangehörigen zeitweilig höherwertige Aufgaben überträgt, ohne dass sogleich, also von Beginn dieser Tätigkeit an, eine diesbezügliche qualifizierte Tätigkeit zu bejahen ist. Diese einschränkende Sicht wird den Organisationsabläufen innerhalb eines Finanzamtes gerecht, die im Einzelfall - aus den unterschiedlichen Gründen - eine nur vorübergehende oder vorläufige Aufgabenübertragung erforderlich machen können, ohne zugleich die Anforderungen an die Qualifikationsmerkmale des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG in vollem Umfang zu erfüllen.

Zwar hat der Bundesfinanzhof in der Entscheidung vom 28.06.1966 (VII 88/65, BStBl. III 1966, 524 [525] betont, dass das Gesetz nicht ausdrücklich auf das Merkmal des "Zeichnungsrechts" abstelle. Vielmehr hat das Gericht das Maß der Selbständigkeit und der Verantwortlichkeit als entscheidend angesehen. In diesem Sinne geht jedoch auch der Senat davon aus, dass die Klägerin ohne diesbezügliches Zeichnungsrecht nicht in dem erforderlichen Maße, insbesondere nicht in dem vergleichbaren Umfang tätig geworden ist, der eine Befreiung von der Steuerberaterprüfung gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 4 StBerG rechtfertigte. Denn ohne das betreffende Zeichnungsrecht hat die Klägerin gerade nicht eigenverantwortlich gehandelt, sondern erkennbar hat der betreffende Sachgebietsleiter die erforderliche Verantwortung ausgeübt.

Demgegenüber besteht ein Anspruch der Klägerin dahingehend, dass die Beklagte ihre verbindliche Auskunft insoweit berichtigt, dass die Klägerin seit dem 26.01.1996 eine qualifizierte Tätigkeit im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 4 StBerG ausgeübt hat. Denn mit Wirkung von diesem Tag erhielt die Klägerin die für eine Sachbearbeiterin typische Zeichnungsbefugnis. Mithin trug sie ab diesem Zeitpunkt in dem erforderlichen Umfang die Verantwortung, von der auch der Gesetzgeber in § 38 Abs. 1 Nr. 4 StBerG ausgeht. Seit der Übertragung der entsprechenden Zeichnungsbefugnis im Januar 1996 war die Klägerin als Sachbearbeiterin oder in mindestens gleichwertiger Stellung tätig, § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG.

Die Beklagte hat hinsichtlich der maßgeblichen Tätigkeitsinhalte, die in der Zeit vom 26.01.1996 bis zum 13.06.1997 die Arbeit der Klägerin bestimmten, keine nachvollziehbaren Gesichtspunkte dargelegt, die dieser Gleichwertigkeit entgegenstünden. Solche Gesichtspunkte sind für den Senat auch aus dem sonstigen Inhalt der Akte nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht insbesondere die Teilnahme der Klägerin an den ganztägigen Sachbearbeiterschulungen I und II dieser Wertung nicht. Denn diese Lehrgänge führten nicht zu Abwesenheitszeiten, die der Qualifikation der Klägerin im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG abträglich gewesen wären (zu diesem Gesichtspunkt, vgl. BFH, Urteil vom 17. 07.1973 - VII R 71/72, BStBl. II 1973, 749 [750]). Vielmehr trug der Besuch dieser Lehrgänge gerade dazu bei, dass die Klägerin sich die Fertigkeiten (weiter) aneignete, die der Gesetzgeber in § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG angesprochen hat. Im Unterschied zu langfristigen Beurlaubungen oder Erkrankungen konnte die Klägerin vielmehr - im Sinne einer Fortbildungsmaßnahme - ihre Kenntnisse vertiefen, um auch ohne Prüfung zur Steuerberaterin bestellt zu werden, § 35 Abs. 1 StBerG.

Schließlich kann die Beklagte auch nicht mit dem Argument durchdringen, erst die durch Klausurerfolge untermauerte Teilnahme an diesen Lehrgängen vermittle die erforderlichen Fertigkeiten einer Sachbearbeiterin. Nachdem die Klägerin - von der Beklagten unwidersprochen - seit Januar 1996 bereits länger als ein Jahr die Funktion einer Sachbearbeiterin mit Erfolg wahrgenommen und in jeder Hinsicht den Anforderungen an eine Sachbearbeiterin entsprochen hatte, gewinnt die praktische Tätigkeit höheres Gewicht als der formalisierte Abschluss durch die erfolgreiche Teilnahme an schriftlichen Prüfungen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG durch die Formulierung einer "gleichwertigen Stellung" gerade nicht auf die erfolgreiche Prüfungsteilnahme oder einen sonstigen Abschluss abhebt, sondern entscheidende Bedeutung der konkret ausgeübten Tätigkeit beimisst. Wortlaut und Intention des Gesetzes stellen insofern entscheidend auf die qualifizierte, einer Sachbearbeiterfunktion vergleichbare Tätigkeit ab, um den prüfungsfreien Zugang zum Beruf des Steuerberaters zu rechtfertigen.

Der Senat hat die Revision im Hinblick auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Auslegung des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG gewinnt grundsätzliche Bedeutung über den Einzelfall hinaus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.



Ende der Entscheidung

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