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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 12 K 3038/05 B
Rechtsgebiete: EStG, AO, HGB


Vorschriften:

EStG § 5 Abs. 1 S. 1
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1
AO § 233a
HGB § 253 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

12 K 3038/05 B

Gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1999 und den 31. Dezember 2000, gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1999 bis 31.Dezember 2002, Umsatzsteuer 1999 bis 2002, Zinsen zur Umsatzsteuer 1999 bis 2002

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 12. Senat -

ohne mündliche Verhandlung am 11. Juni 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter ..., sowie

die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten - nur noch - über die Ausbuchung von Forderungen.

Der Kläger betreibt einen Großhandel mit Bürobedarf. Im Jahr 1999 buchte er Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von DM 141 227,30 brutto (Saldo des Kontos 1410) als uneinbringlich aus.

Der Beklagte führte bei dem Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 durch und erkannte die Ausbuchung nicht an. Zudem schätzte er den Einnahmen des Klägers des Jahres 2001 DM 30 000 hinzu und ermittelte die Beträge für die private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs des Klägers auf der Grundlage eines geschätzten Bruttolistenpreises von DM 100 000.

Der Kläger trägt zu der Ausbuchung der Forderung vor, dass es sich bei dem gewinnmindernd berücksichtigten Betrag um Korrekturbuchungen gehandelt habe. Das Konto 1410 sei erstmals 1994 gebucht worden. Aus den Buchungslisten und Buchungstexten ergebe sich, so der Kläger, dass es sich um die gesammelte Korrektur von Forderungen handeln müsse, bei denen die Lieferungen bereits in 1994, die Rechnungsstellung jedoch anscheinend in 1995 erfolgt sei. Die Umsatzsteuer für die in 1994 ausgeführten Lieferungen und Leistungen sei damit auch bereits 1994 entstanden; die Buchungen über das Konto 1410 hätten damit vermutlich den Zweck gehabt, die Umsatzsteuer für die in 1994 ausgeführten Lieferungen, für die die Rechnung noch nicht gestellt worden sei und die daher in der Bilanz noch nicht zu berücksichtigen gewesen seien, buchungstechnisch zu erfassen. In den Folgejahren seien ähnliche Korrekturbuchungen vorgenommen worden, um die jeweils jahresübergreifenden Verschiebungen zwischen Lieferung und Rechnungsstellung zu erfassen. Der Saldo des Kontos 1410 zum 31. Dezember 1999 habe dementsprechend keine Forderungen verkörpert. Die entsprechenden Rechnungen zu den Lieferungen seien jeweils in den Folgejahren über Debitorenbuchungen (Konto 1400) erfasst. Wollte man den Saldo des Kontos 1410 als Forderungen erfassen, führe dies zu einer Doppelbesteuerung.

Demzufolge seien nicht nur die Bilanzen hinsichtlich des Ausweises von Forderungen, sondern auch die Gewinn- und Verlustrechnungen hinsichtlich der somit doppelt erfassten Umsatzerlöse nicht zutreffend. Die aus Vereinfachungsgründen im Jahre 1999 vorgenommene Korrektur durch Ausbuchung der Forderungen wirke sich daher auf die Umsatzsteuer, die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer und die Gewerbeertragsteuer aus.

Der Kläger hat dazu Kopien der Kontenblätter des Kontos 1410 sowie auszugsweise des Kontos 8400 sowie der Summen- und Saldenlisten für die Jahre 1993 bis 1998 eingereicht, auf die Bezug genommen wird.

Der Beklagte hat bereits während des Einspruchsverfahrens die Hinzuschätzung für das Jahr 2001 rückgängig gemacht und im Laufe des Klageverfahrens, nachdem der Kläger Nachweise für den Bruttolistenpreis des von ihm genutzten Fahrzeugs vorgelegt hat, die Ermittlung der Beträge für die private Nutzung entsprechend korrigiert.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2005

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1999 vom 16. August 2004 dahingehend zu ändern, dass der verbleibende Verlustabzug auf DM 184 716 festgestellt wird,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2000 vom 22. Juni 2007 dahingehend zu ändern, dass der verbleibende Verlustabzug auf DM 449 161 festgestellt wird,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1999 vom 09. August 2004 dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf DM 209 139 festgestellt wird,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2000 vom 22. Juni 2007 dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf DM 491 472 festgestellt wird,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2001 vom 22. Juni 2007 dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf DM 434 028 festgestellt wird,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 vom 22. Juni 2007 dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf EUR 195 697 festgestellt wird, sowie

die Bescheide über Umsatzsteuer und Zinsen zur Umsatzsteuer 1999, 2000 und 2002, alle vom 09. August 2004, und den Bescheid über Umsatzsteuer und Zinsen zur Umsatzsteuer 2001 vom 12. Januar 2005

aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

039/05 B durch Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Senat hat durch Beschluss vom heutigen Tage die Verfahren 12 K 3038/05 B und 12 K 3039/05 B zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Die Klage gegen die Bescheide über gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2000, über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2000, auf den 31. Dezember 2001 und auf den 31. Dezember 2002, wegen Umsatzsteuer 2000, 2001 und 2002 sowie wegen Zinsen zur Umsatzsteuer 1999, 2000, 2001 und 2002 ist unzulässig.

a) Die Klage gegen die Bescheide über gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2000, über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2000, auf den 31. Dezember 2001 und auf den 31. Dezember 2002 sowie wegen Umsatzsteuer 2001 ist unzulässig, nachdem der Beklagte sowohl die Hinzuschätzung (diese bereits im Einspruchsverfahren) rückgängig gemacht als auch die Ermittlung der privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs entsprechend den Vorstellungen des Klägers korrigiert und den Umsatzsteuerbescheid 2001 entsprechend geändert hat.

b) Die Klage gegen die Bescheide über Umsatzsteuer 2000, 2001 und 2002 ist unzulässig, nachdem der Kläger ausweislich seines Schriftsatzes vom 07. Mai 2007 gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer keine Einwendungen mehr vorbringt.

c) Die Klage gegen die Zinsen zur Umsatzsteuer 1999, 2000, 2001 und 2002 ist unzulässig, weil der Kläger insoweit keine eigenständige Beschwer vorgetragen hat. Die Umsatzsteuerfestsetzungen bilden im Verhältnis zu der Zinsfestsetzung nach § 233 a der Abgabenordnung (AO) Grundlagenbescheide; gemäß § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. In Konsequenz dessen ist eine Klage wegen der Zinsfestsetzungen unzulässig, wenn und soweit sich der Steuerpflichtige mit seinem Begehren allein gegen die Besteuerungsgrundlagen der Steuerbescheide (hier: Umsatzsteuer) wendet (ebenso FG Bremen, Beschluss vom 11. Oktober 2004 - 2 V 311/03, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2005, 654; Hessisches FG, Beschluss vom 20. Juni 2000 - 6 V 6399/98, [...], jeweils für den einstweiligen Rechtsschutz).

2. Im übrigen ist die Klage zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

a) Der Beklagte hat die Ausbuchung des Saldos des Kontos 1410 als uneinbringliche Forderungen zu Recht nicht gewinnmindernd berücksichtigt.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat der Kaufmann in seiner Bilanz das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, damit auch seine Geldforderungen (§ 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 246 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs - HGB -). Geldforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen ihrem Nennwert. Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als ihr Nennwert, weil z.B. zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwertes erfüllt werden wird (Ausfallrisiko), so kann statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Er entspricht dem Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Bei Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen wird der niedrigere Teilwert regelmäßig dem niedrigeren Wert entsprechen, der ihnen gemäß § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB am Abschlussstichtag beizulegen ist. In Befolgung des handelsrechtlichen Niederstwertprinzips ist daher auf diesen Wert auch in der Steuerbilanz abzuschreiben (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sind Forderungen mit einem über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehenden Ausfallrisiko behaftet, ist dem im Wege der Einzelwertberichtigung Rechnung zu tragen; der bloße Einbezug in eine Pauschalwertberichtigung eines Gesamtbestandes von Forderungen ist in diesem Fall nicht ausreichend. Zweifelhafte Forderungen sind mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, uneinbringliche Forderungen sind abzuschreiben (Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 20. August 2003 - I R 49/02, Bundessteuerblatt - BStBl. - II, 2003, 941).

Für die Umstände, die zu einer Teilwertabschreibung berechtigen, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Der Steuerpflichtige muss belegen, dass seine Teilwertschätzung bzw. die Ausbuchung einer Forderung eine objektive betriebliche Grundlage hat, worüber sich das Finanzamt ein eigenes Urteil bilden können muss (vgl. FG München, Urteil vom 26. September 2006 - 13 K 3004/04, EFG 2007, 173; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 09. Dezember 2004 - 11 K 388/03, EFG 2005, 1102 m.w.N.). An den entsprechenden Darlegungen fehlt es hier. Der Kläger macht nicht einmal geltend, dass die Forderungen uneinbringlich geworden seien. Er trägt vielmehr lediglich vor, dass es sich bei den Buchungen auf dem Konto 1410 um Korrekturbuchungen gehandelt haben müsse bzw. dass das Konto vermutlich dazu gedient habe, die Umsatzsteuer für die im Jahre 1994 erbrachten Lieferungen buchungstechnisch zu erfassen. Er ist sich also offenbar selbst nicht einmal sicher, wie es zu den entsprechenden Salden gekommen ist, sondern vermutet allenfalls, dass hier Fehlbuchungen vorgelegen haben könnten. Das reicht für die gewinnwirksame Ausbuchung der Forderungen jedoch nicht aus. Zudem ist der Vortrag des Klägers insoweit nicht einmal schlüssig, denn entgegen der Darstellung des Klägers waren die Erlöse aus Lieferungen und Leistungen mit Erbringung der Lieferung oder Leistung - und somit gleichzeitig mit der Entstehung der Umsatzsteuer - bilanziell zu erfassen, weil der Ertrag zu diesem Zeitpunkt realisiert war. Auf den Zeitpunkt der Rechnungsstellung kommt es insoweit nicht an. Selbst wenn aber der Kläger in der Weise vorgegangen sein sollte, dass er Umsatzerlöse stets erst mit Erteilung der Rechnung als Forderung aus Lieferung und Leistung erfasst hat, so hätte es gar nicht zu einer Ansammlung von Korrekturbuchungen auf dem Konto 1410 kommen können, denn die dort "geparkten" Beträge hätten im jeweiligen Folgejahr auf das Konto 1400 umgebucht werden müssen. Soweit Umbuchungen stattgefunden haben, ist der Saldo des Kontos 1410 zum 31. Dezember 1999 nicht mehr betroffen. Soweit Umbuchungen nicht stattgefunden haben, hat der Kläger nicht dargetan oder gar nachgewiesen, dass der Bestand des Kontos 1410 gleichzeitig als Bestandteil eines anderen Kontos der Besteuerung unterworfen worden wäre.

b) Aus den unter a) genannten Gründen hat auch die Klage gegen den Bescheid über Umsatzsteuer 1999 keinen Erfolg. Es ist nach dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich, dass die Umsatzsteuer zu hoch festgesetzt worden sei.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1 Satz 1, 137 Satz 1 FGO. Soweit der Beklagte dem Klagebegehren entsprochen hat, beruht dies auf Nachweisen, die der Kläger früher hätte vorlegen können und sollen.



Ende der Entscheidung

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