Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: 12 K 8015/05 B
Rechtsgebiete: GewStG, KStG, UmwG, UmwStG


Vorschriften:

GewStG § 2 Abs. 2 S. 2
KStG § 14 Nr. 1 S. 2
KStG § 17
KStG § 47 Abs. 1
KStG § 47 Abs. 2
UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1
UmwStG § 20 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

12 K 8015/05 B

Körperschaftsteuer 1997,

Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 1997,

Gewerbesteuer 1997

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 12. Senat -

ohne mündliche Verhandlung

am 07. Mai 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ... sowie

die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Bescheide über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG für 1997, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG auf den 31. Dezember 1997, über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer für 1997, sämtlich vom 24. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2004, werden dahingehend geändert, dass die Körperschaftsteuer, der Solidaritätszuschlag und die Gewerbesteuer 1997 auf 0 DM festgesetzt werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Y.-GmbH & Co. ... KG (KG) war. Zwischen der KG und der Klägerin bestand ein Organschaftsverhältnis mit der KG als Organträgerin und der Klägerin als Organgesellschaft.

Mit Verschmelzungsvertrag vom 28. Februar 1997 wurde die KG mit Wirkung vom 01. Januar 1997 auf die Z. GmbH verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 14. März 1997 in das Handelsregister eingetragen. Zwischen den Gesellschaftern der KG sowie der Z. GmbH bestand Beteiligungsidentität. Die Gesellschafter der KG erhielten daher keine neuen Anteile an der Z. GmbH als Gegenleistung für die Vermögensübertragung.

Die Klägerin führte in Erfüllung des bestehenden Ergebnisabführungsvertrages ihren gesamten Jahresüberschuss des Streitjahres an die Z. GmbH ab. Der Beklagte erkannte die körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft für das Streitjahr nicht an und erließ die hier angefochtenen Bescheide.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Verschmelzung nicht zu einer Einzelrechtsnachfolge, sondern zur Gesamtrechtsnachfolge der Z. GmbH geführt habe, die jedenfalls schuldrechtlich ab dem 01. Januar 1997 Wirksamkeit entfalte mit der Folge, dass sie, die Klägerin, während des gesamten Streitjahres auch finanziell in die Z. GmbH eingegliedert gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG für 1997, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG auf den 31. Dezember 1997, über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer für 1997, sämtlich vom 24. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2004, dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer, der Solidaritätszuschlag und die Gewerbesteuer 1997 auf 0 DM festgesetzt werden,

hilsfweise,

die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen,

sowie,

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Steuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin im Streitjahr nicht mehr Organgesellschaft im Rahmen einer Organschaft gewesen sei und daher ihr Einkommen selbst zu versteuern hatte.

a) Voraussetzung einer körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft war im Streitjahr gemäß §§ 14 i.V.m. 17 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetztes (GewStG) u.a. die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft. Danach musste der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen und unmittelbar in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zustand. Unter den Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 Satz 2 KStG reichte auch eine mittelbare Beteiligung. War Organgesellschaft eine andere Gesellschaft als die in § 14 KStG genannten Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien, also z.B. eine GmbH, so war nach § 17 KStG der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages erforderlich. Diese Voraussetzungen waren aus der Sicht der Klägerin während des gesamten Streitjahres erfüllt.

Zu Beginn des Streitjahres war die KG alleinige Gesellschafterin der Klägerin und somit an ihr in einem solchen Maße beteiligt, dass ihr die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen der Klägerin zustand. Ein Ergebnisabführungsvertrag zwischen der KG und der Klägerin bestand ebenfalls. Damit waren, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft zwischen der KG und der Klägerin zunächst erfüllt.

b) An dieser Situation hat sich nichts dadurch geändert, dass die KG im Laufe des Streitjahres auf die Z. GmbH verschmolzen wurde.

Wird der ursprüngliche Organträger auf einen übernehmenden Rechtsträger verschmolzen, geht das Vermögen des Organträgers gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über (Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwG Rn. 26; Baldamus, Der Konzern 2003, 813, 816). Der Organträger erlischt gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. Zu dem auf den übernehmenden Rechtsträger übergehenden Vermögen gehören - in weiter, aber anerkannter Auslegung der Vorschrift - auch bestehende Unternehmensverträge wie z.B. Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge (Baldamus a.a.O.. m.w.N. in Fn. 29; Dötsch, Der Konzern 2003, 21, 24). Dementsprechend wird im Schrifttum einhellig davon ausgegangen, dass der Organträger nach der Verschmelzung weiterhin finanziell eingegliedert ist und die Organschaft mit dem übernehmenden Rechtsträger nahtlos fortbesteht (Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 14 KStG, Anm. 116, Stichwort "Umwandlung des Organträgers"; Neumann in Gosch, KStG, 2005, § 14 Rn. 277; Herlinghaus, Finanz- Rundschau - FR - 2004, 974, 981). Maßgeblich ist allein, dass die Organgesellschaft ununterbrochen zunächst in das Unternehmen des übertragenden und sodann in das Unternehmen des übernehmenden Rechtsträgers eingegliedert ist (Schumacher, Deutsches Steuerrecht - DStR 2006, 124, 126). Dies wird auch durch die Äußerung der Finanzverwaltung in Tz. Org 02 des BMF-Schreibens vom 25. März 1998 (Umwandlungssteuererlass, Bundessteuerblatt - BStBl. - I 1998, 268, insoweit nicht modifiziert durch BMF-Schreiben vom 26. August 2003, BStBl. I 2003, 437) gestützt, der die Fortsetzung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zulässt, wenn der Gewinnabführungsvertrag fortgeführt wird und die Organgesellschaft ununterbrochen in das Unternehmen des bisherigen und anschließend des künftigen Organträgers wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist.

Der Fall ist demjenigen vergleichbar, dass Organträger eine natürliche Person ist, die während eines laufenden Wirtschaftsjahres stirbt und der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ihr Erbe nachfolgt. Hier ist anerkannt, dass der Ergebnisabführungsvertrag ohne Unterbrechung fortgesetzt wird (Neumann a.a.O.., Rn. 292).

c) Unbeachtlich ist demgegenüber, dass die §§ 2, 20 Abs. 7 (jetzt Abs. 6) UmwStG im Streitfall nicht anwendbar sind. Der Grund für das Fortbestehen des Organschaftsverhältnisses beruht nämlich in den Fällen der Verschmelzung des Organträgers nicht auf dieser Vorschrift, sondern auf dem Umstand, dass der übernehmende Rechtsträger - ebenso wie der Erbe einer natürlichen Person - in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eingetreten ist (ebenso Herlinghaus a.a.O..).

Insbesondere § 20 Abs. 7 UmwStG hat für die steuerlichen Verhältnisse des Organträgers keine Bedeutung. Die Vorschrift stellt eine Fiktion auf, die dazu führt, dass das Einkommen und Vermögen der übernehmenden Kapitalgesellschaft so zu ermitteln ist, als ob das Vermögen der übertragenden Gesellschaft bereits am steuerlichen Umwandlungsstichtag übergegangen wäre (Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 30. Mai 2002 - I R 55/02, BStBl. II 2004, 534, unter II.2.b) der Gründe). Sie berührt also nur die steuerlichen Verhältnisse des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers. Die Klägerin war im Streitfall aber weder das eine noch das andere.

2. Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.



Ende der Entscheidung

Zurück