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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: 12 K 8065/06 B
Rechtsgebiete: KStG, EStG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 1
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
EStG § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

12 K 8065/06 B

Körperschaftsteuer 2001

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 12. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 07. Mai 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ... sowie

die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Pensionszusage zugunsten des Gesellschafter- Geschäftsführers der Klägerin sowie über die Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der ... (RE GmbH). Im Streitjahr fand ein Management-Buy out statt. Die Anteile der Klägerin wurden danach im Streitjahr zu je 37,5% von ihren Gesellschafter-Geschäftsführern H und T gehalten; die restlichen 25% waren eigene Anteile der Klägerin. T ist mittlerweile aus der Gesellschaft ausgeschieden.

H war bereits seit 1994 bei der RE GmbH angestellt gewesen; ab 1995 war er deren Geschäftsführer. Am 25. April 2001 schloss H einen neuen Anstellungsvertrag mit der Klägerin. Die Klägerin erteilte am 15. Dezember 2001 ihren Gesellschafter-Geschäftsführern gleichlautende Pensionszusagen. Der Versorgungsfall sollte danach mit Vollendung des 65. Lebensjahres eintreten. H war zum Zeitpunkt der Zusage 58 Jahre alt. Der Beklagte erkannte die Pensionszusage zugunsten des H mangels Erdienbarkeit nicht an und behandelte die in der Bilanz der Klägerin auf den 31. Dezember 2001 insoweit gebildete Rückstellung in Höhe von DM 467 152 als verdeckte Gewinnausschüttung.

Der Beklagte führte in den Jahren 2003 und 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 1997 bis 2001 durch. Die Schlussbesprechung fand am 01. November 2004 statt. Dabei wurde eine tatsächliche Verständigung dahingehend getroffen, dass der Verkauf von Anteilen der Klägerin von einem früheren Gesellschafter, Herrn E, an diese für DM 2 000 000 in der Weise zu behandeln sei, dass DM 500 000 auf die Abfindung des lästigen Gesellschafters und DM 1 500 000 auf einen angemessenen Aufpreis entfallen sollten. Die am 31. Dezember 2001 noch im Eigentum der Klägerin befindlichen Anteile waren danach mit DM 750 000 zu bewerten. Die steuerliche Behandlung der Anteile im Folgejahr war nicht Gegenstand der tatsächlichen Verständigung. Über eine Anwendung des § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) im Falle der späteren Veräußerung dieser Anteile wurde unstreitig nicht gesprochen. Die tatsächliche Verständigung wurde schriftlich festgehalten. Der Beklagte wurde dabei durch den zuständigen Sachgebietsleiter vertreten. Die Klägerin veräußerte diese Anteile im Jahr 2002 für EUR 250 000 und realisierte somit einen Verlust in Höhe von EUR 133 469. Der Beklagte versagte unter Berufung auf § 8b Abs. 2 KStG insoweit den von der Klägerin beantragten Verlustrücktrag.

Hinsichtlich der Anerkennung der Pensionsrückstellung macht die Klägerin geltend, dass nach der Rechtsprechung die Erdienbarkeit einer Pensionszusage bereits gegeben sei, wenn ein nicht beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand dem Unternehmen mindestens zwölf Jahre angehört und die Zusage für mindestens drei Jahre bestanden habe. Diese Voraussetzungen seien in Bezug auf H erfüllt. Er sei insbesondere nicht als beherrschender Gesellschafter anzusehen, da er nur 37,5% der Anteile an ihr, der Klägerin, gehalten habe, und nicht von gleichgerichteten Interessen ihrer beiden damaligen Gesellschafter-Geschäftsführer auszugehen sei. Deren Interessenlage sei vielmehr unterschiedlich gewesen, weil T die Pensionszusage noch erdienen konnte, während sich dies - was ihren damaligen Gesellschafter- Geschäftsführern bei Abschluss der Vereinbarungen allerdings nicht bewusst gewesen sei - bei H als problematisch erwiesen habe. Selbst wenn aber H als beherrschender Gesellschafter anzusehen sei, so könne man die Zehn-Jahres-Grenze heute nicht mehr unterschiedslos anwenden, weil sie nicht mehr zeitgemäß sei. Die Klägerin weist schließlich darauf hin, dass eine Überversorgung im Falle ihres Gesellschafter-Geschäftsführers H auch unter Berücksichtigung der Pensionszusage nicht vorliege.

Des Weiteren ist die Klägerin der Auffassung, dass die tatsächliche Verständigung vom 01. November 2004 keine Bindungswirkung entfalte, weil sie unter Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben zustande gekommen sei. Es habe Anlass bestanden, sie, die Klägerin, während der Schlussbesprechung auf die Rechtslage nach Veräußerung der Anteile im Jahre 2002, insbesondere auf die Anwendbarkeit des § 8b Abs. 2 KStG, hinzuweisen. Sie verweist dazu auf die ihr in Form einer Skizze gegebenen Erläuterungen seitens des Betriebsprüfers des Beklagten, wonach die am 31. Dezember 2001 noch in ihrem Eigentum stehenden Anteile mit DM 750 000 angesetzt würden und sich im Folgejahr aufgrund der Veräußerung mit "./. 500.000" auswirkten. Diese Skizze müsse im Zusammenhang mit Anlage 3 zum Prüfungsbericht gesehen werden, die u.a. die Veräußerung der Anteile im Jahr 2002 darstelle. In diesem Zusammenhang sei der Beklagte nach Ansicht der Klägerin verpflichtet gewesen, sie auf § 8b Abs. 2 KStG hinzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Körperschaftsteuer 2001 vom 22. März 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2006 dahingehend zu ändern, dass die für den Gesellschafter-Geschäftsführer H gebildete Pensionsrückstellung in Höhe von DM 467 152 anerkannt wird und die Kaufpreiszahlung in 2001 an den Gesellschafter Dr. Ernst in Höhe von DM 750 000 als Betriebsausgabe (Abfindung an einen lästigen Gesellschafter) anerkannt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der seinerzeit zuständige 8. Senat des Finanzgerichts Berlin hat einen Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Wirksamkeit der tatsächlichen Verständigung mit Beschluss vom 14. März 2006 (Aktenzeichen 8 B 8373/05) zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid über Körperschaftsteuer 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

a) Der Beklagte hat die von der Klägerin wegen der H erteilten Pensionszusage gebildete Rückstellung ohne Rechtsverstoß als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen.

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der sich der Senat anschließt, bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wird dabei in der Regel angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteile vom 28. Januar 2004 - I R 87/02, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2004, 736, unter II.1. der Gründe; vom 20. Oktober 2004 - I R 4/04, BFH/NV 2005, 723, unter II.1.a) der Gründe). Im Rahmen des hiernach anzustellenden Fremdvergleichs bleibt für einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter bei Gewährung einer Pensionszusage einzuschätzen, ob er unter den gegebenen betrieblichen Umständen eine Altersversorgung zusagen, bejahendenfalls welchen Inhalt diese haben kann. Der BFH hat dabei insbesondere der Frage Bedeutung beigemessen, ob die Pensionszusage aus der Sicht des Zusagezeitpunkts noch erdient werden konnte. Er hat in diesem Zusammenhang zwischen beherrschendem und nichtbeherrschendem Gesellschafter unterschieden. Ein beherrschender Gesellschafter soll die Pensionszusage jedenfalls dann noch erdienen können, wenn der Zeitraum zwischen der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens zehn Jahre beträgt. Für einen nichtbeherrschenden Gesellschafter kann ein Erdienen der Pensionszusage zusätzlich unterstellt werden, wenn der Beginn seiner Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für mindestens drei Jahre bestanden hat (zum Ganzen BFH-Urteil vom 18. Februar 1999 - I R 51/98, BFH/NV 1999, 953, unter II.2.a) der Gründe). Ein Gesellschafter ist auch dann beherrschend in diesem Sinne, wenn er zwar nicht die Mehrheit der Stimmrechte hält, jedoch mit anderen Gesellschaftern in der Verfolgung gleichgerichteter Interessen zusammenwirkt, um eine ihren Interessen entsprechende Willensbildung der Gesellschaft herbeizuführen (vgl. BFH in BFH/NV 1999, 953, unter II.2.c) der Gründe). Von einer derartigen Übereinstimmung der Interessenlage ist, jedenfalls in Ermangelung entgegenstehender Anhaltspunkte, auszugehen, wenn die Pensionszusagen zeitgleich gewährt werden und jeder der begünstigten Gesellschafter den darin liegenden Vermögensvorteil nur mit Zustimmung des oder der Mitgesellschafter erlangen konnte (ebenso wohl BFH in BFH/NV 1999, 953, unter II.2.c) der Gründe).

Danach war die dem H erteilte Pensionszusage steuerlich nicht anzuerkennen. H war als beherrschender Gesellschafter anzusehen, da ihm und T gleichzeitig gleichlautende Pensionszusagen erteilt wurden und keiner der beiden Gesellschafter diese Zusage ohne Zustimmung des Mitgesellschafters hätte erlangen können, denn nur zusammen verfügten sowohl H als auch T über mehr als 50% der Anteile an der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es insoweit nicht darauf an, dass die Möglichkeit der steuerlichen Anerkennung der Pensionszusagen sich bei H und T unterschiedlich darstellte. Dieser Umstand war von der Interessenlage der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht umfasst; sie gingen vielmehr - auch insoweit übereinstimmend - davon aus, dass die Pensionszusagen steuerlich anerkannt werden würden. Unstreitig betrug der Zeitraum zwischen Erteilung der Pensionszusage und Eintritt des Versorgungsfalles auch weniger als zehn Jahre. Unerheblich ist insoweit der Umstand, dass die Rechtsprechung des BFH zu den maßgeblichen Erdienungszeiträumen ihren Ursprung in einer Anlehnung an § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) i.d.F. vom 16. Dezember 1997 hat und sich die arbeitsrechtliche Rechtslage mit Ablauf des Jahres 2000 verändert hat. Eine strikte Bindung an die arbeitsrechtliche Rechtslage liegt darin nicht. Der BFH hat bislang keinen Anlass gesehen, seine Rechtsprechung an die veränderte arbeitsrechtliche Rechtslage anzupassen. Der erkennende Senat sieht eine solche Notwendigkeit - von besonders gelagerten Ausnahmefällen abgesehen (etwa in Fällen wie dem dem BFH-Urteil vom 24. April 2002 - I R 43/00, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2003, 416, zugrundeliegenden Fall) - ebenfalls nicht, sondern hält die vom BFH angewandten Fristen nach wie vor grundsätzlich für sachgerecht. Besondere Umstände, die ein Abweichen von der Zehn-Jahres-Frist nahelegen, hat die Klägerin weder vorgetragen, noch sind solche aus dem Inhalt der Akten ersichtlich.

Ob eine Überversorgung vorliegt, ist demzufolge im vorliegenden Fall ohne Belang. Offen bleiben kann auch die - von den Beteiligten nicht problematisierte - Frage, ob die Zeit der Beschäftigung des H bei der RE GmbH in Bezug auf die von der Klägerin erteilte Pensionszusage als Vordienstzeiten miteinzurechnen waren.

b) Der Beklagte hat zutreffend im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Anteile der Klägerin von E lediglich DM 500 000 als Betriebsausgaben anerkannt. Einer anderen Beurteilung steht die Bindungswirkung der zwischen den Beteiligten getroffenen tatsächlichen Verständigung vom 01. November 2004 entgegen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung eine tatsächliche Verständigung über die tatsächlichen Merkmale, die der Besteuerung zugrunde liegen, grundsätzlich zulässig (BFH-Urteil vom 12. August 1999 - XI R 27/98, BFH/NV 2000, 537 m.w.N.). Zwar sind Vergleiche über Steueransprüche wegen der Gesetzmäßigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht möglich. Dagegen dient es in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung der Förderung und Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens und allgemein dem Rechtsfrieden, besondere Vereinbarungen über eine bestimmte (steuerliche) Behandlung von Sachverhalten (nicht aber über das anzuwendende Recht) zuzulassen. Derartige tatsächliche Verständigungen betreffen in der Regel einen von den Beteiligten zu konkretisierenden Ausschnitt aus dem gesamten jeweils zu beurteilenden Besteuerungssachverhalt und dienen dem Ziel, insoweit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu beseitigen (BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 - 78/95, BStBl. II 1996, 625 m.w.N.). Voraussetzung für ihre Wirksamkeit ist einerseits, dass sie nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen (BFH-Urteil vom 07. Juli 2004 - X R 24/03, BStBl. II 2004, 975); andererseits war jedenfalls im Streitjahr erforderlich, dass auf Seiten der Finanzbehörde ein Amtsträger beteiligt war, der zur Entscheidung über die Steuerfestsetzung befugt war (BFH-Beschlüsse vom 16. Oktober 2006 - I B 228/04, [...]; vom 02. August 2006 - I B 156/04, BFH/NV 2006, 2031). Tatsächliche Verständigungen haben ihre Grundlage in dem Grundsatz von Treu und Glauben (BFH-Beschlüsse vom 16. Oktober 2006 - I B 228/04, [...]; vom 02. August 2006 - I B 156/04, BFH/NV 2006, 2031). Dem Grundsatz von Treu und Glauben, der im Steuerrecht als allgemeine Rechtsgrundlage uneingeschränkt anerkannt ist (vgl. BFH in BStBl. II 2004, 975), entspricht es einerseits, dass sich die Beteiligten an einer zulässigen und wirksamen tatsächlichen Verständigung festhalten lassen müssen. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben folgt andererseits auch, dass sich die Beteiligten nicht in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten, auf das der andere vertraut und unwiderruflich disponiert hat, setzen dürfen. Die Dispositionen der Beteiligten sind darin zu sehen, dass sie unter Aufgabe ihrer unterschiedlichen Ausgangspositionen einvernehmlich auf weitere Ermittlungen in Bezug auf den durch die tatsächliche Verständigung festgelegten Sachverhalt verzichten. Einer tatsächlichen Verständigung kann auch durch ausdrücklichen Vorbehalt eines Beteiligten die Bindungswirkung versagt werden (BFH in BStBl. II 1996, 625, unter 2.b) der Gründe). Demgegenüber ist es aber - auch unter der Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben - unbeachtlich, wenn ein Steuerpflichtiger die steuerrechtlichen Folgen nicht übersieht, aber gleichwohl über Fragen des Sachverhalts eine tatsächliche Verständigung abschließt. In einem solchen Fall kann der Steuerpflichtige sich nicht auf einen Irrtum berufen (vgl. zum Ganzen Hessisches FG, Urteil vom 03. Juli 2007 - 8 K 415/05, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2008, 178).

Im Streitfall wollten sich die Beteiligten über Fragen des Sachverhalts - nämlich die Aufteilung des für die Beteiligung des E an diesen gezahlten Entgeltes - einigen und haben sich hierüber auch tatsächlich geeinigt, wie sich eindeutig aus der Niederschrift der Verständigung ergibt. Auf Seiten des Finanzamts war ein zur Entscheidung über die Steuerfestsetzung befugter Amtsträger beteiligt, nämlich der Sachgebietsleiter der Betriebsprüfung. Es ist nicht ersichtlich, dass das Ergebnis der Einigung offenbar unrichtig wäre. Die Klägerin selbst trägt dies nicht vor. Sie wendet sich gerade nicht mit eigenständigen Bedenken gegen die in der Verständigung gefundene Aufteilung; vielmehr begehrt sie eine andere als die bisherige Aufteilung - nur - deshalb, weil der Verlustrücktrag nach der Weiterveräußerung des Anteils nicht in der von ihr antizipierten Weise möglich ist. Demzufolge ist die tatsächliche Verständigung am 01. November 2004 wirksam zustande gekommen. Es liegen auch keine Umstände vor, die die darin getroffenen Einigung unwirksam werden lassen. Die Klägerin hat keinen Vorbehalt dahingehend gemacht, dass sie die Verständigung nur abschließen wolle, wenn ein sich aus der Weiterveräußerung der Anteile ergebende Verlust abzugs- bzw. rücktragsfähig sei. Der Beklagte hat seinerseits bei Abschluss der tatsächlichen Verständigung nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Der Senat unterstellt dabei die Darstellung der Klägerin, dass von Seiten des Beklagten darauf hingewiesen worden sei, dass sich im Falle der Weiterveräußerung ein Verlust ergeben werde, als zutreffend. Dieser Hinweis war richtig. Der Beklagte hat sich zu dieser Einschätzung auch nicht in Widerspruch gesetzt. Er geht vielmehr mit der Klägerin nach wie vor davon aus, dass diese im Jahr 2002 aus der Weiterveräußerung des von E erworbenen Anteils einen Verlust realisiert hat. Die Frage, ob dieser Verlust abzugs- bzw. rücktragsfähig sei, ist nach dem unstreitigen Vorbringen der Beteiligten bei Abschluss der tatsächlichen Verständigung nicht thematisiert worden. Der Beklagte hatte auch keinen Anlass, der Klägerin insoweit Hinweise zu geben. Die Regelung des § 8b KStG war allgemein bekannt. Die Klägerin war auch bei der Schlussbesprechung fachkundig vertreten; es lag also in ihrem Verantwortungsbereich, sich über die steuerlichen Folgen der tatsächlichen Verständigung Klarheit zu verschaffen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte gerade in Kenntnis des Irrtums der Klägerin über die steuerlichen Folgen auf den Abschluss der tatsächlichen Verständigung gedrängt hätte. Die Klägerin, die insoweit darlegungspflichtig wäre, hat dafür jedenfalls keine Anhaltspunkte vorgetragen. Aus dem Inhalt der Akten ergeben sich ebenfalls keine Hinweise darauf, dass der Beklagte die tatsächliche Verständigung in dem Bewusstsein abgeschlossen haben könnte, dass die Klägerin irrtümlich davon ausging, den sich später ergebenden steuerlichen Verlust geltend machen zu können. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von demjenigen, den das Hessische Finanzgericht mit Urteil vom 03. Juli 2007 (8 K 415/05, EFG 2008, 178) zu entscheiden hatte, denn dort hat das Gericht maßgeblich auf den Umstand abgestellt, dass die Finanzbehörde sich sowohl der Beweggründe des Steuerpflichtigen als auch des Irrtums, in dem dieser sich befand, bewusst war. Hier hat sich die Klägerin lediglich über die steuerliche Tragweite der abgeschlossenen tatsächlichen Verständigung geirrt, ohne dass dem Beklagten deutlich geworden wäre, welche Tragweite die Klägerin der Verständigung beimaß und ob dies zutreffend war. Dieser Irrtum der Klägerin ist für die Wirksamkeit der Verständigung unbeachtlich.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



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