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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 12 K 8287/06 B
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 12. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Januar 2009

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter ... sowie

die ehrenamtlichen Richterinnen Frau ... und Frau ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Beurteilung der unentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks auf die Klägerin.

Die Klägerin wurde 1992 gegründet. Ihre alleinige Gesellschafterin ist die C GmbH, deren Gesellschafter zunächst unmittelbar und nunmehr über zwei weitere Gesellschaften mittelbar das Land D ist. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Pflege, Erhaltung und Verbesserung der unterirdisch begehbaren Sammelkanalschächte und ähnlicher Anlagen im Ostteil von Berlin. Vor der Gründung der Klägerin betrieb die Senatsverwaltung für ... die Pflege und Unterhaltung der Sammelkanäle.

Auf Antrag des Landes D wurde der Klägerin durch Vermögenszuordnungsbescheid vom 04. April 1997 ihr - zuvor im Eigentum des Landes D stehendes - Betriebsgrundstück ... zugeordnet, ohne dass sie dafür ein Entgelt zu entrichten hatte. Grundlage der geänderten Vermögenszuordnung waren Vereinbarungen zwischen der Klägerin sowie den Senatsverwaltungen für ... und für ..., nach denen die Klägerin die für ihren Betrieb notwendigen Grundstücke, nämlich das hier im Streit stehende sowie ein weiteres Grundstück, unentgeltlich erhalten sollte. Dem war vorangegangen die Feststellung, dass die wirtschaftliche Lage der Klägerin einen ursprünglich vom Land D angestrebten Erwerb des Grundstücks durch Kauf nicht zuließ.

Die Klägerin aktivierte das Grundstück, das zum Zeitpunkt der Übertragung einen Teilwert von DM 716 000 hatte, mit dem Wert von DM 1 und wies in dieser Höhe einen sonstigen Ertrag aus.

Der Beklagte nahm bei der Klägerin im Jahr ... eine Außenprüfung vor. Er ging danach davon aus, dass die Klägerin das Grundstück zum Teilwert abzüglich der Absetzungen für Abnutzung, also mit einem Wert von DM 711 210,06 anzusetzen hatte. Nach Berücksichtigung entsprechender Steuerrückstellungen ging der Beklagte von einer Gewinnerhöhung um DM 370 167 aus und erließ am ... geänderte Bescheide für das Streitjahr. Der Einspruch der Klägerin dagegen hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom ...).

Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei der Zuordnung des Grundstücks auf sie um eine Einlage ihres mittelbaren Gesellschafters, des Landes D, handelte. Die Vermögenszuordnung habe ihren Grund in der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit. Ein anderer Grund sei nicht erkennbar. Sie hat ein Schreiben der Senatsverwaltung für ... vom ... vorgelegt, in dem der Referatsleiter ... bestätigt, dass das Eigentum an dem Grundstück seinerzeit aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung des Landes D zu der C GmbH und der Klägerin auf die Klägerin übertragen worden sei. Einem fremden Dritten wäre nach dieser Bestätigung der Vermögensvorteil nicht ohne Gegenleistung zugewendet worden. Die Übertragung stellte - so die Bestätigung weiter - keine Gegenleistung für die Betreuung der Sammelkanäle dar. Auf die Einzelheiten der Bestätigung nimmt der Senat Bezug.

Jedenfalls meint die Klägerin, dass das Grundstück, selbst wenn man es nicht als Einlage ansehen wollte, nicht mit dem Wert von DM 716 000, sondern mit dem Wert ihrer dafür erbrachten Gegenleistung anzusetzen sei. Diese sei mit EUR 0 zu bewerten.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG für 1997 sowie die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG auf den 31. Dezember 1997, alle vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ..., dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer 1997 auf EUR 0 festgesetzt wird, sowie, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Gewinn der Klägerin für das Streitjahr in zutreffender Weise erhöht.

a) Die Übertragung des Grundstücks auf die Klägerin stellte keine Einlage eines Gesellschafters dar.

aa) Einnahmen, die einer Kapitalgesellschaft zufließen, sind grundsätzlich Betriebseinnahmen, die nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - i.V.m. §§ 4, 5 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) den steuerlichen Gewinn erhöhen, es sei denn, es handelt sich um Vermögensmehrungen mit Einlagecharakter oder - was hier allerdings unstreitig nicht in Betracht kommt - um Vermögensmehrungen, die aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften steuerbefreit sind.

Eine Einlage in diesem Sinne liegt vor, wenn der Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Kapitalgesellschaft einen Vermögensvorteil gewährt und dieser Vorgang seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Das Gesellschaftsverhältnis ist dann ursächlich für die Vermögenszuwendung, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte. Es muss sich demzufolge um eine Leistung eines Gesellschafters oder einer diesem nahestehenden Person handeln, die ohne Gegenleistung der Kapitalgesellschaft erbracht werden.

Bei dem danach notwendigen Fremdvergleich ist nicht darauf abzustellen, ob irgendein gedachter fremder Dritter der Gesellschaft den Vermögensvorteil gewährt hätte, sondern es ist zu entscheiden, ob das Gesellschaftsverhältnis oder die sonstigen zwischen den Beteiligten bestehenden Beziehungen Anlass für die Gewährung des Vermögensvorteils waren (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 - I R 80/96, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1998, 624, unter II.2. der Gründe).

Zudem bedarf es, um die Annahme einer verdeckten Einlage auszuschließen, nicht eines Leistungsaustausches im engeren Sinne eines typischen schuldrechtlichen Vertrages. Es genügt vielmehr, dass nach der Eigenart der Beziehungen der Beteiligten auch ein Nichtgesellschafter die Leistung erbracht hätte (zum Ganzen Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 09. März 1983 - I R 182/78, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1983, 744, unter 1.a) der Gründe; ebenso FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 19. September 2001 - 2 K 1874/98 K, F, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2001, 1487). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Gesellschafter oder die nahestehende Person kein Unternehmer ist. In diesem Fall kommt es darauf an, ob der Gesellschafter, wenn er Unternehmer wäre, bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes der Gesellschaft den Vermögensvorteil eingeräumt hätte. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Kapitalgesellschaft im Interesse des Gesellschafters tätig ist, indem sie dessen betriebliche oder sonstige nichtgesellschaftlichen Belange fördert (BFH in BStBl. II 1983, 744, unter 1.b) der Gründe; ebenso FG München, Urteil vom 10. Februar 1997 - 7 K 2018/92, [...]).

bb) Danach war bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalles die Übertragung des Eigentums an dem betreffenden Grundstück hier nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

Zum einen ist das Land D im Verhältnis zu der Gesellschafterin der Klägerin nicht ohne weiteres als nahestehende Person anzusehen. Allein der Umstand, dass das Land selbst die Gesellschafterin der Klägerin beherrschte, rechtfertigt diese Annahme nicht, denn nicht jede Leistungsbeziehung zwischen einem Land - das naturgemäß eine Vielzahl nachgeordneter Gesellschaften hat und bei diesen häufig aus ordnungspolitischen Gründen die Mehrheit der Stimmrechte haben muss - und einer solchen von dem Land beherrschten Gesellschaft begründet ein derartiges Näheverhältnis (FG des Landes Brandenburg in EFG 2001, 1487). Die Klägerin hat hier keine Umstände vorgetragen, die ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Land D und der Gesellschafterin der Klägerin begründen; aus dem Inhalt der Akten ergeben sich für eine solches Näheverhältnis ebenfalls keine Anhaltspunkte.

Zum anderen ist maßgeblich, dass die Klägerin eine Aufgabe des Landes D übernommen hat, die das Land zuvor durch die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen selbst erfüllt hat, und dass die Klägerin das ihr übertragene Grundstück für die Erfüllung dieser Aufgabe unbedingt benötigte. Das zeigt, dass die Klägerin, die im Interesse des Landes D tätig wurde, indem sie diesem nämlich die Aufgabe der Versorgung der Sammelkanäle abnahm, das Grundstück nicht "aus freien Stücken" erhielt, sondern nur deshalb, weil sie die Aufgabe der Versorgung der Sammelkanäle übernommen hatte. Das Land D wollte der Klägerin demnach nicht aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen etwas zuwenden, sondern übertrug das Grundstück aufgrund tatsächlicher Zwänge auf die Klägerin. Dieses Ergebnis wird durch den Umstand gestützt, dass zunächst der entgeltliche Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin geplant war, sich dies aber wegen der wirtschaftlichen Situation der Klägerin nicht realisieren ließ. Das Land D sah sich demnach der Situation gegenüber, dass die Klägerin das Grundstück nicht erwerben konnte, es aber zur Erfüllung der - originär dem Land obliegenden - Aufgabe dringend benötigte. Die Abwälzung der Aufgabe auf die Klägerin ließ sich folglich nur durch unentgeltliche Übertragung des Grundstücks realisieren. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass das Land auch einer Gesellschaft, an der es nicht mittelbar beteiligt war, unentgeltlich überlassen hätte.

Gegen die Annahme einer Einlage spricht auch der Umstand, dass die Beteiligten bei der buchhalterischen Erfassung des Vorganges zunächst selbst ebenfalls nicht von einer Einlage ausgingen, sondern einen außerordentlichen Ertrag - wenn auch in unzutreffender Höhe - ansetzten.

Dem steht die von der Klägerin eingereichte Bestätigung vom ... nicht entgegen. Darin wird bestätigt, dass das Land D das Grundstück "aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung" bzw. "vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung ... zur wirtschaftlichen Unterstützung ihrer Beteiligung an der C GmbH ..." auf die Klägerin übertragen hat, ohne dass erläutert würde oder erkennbar wäre, woraus sich diese gesellschaftsrechtliche Verpflichtung ergab. Soweit in dem Schreiben weiter bestätigt wird, dass die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück keine Gegenleistung für die Betreuung der Sammelkanäle dargestellt habe, ist dies ebenfalls unerheblich, da ein typisches Austauschverhältnis nach dem oben Gesagten auch nicht erforderlich ist, um eine Einlage auszuschließen. Es reicht vielmehr, wie im vorliegenden Fall, ein Tätigwerden der Gesellschaft im Interesse des Übertragenden; das war hier gegeben.

b) Die Bewertung des Grundstücks ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind gemäß § 6 Abs. 1 Nrn. 1, 2 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert anzusetzen. Da die Klägerin das Grundstück nicht entgeltlich erworben hat, kommen die Anschaffungskosten als Wertmaßstab nicht in Betracht. Hier liegt vielmehr ein Fall vor, der der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsgutes aus einem Betriebsvermögen - dem des Landes D - in ein anderes Betriebsvermögen - dem der Klägerin - gleichgelagert ist. Dann ist das übertragene Wirtschaftsgut mit dem gemeinen Wert anzusetzen (Glanegger in L. Schmidt, EStG, 27. Auflage 2008, § 6 Rn. 163). Das waren hier unstreitig DM 716 000.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden.



Ende der Entscheidung

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