Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 15.10.2008
Aktenzeichen: 12 V 12192/07
Rechtsgebiete: AO, FGO, GewStG


Vorschriften:

AO § 233a
AO § 351 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1
GewStG § 8 Nr. 7 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

12 V 12192/07

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) - Gewerbesteuermessbeträge 2000 und 2001

In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 12. Senat -

am 15. Oktober 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts ...,

die Richterin am Finanzgericht ... sowie

den Richter am Finanzgericht ...

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Antragstellerin gezahlten Pachtzinsen für die Pacht eines Betriebes.

Die Antragstellerin ist Betriebsgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Mit Vertrag vom 01. Juli 1999 pachtete sie von dem Einzelunternehmen C (Besitzunternehmen) das bislang von diesem betriebene Unternehmen. Nach § 4 des Pachtvertrages trat die Antragstellerin in alle laufenden, sich auf den Betrieb der Verpächterin - des Besitzunternehmens - beziehenden Verträge, insbesondere auch in Darlehensverträge, ein. Die Antragstellerin verpflichtete sich, die Verpächterin von allen Verpflichtungen aus diesen Verträgen freizustellen. Im Gegenzug für den Eintritt in die Darlehensverträge sollte die Antragstellerin eine Darlehensforderung gegen die Verpächterin erlangen. Darüber sollte ein gesonderter Darlehensvertrag geschlossen werden. In einer Nachtragsvereinbarung zu dem Pachtvertrag wurde eine Mindestpacht in Höhe von DM 20 000 pro Monat festgesetzt.

Die Antragstellerin übernahm aufgrund des Pachtvertrages Darlehen und Kredite des Besitzunternehmens bei der D Bank in Höhe von DM 564 804. Sie schloss als Darlehensgeberin mit dem Besitzunternehmen als Darlehensnehmer am 24. November 1999 einen Darlehensvertrag über diesen Betrag, nach dem das Darlehen mit 9% p.a. verzinst wurde. Die Zinsen waren zum Ende jedes Kalenderjahres fällig.

Der Antragsgegner nahm bei der Antragstellerin im August/September 2004 eine Außenprüfung vor. Nach seinen Feststellungen stellten die von der Antragstellerin aufgrund der übernommenen Darlehensverträge gezahlten Zinsen Pachtzinsen i.S.d. § 8 Nr. 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dar. Danach war der Betrag von DM 250 000 pro Jahr überschritten. Der Antragsgegner rechnete dem Gewerbeertrag der Antragstellerin daher DM 139 425 für das Jahr 2000 und DM 141 496 für das Jahr 2001 zu und erließ am 04. November 2004 entsprechende Änderungsbescheide. Die Einsprüche der Antragstellerin dagegen hatten keinen Erfolg (vgl. Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2007). Die Antragstellerin hat Klage erhoben, die bei dem Senat unter dem Aktenzeichen 12 K 12136/07 geführt wird und über die noch nicht entschieden wurde.

Die Antragstellerin hat außerdem am 19. Juni 2007 bei dem Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung der Änderungsbescheide beantragt. Diesen Antrag hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 09. Juli 2007 abgelehnt. Dagegen hat die Antragstellerin Einspruch eingelegt, der mit Einspruchsentscheidung vom 10. August 2007 zurückgewiesen wurde.

Die Antragstellerin hat im außergerichtlichen Rechtsbehelfverfahren geltend gemacht, dass die Gläubigerin des Darlehens, die D Bank, die Darlehensübernahme erzwungen habe.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 und 2001, beide vom 04. November 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2007, insoweit auszusetzen, als die Gewerbesteuermessbeträge EUR 1 132 für das Jahr 2000 und EUR 3 216 für das Jahr 2002 überschreiten sowie die Vollziehung der Bescheide über Zinsen zur Gewerbesteuer für 2000 und 2001 und über Säumniszuschläge zur Gewerbesteuer für 2000 und 2001 jeweils in voller Höhe auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist unzulässig, soweit die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über Zinsen zur Gewerbesteuer begehrt. Die Gewerbesteuerfestsetzungen bilden im Verhältnis zu der Zinsfestsetzung nach § 233a der Abgabenordnung (AO) Grundlagenbescheide; gemäß § 351 Abs. 2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. In Konsequenz dessen ist ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Zinsfestsetzungen unzulässig, wenn und soweit sich der Steuerpflichtige mit seinem Begehren allein gegen die Besteuerungsgrundlagen der Steuerbescheide (hier: Gewerbesteuermessbescheid bzw. Gewerbesteuer) wendet (vgl. FG Düsseldorf, Beschluss vom 09. Januar 2004 - 14 V 6204/03 A, m.w.N.; Beschluss des erkennenden Senats vom 06. August 2007 - 12 V 12078/07; beide veröffentlicht in [...]).

2. Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber nicht begründet.

a) Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der der beschließende Senat sich anschließt, vor, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bzw. des Rechtsmittels zu berücksichtigen. Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt nicht ( BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1998 - I B 101/98, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1999, 753; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Auflage 2006, § 69 Rn. 86, m.w.N.).

b) Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gewerbesteuermessbescheide für 2000 und 2001 bestehen nicht. Der Antragsgegner dürfte die von der Antragstellerin gezahlten Zinsen für das von ihr übernommene Darlehen in Höhe von DM 564 804 zu Recht als Teil der an das Besitzunternehmen zu leistenden Pachtzinsen gewertet und demzufolge den Gewerbeertrag der Antragstellerin zu Recht um die Hälfte der insgesamt geleisteten Pachtzahlungen erhöht haben.

Gemäß § 8 Nr. 7 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzuzurechnen. Das gilt nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer heranzuziehen sind, es sei denn, dass ein Betrieb oder Teilbetrieb vermietet oder verpachtet wird und der Betrag der Miet- oder Pachtzinsen DM 250 000 bzw. EUR 125 000 übersteigt.

Die Antragstellerin hatte von dem Besitzunternehmen unstreitig einen Betrieb gepachtet, so dass § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG zur Anwendung kommt (zur Anwendung der Vorschrift auch auf Betriebsaufspaltungen vgl. BFH-Beschluss vom 04. Oktober 1999 - I B 41/99, BFH/NV 2000, 482). Sie hat auch Pachtzahlungen von mehr als DM 250 000 pro Jahr an das Besitzunternehmen geleistet. Der Begriff der Miet- oder Pachtzinsen i.S.d. § 8 Nr. 7 GewStG ist wirtschaftlich zu verstehen (Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, Kommentar, 6. Auflage 2004, § 8 Nr. 7 Rn. 14; Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, Stand Dezember 2007, § 8 Nr. 7 Rn. 88). Das bedeutet, dass zu den Miet- oder Pachtzahlungen nicht nur diejenigen Zahlungen gehören, die der Mieter oder Pächter unmittelbar für die Nutzung oder den Gebrauch der überlassenen Wirtschaftsgüter - bzw., wie hier, des überlassenen Betriebes - zu leisten hat, sondern auch diejenigen Leistungen, zu denen der Vermieter oder Verpächter verpflichtet ist und die der Mieter oder Pächter zugunsten des Vermieters oder Verpächters übernimmt. Es soll verhindert werden, dass die Höhe der Hinzurechnung - bzw., wie im vorliegenden Fall, die Hinzurechnung überhaupt - von den Vertragsparteien dadurch beeinflusst wird, dass das insgesamt zu zahlende Entgelt in Miet- oder Pachtzahlungen und in Nebenleistungen aufgeteilt wird (Lenski/Steinberg a.a.O..). Dementsprechend bestanden die von der Antragstellerin zu leistenden Pachtzahlungen in dem ausdrücklich vereinbarten Pachtzins in Höhe von DM 240 000 pro Jahr sowie in der Übernahme der mit der übernommenen Darlehensverbindlichkeit zusammenhängenden Zinsverpflichtung des Besitzunternehmens durch die Antragstellerin. Zu der Zahlung der Zinsen für das Darlehen in Höhe von DM 564 804 war das Besitzunternehmen verpflichtet; die Antragstellerin hat diese Verpflichtung im Pachtvertrag, nämlich in dessen § 4, zugunsten des Besitzunternehmens übernommen. Damit ist ein hinreichender Zusammenhang zwischen der Leistung der Darlehenszinsen und der Verpachtung des Betriebes gegeben. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin aus einem anderen Grunde als dem der Begründung der Betriebsaufspaltung zur Übernahme des Darlehens und der damit zusammenhängenden Zinszahlungen verpflichtet gewesen wäre. Soweit die Antragstellerin im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht hat, die kreditgebende Bank habe diese Übernahme erzwungen, hat sie dies im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung nicht wiederholt oder gar glaubhaft gemacht.

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, dass es dem Besitzunternehmen freistehen müsse, ob es sich über eine Bank oder über sie, die Antragstellerin, refinanziere. Zum einen ist es nicht ungewöhnlich, dass sich an unterschiedliche wirtschaftliche Gestaltungen - wie es die Kreditaufnahme bei einer Bank einerseits und die Aufnahme eines Darlehens bei einer durch eine Betriebsaufspaltung verbundene Gesellschaft andererseits sind - unterschiedliche steuerliche Folgen knüpfen. Zum anderen stellt es durchaus einen Unterschied dar, ob man Schuldner einer Bank ist, die ihre Forderungen im Zweifel den vertraglichen Bestimmungen entsprechend durchsetzen wird, oder ob man ein Darlehen bei einer Gesellschaft aufnimmt, die vom Schuldner beherrscht wird und daher veranlasst werden kann, auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche zu verzichten.

Der Senat lässt schließlich offen, ob allfällige Zinszahlungen des Besitzunternehmens an die Antragstellerin zu einer anderen Beurteilung nötigen würden. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass das Besitzunternehmen die vertraglich vereinbarten Zinsen tatsächlich auch geleistet hat. Selbst wenn das der Fall wäre, neigt der beschließende Senat jedoch der Auffassung zu, dass dies nicht dazu führen kann, dass die nach dem oben Ausgeführten anzusetzenden Pachtzinsleistungen der Antragstellerin zu vermindern wären. Für die Frage, ob eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG berechtigt ist, kommt es allein auf die dem Mieter oder Pächter obliegende Leistungsverpflichtung an; unerheblich ist insoweit, inwieweit und in welcher Weise der Vermieter oder Verpächter - hier das Besitzunternehmen - das mietende oder pachtende Unternehmen mit finanziellen Mitteln ausstattet.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück