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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 13 K 1095/02
Rechtsgebiete: AO, InvZulG 1999


Vorschriften:

AO § 89
AO § 170 Abs. 1
AO § 171 Abs. 3
InvZulG 1999 § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 13. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Mai 2007

durch

den Richter ... als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Investitionszulage nach § 3 Investitionszulagengesetz -InvZulG- 1999 für die Errichtung von Wohngebäuden in Z sowie in W.

Die Klägerin ist durch rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst. Gegenstand des Unternehmens war die Errichtung von Wohn- und Gewerbebauten als Bauträger sowie die Errichtung von Hochbauten als Bauunternehmen.

Für das Objekt in W beantragte die Klägerin mit Antrag vom 6. Februar 2001 Investitionszulage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1999 in Höhe von DM 660.797,25. Kurz darauf wurde dem Beklagten eine Bescheinigung des Amtes W vom 16. Februar 2001 nachgereicht, wonach das entsprechende Gebiet in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2000 in einem der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b) InvZulG 1999 begünstigten Gebiete lag.

Für das Objekt in Z beantragte die Klägerin - ebenfalls nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1999 - mit Antrag vom 9. Oktober 2001 beim Finanzamt M Investitionszulage in Höhe von DM 341.721,40. Der Antrag wurde vom Finanzamt M zuständigkeitshalber an den Beklagten weitergeleitet. Dem Beklagten wurde eine Bescheinigung des Amtes G vom 24. Februar 2000 vorgelegt, wonach das entsprechende Gebiet in der Zeit ab dem 1. Januar 2000 in einem der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b) InvZulG 1999 begünstigten Gebiete lag.

Beide Anträge wurden auf dem amtlichen Vordruck für das Jahr 1999 gestellt. Hinsichtlich der genauen Bezeichnung der Investitionen wurde jeweils auf Anlagen verwiesen, die dem Gericht nicht vorliegen. Als Jahr der Fertigstellung wurde in beiden Anträgen das Jahr 2000 angegeben.

Nach Rückfrage des Beklagten wurde vom Amt W am 25. September 2001 eine neue Bescheinigung ausgestellt. Danach sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b) InvZulG 1999 nicht erfüllt. Das Amt G hat am 18. Dezember 2001 ebenfalls eine entsprechend geänderte Bescheinigung ausgestellt.

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom 6. Februar 2001 mit Bescheid vom 9. November 2001 ab. Zur Begründung wies er darauf hin, dass keine Bescheinigung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b) InvZulG 1999 vorliege. Der Ablehnungsbescheid erging "für das Kalenderjahr 1999". Zum Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheids war dem Beklagten der beim Finanzamt M gestellte Antrag vom 9. Oktober 2001 nicht bekannt.

Mit dem Einspruch vom 2. Dezember 2001 machte die Klägerin geltend, dass ihr die negative Bescheinigung des Amtes W nicht bekannt sei. Der Einspruch wurde gegen den Ablehnungsbescheid vom 9. November 2001 "für das Kalenderjahr 1999" eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2002, der beim Gericht am 13. Mai 2002 einging, hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben.

Gegen die geänderten Bescheinigungen der Ämter G und W legte die Klägerin zunächst Widersprüche und anschließend Klagen beim Verwaltungsgericht A und beim Verwaltungsgericht B ein. Die verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurden am 23. Dezember 2004 bzw. am 15. September 2005 eingestellt, nachdem die Hauptsache aufgrund der Aufhebung der geänderten Bescheinigungen übereinstimmend für erledigt erklärt worden war. Die zuständigen Berichterstatter des Verwaltungsgerichts B und des Verwaltungsgerichts A wiesen darauf hin, dass es an einer Bekanntgabe der geänderten Bescheinigungen gegenüber der Klägerin fehlen dürfte.

Ab 10. Januar 2006 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Investitionszulage- Sonderprüfung durch. Im Rahmen der Prüfung überreichte die Klägerin eine Aufstellung der Investitionskosten. Danach wurde nunmehr Investitionszulage in Höhe von insgesamt DM 1.411.437,90 (EUR 721.656,74) beantragt. Nach dem Prüfungsbericht vom 3. März 2006 sind in dem Betrag auch Teilherstellungskosten der Jahre 1998, 2000, 2001 und 2002 enthalten. Nach Auffassung des Betriebsprüfers ist die Investitionszulage auf EUR 0,- festzusetzen, da im Jahr der Fertigstellung kein Investitionszulagenantrag gestellt worden sei und dies wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr nachgeholt werden könne. Die in den Jahren 1998 und 2002 entstanden Kosten seien von vornherein nicht begünstigt.

Mit den am 7. April 2006 unterschriebenen Anträgen beantragte die Klägerin daraufhin Investitionszulage für die Kalenderjahre 1999 bis 2002 (für 1999: DM 659.845,24; für 2000: DM 412.795,27; für 2001: DM 336.295,66; für 2002: DM 2.769,31). Die Anträge wurden jeweils getrennt für die einzelnen Jahre auf dem - handschriftlich angepassten - amtlichen Vordruck für das Kalenderjahr 1999 gestellt. Mit den Bescheiden vom 27. Juni 2006 lehnte der Beklagte die Anträge ab. Er begründete dies damit, dass die Anträge nicht auf dem amtlichen Vordruck gestellt seien. Für die Jahre 2000 und 2001 sei zudem die Festsetzungsfrist abgelaufen. Die Ablehnungsbescheide wurden nach Einsprüchen vom 29. Juni 2006 für die Jahre 2000 bis 2002 mit der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2007 bestätigt.

Für das Jahr 1999 erging am 13. März 2007 ebenfalls eine Einspruchsentscheidung, mit der der Einspruch vom 2. Dezember 2001 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage geltend, dass mit den Anträgen aus dem Jahr 2001 nicht nur Investitionszulage für die Investitionskosten des Jahres 1999, sondern für sämtliche Investitionskosten zur Errichtung der Objekte in Z und W wirksam beantragt worden sei. Insbesondere habe sie, die Klägerin, bei den Anträgen die Zusatzangaben für Teilherstellungskosten nicht ausgefüllt und auf die Schlussrechnungen und Abnahmebescheinigungen verwiesen, die den Anträgen beigefügt waren. Außerdem seien vom Beklagten trotz Anforderung durch die Klägerin keine Formulare für die Folgejahre zur Verfügung gestellt worden. Der Hinweis darauf, dass sich die Anträge und der Einspruch ausdrücklich auf das Jahr 1999 bezögen, sei bei einem nicht vertretenen Antragsteller Wortklauberei. Möglicherweise könne der im Jahr 2001 ergangene Ablehnungsbescheid als eine Teilentscheidung für das Jahr 1999 interpretiert werden. Die im Jahr 1998 angefallenen Kosten seien ebenfalls begünstigt, da sie, die Klägerin, mit Vertrag vom 31. Dezember 1998 ein bereits begonnenes Bauvorhaben übernommen und dem Verkäufer die schon angefallenen Kosten erstattet habe.

Die Klägerin macht weiter geltend, dass das Jahr 2001 als Jahr der Fertigstellung anzusehen sei. Die Festsetzungsfrist nach § 169 Abgabenordnung -AO- sei für dieses Jahr noch nicht abgelaufen. Es sei schon fraglich, ob die Festsetzungsfrist bei Anträgen auf Investitionszulage überhaupt anwendbar sei. Jedenfalls greife die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO. Eine Beschränkung dieser Ablaufhemmung sei nicht nachvollziehbar, da sich die Bindungswirkung der Bescheinigungen der Ämter W und G auf die gesamte Investitionszulage auswirke und der Beklagte bis zum Abschluss der verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Prüfung der weiteren Voraussetzungen der Investitionszulage vorgenommen habe. Im Übrigen sei wegen der Klage auch eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO eingetreten.

Schließlich beruft sich die Klägerin auf § 126 Abs. 2 AO und den Rechtsgedanken des § 126 Abs. 3 AO. Der Beklagte habe nicht auf die Einreichung eines formgerechten Antrags hingewirkt, was als Unterlassung einer Anhörung auszulegen sei, die eine Wiedereinsetzung begründe. Insofern verweist die Klägerin auch auf den Erlass des Finanzministeriums Sachsen vom 4. September 2000 (Az. 32 - InvZ 1050 - 5/54 - 47947).

Nachdem die Klägerin ursprünglich beantragt hat, das beklagte Finanzamt zu verurteilen, an die Klägerin unter Aufhebung von dessen Bescheid vom 9. November 2001 EUR 512.579,62 nebst den gesetzlichen Zinsen für Steuererstattungsansprüche zu zahlen, beantragt sie nunmehr, den Bescheid vom 9. November 2001 über die Ablehnung einer Investitionszulage für das Kalenderjahr 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2007 sowie die Bescheide vom 27. Juni 2006 über die Ablehnung einer Investitionszulage für die Kalenderjahre 2000, 2001 und 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2007 zu ändern und für die Errichtung der Gebäude in W und Z Investitionszulage in Höhe von DM 659.845,24 für das Jahr 1999, DM 412.295,27 für das Jahr 2000, DM 336.795,66 für das Jahr 2001 und DM 2.269,39 für das Jahr 2002 festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass innerhalb der Festsetzungsfrist kein wirksamer Antrag auf Investitionszulage für das Jahr des Abschlusses der Investition gestellt worden sei. Denn die Festsetzungsfrist für das Jahr 2000 sei bereits am 31. Dezember 2004 abgelaufen, so dass die Anträge aus dem Jahr 2006 zu spät kämen. Die ursprünglichen Anträge aus dem Jahr 2001 hätten sich nur auf das Kalenderjahr 1999 bezogen. Bis zum Jahr 2006 seien keine Anhaltspunkte erkennbar gewesen, dass die Gebäude erst im Jahr 2000 fertig gestellt worden seien. Auch die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO beziehe sich nur auf das Jahr 1999. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 171 Abs. 10 AO. Diese Vorschrift erlaube nur eine punktuelle Korrektur, soweit die Bindungswirkung der Bescheinigungen des Amtes W und des Amtes G reiche.

Gegen die Ablehnungsbescheide vom 27. Juni 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2007 wurde von der Klägerin ohne Einschaltung des Bevollmächtigten am 4. April 2007 eine weitere Klage anhängig gemacht, die beim Finanzgericht Berlin- Brandenburg unter dem Az. 13 K 13072/07 geführt wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der beigezogenen Steuerakten Bezug. Dem Gericht haben zwei Bände Investitionszulageakten vorgelegen, die vom Beklagten unter der Steuernummer ... geführt werden.

Das Verfahren ist mit Beschluss vom 15. September 2005 auf den Einzelrichter übertragen worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Für die Zulässigkeit der Klage kann dahingestellt bleiben, ob sich die ursprüngliche Untätigkeitsklage (§ 46 Finanzgerichtsordnung -FGO-) nur auf das Kalenderjahr 1999 oder aufgrund einer entsprechenden Auslegung der Anträge auf Gewährung von Investitionszulage vom 6. Februar 2001 und vom 9. Oktober 2001 sowie des Einspruchs vom 2. Dezember 2001 auch auf andere Kalenderjahre bezog. Da der Beklagte nicht widersprochen hat und die ursprüngliche Klage zumindest im Laufe des Verfahrens in die Zulässigkeit hineingewachsen ist, folgt die Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags der Klägerin jedenfalls aus § 67 Abs. 1 und 2 FGO.

Mit den Einspruchsentscheidungen vom 13. März 2007 wurde sowohl für das Jahr 1999 als auch für die Jahre 2000 bis 2002 ein Vorverfahren nach § 44 Abs. 1 FGO abgeschlossen.

Soweit vorher eine Untätigkeitsklage anhängig war, ist diese Klage anschließend als normale Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO), die auf eine Änderung der bisherigen Verwaltungsakte gerichtet ist, fortgeführt worden (zur Abgrenzung der Anfechtungs- von der Verpflichtungsklage im Rahmen der Investitionszulage vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 20. Dezember 2000 - III R 17/97, BFH/NV 2001, 914). § 68 FGO ist auf den Übergang einer Untätigkeitsklage zur normalen Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht anwendbar (vgl. von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl. 2006, § 46 Rz. 34).

Im Übrigen ist die Durchführung eines Vorverfahrens eine Sachurteilsvoraussetzung, die erst zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen muss (vgl. BFH, Urteil vom 21. Januar 1993 - V R 59/88, BFH/NV 94, 41 m.w.N.).

Für die Jahre 2000 bis 2002 fehlt der Klägerin auch nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis.

Da der Umfang des Klagebegehrens bereits in den Schriftsätzen des Jahres 2006 angelegt war, ist die doppelte Rechtshängigkeit kein Problem des hiesigen Verfahrens, sondern des zusätzlich unter dem Az. 13072/07 anhängig gemachten Verfahrens.

Von einer Verbindung beider Verfahren gemäß § 73 FGO wurde aus prozessökonomischen Gründen abgesehen. Denn das Verfahren mit dem Az. 13072/07 wurde ohne Einschaltung des Bevollmächtigten am 4. April 2007 anhängig gemacht. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung des hiesigen Verfahrens erfolgte bereits am 3. April 2007. Außerdem wurde das Verfahren mit dem Az. 13072/07 nicht auf den Einzelrichter übertragen.

II.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Ablehnung des Antrags auf Investitionszulage für das Jahr 1999 durch den Bescheid vom 9. November 2001 und für die Jahre 2000 bis 2002 durch die Bescheide vom 27. Juni 2006, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 13. März 2007, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO).

Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Investitionszulage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1999 für den Bau der Objekte in W und Z ist jedenfalls nach § 47 AO erloschen. Denn für das Jahr 2000, dem Jahr des Investitionsabschlusses, ist bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2004 kein Antrag auf Gewährung von Investitionszulage gestellt worden. In welchem Umfang ein Anspruch auf Investitionszulage bei einem rechtzeitigen Antrag in Betracht gekommen wäre, kann deshalb dahingestellt bleiben.

1.

Sowohl für das Objekt in Z als auch für das Objekt in W ist das Jahr 2000 als das Jahr der Fertigstellung und damit als das Jahr des Investitionsabschlusses anzusehen.

Für die Fertigstellung eines Gebäudes reicht es aus, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau so weit erreichtet ist, dass das Gebäude in all seinen wesentlichen Bereichen nutzbar ist (vgl. BFH, Urteil vom 21. Juli 1989 - III R 89/85, BStBl II 1989, 906). Zwar hat die Klägerin im Schriftsatz vom 17. Oktober 2006 das Jahr 2001 als Jahr der Fertigstellung angegeben. Aus der mit dem Schriftsatz vom 24. April 2006 eingereichten Aufschlüsselung der Einzelkosten ergibt sich jedoch, dass in den Jahren 2001 und 2002 fast keine Baukosten, sondern ganz überwiegend Beratungskosten und sonstige allgemeine Nebenkosten angefallen sind. Im Übrigen wurde sowohl in den Anträgen auf Gewährung von Investitionszulage vom 6. Februar 2001 und vom 9. Oktober 2001 als auch in den Anträgen auf Gewährung von Investitionszulage vom 7. April 2006 das Jahr 2000 als Jahr der Fertigstellung angegeben.

2.

Ein Anspruch auf Investitionszulage setzt nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das erkennende Gericht anschließt, zwingend voraus, dass (auch) für das Jahr des Investitionsabschlusses eine Investitionszulage festgesetzt wird (vgl. BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III R 16/01, BStBl II 2004, 22). Zwar bezieht sich die Entscheidung des BFH nur auf Anzahlungen, für die vor dem Jahr des Investitionsabschlusses Investitionszulage gewährt worden ist. Sie muss aber für die im Streitfall maßgeblichen Teilherstellungskosten entsprechend gelten. Darüber hinaus kommt auch für Herstellungskosten, die nach dem Jahr des Abschlusses der Investition entstanden sind und im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dieser Investition stehen, jedenfalls dann keine Begünstigung in Betracht, wenn für das Jahr des Investitionsabschlusses keine Investitionszulage festgesetzt wird.

Nach der gesetzlichen Systematik des § 3 InvZulG 1999 kann über die zu gewährende Investitionszulage verbindlich und abschließend nur im Rahmen der Festsetzung der Investitionszulage für das Jahr des Investitionsabschlusses entschieden werden. Die Regelung über die Einbeziehung von Teilherstellungskosten dient wie die Regelung über die Einbeziehung von Anzahlungen vorrangig der zeitlich vorgezogenen Zulagenförderung zur Stärkung der Liquidität des Anspruchstellers, nicht aber zur Schaffung eines eigenen Begünstigungstatbestandes. Ob im Rahmen des InvZulG 2005 oder des InvZulG 2007 etwas anderes gilt, da nach diesen Vorschriften Anzahlungen und Teilherstellungskosten auch dann begünstigt sind, wenn der Abschlusses der Investition außerhalb des maßgebenden Investitionszeitraum liegt, kann im Streitfall dahingestellt bleiben.

3.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Investitionszulage nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist festgesetzt werden. Im Streitfall endete die Festsetzungsfrist für das Jahr des Investitionsabschlusses bereits am 31. Dezember 2004. Denn nach §§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 170 Abs. 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist im Rahmen der Investitionszulage vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Investition abgeschlossen ist. Da die Anträge vom 7. April 2006 mehr als ein Jahr nach Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt wurden, kann offen gelassen werden, ob diese Anträge trotz der Nutzung des amtlichen Vordrucks für das Jahr 1999 wirksam waren oder ob zu einem späteren Zeitpunkt wirksame Anträge gestellt worden sind.

Im Streitfall kam es weder zu einer Anlauf- noch zu einer Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist.

Eine Anlaufhemmung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil bei der Gewährung von Investitionszulage sowohl § 170 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO als auch § 170 Abs. 3 AO keine Anwendung finden (BFH, Urteil vom 29. März 2001 - III R 1/99, BStBl II 2001, 432). Eine Ablaufhemmung ergibt sich weder aus § 171 Abs. 3 oder § 171 Abs. 3a AO noch aus § 171 Abs. 4 oder § 171 Abs. 10 AO.

a.

Eine Anwendung von § 171 Abs. 3 AO setzt voraus, dass die Anträge vom 6. Februar 2001 und vom 9. Oktober 2001 nicht nur als Anträge für das Jahr 1999, sondern auch als Antrag für das Jahr 2000 ausgelegt werden können. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob für die Anwendung von § 171 Abs. 3 AO ein wirksamer Antrag zu fordern ist (so Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl. 2006, § 171 AO Rz. 11 unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 16. Mai 1990 - X R 147/87, BStBl II 1990, 942) oder ein ausreichend bestimmter Antrag genügt (so Ruban in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Abgabenordnung / Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz. 20 unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 - XI R 17/93, BStBl II 1994, 439). Denn die von der Klägerin im Jahr 2001 gestellten Anträge erfüllen selbst die Mindestanforderung eines ausreichend bestimmten Antrags nur für das Jahr 1999, nicht aber für das Jahr 2000.

Zwar ließ sich der konkrete Umfang der mit den Anträgen vorgelegten Unterlagen auch in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend klären. Die Mindestvoraussetzungen eines Antrags für das Jahr 2000 sind aber auch dann nicht erfüllt, wenn man dem Vortrag der Klägerin folgt, dass mit den Anträgen im Jahr 2001 nicht nur die Belege für das Jahr 1999, sondern auch die Belege für das Jahr 2000 eingereicht worden sind. Denn die Anträge aus dem Jahr 2001 sind auf dem amtlichen Vordruck für das Jahr 1999 gestellt.

Dieser Vordruck enthält in der Einleitung den ausdrücklichen Hinweis, dass in diesem Antrag "die im Kalenderjahr 1999 abgeschlossenen Investitionen, geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten und Erhaltungsaufwendungen sowie entstandenen Teilherstellungskosten aufzuführen" sind. Auch in der Überschrift in Zeile 9 des Antragsformulars wird noch einmal ausdrücklich klargestellt, dass es sich (nur) um einen Antrag "für das Kalenderjahr 1999" handelt. Entsprechendes gilt für den Erläuterungsteil, in dem insbesondere in den Ziffern III. und VI. ein klarer Bezug zum Kalenderjahr hergestellt wird. So heißt es beispielsweise in Ziffer VI. der Erläuterungen, dass die Investitionszulage "für die begünstigten Investitionen des Kalenderjahrs" festgesetzt wird. Darüber hinaus sind bei der Auslegung auch die außerhalb der Anträge liegenden Umstände einzubeziehen. Hier ist insbesondere von Bedeutung, dass sowohl der Ablehnungsbescheid vom 9. November 2001 als auch der Einspruch vom 2. Dezember 2001 ausdrücklich "für das Kalenderjahr 1999" ergingen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hatte der Beklagte unter diesen Umständen weder eine Veranlassung noch eine Pflicht, die beigefügten Belege darauf zu untersuchen, ob gleichzeitig ein Antrag für das Jahr der Fertigstellung gestellt worden ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gebäude nach Auffassung des Beklagten in einem nicht begünstigten Gebiet gebaut wurden, so dass er vorrangig die Bescheinigungen der Ämter W und G prüfte. Angesichts des Wortlauts des amtlichen Formulars und den darin gegebenen Erläuterungen hätte selbst einem nicht vertretenen Steuerpflichtigen klar sein müssen, dass für jedes Kalenderjahr ein gesonderter Antrag auf Investitionszulage abzugeben ist.

Insofern bedurfte es keiner weiteren Hinweise des Beklagten nach § 89 Satz 1 AO.

Dies gilt umso mehr, als die Klägerin noch weit vor Ablauf der Festsetzungsfrist anwaltlich vertreten wurde. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das erkennende Gericht anschließt, hat die Behörde zumindest im Fall eines fachkundig vertretenen Klägers keine Pflicht nach § 89 Satz 1 AO, auf die Notwendigkeit eines Investitionszulageantrags im Jahr des Abschlusses der Investition hinzuweisen (vgl. BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III R 16/01, BStBl II 2004, 22). Im Streitfall blieb für den Bevollmächtigten ausreichend Zeit und Gelegenheit, einen Antrag für das Jahr 2000 zu stellen. Dies hat er nicht getan. Vielmehr wird auch aus der Klage und den bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2004 gewechselten Schriftsätzen nicht hinreichend deutlich, dass mit den Anträgen aus dem Jahr 2001 nicht nur für das Kalenderjahr 1999, sondern auch für Kalenderjahr 2000 Investitionszulage beansprucht wurde. Dies änderte sich erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist durch die im Jahr 2006 eingereichten Schriftsätze.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr vom Beklagten nur der amtliche Vordruck für das Jahr 1999 zur Verfügung gestellt worden ist. Denn die Klägerin war dadurch nicht gehindert, entsprechend der eindeutigen Vorgaben des amtlichen Vordrucks einen Antrag pro Kalenderjahr zu stellen. Zumindest hätte sie in dem Antrag ausdrücklich auf die fehlenden Vordrucke für die Folgejahre und die Einbeziehung weiterer Kalenderjahre aufmerksam machen müssen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis der Klägerin auf den Erlass des Sächsischen Finanzministeriums vom 4. September 2000 (Az. 32 - InvZ 1050 - 5/54 - 47947). Zum einen wird auch hier ein Antrag pro Kalenderjahr vorausgesetzt. Zum anderen gilt der Erlass nur für Steuerpflichtige, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr 1999/2000 oder ein Rumpfwirtschaftsjahr haben.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das erkennende Gericht anschließt, Unklarheiten bei der Gewährung von Investitionszulage zu Lasten des Anspruchstellers gehen, der die Feststellungslast trägt (BFH, Urteil vom 6. April 1990 - III R 2/87, BStBl II 1990, 752). Dies gilt auch für den fristgerechten Zugang des Antrags (BFH, Beschluss vom 8.8.2002 - III B 48/02, BFH/NV 2002, 1615). Dementsprechend ist auch der Nachweis einzubeziehen, dass vor Ablauf der Festsetzungsfrist ein Antrag gestellt wurde, der den Anforderungen einer Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO erfüllt.

b.

Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es für das Jahr 2000 an einem Steuerbescheid fehlt, der mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten wurde. Denn der Ablehnungsbescheid vom 9. November 2001 erging ausdrücklich (nur) für das Kalenderjahr 1999.

c.

Entgegen der Auffassung der Klägerin scheidet auch eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO aus. Nach dieser Vorschrift endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids. Zwar sind die Bescheinigungen der Ämter G und W als Grundlagenbescheide zu qualifizieren. Im Streitfall führt dies aber für das Jahr 2000 nicht zu einer Ablaufhemmung über den 31. Dezember 2004 hinaus.

Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird nach § 171 Abs. 10 AO nur gehemmt, "soweit" der Grundlagenbescheid bindend ist. Die Ablaufhemmung ist damit durch das Ausmaß der Bindung des Grundlagenbescheids beschränkt (vgl. BFH-Urteil vom 12. August 1987 - II R 202/84, BStBl II 1988, 318). Obwohl die nach § 3 InvZulG 1999 notwendige Belegenheitsbescheinigung eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Anspruch auf Investitionszulage darstellt, widerspricht es dem Sinn und Zweck der in § 171 Abs. 10 AO geregelten Ablaufhemmung, dass das Verfahren in diesen Fällen insgesamt offen bleibt.

Durch § 171 Abs. 10 AO soll lediglich ausreichend Zeit für die Auswertung eines Grundlagenbescheides geschaffen werden (vgl. BFH, Urteil vom 4. April 1989 - VIII R 265/84, BStBl II 1989, 593). Dies bedeutet nicht, dass auch der Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage innerhalb dieser Frist nachgeholt werden darf.

Im Streitfall kann diese Frage aber letztlich offen bleiben. Denn die Bescheide, auf denen sich der Anspruch auf Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 stützen könnte, ergingen bereits in den Jahren 2000 bzw. 2001. Die geänderten Bescheinigungen waren dagegen mangels Bekanntgabe zu keinem Zeitpunkt wirksam. Nach Auffassung des BFH, der sich das erkennende Gericht anschließt, kommt es aber für eine Ablaufhemmung des Folgebescheids nach § 171 Abs. 10 AO auf die Bekanntgabe des Grundlagenbescheids und somit dessen Wirksamwerden an. Die Unanfechtbarkeit des Grundlagenbescheids ist nicht maßgebend (vgl. BFH, Urteil vom 19. Januar 2005 - X R 14/04, BStBl II 2005, 242).

Darüber hinaus ist die Situation im Streitfall, bei der letztlich keine Änderung der anfangs bestehenden Rechtslage eingetreten ist, mit den Fällen einer bestätigende Einspruchsentscheidung oder einer Rücknahme des Rechtsbehelfs vergleichbar. Diese beiden Fälle haben nach der zutreffenden Rechtsprechung des BFH ebenfalls keinen Einfluss auf den Lauf der Festsetzungsfrist (vgl. BFH, Urteil vom 19. Januar 2005 - X R 14/04, a.a.O.) d. Schließlich kommt auch keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO in Betracht, da die Investitionszulage-Sonderprüfung erst am 10. Januar 2006 und damit nach Ablauf der Festsetzungsfrist begann.

4.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann weder § 126 Abs. 2 AO noch der Rechtsgedanke des § 126 Abs. 3 AO zu einem anderen Ergebnis führen. Entsprechendes gilt für § 126 Abs. 1 Nr. 1 AO. Denn für das Jahr 2000 fehlt es bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist an einem Verwaltungsakt, bei dessen Erlass gegen Verfahrens- oder Formvorschriften verstoßen worden ist und der dann nach § 126 AO geheilt werden könnte.

Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund des Rechtsgedankens in § 126 Abs. 3 AO i.V.m. § 110 AO kommt im Streitfall nicht in Betracht. Zum einen fehlt es an einem Sachverhalt, der mit einer Versäumung der Anfechtungsfrist aufgrund einer unterlassenen Anhörung des Steuerpflichtigen vergleichbar ist. Wie bereits unter Ziffer II. 3. a. ausgeführt, hatte der Beklagte bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist weder eine Veranlassung noch eine Pflicht, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass für das Jahr 2000 kein Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage vorlag. Zum anderen kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, bei einer Verletzung der Festsetzungsfrist ohnehin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht (vgl. BFH, Urteil vom 19. August 1999 - III R 57/98, BStBl II 2000, 330 und BFH, Beschluss vom 27. Februar 2007 - III B 158/06, nicht amtlich veröffentlicht).

Dies würde dem Rechtscharakter der Festsetzungsverjährung widersprechen, im Interesse von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit einen etwaigen Anspruch erlöschen zu lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Ende der Entscheidung

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