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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: 13 K 2259/05 B
Rechtsgebiete: FGO, AO, InvZulG 1999


Vorschriften:

FGO § 41 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 135 Abs. 1
AO § 88 Abs. 2
AO § 90
InvZulG 1999 § 1 Abs. 1
InvZulG 1999 § 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 13. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. Januar 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ... sowie

die ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob auch eine Schadensersatzleistung wegen Nichterfüllung nach § 3 Investitionszulagengesetz 1999 -InvZulG 1999- begünstigt ist.

Der Kläger war 1995 zu 50 von Hundert an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts P und T -GbR- beteiligt. Die GbR erwarb zum 1. August 1995 ein Mietwohngrundstück in der MStraße in B und veräußerte dieses Objekt mit notariellem Vertrag vom 30. August 1996 für DM 5.240.000 an Frau R. Laut Kaufvertrag war die GbR gegenüber Frau R zur Renovierung des Gebäudes und zum Ausbau des Dachgeschosses verpflichtet. Die Wohneinheiten sollten spätestens am 30. Juni 1997 schlüssel- und bezugsfertig an Frau R übergeben werden. Zur Absicherung sämtlicher Vertragserfüllungsverpflichtungen der GbR erhielt Frau R von der ... Landesbank eine Bürgschaft, die den Vorgaben von § 7 der Maklerund Bauträgerverordnung -MaBV- entsprach.

Die GbR konnte die Baumaßnahmen nicht fristgerecht fertig stellen. Am 4. September 1997 schied Herr T aufgrund eines Auseinandersetzungs- und Grundstücksübertragungsvertrages aus der GbR aus. Der Kläger wurde daraufhin Alleineigentümer des Objekts MStraße und übernahm die Verpflichtungen aus dem Vertrag mit Frau R.

Da das Objekt weiterhin nicht fertig gestellt werden konnte, erhielt Frau R im Februar 1998 DM 107.500 als Vertragsstrafe. Am 8. September 1998 erfolgte die Eigentumsumschreibung auf Frau R.

Im Dezember 2000 machte Frau R gegenüber der ... Landesbank ihre Rechte aus der Bürgschaft geltend und forderte eine Zahlung in Höhe von DM 1.292.414,17. Aufgrund eines Vergleichs zahlte die ... Landesbank Ende Januar 2001 pauschal DM 800.000 an Frau R, und zwar wegen Verzugs mit der Fertigstellung des Objekts und wegen Mängeln am Objekt. Die Zahlung erfolgte zu Lasten des Kontos des Klägers. Über die einkommensteuerliche Frage, ob und in welcher Höhe der Kläger aufgrund dieser Vorgänge im Jahr 1997 eine Rückstellung im Rahmen seiner Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel bilden kann, ist zurzeit ein Verfahren beim Bundesfinanzhof -BFHanhängig (Az. X R 27/05).

Am 21. Dezember 2001 beantragte der Kläger beim Finanzamt W aufgrund der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft eine Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 für das Kalenderjahr 2000 in Höhe von DM 115.778. Die Berechnung der Investitionszulage erfolgte aufgrund einer Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 771.855, was dem auf die begünstigten Investitionen entfallenen Betrag der Bürgschaftszahlung abzüglich DM 5.000 Selbstbehalt entsprechen soll. Das Finanzamt W leitete den Antrag zuständigkeitshalber an das Finanzamt F weiter, das den Antrag mit Bescheid vom 19. April 2005 unter Hinweis auf fehlende Nachweise ablehnte.

Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde vom Finanzamt F Berg mit Bescheid vom 30. Juni 2005 als unbegründet zurückgewiesen. Hierzu wies das Finanzamt F, auf einen Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten nach § 90 Abgabenordnung -AO- hin. Außerdem seien Anzahlungen auf Erhaltungsaufwendungen und Teilherstellungskosten nicht begünstigt. Schadensersatzzahlungen für den Verzug mit der Fertigstellung des Objekts und für Mängel am Objekt seien nicht Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage.

Mit der am 14. Juli 2005 eingereichten Klage macht der Kläger geltend, dass die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu den begünstigten Aufwendungen zähle. Bei Anzahlungen komme es allein auf die Zahlung und nicht auf die Bauleistung an, da Anzahlungen ansonsten keinen eigenständigen Begünstigungstatbestand darstellen würden. Im Übrigen handele es sich im Streitfall um nachträgliche Herstellungsarbeiten und nachträgliche Erhaltungsarbeiten. Diese Begriffe seien weiter als im Ertragsteuerrecht auszulegen. Dass die Aufwendungen aufgrund der Weiterveräußerung als Rückstellungen und nicht als Herstellungskosten zu buchen seien, könne nicht dazu führen, dass der Anspruch auf Investitionszulage entfalle. Vielmehr sehe auch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 28. Februar 2003 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 2003, 218) nicht nur eine Begünstigung von Arbeiten vor, die selbst ausgeführt werden, sondern auch von Arbeiten, die der Steuerpflichtige ausführen lässt. Eine Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 90 AO könne schon deshalb nicht vorliegen, weil sämtliche Belege im Rahmen einer Außenprüfung vorgelegt worden seien. Im Übrigen sei eine Investitionsentscheidung nach der Rechtsprechung des BFH keiner Überprüfung der Angemessenheit durch das Finanzamt unterworfen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Ablehnungsbescheid vom 19. April 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2005 insoweit zu ändern, dass für das Objekt MStraße eine Investitionszulage in Höhe von DM 115.778 gewährt wird,

festzustellen, dass der Beklagte gegen § 88 Abs. 2 Abgabenordnung verstoßen hat,

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, dass nur eine gezielte Investitionstätigkeit förderfähig sei. Aufgrund des Verkaufs an Frau R habe der Kläger keine nachträglichen Herstellungs- oder Erhaltungsarbeiten an dem Objekt durchführen können. Zahlungen für den Verzug und die Mängel am Objekt seien nicht begünstigt.

Das Amtsgericht ... eröffnete mit Beschluss vom ... 2006 (Az. ...) das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers. Der Insolvenzverwalter hat erklärt, das Verfahren nicht gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung -FGO- i.V.m. § 240 Zivilprozessordnung -ZPO - aufzunehmen. Daraufhin hat der Kläger das Verfahren nach § 85 Abs. 2 Insolvenzordnung -InsO- aufgenommen.

Der Kläger hat am 27. November 2007 Einsicht in die Akten genommen. Der Senat hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe am 10. Januar 2008 abgewiesen. Einen Antrag des Klägers nach § 86 Abs. 3 Satz 1 FGO hat der BFH am 15. Mai 2008 als unzulässig zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags nimmt das Gericht auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze einschließlich sämtlicher Anlagen sowie auf die beigezogenen Steuerakten Bezug. Dem Gericht lag ein Band Investitionszulagenakten vor.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht kann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2009 in der Sache entscheiden, obwohl für den Kläger niemand erschienen ist. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers ist unter Hinweis darauf, dass bei ihrem Ausbleiben in der mündlichen Verhandlung auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2 FGO), ordnungsgemäß geladen worden. Sie ist dem Termin ohne Angabe von Gründen ferngeblieben.

II. Hinsichtlich des Feststellungsantrags ist die Klage unzulässig, da eine Feststellungsklage gegenüber einer Gestaltungsklage subsidiär ist (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO). Über einen etwaigen Verstoß gegen § 88 Abs. 2 AO wird - soweit entscheidungserheblich - im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung der Gewährung von Investitionszulage entschieden.

III. Die Klage auf Gewährung von Investitionszulage ist zwar als Anfechtungsklage zulässig (vgl. BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 III R 17/97, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2001, 914 m.w.N.). Sie ist aber unbegründet, da die Ablehnung des Antrags auf Investitionszulage für das Jahr 2000 vom 19. April 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2005 den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO).

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 InvZulG 1999 sind begünstigte Investitionen nachträgliche Herstellungsarbeiten und Erhaltungsarbeiten an vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellten Gebäuden, soweit diese Gebäude mindestens fünf Jahre nach Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten bzw. Erhaltungsarbeiten der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen. Maßgebend ist dabei weder das zivilrechtliche noch das wirtschaftliche Eigentum an dem Gebäude, sondern allein, wer die Aufwendungen getragen hat (vgl. BFH-Urteil vom 5. September 2002 III R 37/01, BStBl II 2003, 772; BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 III R 19/05, BStBl II 2007, 131). Allerdings ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 nur derjenige anspruchsberechtigt, der die begünstigte Investition vorgenommen hat.

Dem Kläger ist zwar zuzustimmen, dass er die entsprechenden Arbeiten nicht selbst vornehmen muss. Vielmehr ist auch derjenige anspruchsberechtigt, der die Arbeiten von einem Dritten vornehmen lässt. Dies setzt allerdings zwingend voraus, dass die maßgebliche Investitionsentscheidung durch den Anspruchsberechtigten getroffen wird. Denn das Investitionszulagengesetz 1999 ist eine wirtschaftslenkende Norm, durch die nur solche Steuerpflichtige gefördert werden sollen, die auf die Förderziele - im Streitfall die Förderung des Mietwohnungsbaus - tatsächlich Einfluss nehmen.

Hieran fehlt es, wenn - wie im Streitfall - lediglich Schadensersatzzahlungen geleistet werden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist darin ein entscheidungserheblicher Unterschied zur Beauftragung von Handwerkern zu sehen. Denn ob und in welcher Höhe die Schadensersatzzahlungen letztlich dazu genutzt werden, nachträgliche Herstellungsarbeiten bzw. nachträgliche Erhaltungsarbeiten an dem Gebäude M-Straße auszuführen, ist allein von Frau R abhängig. Der Kläger selbst hat seine Aktivitäten unstreitig vor dem Jahr 2000 eingestellt.

Entsprechendes gilt für den Hinweis des Klägers auf eine Begünstigung der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft als Anzahlung. Zwar geht der Kläger zutreffend davon aus, dass es bei Anzahlungen im Jahr der Zahlung nicht auf die Bauleistung, sondern allein auf die Zahlung ankommt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich aber nicht um einen eigenständigen Begünstigungstatbestand. Vielmehr darf man eine Investitionszulage auf Anzahlungen nur behalten, wenn die Investition auch tatsächlich durchgeführt und bis zum 1. Januar 2005 beendet wird (BFH-Urteil vom 21.4.2005 III R 10/03, BStBl II 2005, 718). Insofern gilt auch für die Förderfähigkeit von Anzahlungen, dass der Anspruchsberechtigte die maßgebliche Investitionsentscheidung treffen muss.

Da es im Streitfall bereits an einer grundlegenden Fördervoraussetzung fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob, wann und in welchem Umfang Frau R die ausstehenden Arbeiten ausgeführt und die Investition vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen hat. Außerdem kann dahingestellt bleiben, ob der Aufwand tatsächlich im Jahr 2000 oder - beispielsweise aufgrund einer Rückstellung im Jahr 1997 - zu einem früheren bzw. späteren Zeitpunkt angefallen ist und ob das Finanzamt #seine Pflichten aus § 88 Abs. 2 AO oder der Kläger seine Pflichten aus § 90 AO verletzt hat. Dem entsprechend bestand auch keine Veranlassung zur Vorlage weiterer Akten. Auf die beim BFH anhängige Frage, wer bei der normalen Abwicklung eines Kaufvertrages mit Modernisierungsverpflichtung Investitionszulage in Anspruch nehmen darf (Az. III R 69/07), kommt es ebenfalls nicht an.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO sind nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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