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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 3 K 2287/04 B
Rechtsgebiete: GrStG, GG


Vorschriften:

GrStG § 25 Abs. 3
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 3. Senat -

ohne mündliche Verhandlung

am 14. Januar 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ... sowie

die ehrenamtliche Richterin ... und

den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Der Beklagte setzte gegen den Kläger für die von ihm im Jahre ... erworbene Eigentumswohnung ... für das Jahr 2002 mit Bescheid vom --. Juni 2002 Grundsteuer in Höhe von -- --,-- EUR fest und berücksichtigte dabei den nach § 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Satz 1 des Vorschaltgesetzes zum Haushaltsgesetz 2002/2003 vom 29. April 2002 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin -GVBl.- 2002, Seite 129) geltenden Grundsteuerhebesatz von 660 v. H.

Mit seinem dagegen fristgerecht eingelegten Einspruch machte der Kläger vergeblich geltend, die durch das Vorschaltgesetz zum Haushaltsgesetz 2002/2003 zum 1. Januar 2002 rückwirkend in Kraft getretene Erhöhung des Hebesatzes von 600 auf 660 v. H. für ... Grundbesitz sei wegen Verletzung des Grundsatzes des Rückwirkungsverbots rechtswidrig.

Mit Einspruchsentscheidung vom ... - auf die der Senat im Übrigen Bezug nimmt (vgl. Bl. 23 f EW.-A.) - wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Das Vorschaltgesetz zum Haushaltsgesetz sei rechtmäßig. Nach § 25 Abs. 3 Grundsteuergesetz - GrStG- habe der Hebsatz bis zum 30. Juni 2002 rückwirkend erhöht werden dürfen. Diese Frist sei vom Gesetzgeber eingehalten worden, denn das Gesetz sei am 29. April 2002 beschlossen und am 8. Mai 2002 im GVBl. veröffentlicht worden. Ein Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz -GG- verankerte Rückwirkungsverbot liege nicht vor. Die Hebesatzerhöhung um 10 v. H. sei überdies maßvoll und bewirke keine unverhältnismäßige Belastung der Grundeigentümer. Für die Eigentumswohnung des Klägers betrage der Grundsteuererhöhungsbetrag für das gesamte Jahr lediglich --,-- EUR.

Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage hält der Kläger an seiner Auffassung fest, dass hinsichtlich der rückwirkenden Erhöhung der Grundsteuer zumindest für die ersten beiden Quartale des Jahres 2002 (15. Februar und 15. Mai) eine verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung des Gesetzes vorliege.

Mit Schriftsatz vom ... (Bl. 14 Streitakte) hat die Prozessbevollmächtigte die zugleich im Namen des Herrn ... (Eigentumswohnung ...) und der ... (Eigentumswohnungen ...) erhobene Klage wegen Grundsteuer 2002 und der Kläger seine Klage betreffend die Eigentumswohnung ... (Steuernummer ...) zurückgenommen. Daraufhin hat der Berichterstatter diese Verfahrensteile durch Beschluss vom ... (Bl. 16 f Streitakte) zum Zwecke der Einstellung nach § 73 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO- abgetrennt und unter dem Aktenzeichen ... nach § 72 Abs. 2 FGO eingestellt.

Verbleibender Streitgegenstand dieses Verfahrens ist somit lediglich noch die Grundsteuer (1. und 2. Quartal 2002 für die Wohnung ...).

Der Kläger beantragt nunmehr sinngemäß,

unter Änderung des Grundsteuerbescheides für 2002 vom --. Juni 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... die Grundsteuer für 2002 auf --- ,-- EUR festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Rechtslage für eindeutig und verweist auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung vom ....

Dem Senat hat bei seiner Entscheidung die Einheitswert- und Grundsteuerakte zur Steuer- Nr. ... vorgelegen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Streitsache entscheiden (§ 90 Abs. 2 FGO).

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der angegriffene Steuerbescheid und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die mit der Steuerfestsetzung erfolgte Anhebung des Hebsatzes von 600 auf 660 v. H. entspricht den einfachgesetzlichen Bestimmungen, insbesondere der mit § 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 des Vorschaltgesetzes zum Haushaltsgesetz 2002/2003 für Berlin vom 29. April 2002 mit Wirkung vom 1. Januar 2002 beschlossenen Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes. Ebenso steht das Vorschaltgesetz zum Haushaltsgesetz 2002/2003 für Berlin im Einklang mit der einfachgesetzlichen Rechtslage. Aus § 25 Abs. 3 GrStG ergibt sich die Befugnis der hebesatzberechtigten Gemeinde, den Beschluss über die Änderung des Hebesatzes bis (spätestens) zum 30. Juni des betreffenden Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Diese Frist ist im Streitfall eingehalten worden, denn der Beschluss über die Erhöhung des Hebesatzes ist mit dem Vorschaltgesetz zum Haushaltsgesetz 2002/2003 vor Ablauf des 30. Juni 2002 bereits am 29. April 2002 gefasst worden. Für die Rechtswirksamkeit der Änderung des Hebesatzes kommt es dagegen weder auf den Zeitpunkt der förmlichen Veröffentlichung des Änderungsbeschlusses bzw. -gesetzes (im Streitfall erfolgte die Veröffentlichung des Vorschaltgesetzes zum Haushaltsgesetz 2002/2003 bereits am 8. Mai 2002 im GVBl. Berlin) noch auf den Zeitpunkt einer etwaigen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde an. Die in § 25 Abs. 3 GrStG enthaltene Fristbestimmung bezieht sich allein auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des zuständigen Gemeinde- bzw. Stadtparlaments (vgl. Troll/Eisele, Kommentar zum GrStG, 9. Aufl., Anm. 7 zu § 25, Seite 376).

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die für die hebeberechtigte Kommune durch § 25 Abs. 3 GrStG eröffnete (befristete) Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes nicht verfassungsrechtlich bedenklich. Nach Auffassung des Senats wirkt diese Regelung rechtsstaatlich nicht in unzulässiger Weise zurück.

Das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet Messbarkeit und damit Kalkulierbarkeit und Vorhersehbarkeit legislativer Maßnahmen. Damit verbietet Art. 20 Abs. 3 GG in einem gewissen Umfang rückwirkende Belastungen sowie die rückwirkende Beendigung von Begünstigungen. Von einer solchen "echten Rückwirkung" belastender gesetzlicher Regelungen, die grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig ist, wird gesprochen, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Abzugrenzen hiervon ist die unechte Rückwirkung, die dann vorliegt, wenn ein Gesetz auf in der Vergangenheit begründete, auf Dauer angelegte und noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt (so die Terminologie des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG-, vgl. z.B. Beschluss vom 28. November 1984, 1 BvR 1157/82, Amtliche Sammlung von Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 68, 287; Bundessteuerblatt -BStBl.- II 1985, 181). Letztgenannte Gesetze sind grundsätzlich zulässig. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann aber je nach Lage der Verhältnisse im einzelnen Fall der Regelungsbefugnis Schranken setzen (BVerfG, Entscheidung vom 23. März 1971, 2 BvL 17/69, BVerfGE 30, 392, BStBl. II 1971, 439 m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG). In der Regel verdrängt aber das öffentliche Interesse an "Reformgesetzen" das Vertrauensinteresse des Betroffenen an der Fortgeltung der früheren Rechtslage (z.B. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 1978, 2 BvR 71/76 zur gesetzlichen Änderung der Wohnungsbauprämie für laufende Bausparverträge, BVerfGE 48, 404; BStBl. II 1978, 553).

Nach der Definition des 2. Senats des BVerfG entfaltet eine Rechtsnorm dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs hinsichtlich der Rechtsfolgen auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (so genannte "Rückbewirkung von Rechtsfolgen"), während eine "tatbestandliche Rückanknüpfung" darin liegt, dass der Tatbestand zwar in der Vergangenheit liegt, die Rechtsfolgen hingegen erst zu einem Zeitpunkt eintreten, der nach dem Zeitpunkt des Gültigwerdens des Gesetzes liegt (vgl. insoweit die Darstellung im Vorlagebeschluss des BFH vom 16. Dezember 2003, IX R 46/02, zur Problematik der rückwirkenden Verlängerung der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG- durch das Steuerentlastungsgesetz -StEntlG- 1999/2000/2002, BStBl. II 2004, 284).

Dabei bestehen zwischen den Begriffspaaren "Rückbewirkung von Rechtsfolgen" und "tatbestandliche Rückanknüpfung" einerseits und "echter" bzw. "unechter Rückwirkung" andererseits keine sachlichen Differenzen mehr (so BFH, a.a.O. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG).

Für die Abgrenzung der echten von der unechten Rückwirkung eines Gesetzes kommt es nicht auf den Entstehungszeitpunkt der Steuer an (BFH a.a.O. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG). Entscheidend ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vielmehr, ob die durch eine Steuerrechtsnorm hervorgerufene steuerliche Wirkung geeignet ist, eine wirtschaftliche Disposition zu veranlassen, die ohne diesen Vorteil so nicht vorgenommen würde (Mellinghoff, Finanzrundschau -FR- 2000, 627 f). Ob der Bürger im Hinblick auf eine bestehende Rechtslage tatsächlich Dispositionen getroffen hat, ist für die hier interessierende Abgrenzungsproblematik nicht relevant. Denn der Gesetzgeber greift mit der "Rückbewirkung von Rechtsfolgen" nicht nur in Dispositionen des Steuerpflichtigen ein, sondern er verstößt zusätzlich auch gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtssicherheit. Dieses Gebot enthält als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 3 GG ein objektives Element (BFH a.a.O.).

Ob durch die in § 25 Abs. 3 GrStG vorgesehene befristete Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes eine echte Rückwirkung (die "Rückbeziehung von Rechtsfolgen") oder lediglich eine "unechte Rückwirkung" ("tatbestandliche Rückanknüpfung") begründet werden sollte, kann der Senat letztlich dahingestellt sein lassen.

Für eine "echte Rückwirkung" des § 25 Abs. 3 GrStG spricht, dass die Grundsteuer entsprechend dem in § 9 Abs. 1 GrStG enthaltenen Stichtagsprinzip nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres entsteht. Die Stichtagsverhältnisse sind insbesondere maßgebend für den Umfang der Steuerpflicht und der etwaigen Steuerfreiheit und für die anzuwendende Steuermesszahl (Troll/Eisele, a.a.O., Anm. 2 zu § 9). Gleiches gilt für den nach §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO- festzustellenden Einheitswert, der nach dem Bewertungsgesetz im Veranlagungszeitpunkt i.S.d. §§ 16 bis 18 GrStG für den Steuergegenstand maßgebend ist.

Für eine unechte Rückwirkung spricht demgegenüber, dass die durch § 25 Abs. 3 GrStG eröffnete Möglichkeit einer rückwirkenden Änderung des Hebesatzes für den Steuerpflichtigen erkennbar einen Schwebezustand schafft, der es ausschließt, dass der Steuerbürger berechtigterweise darauf vertrauen darf, die Grundsteuer werde sich im laufenden Jahr nicht erhöhen (vgl. Verwaltungsgericht -VG- Düsseldorf, Urteil vom 17. November 1988, 11 K 5427/87, Zeitschrift für Kommunalfinanzen -ZKF- 1989, 156). Dieser sich auf die Höhe der Grundsteuer beziehende Schwebezustand spricht dafür, dass bis zum Ablauf des 30. Juni noch kein abgeschlossener Tatbestand im Sinne einer "echten Rückwirkung" vorliegt. Für die Unvollkommenheit des Tatbestands spricht außerdem die Überlegung, dass der Grundsteuerhebesatz in seiner Struktur einem Steuertarif gleicht. In Bezug auf gesetzliche Erhöhungen des Steuertarifs während eines Veranlagungszeitraums geht das BVerfG jedoch von einer "tatbestandlichen Rückanknüpfung" aus, die dann mit dem Gebot der Rechtssicherheit und dem daraus folgenden Vertrauensschutz vereinbar ist, wenn sich die Erhöhung des Steuertarifs während eines Veranlagungszeitraums in maßvollen Grenzen hält (Urteil vom 19. Dezember 1961, 2 BvR 1/60, BVerfGE 13, 274). Das BVerfG folgert dies aus dem Umstand, dass der Bürger angesichts der Erfordernisse der öffentlichen Finanzwirtschaft nicht darauf vertrauen könne, dass der zu Beginn eines Veranlagungszeitraums geltende Steuertarif bis zu dessen Ende unverändert bestehen bliebe.

Letztlich kann indes offen bleiben, ob § 25 Abs. 3 GrStG eine "echte" oder "unechte Rückwirkung" begründet. Denn auch bei Vorliegen einer "echten Rückwirkung" wäre § 25 Abs. 3 GrStG in seiner konkreten Ausgestaltung als rechtsstaatlich unbedenklich anzusehen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG gilt das Vertrauensschutzprinzip auch bei rückwirkend belastenden Gesetzen nicht ausnahmslos. Derartige Gesetze sind dann nicht rechtsstaatswidrig, wenn das öffentliche Interesse zwingend dem Vertrauensinteresse vorgeht oder wenn der Vertrauenstatbestand nicht bestand. So liegt der Fall hier.

Während des laufenden Erhebungszeitraums konnte der Grundsteuerpflichtige nicht darauf vertrauen, dass es uneingeschränkt bei dem bisherigen Hebesatz von 600 v. H. verbleiben wird (so ausdrücklich im Hinblick auf die Gewerbesteuer; BFH, Beschluss vom 18. August 2004, I B 8/04, BStBl. II 2005, 143; Urteil des BVerwG vom 5. März 1973, VII C 44.68, BStBl. II 1971, 443). Gemessen an dem Interesse des Steuerpflichtigen an der Kalkulierbarkeit der Grundsteuerbelastung (insbesondere für gewerbliche Betriebe) hat der Gesetzgeber die Frist für eine nachträgliche Erhöhung des Hebesatzes äußerst kurz gehalten (zu den gesetzgeberischen Motiven Troll/Eisele a.a.O., Anm. 1 zu § 25). Aus Gründen des Erfordernisses einer geordneten öffentlichen Finanzwirtschaft konnte er andererseits nicht generell auf eine rückwirkende Änderungsmöglichkeit der Hebesätze verzichten. Trotz des Gebotes einer vorausschauenden Finanzplanung der Gemeinde und Städte muss es den Kommunen deshalb unter zeitlich engen Voraussetzungen möglich sein, eine rückwirkende Hebesatzerhöhung zu beschließen. Andernfalls würde ihnen die Möglichkeit genommen, während des laufenden Haushaltsjahres auf nicht vorhersehbare Entwicklungen und Belastungen für den kommunalen Haushalt durch (moderate) Erhöhungen des Grundsteueraufkommens adäquat zu reagieren. Würde man den Kommunen hingegen ein solches Recht zur rückwirkenden Erhöhung des Hebesatzes (aus rechtsstaatlichen Erwägungen) generell absprechen, wären die Kommunen letztlich darauf beschränkt, unvorhergesehene Finanzierungslücken im Haushalt mit Hilfe neuer, teurer Schuldaufnahmen auf den allgemeinen Finanzmärkten zu schließen. Dies hätte weitere Verwerfungen im Haushalt zur Folge, denn die Kommunen müssten auf eine solche in Gang gesetzte Schuldenspirale mit weiteren Erhöhungen der kommunalen Steuern (insbesondere Gewerbe- und Grundsteuern) und Abgaben reagieren, um den erhöhten Finanzierungsbedarf decken zu können. Auf die (Grund-) Steuerpflichtigen kämen in diesem Fall möglicherweise noch höhere (Grund-)Steuerbelastungen zu als dies im Falle einer während des laufenden Haushaltsjahres rückwirkend erfolgten (zinsfreien) Grundsteuererhöhung der Fall wäre. Zur Verhinderung solcher Szenarien stellt § 25 Abs. 3 GrStG deshalb einen am Gebot der Rechtssicherheit gemessenen schonenden und mithin gerechten Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen des Steuerpflichtigen an einer verlässlichen Steuerplanung und der Kommunen an einer geordneten Haushaltsführung her. Diese Abwägungskriterien gelten gleichermaßen auch für etwaigen mit einer rückwirkenden Grundsteuererhöhung verbundenen zusätzlichen Verwaltungsaufwand (insbesondere bei vermietetem Grundbesitz). Allerdings dürfte sich ein solcher verwaltungsmäßiger Mehraufwand ohnehin in Grenzen halten, zumal auch andere Bewirtschaftungskosten (z.B. Energiekosten) je nach Marktgegebenheiten laufenden Veränderungen unterliegen dürften. Zudem wird der Vermieter ohnehin erst nach Ablauf des Zeitraums, in dem er noch mit einer rückwirkenden Erhöhung der laufenden Grundsteuer zu rechnen hat, die Bewirtschaftungskosten endgültig ermitteln und abrechnen können.

Dass die vorliegende Hebesatzerhöhung in Höhe 60 v. H. (entspricht 10 v. H. des bisherigen Hebesatzes von 600 v. H.) auch unter dem Gesichtspunkt der Rückwirkung noch als angemessen anzusehen ist, wird vom Kläger selbst nicht in Zweifel gezogen. Hieran bestehen auch für den erkennenden Senat keine Zweifel. Insoweit nimmt das Gericht auf die zutreffenden Erwägungen im Urteil des FG Berlin vom 6. Oktober 2004 -2 K 2386/02- Bezug (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2005, 390; die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH mit Beschluss vom 4. August 2005, II B 145/04, als unzulässig verworfen, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2005, 2054).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden.



Ende der Entscheidung

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