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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 17.03.2009
Aktenzeichen: 5 K 433/05
Rechtsgebiete: UStDV


Vorschriften:

UStDV § 47 Abs. 1
UStDV § 48 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 5. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. März 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter am Verwaltungsgericht ..., sowie

die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X-GmbH (im Folgenden: Gemeinschuldnerin).

Für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen hatte der Beklagte den von der Gemeinschuldnerin gestellten Antrag auf Dauerfristverlängerung bewilligt.

Die in Höhe von 59.922,00 DM festgesetzte Sondervorauszahlung zahlte die Gemeinschuldnerin im Februar und März 2001 vollständig. Nachdem die Gemeinschuldnerin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 3.7.2001 die gewährte Dauerfristverlängerung. Mit Beschluss vom 1.8.2001 eröffnete das Amtsgericht M das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin. Im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für den Monat Juli 2001 vom 11.9.2001 rechnete der Beklagte die von der Gemeinschuldnerin geleistete Sondervorauszahlung auf die Steuerschuld an. Hiergegen wandte sich der Kläger mit mehreren Schreiben, denen der Beklagte nicht folgte. Mit der Umbuchungsmitteilung vom 28.2.2002 buchte der Beklagte das Guthaben aus der von dem Kläger zur Masse-Steuernummer eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Januar 2002 um auf die Umsatzsteuerschuld für den Monat September 2001 (ebenfalls Masse-Steuernummer). Daraufhin reichte der Kläger am 14.3.2002 eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Dezember 2001 ein, in der er die Sondervorauszahlung anrechnete. In den Folgemonaten nahm der Beklagte weitere Umbuchungen von Guthaben aus den Umsatzsteuer- Voranmeldungen für die Monate Dezember 2001 und Februar bis April 2002 auf die Umsatzsteuerschulden für September 2001 sowie auf die Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für die Monate August bis Oktober 2001 vor (alles zur Masse-Steuernummer).

Bei der Umbuchung des Guthabens für Dezember 2001 berücksichtigte der Beklagte die von dem Kläger angerechnete Sondervorauszahlung nicht. Einem Antrag auf Verrechnungsstundung, den der Kläger damit begründete, dass für den Monat Dezember 2001 ein höheres Guthaben wegen der Anrechnung der Sondervorauszahlung zu erwarten sei, folgte der Beklagte nicht.

Am 12.1.2004 erließ der Beklagte den von dem Kläger beantragten Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 12/01 bis 04/02 (Blatt 9 der Akte 5 K 40033/05). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Im August 2004 reichte er eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2001 zur Masse-Steuernummer (Zeitraum 1.8. bis 31.12.2001) ein. In dieser Steuererklärung berücksichtigte er die von der Gemeinschuldnerin geleistete Sondervorauszahlung. Der Beklagte folgte der Erklärung, ohne aber die geleistete Sondervorauszahlung anzurechnen. Gegen die Abrechnungsverfügung erhob der Kläger Einspruch, woraufhin der Beklagte am 12.1.2005 einen Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2001 erließ (Blatt 9 der Akte 5 K 934/06). Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Mit den Einspruchsentscheidungen vom 10.2.2005 und vom 11.5.2006 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Abrechnungsbescheide als unbegründet zurück.

Mit den Klagen macht der Kläger geltend, dass die Abrechnungsbescheide deshalb rechtswidrig seien, weil der Beklagte die von der Gemeinschuldnerin geleistete Sondervorauszahlung für den Monat Dezember 2001 habe anrechnen müssen. Die Anrechnung im Monat Juli 2001 sei rechtswidrig. Der Kläger beruft sich auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 18.7.2002 (V R 56/01) und vom 6.11.2002 (V R 21/02). In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte weiter vorgetragen, dass die Umsatzsteuer- Sondervorauszahlung auch deshalb im Dezember habe angerechnet werden müssen, weil der Widerruf der Dauerfristverlängerung unwirksam sei. Die Rechtsbehelfsfrist sei nicht abgelaufen, weil zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei.

Selbst wenn man den Widerruf als erfolgt ansehe, so sei damit die Festsetzung der Dauerfristverlängerung noch nicht aufgehoben.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 10.2.2005 und vom 11.5.2006 die Abrechnungsbescheide vom 12.1.2004 und vom 12.1.2005 dahingehend zu ändern, dass zur Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidungen hinsichtlich der Umsatzsteuer für Dezember 2001 bis April 2002 ein Guthaben in Höhe von 4.662,29 EUR (Abrechnungsbescheid vom 12.1.2004) und hinsichtlich der Umsatzsteuer 2001 kein Rückstand bestanden hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die geleistete Sondervorauszahlung sei in dem Monat anzurechnen, für den die Dauerfristverlängerung letztmalig gelte.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Abrechnungsbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten ( § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gemäß § 18 Umsatzsteuergesetz - UStG - in Verbindung mit § 46 Satz 1 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung - UStDV - hat das Finanzamt dem Unternehmer auf Antrag die Fristen für die Abgabe der Voranmeldungen und für die Entrichtung der Vorauszahlungen um einen Monat zu verlängern. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 UStDV ist die Fristverlängerung bei einem Unternehmer, der die Voranmeldungen monatlich abzugeben hat, unter der Auflage zu gewähren, dass dieser eine Sondervorauszahlung auf die Steuer eines jeden Kalenderjahres entrichtet. Gemäß § 48 Abs. 4 UStDV in der im Streitjahr geltenden Fassung ist festgesetzte Sondervorauszahlung bei der Festsetzung der Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums anzurechnen.

Diese Regelung des § 48 Abs. 4 UStDV hat nicht zur Folge, dass stets eine Anrechnung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung im Voranmeldungszeitraum Dezember eines Jahres zu erfolgen hat. Nach dem Sinn und Zweck der Norm soll die Sondervorauszahlung vielmehr im letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums angerechnet werden, für den die Dauerfristverlängerung gewährt wurde. Dies ist in der Regel der Monat Dezember, wenn die Dauerfristverlängerung für das gesamte Jahr beantragt und bewilligt war. Endet die Fristverlängerung aber früher, ist nach der Zweckbestimmung der des § 48 Abs. 4 UStDV in der im Streitjahr geltenden Fassung die Sondervorauszahlung auch früher zu verrechnen. § 48 Abs. 4 UStDV ist eine Schutzbestimmung zugunsten des Unternehmers. Entfällt der gewährte Vorteil in Form der Dauerfristverlängerung, so entfällt auch das Ausgleichsmoment der Sondervorauszahlung für den Zinsverlust, der anderen Steuerpflichtigen durch die fristgerechte Abgabe der Voranmeldungen entsteht. Der durch die Zahlung der Sondervorauszahlung eingetretene Nachteil für den Unternehmer ist durch sofortige Anrechnung zu beseitigen. Das gilt auch im Falle der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dem stehen auch die von dem Kläger zitierten Urteile des Bundesfinanzhofs nicht entgegen. In den dort entschiedenen Fällen hatte das Finanzamt die gewährte Dauerfristverlängerung gerade nicht widerrufen.

Bestätigt wird die hier vertretene Auslegung des § 48 Abs. 4 UStDV in der im Streitjahr geltenden Fassung durch die seit dem 19.12.2006 geltende Neufassung der Norm. § 48 Abs. 4 UStDV ist durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - I 2006, 2878) dahingehend ergänzt worden, dass die Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums anzurechnen ist, für den die Fristverlängerung gilt. Der Gesetzgeber hat in der Begründung zum Jahressteuergesetz 2007 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich insoweit lediglich um eine Klarstellung handelt, also keine Änderung der bisherigen Rechtslage eintritt (siehe dazu die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2007, bundesratsdrucksache - BR-Drucks. - 622/06, 134).

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlung deshalb im Dezember anzurechnen sei, weil der Beklagte zwar die Dauerfristverlängerung widerrufen, nicht aber auch die Festsetzung der Sondervorauszahlung aufgehoben habe. Da § 48 Abs. 4 UStDV eine spezielle Regelung zur Anrechnung von Sondervorauszahlungen trifft, die im vorstehenden Sinne auszulegen ist, bedurfte es keiner Aufhebung der Festsetzung der Sondervorauszahlung.

Der Kläger kann schließlich auch nicht damit gehört werden, dass der Widerruf der Dauerfristverlängerung unwirksam sei, weil zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Rechtsbehelfsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Dabei kann unentschieden bleiben, ob dies zur Folge hat, dass der Ablauf der Rechtsbehelfsfrist gehemmt wurde.

Denn dies hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Widerrufs, weil ein Einspruch gegen den Widerruf - der nicht erhoben worden ist - keine aufschiebende Wirkung hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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