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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 23.10.2007
Aktenzeichen: 6 K 1332/03 B
Rechtsgebiete: EStG, FGO, AO


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 2 S. 1
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG § 19
EStG § 34e Abs. 1 S. 3
EStG § 35 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 35 Abs. 2 S. 1
EStG § 35 Abs. 2 S. 2
EStG § 35 Abs. 3 S. 2
FGO § 44
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 5
FGO § 100 Abs. 1 S. 1
FGO § 115 Abs. 2
AO §§ 347 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

6 K 1332/03 B

Gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg -6. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. Oktober 2007

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ...,

den Richter ..., sowie

die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die im Bescheid für 2001 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen getroffene Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags einer Mitunternehmerschaft gemäß § 35 Einkommensteuergesetz - EStG -.

Die ... GmbH, ..., - im Folgenden: ... GmbH - unterhält neben ca. ... weiteren Standorten in ... eine "auswärtige Beratungsstelle", in der sie Steuerberatung betreibt. Sie gründete für den Betrieb dieser unselbständigen Niederlassung mit dem Kläger zu 1) im Jahr 1999 und mit dem Kläger zu 2) im Jahr 2000 eine atypisch stille Gesellschaft, an der der Kläger zu 1) mit 14,5 v. H., der Kläger zu 2) mit 10 v. H. und die ... mit 75,5 v. H. beteiligt waren. Die Kläger waren als Niederlassungsleiter für die Niederlassung in ... tätig. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Kläger als Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft anzusehen waren.

Die übrigen Niederlassungen der ... waren ebenfalls als atypisch stille Gesellschaften strukturiert, wobei die ursprünglichen Verträge - wie auch hinsichtlich der zunächst mit anderen atypischen stillen Gesellschaftern betriebenen Niederlassung in ... - bereits Anfang der Neunziger Jahre abgeschlossen wurden. Nachdem im Rahmen diverser Prüfungen durch die BfA ab Mitte der 1990er Jahre die mitunternehmerische Stellung der atypisch stillen Gesellschafter angezweifelt wurde und verschiedene Prozesse vor den Sozialgerichten zu der Frage geführt wurden, ob sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vorliegen, wurden die vertraglichen Vereinbarungen mit den atypisch stillen Gesellschaftern - so auch den Klägern - im Jahr 1999 unter "Betonung des Mitunternehmerrisikos" neu geschlossen.

Nach § 2 des Gesellschaftsvertrags räumte die ... GmbH den Klägern eine atypisch stille Beteiligung an der Beratungsstelle in ... ein. Die stille Gesellschaft wurde mit einem Festkapital in Höhe von DM 20.000 ausgestattet, das in bar einzulegen war. Die Kläger waren verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft für die Niederlassung als Einlage zu erbringen. Für diese Tätigkeit sollten die Kläger "einen Gewinnvorab gemäß der als Vertragsbestandteil geltenden Tätigkeitsvereinbarung" erhalten.

Darüber hinaus hat der Gesellschaftsvertrag der atypisch stillen Gesellschaft - soweit hier von Interesse - folgenden Wortlaut:

"§ 7

Die Gesellschafter der die auswärtige Beratungsstelle betreibenden stillen Gesellschaft sind am Ergebnis und am Vermögen -einschließlich der stillen Reserven dieser stillen Gesellschaft wie folgt beteiligt:

-Die Geschäftsinhaberin 75,5 Prozent -der Gesellschafter zu 1) 14,5 Prozent -der Gesellschafter zu 2) 10,00 Prozent

Eine Beteiligung der Gesellschafter an Verlusten der auswärtigen Beratungsstelle über ihre Vermögenseinlage hinaus ist gemäß § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB ausgeschlossen.

Sollten dem Geschäftsinhaber wegen der Begrenzung des § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB höhere Verlustanteile zugerechnet werden, als es seiner Beteiligung entspricht, werden ihm diese Differenzbeträge in folgenden Gewinnjahren als Vorabgewinn zugerechnet.

Jeder Gesellschafter erhält für seine Tätigkeit eine Tätigkeitsvergütung als Vorabgewinn, die jeweils durch Vereinbarung mit den Gesellschaftern festzulegen ist. Jeder darf auf diesen Vorabgewinn nach Absprache mit den Gesellschaftern monatliche Entnahmen tätigen. Die Vorabvergütung stellt im Verhältnis der Gesellschafter zueinander Aufwand der Gesellschaft dar.

Reicht der tatsächlich erzielte Gewinn der Gesellschaft nicht aus, um die Tätigkeitsvergütung und die darauf getätigten Vorabentnahmen zu decken, so wird der über den tatsächlich erzielten Gewinn hinausgehende entnommene Betrag dem Kapitalkonto des Gesellschafters belastet.

Ist ein Gesellschafter an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend gehindert, bleiben ihm seine Vorabgewinnansprüche für die Zeit der Behinderung bis zur Dauer von 3 Monaten erhalten. Die Weiterzahlung der Bezüge vermindert sich jedoch um den Betrag, der dem von einer Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspricht.

§ 8

Gewinnanteile (soweit sie nicht gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen zu verbuchen sind), Entnahmen sowie sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern werden auf Verrechnungskonten verbucht, die im Soll und Haben mit 10 v. H. p.a. zu verzinsen sind. Die Festkapitalkonten der Gesellschafter werden nicht verzinst.

Verlustanteile werden auf Verlustvortragskonten verbucht. Bis zu deren Ausgleich sind Gewinnanteile dort gemäß § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB gutzuschreiben."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 42 ff. der Streitakte verwiesen.

Am 8. März 2001 haben die Kläger mit Wirkung zum 1. Januar 2001 zwei gleichlautende Vereinbarungen über die Tätigkeitsvergütung geschlossen, die auszugsweise wie folgt lauten:

"Tätigkeitsvergütung gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages

Zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter wird mit Wirkung vom 01.01.2001 folgende Vereinbarung getroffen:

Die Jahresvergütung des Gesellschafters zu 1) beträgt für 2001 DM 207.000,00.

Die Jahresvergütung des Gesellschafters zu 2) beträgt für 2001 DM 150.000,00.

Die volle Vergütung wird bei einem Jahresgewinn der Niederlassung(en) in Höhe von 25 v. H. des Umsatzes gezahlt (nach Abzug der ergebnisorientierten Tätigkeitsvergütung, vor Gewerbesteuer). Erreicht der Jahresgewinn diesen Wert nicht, so reduziert sich der ergebnisorientierte Vergütungsanteil im doppelten Verhältnis der Unterschreitung des Prozentsatzes.

Die Mindestvergütung des Gesellschafters zu 1) beträgt DM 170.000,00.

Die Mindestvergütung des Gesellschafters zu 2) beträgt DM 120.000,00.

Wird der Prozentsatz der vollen Vergütung überschritten, erhält der Gesellschafter 17 v. H. vom übersteigenden Gewinnanteil (nach Tantieme) als Tantieme."

Die an die Kläger gezahlten Tätigkeitsvergütungen wurden - wie auch bei allen anderen Niederlassungen der ... GmbH - in der Buchführung als laufender Aufwand und steuerlich als Sonderbetriebseinnahmen der atypisch stillen Gesellschafter behandelt.

In ihrer am 23. Dezember 2002 eingereichten Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001 errechnete die ... GmbH den Anteil der Kläger am Gewerbesteuermessbetrag unter vollständiger Berücksichtigung der Vorabgewinnanteile gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrags. Die darin berechneten Werte von 33,86 v. H. (Kläger zu 1) und 24,26 v. H. (Kläger zu 2) entsprechen dem jetzigen Klageantrag. Der Beklagte veranlagte zunächst antragsgemäß.

Mit Schreiben vom 12. August 2002 wies der Beklagte darauf hin, dass nicht in voller Höhe eine gewinnabhängige Tätigkeitsvergütung vorliege, sondern dass die Mindestvergütung als Festvergütung anzusehen sei. Darauf hin legte die ... GmbH der atypisch stillen Gesellschaft folgende, nicht datierte "Bestätigung der Regelungen zur Vergütungsvereinbarung vor, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass diese Bestätigung erst nach dem Hinweis des Beklagten angefertigt wurde:

"Die in der Tätigkeitsvereinbarung getroffenen Regelungen zur Mindestvergütung sind entsprechend den Regelungen des Gesellschaftsvertrags in § 7 Abs. 5 so zu verstehen, dass auch die Mindestvergütung variabel ist. Die Mindestvergütung ist nur dann verdient, wenn das Betriebsergebnis I (= Gewinn der Niederlassung vor Abschreibung der erworbenen Mandantenstämme und der auf die Finanzierung der erworbenen Mandantenstämme entfallenden Zinsen) der Niederlassung ausreicht, um die auf die Mindestvergütung getätigten Entnahmen zu decken. Wird das entsprechende Betriebsergebnis I nicht erreicht, werden die Überentnahmen dem Kapitalkonto (= Verrechnungskonto gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrags) des stillen Gesellschafters belastet. Im Übrigen gelten die Regelungen des Gesellschaftsvertrags."

Am 18. Juni 2003 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, in dem er den auf die Kläger entfallenden Anteil am Gewerbesteuermessbetrag der atypisch stillen Gesellschaft dergestalt ermittelte, dass er den auf die Mindestvergütung entfallenden Anteil der Tätigkeitsvergütung nicht in die Ermittlung des Anteils einbezog. Im Ergebnis waren danach der Kläger zu 1) in Höhe von 19,83 v. H. und der Kläger zu 2) in Höhe von 14,55 v. H. am Gewerbesteuermessbetrag der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt.

Dagegen wandte sich die ... GmbH mit ihrem Einspruch vom 15. Juli 2003, mit dem sie geltend machte, dass die Mindestvergütung (ebenfalls) als variable Vergütung anzusehen sei. Nach Tz. 22 des BMF-Schreibens vom 15. Mai 2002 seien gewinnabhängige Vorabgewinnanteile als Bestandteil des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels in die Berechnung des Anteils am Gewerbesteuermessbetrag einzubeziehen; dies gelte auch für gewinnabhängige Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Da der anteilige Gewerbesteuermessbetrag bei Mitunternehmerschaften nach Maßgabe dieses allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zu ermitteln sei, komme es auf die Verteilung im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung nicht an. Die Mindestvergütung stelle eine gewinnabhängige Vergütung dar, weil diese zurückzuzahlen sei, falls der tatsächlich erzielte Gewinn der Niederlassung nicht ausreiche, um die Tätigkeitsvergütung und die darauf getätigten Vorabentnahmen zu decken.

Mit einer Einspruchsentscheidung vom 25. September 2003 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen, da die Mindestvergütung nicht als gewinnabhängig angesehen werden könne. Der in § 7 des Gesellschaftsvertrags genutzte Begriff des Kapitalkontos finde sich im übrigen Vertrag nicht wieder. § 8 des Vertrags erwähne lediglich Verrechnungskonten, Festkapitalkonten und Verlustvortragskonten. Es sei daher unklar, welche Auswirkung eine Belastung des Kapitalkontos habe. Es bestehe offenbar keine Rückzahlungspflicht. Eine Saldierung mit zukünftigen Gewinnen sei ebenso wenig vereinbart wie eine Berücksichtigung bei der Berechnung der Abfindung bei Ausscheiden.

Aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrags ergebe sich nicht, dass die Gesellschafter mit dem Risiko belastet sein sollten, für ihre geleistete Arbeitskraft letztlich gar keine Vergütungen zu erhalten. Dagegen spreche auch die Fortzahlung im Krankheitsfall. Aus der Formulierung der Tätigkeitsvereinbarung vom 4. Mai 2001 folge ebenfalls, dass keine Rückzahlungsverpflichtung bestehe. Das Wort "Mindestvergütung" besage schon dem Wortlaut nach, dass diese Vergütung in jedem Fall zu zahlen sei und nicht vom Gewinn der Mitunternehmerschaft abhängig sei.

Die Bestätigung zur Regelung der Vergütungsvereinbarung führe nicht zu einer anderen Auslegung, da dieses Schriftstück erst nachträglich angefertigt worden sei. Die Formulierungen seien gewählt worden, um die gewünschte steuerliche Folge herbeiführen zu können. Es handele sich nicht um eine bloße Klarstellung, sondern um eine Neuregelung. Insbesondere die Regelungen zum Betriebsergebnis I seien neu. Das Schriftstück sei von den stillen Gesellschaftern, so auch von den Klägern, lediglich quittiert worden. Es sei nicht anzunehmen, dass den Beteiligten bewusst gewesen sei, nunmehr das Risiko zu tragen, bei schlechter Ertragslage keinerlei Vergütungen für die geleisteten Tätigkeiten zu erhalten.

Die Berechnung der Mindestvergütung sei so ausgestaltet worden, dass den stillen Gesellschaftern stets die Mindestvergütung verbleibe. Der Gesetzgeber habe ausweislich des Wortlauts des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG entschieden, die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel vorzunehmen und Vorabgewinne unberücksichtigt zu lassen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen (Bl. 30 ff. d.A.).

Mit ihrer bei Gericht am 9. Oktober 2003 eingegangenen Klage verfolgen die Kläger ihr Anliegen weiter. Der Beklagte sei aufgrund der Regelung in Tz. 22 des BMF-Schreibens vom 15. Mai 2002 schon aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung gehalten, die Tätigkeitsvergütung als gewinnabhängigen Vorabgewinn in die Berechnung des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels einzubeziehen. Der Beklagte versuche, die vorliegende Gestaltung so zu verdrehen, dass sie scheinbar nicht mehr dem BMF-Schreiben entspreche.

Das Wort "Mindestvergütung" bedeute nicht, dass diese in jedem Fall zu zahlen und vom Gewinn der Mitunternehmerschaft unabhängig sei. Begriffe wie Kapitalkonto, Verrechnungskonto etc. seien allgemein gängige Begriffe, die keiner detaillierten Erörterung bedürften. Die in § 8 des Gesellschaftsvertrags geregelte Verzinsung der Verrechnungskonten belege, dass entsprechende Verrechnungskonten zurückzuzahlen seien. Die Rückzahlungspflicht betreffe auch die Mindestvergütung.

Durch die Vereinbarung der Tätigkeitsvergütungen vom 8. März 2001 werde der Gesellschaftsvertrag nicht verändert. Diese Regelung bestimme nur die Höhe der Tätigkeitsvergütungen, ändere aber nichts an der bestehenden Verpflichtung zur Rückzahlung, falls der tatsächlich erzielte Gewinn nicht zur Deckung der Tätigkeitsvergütungen ausreiche. Die Bestätigung der Vergütungsvereinbarung beruhe darauf, dass der Sachgebietsleiter des Beklagten geäußert habe, sich auf Basis einer solchen Bestätigung vorstellen zu können, die Mindestvergütung bereits im Streitjahr in die Berechnung einzubeziehen. Es sei absurd, wenn der Beklagte behaupte, den Klägern sei bei Unterzeichnung der Bestätigung der Vergütungsvereinbarung nicht bewusst gewesen, dass sie nunmehr das Risiko zu tragen hätten, keine Vergütung für ihre Tätigkeit zu erhalten, da die Kläger Steuerberater seien.

Soweit der Beklagte behaupte, die Berechnung des ergebnisorientierten Vergütungsbestandteils sei so gestaltet, dass den Gesellschaftern stets mindestens die Mindestvergütung verbleibe, übersehe er, dass die Berechnung dazu diene, festzustellen, in welcher Höhe die Tantieme und die Tätigkeitsvergütung zu gewähren seien. Der Beklagte, vermutlich irritiert durch das Wort "Mindestvergütung", übersehe, dass die gesamte Tätigkeitsvergütung davon abhängig sei, dass ein entsprechender Gewinn erzielt werde. Teile der Vergütung seien darüber hinaus noch von bestimmten Umsatz-und Renditegrenzen abhängig. Die Berechnung diene nicht dazu, festzustellen, ob ein entsprechender Gewinn vorhanden sei, ab dem die Mindestvergütung gemäß § 7 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags nicht mehr zurückzufordern sei.

Es sei zivilrechtlich nicht richtig, wenn der Beklagte behaupte, dass ein Kapitalkonto vom Gesellschafter außerhalb der Liquidation der Gesellschaft nicht auszugleichen sei. Unberechtigte Entnahmen seien zurückzuführen. Die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall ändere nichts an der bestehenden Rückzahlungsverpflichtung. Einer Wiederholung der Rückzahlungsverpflichtung in der Vereinbarung zur Tätigkeitsvergütung sei nicht erforderlich gewesen.

Der Beklagte verkenne, dass die zwischen den Gesellschaftern geschlossene Gewinnverteilungsabrede keinen Einfluss auf den handelsrechtlichen Gewinn haben könne, da durch die Regelung der Tätigkeitsvergütung kein schuldrechtliches Vertragsverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern begründet worden sei. Auch der 1. Senat des Finanzgerichts Berlin gehe in seinem Beschluss vom 12. Dezember 2003 (Az. 1 B 1341/03) zu Unrecht davon aus, dass keine Regelung der Gewinnverteilung, sondern ein schuldrechtliches Verhältnis vorliege. Dass dies nicht zutreffe, folge schon daraus, dass hier lediglich eine Regelung zwischen den Gesellschaftern und nicht zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft vorliege. Die Tätigkeitsvergütung entspreche einem Vorabgewinn gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1 HGB. Damit liege eine Gewinnverteilungsabrede vor.

Aus § 2 des Gesellschaftsvertrags lasse sich keine Abhängigkeit zwischen der Gewinnbeteiligung und der geleisteten Einlage erkennen. Die Gewinnverteilung werde ausschließlich durch § 7 des Gesellschaftsvertrags geregelt. Aus dem Urteil des BFH vom 23. Januar 2001 (in BStBl. II 2001, 621) könne nicht entnommen werden, dass die Behandlung der Vergütung als Aufwand gegen eine gewinnabhängige Vergütung spreche. Es sei nicht richtig, wenn der Beklagte behaupte, dass die Vergütungen auch dann als gewinnabhängig behandelt würden, wenn die Bestätigung der Regelungen zur Vergütungsvereinbarung nicht unterschrieben worden seien.

Für die Frage, ob ein allgemeiner Gewinnverteilungsschlüssel vorliege, sei zunächst auf den handelsrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel einzugehen. Gemäß § 231 HGB gebühre dem stillen Gesellschafter ein angemessener Anteil vom jeweiligen Jahresgewinn, wobei sich die Beteiligungsquote nach dem Gesellschaftsvertrag richte.

In der Vereinbarung über die Tätigkeitsvergütung vom 8. März 2001 sei keine Abänderung, sondern eine Ergänzung des § 7 des Gesellschaftsvertrags zu sehen. Bei der Auslegung der vertraglichen Regelungen seien die §§ 133, 157 BGB zu beachten. Die Existenz eines vom Beklagten zitierten Schreibens vom 29. März 1999 wird von den Klägern bestritten.

Wegen der weiteren Details wird auf die Schriftsätze der Kläger vom 7. Oktober 2003, 17. Februar 2004, 26. April 2004, 2. August 2004 und 14. Oktober 2004 verwiesen. Die Kläger beantragen,

1. den Bescheid für 2001 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18. Juni 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. September 2003 aufzuheben und den Anteil am Gewerbesteuermessbetrag der Gesellschaft für Zwecke des § 35 EStG für den Kläger zu 1) mit 33,86 v. H. und den Kläger zu 2) mit 24,26 v. H. festzustellen, hilfsweise die Revision zuzulassen sowie

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft seine bisherigen Ausführungen. Die Mindestvergütung sei nicht als gewinnabhängige Vergütung anzusehen. Dagegen spreche neben der Bezeichnung auch die handelsrechtliche Behandlung als Aufwand. Die Gewinnbeteiligung sei in § 2 des Gesellschaftsvertrags in Abhängigkeit von der Kapitaleinlage geregelt.

Es gebe keinen einheitlichen Sprachgebrauch bei der Verwendung des Begriffs "Vorabgewinn". Dieser werde im Allgemeinen so verstanden, dass vom ermittelten Gewinn ein Betrag in Höhe des Vorabgewinns vorab zugewiesen und der sich danach ergebende Restbetrag nach einem Schlüssel aufgeteilt werde. Dies gelte meist auch dann, wenn ein Verlust erwirtschaftet werde. In allen Fällen setze die Zuweisung eines Vorabgewinns voraus, dass der ermittelte Gewinn als Ausgangsgröße nicht bereits durch den Vorabgewinn gemindert worden sei. Schon aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz liege keine gewinnabhängige Vergütung vor.

Ein Kapitalkonto sei vom Gesellschafter außerhalb der Liquidation der Gesellschaft nicht auszugleichen. Es sei nicht ersichtlich, dass die von der Leitung der Unternehmensgruppe vorformulierte Bestätigung der Regelung zur Vergütungsvereinbarung mit der tatsächlichen Handhabung übereinstimme. Dies werde dadurch bestätigt, dass in anderen Fällen auch dann die volle Mindestvergütung gezahlt worden sei, wenn diese Bestätigung nicht unterschrieben worden sei. Erst nach Einführung des § 35 EStG und Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 15. Mai 2002 würden die Kläger die Auffassung vertreten, dass die Mindestvergütung gewinnabhängig sei. Die Muttergesellschaft der Unternehmensgruppe, deren zentrale Steuer-und Rechtsabteilung die Neufassung der Gesellschaftsverträge einheitlich für alle Niederlassungen durchgeführt habe, habe in einem eine andere Nieder lassung betreffenden Schreiben vom 29. März 1999 bestätigt, dass im Ergebnis die Muttergesellschaft auf Gewinnanteile verzichte, soweit der tatsächlich erzielte Gewinn nicht ausreiche, um die Mindestvergütung des Niederlassungspartners zu decken.

Wegen weiterer Details wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 27. November 2003, 4. März 2004, 17. Juni 2004 und 30. August 2004 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig, obwohl die Kläger selbst kein Vorverfahren gemäß § 44 FGO i.V.m. §§ 347 ff AO durchgeführt haben. Sie können sich insoweit aber auf das von der ... GmbH durchgeführte und durch Einspruchsentscheidung vom 25. September 2003 abgeschlossene Einspruchsverfahren berufen, da ihnen gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO ein eigenes Klagerecht zusteht (vgl. BFH, Urteil vom 27. Mai 2004 IV R 48/02, BStBl. II 2004, 964). Dabei geht der Senat zugunsten der Kläger davon aus, dass die ... GmbH das Einspruchsverfahren für die atypisch stille Gesellschaft geführt hat, so dass sie insoweit als einspruchsbefugt nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO anzusehen ist. Eine Beiladung der ... GmbH als Geschäftsinhaberin und zugleich Empfangsbevollmächtigter der atypisch stillen Gesellschaft ist nicht erforderlich. Die Parteien streiten lediglich um die Verteilung des Gewerbesteuermessbetrags der atypisch stillen Gesellschaft für Zwecke des § 35 EStG. Da die ... GmbH als Kapitalgesellschaft keine Steuerermäßigung nach § 35 EStG in Anspruch nehmen kann, ist sie vom Ausgang des Rechtsstreits nicht betroffen.

2. Die Klage ist aber unbegründet.

a) Zwischen den Beteiligten besteht nur Streit über die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags auf die Gesellschafter der stillen Gesellschaft. Alle weiteren Feststellungen des Bescheids über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18. Juni 2003 sind nicht angegriffen worden und damit bestandskräftig. Der Senat kann daher die aus seiner Sicht zweifelhafte Frage nicht entscheiden, ob die Kläger Einkünfte als Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG oder aber solche aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG erzielen.

b) Der angegriffene Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001 ist im Hinblick auf die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Die von den Klägern bezogene Tätigkeitsvergütung ist nicht in die Anteilsermittlung nach § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG einzubeziehen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Tätigkeitsvergütungen um Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG oder um einen Gewinnvorab handelt (dazu unten aa). Die Mindestvergütung ist als eine nicht gewinnabhängige Vergütung anzusehen, so dass sie auch unter Zugrundelegung der Auffassung des BMF nicht in die Verteilung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 35 EStG einzubeziehen ist (dazu unten bb). Am Ergebnis würde sich aber auch dann nichts ändern, sollte die Mindestvergütung als gewinnabhängige Vergütung anzusehen sein, denn entgegen der Auffassung der Kläger sind auch gewinnabhängige Vergütungen bei der Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags auf die Mitunternehmer nicht zu berücksichtigen (dazu unten cc). Schließlich können sich die Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen (dazu unten dd).

aa) Nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt, bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG um das 1,8-fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuermessbetrags. Bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG ist der Betrag des Gewerbesteuermessbetrags und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen, § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG. Der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels. Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen, § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG. Diese Grundsätze sind auch bei der im Streitfall vorliegenden atypisch stillen Gesellschaft anzuwenden.

(1) Es ist nach den vertraglichen Vereinbarungen der Kläger und der ... GmbH nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass es sich bei der Tätigkeitsvergütung um Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG und nicht um einen Gewinnvorab handelt. Entgelte für Dienstleistungen eines Gesellschafters sind als Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG anzusehen, wenn sie auf einem besonderen Schuldverhältnis beruhen oder zwar im Gesellschaftsvertrag vereinbart sind, aber nach der Abrede der Gesellschafter Aufwand der Gesellschaft darstellen und auch dann gezahlt werden sollen, wenn die Gesellschaft keinen Gewinn erzielt (BFH, Urteil vom 23. Januar 2001 VIII R 30/99, BStBl II 2001, 621; Schmidt, EStG, 26. Auflage 2007, § 15 EStG Rn. 440). Hingegen liegt ein Gewinnvorab vor, wenn einem Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrags Vergütungen für von ihm erbrachte Dienstleistungen vorweg aus dem Gewinn gewährt und diese bei der Gesellschaft nicht als Aufwand behandelt werden (Schmidt, a.a.O., § 15 EStG Rn. 440). Ein Gewinnvorab mindert den handels und steuerbilanziellen Gewinn der Personengesellschaft nicht. Die - für die Auslegung zentrale - Regelung in § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags ist insofern in sich nicht widerspruchsfrei, als sie einerseits regelt, dass es sich bei der Tätigkeitsvergütung um einen "Gewinnvorab" handelt, andererseits aber bestimmt, dass sie im Verhältnis der Gesellschafter zueinander Aufwand der Gesellschaft darstellt. Da die Tätigkeitsvergütung aber unstreitig als Aufwand der Gesellschaft und zugleich als Sondervergütung der atypisch stillen Gesellschafter behandelt wurde, ist nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass sie nicht als Gewinnverteilung auf der ersten Gewinnermittlungsstufe der Gesellschaft, sondern als schuldrechtlich vereinbarte Tätigkeitsvergütung anzusehen ist. Etwas anderes folgt schließlich auch nicht aus der zwischen den Parteien umstrittenen Qualifizierung der Tätigkeitsvergütung als gewinnabhängig oder fix (dazu unten unter bb). Denn sowohl Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG als auch ein Gewinnvorab können gewinnabhängig oder fix ausgestaltet werden.

Nach dem Verständnis des Senats ist die Tätigkeitsvergütung nach den vertraglichen Regelungen zudem auch dann zu zahlen, wenn die Gesellschaft keinen Gewinn erzielt oder der erzielte Gewinn nicht ausreicht, um die Tätigkeitsvergütung zu finanzieren. Sollte die Tätigkeitsvergütung - wie von den Klägern vorgetragen - zurückzugewähren sein, wenn die Gesellschaft keinen Gewinn in hinreichender Höhe erzielt, würde im Ergebnis im Verlustfall zwar keine Tätigkeitsvergütung gezahlt. Nach Auffassung des Senats würde aber auch dies nicht zu einem anderen Ergebnis führen, da auch Zahlungen im Verlustfall als Gewinnvorab angesehen werden können (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2000 10 K 3784/96F [rkr.], DStRE 2001, 226; Groh, DStZ 2001, 358; Gosch in Kirchhof, 7. Aufl. 2007, § 35 Rn. 37). Anderenfalls wäre handels-und steuerrechtlicher Aufwand der Gesellschaft in Abhängigkeit von der Gewinnsituation der Gesellschaft in eine Gewinnverteilung umzuqualifizieren.

(2) Im Ergebnis kommt es aber auf die Abgrenzung im Streitfall nicht an, da weder Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG noch ein Gewinnvorab bei der Ermittlung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke des § 35 EStG zu berücksichtigen sind. Der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag richtet sich nach § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG allein nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels. Der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel umfasst weder Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG noch einen Gewinnvorab. Die Vorabgewinnanteile werden im Gesetz nur beispielhaft genannt. Dies folgt zunächst daraus, dass mit dem Hinweis auf den "allgemeinen" Gewinnverteilungsschlüssel die - steuerlich anerkannte - handelsrechtliche Gewinnverteilung gemeint ist (Glanegger in Schmidt, a.a.O., § 35 EStG Rn. 23; Ritzer/Stangl, DStR 2002, 1785). Dies wird in der Literatur übereinstimmend dahingehend verstanden, dass einem Gesellschafter außerhalb der prozentualen Beteilung am Ergebnis der Gesellschaft zugewiesene Gewinnbestandteile bei der Aufteilung außer Betracht zu lassen sind (vgl. Glanegger in Schmidt, a.a.O., § 35 Rn. 23, und Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, Lfg. Rf. 3. April 2001, § 35 EStG R 31, mit weiteren Nachweisen).

Darüber hinaus folgt diese Auslegung auch aus der Gesetzgebungsgeschichte des § 35 EStG. Im ursprünglichen Gesetzentwurf hatte es geheißen, der Anteil ermittle sich "aus dem Verhältnis der dem Mitunternehmer mittelbar zuzurechnenden Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 zur Summe aller Gewinnanteile und aller Vergütungen der Mitunternehmerschaft" (BT-Drucks.14/2683, 6). Demgegenüber schlug der Finanzausschuss die jetzige Gesetzesfassung vor und erläuterte dazu, dass danach der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel ohne Berücksichtigung gesellschaftsvertraglicher Vorabgewinne maßgebend sei (BT-Drucks. 14/3366, 119). Es ist danach davon auszugehen, dass der Wille des Gesetzgebers dahin ging, nicht nur Vorabgewinne, sondern auch Sondervergütungen unberücksichtigt zu lassen (so auch Wendt in Herrmann/ Heuer/Raupach, Lfg. Rf. 3. April 2001, § 35 EStG R 31).

Schließlich folgt dieses Verständnis dem Sinn und Zweck der Regelungen in §§ 15 und 35 EStG, da sich die Regelung der Sondervergütungen in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG daraus ergibt, dass statt der Sondervergütungen auch ein Gewinnvorab gewährt werden kann (vgl. BFH, Urteile vom 30. August 2007 IV R 14/06, DStR 2007, 1902; vom 6. Juli 1999 VIII R 46/94, BStBl II 1999, 720; Groh, DStZ 2001, 358). Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 35 EStG vergleichbare - und weitestgehend austauschbare - Sachverhalte (nämlich die Gewährung einer Sondervergütung einerseits und eines Vorabgewinns andererseits) unterschiedlich behandeln wollte.

bb) Nach der Überzeugung des Senats ist die an die Kläger gezahlte Mindestvergütung als eine gewinnunabhängige Vergütung zu beurteilen, so dass die Klage auch bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, auf die sich die Kläger berufen, keinen Erfolg haben kann.

Für eine gewinnunabhängige Vergütung spricht zunächst, dass die Kläger berechtigt waren, im Hinblick auf die Mindestvergütung Vorabentnahmen zu tätigen. Für den Fall, dass die Tätigkeitsvergütung den Gewinn der Mitunternehmerschaft -noch ohne Berücksichtigung dieser Betriebsausgabe -übersteigen würde, war zwar eine Erfassung auf einem Verrechnungskonto und eine Zinspflicht vereinbart, jedoch keine unmittelbare, das Vergütungsjahr betreffende Rückzahlungsverpflichtung, aus der sich eine konkrete Abhängigkeit vom Gewinn des jeweiligen Jahres herleiten ließe.

Ganz wesentlich gegen die von den Klägern vorgenommene Auslegung des Gesellschaftsvertrags und der Vergütungsvereinbarung sprechen zudem die für die Gesellschafter einzurichtenden Gesellschafterkonten und die buchhalterische Erfassung der von ihnen bezogenen Leistungen. Die Rückzahlungsverpflichtung von Überentnahmen der Kläger ließe sich allein aus § 7 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags herleiten. Da es sich allerdings bei dem darin genannten Kapitalkonto um eines der für die Kläger geführten Verrechnungskonten nach § 8 Abs. 1 des Vertrags handeln soll, müsste dieses Verrechnungskonto als Kapitalkonto zu beurteilen sein. Dagegen spricht aber, dass auf den Verrechnungskonten keine Verluste gebucht werden sollten, dass für diese Konten eine erhebliche Zinspflicht vereinbart war sowie der Umstand, dass die Salden der Verrechnungskonten im Fall der Abfindung der Kläger als Forderung bzw. Verbindlichkeit in die Berechnung des Abfindungsguthabens einzubeziehen sein sollten (§ 12 Abs. 2 des Vertrags). Diese Konten drücken mithin keinen Anteil der Kläger am Gesellschaftsvermögen aus.

Die nachträglich angefertigte "Bestätigung der Regelungen zur Vergütungsvereinbarung" führt nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht zur Annahme einer gewinnabhängigen Vergütung; denn es handelt sich dabei nach Auffassung des Senats nicht um eine bloße Bestätigung schon bestehender Regelungen im Sinne einer Interpretationshilfe, sondern um eine sachliche Neuregelung. Nach der "Bestätigung der Regelungen zur Vergütungsvereinbarung" soll die Mindestvergütung nämlich nicht an den handels-oder steuerbilanziellen Gewinn anknüpfen, sondern an das so genannte Betriebsergebnis I. Dieses wird definiert als der Gewinn der Niederlassung vor Abschreibung der erworbenen Mandantenstämme und der auf die Finanzierung der erworbenen Mandantenstämme entfallenden Zinsen. Der Begriff des "Betriebsvermögens I" findet sich aber weder im Gesellschaftsvertrag noch in der Vergütungsvereinbarung vom 8. März 2001 und wird erstmals in der Bestätigung definiert. Der Umstand, dass eine sachliche Neuregelung vorlag, scheint auch den Klägern sowie der ... GmbH bewusst gewesen zu sein, da sie am Ende der "Bestätigung der Regelungen zur Vergütungsvereinbarung" vereinbart haben, dass im Übrigen die Regelungen des Gesellschaftsvertrags gelten.

cc) Selbst wenn die Mindestvergütung entgegen der Auffassung des Senats als gewinnabhängig anzusehen sein sollte, könnte die Klage keinen Erfolg haben; denn entgegen der Auffassung der Kläger kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine gewinnabhängige oder um eine fixe Vergütung handelt. Sowohl Sondervergütungen und als auch ein Gewinnvorab sind unabhängig davon, ob es sich um gewinnabhängige oder fixe Zahlungen handelt, bei der Berechnung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke des § 35 EStG außer Betracht zu lassen. Eine einschränkende Auslegung des insofern eindeutigen Wortlauts ist nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt.

Demgegenüber geht die Finanzverwaltung (vgl. BMF, Schreiben vom 15. Mai 2002 IV A 5 -S 2296 a -16/02, BStBl I 2002, 533, Tz. 22; Schreiben vom 12. Januar 2007 IV B 2 - S 2296a - 2/07, BStBl I 2007, 108, Tz. 22; Schreiben vom 19. September 2007 IV B 2 - S 2296-a/0, BStBl I 2007, 701, Tz. 21) davon aus, dass gewinnabhängige Vorabgewinnanteile und gewinnabhängige Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Bestandteil des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG sind. Diese Auslegung kann indes nicht überzeugen (so im Ergebnis auch Glanegger in Schmidt, a.a.O., § 35 Rn. 23; Gosch in Kirchhof, 7. Aufl. 2007, § 35 Rn. 37; Kaeser/Maunz in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, 169. Erg.Lfg. Oktober 2006, § 35 EStG Rn. E 25; a. A. Ritzer/Stangl, DStR 2002, 1785, 1787).

Zwar führt die Berücksichtigung gewinnabhängiger Vorabgewinnanteile und Sondervergütungen unter Umständen zu einer Angleichung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags der anrechnungsberechtigten Mitunternehmer und kann damit Anrechnungsüberhänge vermeiden. Der Gesetzgeber hat sich ausweislich des Gesetzeswortlauts und der Entstehungsgeschichte des § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG jedoch bewusst für einen groben und erkennbar ungenauen Aufteilungsmaßstab entschieden. Um eine belastungsgerechte Verteilung des Gewerbesteuermessbetrags auf die Gesellschafter zu erreichen, müssten neben Vorabgewinnen und Sondervergütungen auch sämtliche Ergebnisse aus Sonderund Ergänzungsbilanzen in die Ermittlung einbezogen werden. Dies würde aber der gesetzgeberischen Intention widersprechen, einen vereinfachten Verteilungsmaßstab anzuwenden.

Für diese Auslegung spricht auch, dass der BFH für die vergleichbare Regelung in § 34 e Abs. 1 Satz 3 EStG, wonach für die Aufteilung des darin geregelten Steuerermäßigungsbetrags das gesellschaftsrechtliche Beteiligungsverhältnis maßgebend ist, diese Aufteilungsregelung unabhängig von den tatsächlichen Belastungsverhältnissen gebilligt hat (vgl. Urteil vom 8. Dezember 1994 IV R 73/92, BStBl II 1995, 376).

dd) Die Kläger können sich nicht auf Vertrauensschutz oder einen Anspruch aus einer Selbstbindung der Verwaltung berufen, da es sich bei den BMF-Schreiben vom 15. Mai 2002 (BStBl I 2002, 533), vom 12. Januar 2007 in BStBl I 2007, 108) und vom 19. September 2007 in BStBl I 2007, 701) um den Senat nicht bindende norminterpretierende Anweisungen handelt (vgl. dazu BFH, Urteil vom 19. Mai 2004 III R 29/03, DStR 2004, 1287). Es ist nicht ersichtlich, dass Sinn und Zweck des Gesetzes eine Auslegung gegen den Wortlaut gebieten würden. Zudem können sich die Kläger auch deshalb nicht auf eine Selbstbindung der Verwaltung berufen, weil nach der Auffassung des Senats die Klage selbst unter Zugrundelegung der Auffassung des BMF keinen Erfolg haben kann, weil es sich bei der Mindestvergütung um eine gewinnunabhängige Sondervergütung handelt.

c) Obwohl der Senat nach alledem der Auffassung ist, dass die gesamte Tätigkeitsvergütung nicht in die Berechnung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags einzubeziehen wäre, hat der Bescheid des Beklagten insoweit Bestand, obwohl der Beklagte die von ihm als gewinnabhängig qualifizierten Zahlungen über die Mindestvergütung hinaus als gewinnabhängige und damit nach seiner Auffassung zu berücksichtigende Vergütungen qualifiziert hat. Das Gericht darf durch seine Entscheidung die Rechtsposition des Klägers im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (sog. Verböserungsverbot).

d) Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da kein Revisionsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Insbesondere weicht der Senat von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht ab. Eine Revisionszulassung ist auch nicht bereits deshalb gerechtfertigt, weil weitere Verfahren zu vergleichbaren Fragen anhängig sind, weil die wesentlichen Rechtsfragen in der Rechtsprechung geklärt sind.

Zwar weicht der Senat unter 2. b)cc) der Gründe von der Auffassung der Finanzverwaltung ab. Auch das rechtfertigt aber keine Revisionszulassung, da die Klage aufgrund der Ausführungen des Senats unter 2. b)bb) der Gründe auch unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Beklagten abzuweisen wäre.

Ende der Entscheidung

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