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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 30.06.2008
Aktenzeichen: 6 K 1680/03
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 174 Abs. 4 S. 1
AO 1977 § 174 Abs. 4 S. 2
AO 1977 § 174 Abs. 5 S. 2
FGO § 60 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

6 K 1680/03

Körperschaftsteuer 1995 und 1996;

gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1995 und zum 31.12.1996

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 6. Senat -

am 30. Juni 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht .......,

den Richter am Finanzgericht ........

den Richter ........

beschlossen:

Tenor:

Die Anträge der Prozessbeteiligten, die B-GmbH zum hiesigen Klageverfahren beizuladen, werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

..........

Der Kläger ist ein Betrieb gewerblicher Art innerhalb [einer juristischen Person des öffentlichen Rechts]

. .....

Die B-GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 20. Februar 1992 errichtet. Die Stammeinlage in Höhe von 100 000,- DM übernahm der Kläger. Am 7. Dezember 1994 schlossen der Kläger und die B-GmbH einen Gewinnabführungsvertrag, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, ab. Hiernach verpflichtete sich die B-GmbH, ihren ganzen Gewinn an den Kläger abzuführen, und verpflichtete sich der Kläger, einen etwaigen Jahresfehlbetrag der B-GmbH zu übernehmen. Der Gewinnabführungsvertrag sollte rückwirkend ab 1. Januar 1994 in Kraft treten. Die Gesellschafterversammlung der B-GmbH stimmte dem Gewinnabführungsvertrag am 22. Dezember 1994 zu.

......

Bei der Körperschaftsteuerveranlagung des Klägers für die Streitjahre 1995 und 1996 folgte das Finanzamt X. zunächst den Angaben in dessen Steuererklärungen, die am 23. August 1996 bzw. 30. Oktober 1997 bei ihm eingegangen waren, und setzte die Körperschaftsteuer mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden vom 6. Mai 1997 bzw. 17. Dezember 1997 jeweils auf 0,- DM fest. Im Rahmen derselben Bescheide stellte es das Einkommen des Klägers mit ./. .... DM bzw. ./. .... DM fest (= zuzurechnendes Einkommen der B-GmbH als einziger Organtochter).

Ab dem 2. Juni 1998 führte das Finanzamt X. beim Kläger und der B-GmbH eine Außenprüfung durch. Dabei [gelangten die Außenprüfer zu der Auffassung, dass das Einkommen der B-GmbH in den Streitjahren statt mit jährlichen Verlusten jeweils mit einem Gewinn in namhafter Höhe anzusetzen sei].

Das Finanzamt X. folgte den Auffassungen der Außenprüfer und erließ ... am 10. bzw. 22. Mai 2002 zusammengefasste Änderungsbescheide. Dabei wurde die Körperschaftsteuer 1995 [betr. den Kläger] auf 0,- DM festgesetzt und das Einkommen ..... für 1995 auf ..... DM festgestellt. Die Körperschaftsteuer 1996 [betr. den Kläger] wurde auf ..... DM festgesetzt und das Einkommen für 1996 auf ...... DM festgestellt. Der Kläger erhob gegen die Änderungsbescheide Sprungklage zum Finanzgericht, die mangels Zustimmung durch das Finanzamt X. als Einspruch behandelt wurde. ...... Nachdem das Finanzamt X. den Kläger auf die Möglichkeit der Verböserung hingewiesen hatte, erhöhte er das Einkommen noch einmal in bestimmtem Umfang und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2003 als unbegründet zurück. ..... Eine Hinzuziehung der B-GmbH zum Einspruchsverfahren des Klägers (vgl. § 360 der Abgabenordnung - AO 1977 -) fand nicht statt.

Ebenfalls am 23. Juni 2003 erließ das Finanzamt X. zwei Einspruchsentscheidungen gegenüber der B-GmbH, mit denen er deren Einsprüche gegen die aufgrund der Außenprüfung ergangenen, geänderten Körperschaftsteuerbescheide für 1995 und 1996, jeweils vom 10. Mai 2002, als unbegründet zurückwies, weil Einwendungen gegen das dort bezifferte Einkommen der Organtochter mangels Verwaltungsaktsqualität dieser behördlichen Äußerungen nur im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Körperschaftsteuerbescheide betreffend den Organträger geltend gemacht werden könnten.

Daraufhin haben sowohl der jetzige Kläger als auch die B-GmbH, vertreten durch die jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers, am 24. Juli 2003 Klage beim Finanzgericht des Landes Brandenburg (Az: 2 K 1680/03) mit dem Ziel einer Körperschaftsteuerfestsetzung für 1995 und 1996 betreffend den Organträger in Höhe von jeweils 0,- EUR erhoben. Die B-GmbH hat dabei geltend gemacht, ebenfalls klagebefugt zu sein, weil die an sie gerichteten Körperschaftsteuerbescheide für die beiden Streitjahre hinsichtlich ihres dort bezifferten Einkommens sog. Grundlagenbescheide seien im Verhältnis zu den Körperschaftsteuerbescheiden gegenüber dem Organträger. Mit Schriftsatz der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25. April 2005 ist die Klage der B-GmbH allerdings wieder zurückgenommen worden, so dass der Berichterstatter des 2. Senats des FG des Landes Brandenburg mit Beschluss vom 3. Mai 2005 dieses Klageverfahren abgetrennt und eingestellt hat. Während des Klageverfahrens ist der Beklagte für die Veranlagung des Klägers zuständig geworden.

Am 22. September 2006 hat der 2. Senat des FG des Landes Brandenburg einen Gerichtsbescheid erlassen, bezüglich dessen beide Prozessbeteiligte fristgerecht Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt haben. In dem Gerichtsbescheid vertieft das vorgenannte Gericht u.a. die Auffassung, dass in den Streitjahren 1995 und 1996 kein körperschaftsteuerrechtlich wirksames Organschaftsverhältnis zwischen dem Kläger und der B-GmbH bestanden habe und deshalb eine Zurechnung des Einkommens der B-GmbH beim Kläger von vornherein ausgeschlossen sei. Der Gerichtsbescheid ist den Prozessbeteiligten am 28. September bzw. 4. Oktober 2006 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2006 hat der Kläger beantragt, die B-GmbH nach § 60 der Finanzgerichtsordnung - FGO - zum hiesigen Klageverfahren beizuladen. Wegen des Meinungsstreits über das Bestehen oder Nichtbestehen des Organschaftsverhältnisses in den Streitjahren könnten Folgerungen bei den Körperschaftsteuerveranlagungen für das beizuladende Unternehmen nicht ausgeschlossen werden.

Mit Schriftsatz vom 20. November 2007 hat der Beklagte ebenfalls beantragt, die B- GmbH nach § 60 FGO i.V.m. § 174 Abs. 4 und 5 AO 1977 zum hiesigen Klageverfahren beizuladen. Zur Begründung führt er aus, dass im Falle einer Bestätigung der im Gerichtsbescheid vom Gericht vertretenen Rechtsauffassung in einem späteren Urteil die Körperschaftsteuerfestsetzungen für die Streitjahre 1995 und 1996 gegenüber der B-GmbH wegen der nunmehr anderen rechtlichen Beurteilung des Gewinnabführungsvertrages vom 7. Dezember 1994 zu ändern seien.

Im Streitfall sei zwar inzwischen aufgrund der Klagerücknahmeerklärung der B-GmbH vom 25. April 2005 Festsetzungsverjährung der betreffenden Körperschaftsteuerfestsetzungen eingetreten, so dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine nachträgliche Beiladung im Sinne der ständigen BFH-Rechtsprechung nicht erfüllt seien. Allerdings sei der vorliegende Fall anders als die bisher vom BFH entschiedenen Fälle zu beurteilen, weil die B-GmbH kein schützenswerter, bisher unbeteiligter Dritter sei, sondern ursprünglich sogar selbst Klage gegen die aufgrund der streitgegenständlichen Außenprüfungsergebnisse ergangenen, geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1995 und 1996 erhoben habe. Wegen ihrer genauen Kenntnisse der Einzelheiten des Meinungsstreites zwischen den bisherigen Prozessbeteiligten und des jeweiligen Standes des gerichtlichen Klageverfahrens könne sie nicht den vom BFH postulierten Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen.

II.

1. Die B-GmbH wird zum hiesigen Klageverfahren nicht gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 beigeladen, weil eine Beiladung verfahrensrechtlich unzulässig wäre. Denn im Zeitpunkt des Eingangs der Beiladungsanträge der Prozessbeteiligten beim Gericht war hinsichtlich der gegenüber der B-GmbH durchgeführten Körperschaftsteuerveranlagungen 1995 und 1996 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten.

Nach § 174 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO 1977 können dann, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch gegenüber Dritten, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheids geführt hat, beteiligt waren (§ 174 Abs. 5 Satz 1 AO 1977). Ihre Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig (§ 174 Abs. 5 Satz 2 AO 1977), wenn das Finanzamt eine dahingehende Antragsentscheidung, die in seinem pflichtgemäßen Ermessen steht, trifft (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 27. Januar 1982 VII B 141/81, BStBl II 1982, 239; Spindler, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 60 FGO Rz. 22, m.w.N.).

Eine Beiladung nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 ist gegenüber den Regelungen in § 60 FGO ein selbständiger Tatbestand und setzt nach ständiger und teilweise - zum Schutz des Vertrauens des Dritten in die Bestandskraft der bisherigen Steuerfestsetzung - bewusst vom Gesetzeswortlaut abweichender BFH-Rechtsprechung (vgl. dazu auch BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 1998 V B 79/98, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1999, 442; vom 17. Juli 2002 XI B 12/02, BFH/NV 2002, 1422, und vom 7. April 2003 III B 127/02, BFH/NV 2003, 887, m.w.N.) voraus,

a) dass ein Steuerbescheid möglicherweise wegen irriger Beurteilung eines Sachverhalts aufzuheben oder zu ändern ist,

b) dass hieraus sich möglicherweise ergebende steuerliche Folgerungen für einen Dritten durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids ziehen lassen und

c) dass das Finanzamt die Beiladung veranlasst oder beantragt und

d) dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über das Beiladungsbegehren des Finanzamts noch keine sog. Festsetzungsverjährung bei dem beizuladenden Steuerpflichtigen eingetreten ist.

Im Streitfall besteht die Möglichkeit, dass der Senat ebenso wie der 2. Senat des FG des Landes Brandenburg in seinem Gerichtsbescheid vom 22. September 2006 das zwischen dem Kläger und der B-GmbH vereinbarte Organschaftsverhältnis körperschaftsteuerrechtlich für die Streitjahre 1995 und 1996 für unwirksam erachtet und dass schon deshalb die vom Kläger angefochtenen und an ihn gerichteten Körperschaftsteuerbescheide 1995 und 1996 abzuändern sind. Dies hätte - was zwischen den Prozessbeteiligten unstreitig ist - automatisch Auswirkungen auf die Höhe des in den Körperschaftsteuerbescheiden gegenüber der B-GmbH zu beziffernden Einkommens dieser Gesellschaft und möglicherweise sogar Auswirkungen auf die Höhe der ihr gegenüber festzusetzenden Körperschaftsteuer (je nach der Höhe ihres vom Gericht zu ermittelnden zu versteuernden Einkommens). Der Beklagte hat die Beiladung der B-GmbH zum hiesigen Klageverfahren mit Schriftsatz vom 26. November 2007 auch ausdrücklich beantragt (der früher gestellte Beiladungsantrag des Klägers allein würde dagegen nicht genügen, zumal es sich bei dem Beiladungsbegehren i. S. von § 174 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 um eine Ermessensentscheidung handelt, die nur die Verwaltungsbehörde verfahrenswirksam vornehmen kann, vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 27. Januar 1982 VII B 141/81, BStBl II 1982, 239, und vom 25. September 2001 VI B 153/01, BFH/NV 2002, 160).

Es fehlt im vorliegenden Fall aber an der oben zu d.) genannten Voraussetzung einer Beiladung nach § 174 Abs. 5 AO 1977, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Beiladungsantrag des Finanzamtes noch keine Festsetzungsverjährung der betreffenden Steuerbescheide bezüglich des beizuladenden Steuerpflichtigen eingetreten ist. Denn hinsichtlich der gegenüber der B-GmbH durchgeführten Körperschaftsteuerveranlagungen 1995 und 1996 ist bereits im Zeitpunkt des Zugangs der diesbezüglichen Klagerücknahmeerklärung der B-GmbH im Rahmen des hiesigen Klageverfahrens beim FG am 28. April 2005 Festsetzungsverjährung eingetreten. Aufgrund der prozessual wirksamen Klagerücknahmeerklärung der B-GmbH war nämlich die Hemmung des Ablaufs der vierjährigen Festsetzungsfrist, deren Beginn nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 auf den 1. Januar 1997 bzw. auf den 1. Januar 1998 fiel, nach § 171 Abs. 3 a AO 1977 ab sofort wegen Eintritts der Unanfechtbarkeit der aufgrund der Außenprüfung geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1995 und 1996 beendet.

Eine Ausnahme von der oben unter d.) aufgeführten Beiladungsvoraussetzung lässt der BFH nur zu, wenn der Dritte bereits vor Eintritt der Festsetzungsverjährung der betreffenden Steuerveranlagungen eine verfahrensrechtliche Rechtsposition innehatte, die es ihm erlaubt hat, den Verlauf und den Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens des eigentlichen Rechtsbehelfsführers durch eigene Verfahrenserklärungen wirksam zu beeinflussen (z.B. wenn das Finanzamt den Dritten vor Eintritt der Festsetzungsverjährung im Rahmen des vom eigentlichen Rechtsbehelfsführer in eigener Sache betriebenen Einspruchsverfahren gegen einen bestimmten Steuerbescheid nach § 360 AO 1977 förmlich zum Verwaltungsverfahren hinzugezogen hat, vgl. dazu BFH-Beschluss vom 17. Juli 2002 XI B 12/02, BFH/NV 2002, 1422, im Anschluss an BFH-Urteil vom 5. Mai 1993 X R 111/91, BStBl II 1993, 817 m.w.N.).

Im Streitfall hatte das Finanzamt X. die B-GmbH nicht i.S.v. § 360 AO 1977 zum Einspruchsverfahren über die aufgrund der Außenprüfung geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1995 und 1996 betreffend den Kläger hinzugezogen. Die BGmbH hatte aufgrund ihrer Klage gegen die an sie aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung in eigener Sache ergangenen, geänderten Körperschaftsteuerbescheide auch keine anderweitige, verfahrensrechtlich in irgendeiner Weise geschützte Rechtsposition inne, aufgrund derer sie durch eigene Verfahrenserklärungen den Verlauf und den Ausgangs des vom Kläger in eigener Sache betriebenen Klageverfahrens hätte beeinflussen können. Sie hat im Rahmen des vom Kläger geführten Einspruchs- und Klageverfahren auch keine eigene verfahrensrechtliche Initiative im Sinne der BFH-Rechtsprechung entwickelt, etwa in dem sie selbst Anträge gestellt oder sonst auf die Aufhebung oder Änderung der an den Kläger gerichteten Körperschaftsteuerbescheide hingewirkt hätte (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 28. April 2003 III B 82/01, BFH/NV 2003, 1142, sowie FG Köln, Urteil vom 8. Mai 2007 1 K 1988/06, EFG 2007, 1919, Rev. beim BFH: IV R 40/07). Andererseits war der Beklagte zu keinem Zeitpunkt verfahrensrechtlich daran gehindert, die B-GmbH zum Einspruchsverfahren betreffend den Kläger gemäß § 360 AO 1977 hinzuzuziehen oder im Rahmen des hiesigen Klageverfahrens einen Beiladungsantrag nach § 174 Abs. 5 AO 1977 so rechtzeitig zu stellen, dass das Gericht darüber noch vor dem Eintritt der Festsetzungsverjährung bei der B-GmbH hätte entscheiden können. Dem steht nicht entgegen, dass die B-GmbH selbst Klage gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1995 und 1996 erhoben hatte. Denn zum einen handelte es sich nicht um die Körperschaftsteuerbescheide gegen den Kläger (St.-Nr. ....), sondern um die Körperschaftsteuerbescheide gegen die B-GmbH (St.-Nr. .....). Zum anderen war diese Klage erkennbar unzulässig, weil die Körperschaftsteuerbescheide gegen die vermeintliche Organgesellschaft nur informatorischen Charakter hatten (Gosch/Neumann, KStG, § 14 Rz. 529). Einem Beiladungsantrag stand ferner nicht entgegen, dass sowohl die Klage des Klägers als auch die der B-GmbH wegen der Erhebung in ein und derselben Klageschrift unter demselben gerichtlichen Aktenzeichen geführt worden sind; denn so wie bei Erhebung zweier zulässiger Klagen durch zwei verschiedene Kläger die Beiladung durch eine Verbindung gemäß § 73 Abs. 2 FGO ersetzt werden kann, hätte im Streitfall eine Abtrennung der unzulässigen Klage der B-GmbH nach § 73 Abs. 1 FGO vorgenommen werden können, um anschließend die B-GmbH zum Verfahren des Klägers beiladen zu können.

Weiterhin war der Beklagte nicht deshalb an einem frühzeitigen Beiladungsantrag gehindert, weil das Vorliegen einer Organschaft zwischen den Beteiligten zunächst unstreitig war, sondern dies erst am 22. Mai 2006 durch den damaligen Berichterstatter problematisiert wurde. Das Bestehen oder Nichtbestehen einer Organschaft wird im Finanzgerichtsverfahren auf Grund des Amtsermittlungsgrundsatzes regelmäßig geprüft, weil angesichts des Problemkreises der sog. verunglückten Organschaft (siehe hierzu Gosch/Neumann, a.a.O., Rz. 530) Organschaften vergleichsweise häufig nicht wirksam zustande kommen und das Finanzgericht seiner Entscheidung deshalb eine "unstreitig bestehende" Organschaft nicht ohne Weiteres zu Grunde legen kann. Wenn die Finanzbehörde die Konsequenzen aus einer möglicherweise verunglückten Organschaft ziehen will, kommt sie somit nicht umhin, vorsorglich zu einem frühen Zeitpunkt die Beiladung der anderen Mitglieder des Organkreises zu beantragen. Daher liegt im Streitfall ein Ausnahmetatbestand im Sinne der ständigen BFH-Rechtsprechung nicht vor, so dass es bei der Maßgeblichkeit der o. g. allgemeinen Beiladungsvoraussetzungen verbleibt, die im vorliegenden Fall nicht vollständig erfüllt sind.

2. Eine (notwendige) Beiladung der B-GmbH zum hiesigen Klageverfahren gemäß § 60 Abs. 3 FGO kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Organschaftsverhältnisses im Sinne von §§ 14 ff. KStG a.F. prozessual nicht nowendigerweise einheitlich gegenüber dem Organträger und der Organgesellschaft ergehen muss (vgl. dazu FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. August 2007 6 K 39/06, EFG 2007, 1897, Rev. beim BFH: I R 66/07; Stapperfend, in: Gräber, FGO, 6. Aufl., § 60 Rz. 107; Brandis, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 60 FGO Rz. 74).



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