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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 18.11.2008
Aktenzeichen: 6 K 2266/04
Rechtsgebiete: EStG, FGO, BGB


Vorschriften:

EStG § 16 Abs. 1
FGO § 100 Abs. 1
BGB § 1378 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 6. Senat -

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 18. November 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht .....,

den Richter am Finanzgericht .....,

den Richter ..... sowie

die ehrenamtlichen Richter ..... und .....

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Kläger waren im Streitjahr Eheleute und wurden zusammenveranlagt. Die Ehe der Kläger wurde am 09. Juni 1979 geschlossen; nach eigenen Angaben verfügten sie zu diesem Zeitpunkt über kein Vermögen.

Der Kläger, der Ehemann, erzielte im Streitjahr 1999 als Architekt und Bauingenieur Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Sein Büro befand sich in der A...straße in G...; die Räume hatte er von der Klägerin gemietet. Weiterhin hatte er seit dem 01. Juli 1996 Büroräume in F... angemietet, die er für sein Ingenieursbüro nutzte. Darüber hinaus war der Kläger Mitgesellschafter der X... GmbH und hielt eine Stammeinlage von DM ...,-.

Die Klägerin, die Ehefrau, erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung. Darüber hinaus betrieb sie die Pension "Y..." auf einem ihr gehörenden Grundstück in der B...straße in G... und erzielte hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb; ihren Gewinn ermittelte sie durch Bilanzierung. In der Bilanz der Pension zum 31.

Dezember 1998 waren folgende Bankverbindlichkeiten der Klägerin passiviert:

Konto ... Darlehen ...: DM ... (Stand am 17. November 1999: DM ...)

Konto ... Darlehen ...: DM ...,-

Konto ... Darlehen ...: DM ...,-

Konto ... Volksbank ....: DM ....

Summe DM ....

In der Bilanz zum 31. Dezember 1998 war des Weiteren eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kläger in Höhe von DM ...,- ausgewiesen (Wert zum 31. Dezember 1998: DM ...,-). Das Kapitalkonto des Betriebs zum 31. Dezember 1998 war negativ (./. DM ...) und betrug zum 31. Dezember 1999 ./. DM .... Zum 31. Dezember 1999 beliefen sich die in der Bilanz des Pensionsbetriebs ausgewiesenen Bankverbindlichkeiten auf DM ... (Konto ... Darlehen ...: DM ... sowie Konto ... Darlehen ...: DM ...).

Die Klägerin war Eigentümerin der folgenden Grundstücke bzw. Wohnung; die nachfolgend genannten Werte beziehen sich - soweit nicht anders genannt - auf den 17. November 1999:

Grundstück B...straße in G...: Das Grundstück diente dem Betrieb der Pension "Y..." und war mit einer Grundschuld von DM ...,- belastet. Die Herstellungskosten des 1995 errichteten Gebäudes beliefen sich auf DM ...; der Klägerin waren Fördermittel in Höhe von DM ...,- gewährt worden. Die linearen Abschreibungen von 1996 bis 1999 betrugen DM ..., die Sonderabschreibungen hingegen DM ...,-. Der Grund und Boden war in der Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1998 mit DM ..., das Gebäude mit DM ...,- aktiviert.

Grundstück C...straße in G...: Es handelt sich um ein Flurstück mit einer Größe von 90 m², dessen Nutzung im Streitjahr noch nicht abschließend geklärt und das mit einer Grundschuld von DM ...,- belastet war. Der Kaufpreis für das am 20. August 1998 erworbene Grundstück hatte DM ...,- betragen. Die Klägerin aktivierte in ihrer für den Pensionsbetrieb aufgestellten Bilanz zum 31. Dezember 1998 den Grund und Boden mit DM ... und das Gebäude mit DM ....

Grundstück D...straße in H...: Das mit einem Bauernhaus und Nebengebäuden bebaute Grundstück wurde im Streitjahr vermietet und war mit einer Grundschuld von DM ...,- belastet; das zu Grunde liegende Darlehen valutierte am 17. November 1999 in Höhe von DM ...,-. Die Klägerin erzielte aus der Vermietung Einkünfte im Sinne von § 21 Einkommensteuergesetz - EStG - und wies das gesamte Grundstück im Anlagenspiegel ihrer Überschussrechnung im Sinne von § 21 EStG mit einem Wert zum 31. Dezember 1998 von DM ... aus.

Eigentumswohnung in der A...straße in G...: Die Eigentumswohnung war an den Kläger vermietet, der in den Räumen sein Architekturbüro betrieb. Die Wohnung war mit einer Grundschuld in Höhe von DM ...,- belastet; dem entsprach auch der Verkehrswert. Das Darlehen valutierte am 17. November 1999 in Höhe von DM ...,-. In der Überschussrechnung, die die Klägerin für die Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1998 aufstellte, war die Wohnung mit einem Wert von DM ... ausgewiesen.

Am 17. November 1999 trafen der Kläger und die Klägerin eine notarielle Scheidungsvereinbarung sowie einen Übergabevertrag. Nach der Präambel dieses Vertrags lebten beide Kläger zu diesem Zeitpunkt getrennt und hatten vor, sich scheiden zu lassen. Sie vereinbarten daher den Güterstand der Gütertrennung, trafen weitere Vereinbarungen zum Erb- und Pflichtteilsverzicht, Versorgungsausgleich, Hausrat und Kindesunterhalt. Im Übergabevertrag vereinbarten die Kläger Folgendes:

Die Klägerin sollte das Eigentum an den Grundstücken B...straße in G..., D...straße in H... und C...straße in G... auf den Kläger übertragen; der Nutzen- und Lastenwechsel sollte noch am selben Tag erfolgen. Die Verkehrswerte der Grundstücke wurden in der Vereinbarung mit DM ...,- (B...straße), DM ...,- (C...straße) und DM ...,- (D...straße) angegeben.

Der Kläger sollte folgende Grundschulden und Valuta übernehmen:

ca. DM ...,- für das Grundstück B...straße,

ca. DM ...,- für das Grundstück D...straße in H... sowie

DM ...,- für das Grundstück C...straße.

Der Kläger sollte die Pension in der B...straße auf Grund einer eigenen Gewerbeerlaubnis fortführen.

Die Klägerin sollte das Eigentum an dem Grundstück A...straße in G... behalten und auch die hierauf ruhende Grundschuld von DM ...,- fortführen.

Die Kläger stellten sich im Innenverhältnis bezüglich der jeweils übernommenen Verbindlichkeiten frei.

Der Mietvertrag hinsichtlich des vom Kläger betriebenen Ingenieursbüros in der A...straße sollte aufrecht erhalten bleiben.

Der Kläger sollte das Inventar in den Büroräumen F... ab 01. Oktober 1999 auf die Klägerin übertragen, die in den Räumen in F... ein Büro in Kooperation mit dem Kläger führen wollte. Das Büro in G... sollte der Kläger allein fortführen. Der Wert des Büros des Klägers in F... wurde mit DM DM ...,- angegeben.

Der Kläger sollte seine Beteiligung an der X... GmbH behalten.

Für das Streitjahr 1999 beantragten die Kläger eine Zusammenveranlagung. Die Klägerin erklärte einen Verlust aus dem Pensionsbetrieb in Höhe von DM ..., einen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit von DM ...,-, Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks A...straße in Höhe von DM ...,- sowie Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks D...straße in H... in Höhe von DM ...,-. In den Einkünften war ein Veräußerungsgewinn aus Gewerbebetrieb nicht enthalten. Der Kläger erklärte einen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von DM ...,-.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 19. September 2000 folgte der Beklagte der Steuererklärung, soweit es um die Höhe der hier streitigen Einkünfte geht. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Im Rahmen einer im Jahr 2003 bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass das Grundstück C...straße nicht zum Betriebsvermögen gehört; dies ist zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig. Des Weiteren vertrat der Außenprüfer die Ansicht, dass die Klägerin durch die Übergabe der Pension in der B...straße einen Veräußerungsgewinn von DM ...,- erzielt habe. Eine Berechnung dieses Gewinns ist aus dem Außenprüfungsbericht vom 06. Februar 2003 nicht ersichtlich. Aus den Handakten des Außenprüfers ergibt sich, dass dieser einen Veräußerungserlös in Höhe von DM ...,- ermittelt hat. Dieser Betrag setzte sich wie folgt zusammen:

Schuldenerlass A... DM ...,-

Schuldenerlass B... DM ...,-

Schuldenerlass C... DM ...,-

Schuldenerlass D... DM ...,-

Schuldenerlass E... DM ...,-

Schuldenerlass F... DM ...,-

Büro DM ...,

Summe Veräußerungserlös DM ...,-.

Der Prüfer ermittelte anhand der Verkehrswerte der übertragenen drei Grundstücke von insgesamt DM ...,- (DM ...,- für die Pension, DM ...,- für die C...straße und DM ...,- für H...) einen anteiligen Wert des betrieblichen Pensionsgrundstücks von 62,14% (DM ...,- : DM ...,-) und ordnete diesem Grundstück einen anteiligen Veräußerungserlös von DM ...,- (62,14% x DM ...,-) zu, so dass sich nach Abzug des Buchwertes von DM ...,- ein Veräußerungsgewinn von DM ...,- ergab (Bl. 28 der Prüfer-Handakten).

Die Kläger nahmen zu den Ermittlungen des Prüfers Stellung und machten geltend, dass die Klägerin einen Veräußerungsverlust in Höhe von DM ...,- aus der Übertragung der Pension erzielt habe. Der Wert des Betriebs der Klägerin habe ./. DM ...,- betragen, der Buchwert hingegen nur DM ...,-, so dass sich ein entsprechender Veräußerungsverlust ergebe.

Der Außenprüfer ermittelte den Veräußerungsgewinn neu, indem er alternativ Verkehrswerte der Pension von DM ...,-, DM ...,- und DM ...,- ansetzte. Dabei ergaben sich nach seiner Berechnung Veräußerungsgewinne von DM ...,- für die Pension, das Grundstück C...straße und das Grundstück in H.... Aus Vereinfachungsgründen seien ein Abschlag für Unwägbarkeiten in Höhe von DM ...,- sowie ein Abschlag auf Grund einer Einigung in der Schlussbesprechung in Höhe von DM ...,- zu gewähren, so dass sich ein Veräußerungsgewinn von DM ...,- ergebe.

Der Beklagte schloss sich den Feststellungen und Wertungen des Außenprüfers an und erließ am 22. Mai 2003 gegenüber dem Kläger einen Änderungsbescheid über Einkommensteuer 1999, in dem er einen Veräußerungsgewinn der Klägerin von DM ...,- ansetzte. Eine Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG berücksichtigte der Beklagte mangels Antrags der Klägerin nicht.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte eine unzutreffende Ermittlung des Veräußerungsgewinns geltend. Der Beklagte hob den Bescheid am 10. Oktober 2003 wegen fehlerhafter Bekanntgabe auf und erließ am 05. November 2003 einen neuen, inhaltsgleichen Bescheid für 1999, den er beiden Ehegatten bekannt gab. Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten im Namen des Klägers und der Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass der Kläger Wirtschaftsgüter im Wert von DM ...,- erhalten habe, nämlich das Grundstück in H... (DM ...,-), das Grundstück C...straße (DM ...,-) sowie das negative Betriebsvermögen der Pension (./. DM ...,-). Darüber hinaus habe er einen Zugewinnausgleich von DM ...,- an die Klägerin zu zahlen gehabt. Insgesamt ergebe sich so ein Betrag von DM ...,-, den er durch die Übertragung des Betriebsvermögens des Architekturbüros (DM ...,-), die Übernahme der hälftigen Schulden für das Grundstück in H... (DM ...,-), die Übernahme der Schulden für das Grundstück C...straße (DM ...,-) und den Schuldenerlass für den Pensionsbetrieb (DM ...,-) erfüllt habe. Zu beachten sei, dass die Klägerin ein einheitliches Wirtschaftsgut "Betriebsvermögen" übertragen habe, nicht einzelne Wirtschaftsgüter. Daher komme hinsichtlich der Pension die Einheitstheorie zum Tragen. Anders sei dies bei den einzelnen Grundstücken; hier gelte die Trennungstheorie.

Der Beklagte wies im Einspruchsverfahren darauf hin, dass für das Objekt B...straße ein Verkehrswert von DM ... angesetzt werden könne, indem von den Herstellungskosten von DM ... die Abschreibungen von DM ..., die Fördermittel von DM ...,- und der Grund und Boden von DM ... abgezogen würden. Danach entfalle auf das Grundstück ein anteiliger Verkehrswert von 59,9% (Summe der Verkehrswerte: DM ...; hiervon DM ... für das Grundstück B...straße, DM ...,- für das Grundstück C...straße und DM ...,- für das Grundstück D...straße; somit DM ... : DM ... = 59,9%). Hierdurch ergebe sich ein Veräußerungsgewinn von DM ... (anteiliger Veräußerungserlös: DM ... [DM ...,- Veräußerungserlös x 59,9%] ./. Buchwert DM ...,-), so dass eine Verböserung in Betracht komme. Die Kläger nahmen den Einspruch nicht zurück.

Mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 2004 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf EUR ... herauf und wies den Einspruch zurück. Die Übertragung von Vermögensgegenständen im Rahmen der wirtschaftlichen Auseinandersetzung habe zu einem Veräußerungsgewinn der Klägerin geführt. Durch die familienrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Klägern sei eine Ausgleichsforderung gemäß § 1378 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - entstanden. Diese sei eine Geldforderung in Gestalt einer Geldsummenforderung. Die Übertragung der Vermögensgegenstände habe mit der Ausgleichsforderung nichts zu tun. Der Zugewinnausgleich stelle einen unentgeltlichen Vorgang dar.

Für die Ermittlung des gewerblichen Veräußerungsgewinns sei ein Teilentgelt im Verhältnis der Verkehrswerte der übertragenen Wirtschaftsgüter auf den Gewerbebetrieb und das Privatvermögen aufzuteilen. Kläger und Beklagter gingen übereinstimmend davon aus, dass der Verkehrswert für das Grundstück B...straße nicht zutreffend in der notariellen Vereinbarung angegeben worden sei. Richtigerweise sei - nach Auffassung des Beklagten - von einem Verkehrswert von DM ... auszugehen. Damit ergebe sich ein Veräußerungsgewinn von DM ....

Hiergegen haben die Kläger fristgerecht Klage eingereicht. Richtigerweise sei ein Veräußerungsverlust in Höhe von DM ...,- zu berücksichtigen. Der Veräußerungserlös sei negativ gewesen und habe ./. DM ...,- betragen; hiervon sei ein Buchwert von DM ...,- nach Außenprüfung abzuziehen. Das Kapital des Pensionsbetriebs sei zum 31. Dezember 1999 negativ gewesen und habe sich nach Abzug der vom Kläger erlassenen Verbindlichkeit in Höhe von DM ...,- auf ./. DM ... belaufen. Setze man einen Zerschlagungswert an, weil es viele Gastgewerbeimmobilien ... gebe, könne dieser geschätzt mit DM ...,- zu Grunde gelegt werden. Ziehe man hiervon die Abwicklungskosten von geschätzt DM ... sowie die Restbuchwerte von DM ... ab, ergebe sich ein negatives Kapital von DM ....

Das Vermögen des Klägers vor Durchführung des Zugewinnausgleichs habe DM ... betragen (Forderung an die Ehefrau: DM ... + Betriebsvermögen Architekturbüro G...: DM ... + Betriebsvermögen Architekturbüro F...: DM ... + GmbH-Beteiligung: DM ... + Rückkaufswert Lebensversicherung geschätzt: DM ... ./. Schulden für das Grundstück in H...: DM ...). Das Vermögen der Klägerin vor Durchführung des Zugewinnausgleichs habe DM ... betragen (Betriebsvermögen Pension: DM ... + Grundstück in H...: DM ... + Grundstück C...straße: DM ... + Grundstück A...straße: DM ... ./. Schulden für das Grundstück in H...: DM ... ./. Schulden für das Grundstück C...straße: DM ... ./. Schulden für das Grundstück A...straße: DM ...). Die Klägerin habe damit eine Ausgleichsforderung in Höhe von DM ... gegenüber ihrem Ehemann gehabt (DM ... ./. DM ... = DM ... : 2). Nach der Durchführung des Zugewinnausgleichs habe der Kläger aber ein Vermögen von DM ... gehabt, während das Vermögen der Klägerin DM ... betragen habe. Dies zeige, dass einer der Werte aus der Zeit vor der Durchführung des Zugewinnausgleichs falsch sein müsse.

Zu beachten sei, dass die Übergabe eines Vermögensgegenstands zur Befriedigung eines Zugewinnausgleichsanspruchs stets als Veräußerung und damit als entgeltliches Geschäft anzusehen sei. Der Beklagte verkenne, dass eine Ausgleichsforderung auch durch Übergabe von Wirtschaftsgütern erfüllt werden könne. Die Ermittlung des Verkehrswertes des Pensionsbetriebs könne sich nicht nach den historischen Herstellungskosten des Grundstücks als bedeutendsten Wirtschaftsgut richten, sondern müsse nach dem Ertragswertverfahren ermittelt werden.

Wegen der Einzelheiten der klägerischen Berechnungen nimmt der Senat Bezug auf die Schriftsätze vom 20. Oktober 2004 (Bl. 7 ff. der Streitakten) und vom 28. Februar 2005 (Bl. 53 ff. der Streitakten).

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Änderungsbescheid über Einkommensteuer 1999 vom 05. November 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. September 2004 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf EUR ... festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bestehe Einigkeit zwischen Klägern und Beklagten, dass ein entgeltlicher Übertragungsvorgang vorliege. Insgesamt habe der Kläger DM ... gezahlt, um den Betrieb und weitere Vermögensgegenstände zu erhalten. Der Veräußerungserlös sei aufzuteilen, und zwar nach dem Verhältnis der Verkehrswerte. Im Übrigen verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die Berechnungen der Beteiligten und die notarielle Vereinbarung vom 17. November 1999 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Im Ergebnis hat der Beklagte zu Recht einen Veräußerungsgewinn angenommen. Die Übertragung des Pensionsbetriebs durch die Klägerin auf den Kläger stellte einen Veräußerungsvorgang im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar (s. unten unter Nr. 1.). Der Veräußerungspreis betrug DM ... (s. unten unter Nr. 2 Buchst. a). Hiervon entfielen DM ... auf das Betriebsvermögen der Klägerin (s. unten unter Nr. 2 Buchst. b) und führten zu einem Veräußerungsgewinn von mehr als DM ... (s. unten unter Nr. 3). Eine Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG war nicht zu gewähren (s. unten unter Nr. 4).

1. Die Übertragung des Gewerbebetriebs durch die Klägerin auf den Kläger war ein Veräußerungsvorgang im Sinne von § 16 EStG, mit dem ein Ausgleichsanspruch des Klägers nach § 1378 BGB in Höhe von DM ... befriedigt wurde.

a) Allein die Beendigung der Gütergemeinschaft auf Grund des Abschnitts I. der notariellen Vereinbarung vom 17. November 1999 stellte zwar noch keinen Veräußerungsvorgang im Sinne von § 16 EStG dar, weil dies noch nicht zu einer Veränderung der Stellung der Klägerin als Inhaberin des Gewerbebetriebs Pension führte (vgl. hierzu auch Geissler in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 Anm. 61 "Güterstandsvereinbarungen"). Jedoch stellte die auf Grund des Abschnitts II. der notariellen Vereinbarung vom 17. November 1999 vorgenommene Übertragung des Gewerbebetriebs eine dem Grunde nach entgeltliche Veräußerung im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar. Sie erfolgte, um den auf Geldzahlung gerichteten Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers gemäß § 1378 BGB sowie die weiteren in §§ 2 - 5 der notariellen Vereinbarung vom 19. November 1999 genannten Ansprüche - Erb- und Pflichtteilsanspruch, Anspruch auf Versorgungsausgleich, auf nachehelichen Unterhalt bzw. Getrenntlebensunterhalt, auf Hausrat - abzugelten; der Übergabevertrag war daher entgeltlich (s. hierzu BFH, Urteile vom 31. Juli 2002 X R 48/99, BStBl. II 2003, 282, unter II. 1. Buchst. a, cc der Gründe; vom 15. Februar 1977 VIII R 175/74, BStBl. II 1977, 389; Geissler, a.a.O., § 16 Anm. 64 "Verzicht auf Zugewinnausgleichsanspruch").

Die Übergabe war nicht nur auf die Übertragung des Grundstücks B...straße als einem (wesentlichen) Wirtschaftsgut des Betriebs gerichtet, sondern auf die Übertragung des gesamten Betriebs. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger auch die entsprechende Gewerbeerlaubnis für den Betrieb der Pension beantragen und die Klägerin ihren Gewerbebetrieb unverzüglich danach abmelden sollte (Teil B Nr. 3 der notariellen Auseinandersetzung vom 17. November 1999).

b) Aus der notariellen Vereinbarung vom 19. November 1999 ergibt sich ein Ausgleichsanspruch des Klägers nach § 1378 BGB in Höhe von DM .... Dies ist der Saldo aus dem Wert der von der Klägerin übertragenen Vermögensgegenstände und dem Wert der vom Kläger übernommenen Verbindlichkeiten bzw. im Gegenzug übertragenen Werte:

aa) Die Klägerin übertrug das Grundstück B...straße mit einem Verkehrswert von DM ..., das Grundstück D...straße in H... mit einem Verkehrswert von DM ... sowie das Grundstück A...straße mit einem Verkehrswert von DM ..., zusammen DM ....

bb) Der Kläger übertrug hingegen das Betriebsvermögen des Büros F... mit einem Wert von DM .... Weiterhin erließ er die in Höhe von DM ... bestehende Forderung gegenüber der Klägerin. Außerdem übernahm er die folgenden Verbindlichkeiten: DM ... Darlehen, DM ... Darlehen, DM ... Darlehenskonto ..., Darlehensverbindlichkeit Grundstück D...straße in H... DM ... sowie Darlehensverbindlichkeit C...straße DM ..., zusammen DM .... Insgesamt ergibt sich damit ein Wert der vom Kläger erbrachten Gegenleistung von DM ....

cc) Der Saldo zu Gunsten des Klägers belief sich somit auf DM ... (DM ... ./. DM ...), so dass von einer entsprechenden hohen Ausgleichsforderung des Klägers gemäß § 1378 BGB auszugehen ist. Der Senat hat - im Gegensatz zu den Beteiligten - keinen Grund zu der Annahme, dass die in der notariellen Vereinbarung genannten Verkehrswerte falsch sein könnten; denn sie lagen den Vorstellungen der Kläger im Rahmen ihrer familienrechtlichen Auseinandersetzung zu Grunde, und es handelt sich um die Werte, die die Kläger den jeweiligen Vermögensgütern beigemessen haben.

2. Der gesamte Veräußerungspreis betrug DM ... (s. nachstehend unter Buchst. a). Hiervon entfielen auf das Betriebsvermögen als Veräußerungserlös im Sinne von § 16 Abs. 2 EStG DM ... (s. nachstehend unter Buchst. b).

a) Kommt es im Rahmen einer Zugewinnausgleichsregelung zur Übertragung von Wirtschaftsgütern, bestimmt sich der Veräußerungspreis nach der Höhe des Verzichts auf die Ausgleichsforderung (Geissler, a.a.O., § 16 Anm. 64). Im Streitfall hat der Kläger auf eine Ausgleichsforderung von DM ... im Gegenzug zu der Übertragung von Wirtschaftsgütern einschließlich Grundstücken sowie der Übernahme und Erlass von Verbindlichkeiten und Übertragung seines Betriebsvermögens in F... verzichtet. Das Entgelt betrug damit DM ...; die Berechnung dieses Betrags ist oben unter II. 1. Buchst. b der Gründe erläutert worden.

aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten belief sich das Entgelt nicht auf DM .... Dieser Betrag setzt sich aus den vom Kläger übernommenen und erlassenen Verbindlichkeiten sowie die von ihm auf die Klägerin übertragenen Wirtschaftsgüter seines Büros in F... zusammen. Er lässt aber unberücksichtigt, dass die Klägerin auf Grund der Übertragung ihrer Wirtschaftsgüter auf den Kläger von ihrer Ausgleichsverbindlichkeit nach § 1378 BGB gegenüber dem Kläger befreit wird. Des Weiteren bleibt bei dem Ansatz der DM ... außer Betracht, dass die Kläger den Wert des Betriebs in der notariellen Vereinbarung vom 17. November 1999 nicht mit einem nach Verkehrswerten aufgeteilten Teilbetrag von DM ..., sondern in einem ersten Schritt mit DM ... bemessen haben, nämlich dem Nettobetrag aus dem Verkehrswert des Grundstücks (DM ...) und den hiervon abzuziehenden Verbindlichkeiten in Höhe von DM ... (Forderung des Klägers), DM ... (Darlehen), DM ... (Darlehen) sowie DM ... (Darlehenskonto ...), zusammen DM .... Der sich danach ergebende Wert von DM ... war (nur) eine Teilgröße der von der Klägerin zu erfüllenden Ausgleichsforderung des Klägers.

bb) Der verbleibende Teil der Ausgleichsforderung des Klägers wurde in der Weise ausgeglichen, dass die Klägerin Grundstücke mit einem Verkehrswert von DM ... (C...straße) und DM ... (D...straße in H...) übertrug, der Kläger Grundschulden in Höhe von DM ... für das Grundstück in H... sowie DM ... für das Grundstück C...straße übernahm, so dass sich ein weiterer Vermögensübergang im Wert von DM ... zu Gunsten des Klägers ergab, der durch eine Betriebsvermögensübertragung seitens des Klägers auf die Klägerin mit einem Wert von DM ... auf DM ... gemindert wurde. Zusammen mit den unter Buchst. a.A. genannten DM ..., dem Nettoverkehrswert des Betriebs, ergibt sich so die Höhe der Ausgleichsforderung des Klägers von DM .... Dieser Betrag entspricht weitgehend der Differenz zwischen den vom Beklagten angesetzten DM ... für den Wert des von der Klägerin übertragenen Vermögens und dem Wert der Gegenleistung des Klägers in Höhe von DM ...; die Abweichung gegenüber dem Wert des Beklagten ergibt sich auf Grund der im Klageverfahren nachgereichten exakten Darlehensvaluta (anstelle der abgerundeten Zahlen).

b) Der gesamte Veräußerungserlös von DM ... entfiel auf sämtliche von der Klägerin übertragenen Güter und ist daher nach Verkehrswerten aufzuteilen. Für die Verkehrswerte ist nicht auf den Wert der Aktiva bzw. Bruttowerte, sondern auf die Werte abzustellen, die sich nach Erlass bzw. Übernahme der Schulden ergeben. Nur auf diese Weise wird berücksichtigt, dass das Betriebsvermögen B...straße tatsächlich nur mit einem vergleichsweise geringen Wert von den Klägern angesetzt worden ist, da dies in erheblichem Umfang mit betrieblichen Schulden belastet war. Daher ist lediglich ein Nettoverkehrswert von DM ... anzusetzen, der in der notariellen Vereinbarung zu Grunde gelegt wurde, nicht jedoch ein Bruttoverkehrswert von DM ..., dem Schulden in Höhe von DM ... gegenüber standen. Hingegen ist das von der Klägerin übertragene Grundstück D...straße in H... mit einem höheren Wert bemessen worden, nämlich mit einem Wert von DM ...; denn dem Verkehrswert von DM ... stand lediglich eine vom Kläger übernommene Darlehensverbindlichkeit von DM ... gegenüber.

Danach ergeben sich folgende (Netto-)Verkehrswerte:

Betriebsvermögen B...straße DM ...

Grundstück H... DM ...

C...straße DM ...

Summe der Nettoverkehrswerte DM ....

Auf das hier streitige Betriebsvermögen entfallen damit 13,9% (... : ...), so dass sich ein anteiliger Veräußerungserlös von DM ... (DM ... x 13,9%) ergibt.

3. Von dem anteiligen Veräußerungserlös von DM ... war das Kapitalkonto des Betriebsvermögens abzuziehen, da dieses negativ war und deshalb hinzuzurechnen ist.

a) Das Kapitalkonto betrug am 31. Dezember 1998 ./. DM ... und am 31. Dezember 1999 ./. DM .... Den genauen Stand des Kapitalkontos am 17. November 1999 kennt der Senat nicht, da die Klägerin eine Bilanz zu diesem Stichtag nicht erstellt hat. Jedoch besteht zwischen den Beteiligten kein Zweifel, dass das Kapitalkonto einen negativen Betrag zwischen diesen beiden Beträgen ausgewiesen hat, so dass der vom Beklagten angesetzte Veräußerungsgewinn in Höhe von DM ..., in jedem Fall überschritten wird und die Klage keinen Erfolg hat. Denn selbst bei Ansatz des geringeren Wertes von ./. DM ... plus anteiliger Veräußerungserlös von DM ... ergäbe sich ein Veräußerungsgewinn von mehr als DM .... Eine Verböserung ist dem Senat jedoch verwehrt.

b) Für die Richtigkeit eines über dem negativen Kapitalkontos liegenden Veräußerungsgewinns spricht im Übrigen Folgendes: Die Klägerin hat ihren Betrieb, der ein negatives Kapitalkonto von ca. DM ... bzw. DM ... aufwies, mit einem positiven Wert in die notarielle Vereinbarung vom 17. November 1999 einbringen und zur Tilgung ihrer Ausgleichsverbindlichkeit verwenden können. Hätte sie ihren Betrieb im streitigen Zeitraum zu einem Betrag von nur einem Euro veräußert, wäre ebenfalls ein Veräußerungsgewinn in Höhe des Betrags des (negativen) Kapitalkontos entstanden. Da sie den - vom Buchwert her überschuldeten - Betrieb mit einem positiven Wert in der Auseinandersetzungsvereinbarung bewerten konnte, musste dies zwangsläufig zu einem Veräußerungsgewinn mindestens in Höhe des negativen Kapitalkontos führen zuzüglich des darüber hinaus erzielten (anteiligen) Veräußerungserlöses. Unabhängig davon, ob man der hier vertretenen Berechnung für den anteiligen Veräußerungserlös folgt, liegt bereits der Betrag des negativen Kapitalkontos über dem vom Beklagten angesetzten Veräußerungsgewinn, so dass eine Klageabweisung zwingend ist.

Der Senat kann dahingestellt lassen, ob die Klägerin die Folgen des § 16 EStG dadurch hätte vermeiden können, dass sie ihren Betrieb zunächst unentgeltlich auf ihren Ehemann, den Kläger, nach § 6 Abs. 3 EStG überträgt und erst anschließend den Zugewinn - ohne Heranziehung betrieblicher Vermögensgegenstände oder Einheiten - ausgleicht (zu dieser Vorgehensweise vgl. den Nachweis in Schmidt/Glanegger, EStG, 27. Aufl., § 6 Rz. 140 "Zugewinnausgleichszahlung").

4. Eine Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG war nicht zu gewähren, da die Klägerin einen entsprechenden Antrag gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht gestellt hat.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Rechtsmittelbelehrung

Die Revision ist nicht zugelassen worden.



Ende der Entscheidung

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