Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 08.04.2009
Aktenzeichen: 7 K 5054/05 B
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 10 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 7. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. April 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

den Richter am Finanzgericht ... sowie

die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Herr ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob sogenannte refundierte Vorverkaufsgebühren zu Umsätzen zum Regelsteuersatz bei der Klägerin führen.

Die Klägerin ist seit Jahren als Konzertveranstalterin tätig. Unter anderem übernimmt sie bei Tourneen von Künstlern die Funktion des sogenannten örtlichen Veranstalters. Dazu kauft sie vom Tourneeveranstalter die künstlerischen Leistungen ein, beschafft geeignete Auftrittsorte, bewirbt die Veranstaltungen und organisiert den Verkauf der Eintrittskarten.

Zwischen der Klägerin und Frau A besteht eine atypisch stille Gesellschaft, wodurch die Zuständigkeit des Beklagten begründet ist.

Hinsichtlich des Absatzes der Eintrittskarten ging die Klägerin in den Streitjahren u.a. in der Weise vor, dass sie den jeweiligen Vorverkaufsstellen ein gewisses Kontingent an Karten überließ, die diese absetzen sollten. Dies geschah in der Weise, dass den Vorverkaufsstellen die bedruckten Eintrittskarten ausgehändigt wurden, verbunden mit der Abrede, dass nicht verkaufte Karten von der Klägerin zurückgenommen würden. Die Eintrittskarten enthielten jeweils aufgedruckte Vermerke wie "Örtlicher Veranstalter: Konzertveranstalterin ..." oder "Örtliche Durchführung: Konzertveranstalterin ...". Ferner war der jeweilige Kartenpreis aufgedruckt, zu dem die Vorverkaufsstellen die Karten zu verkaufen hatten. Darüber hinaus war den Vorverkaufsstellen lediglich gestattet, eine Vorverkaufsgebühr bis zu 10 vom Hundert des Kartenpreises zu erheben, was jedoch aus den Karten nicht ersichtlich war. Wegen des Inhalts der zwischen der Klägerin und den Vorverkaufsstellen geschlossenen Vereinbarungen nimmt das Gericht Bezug auf die beispielhaften Vorgänge, die der Beklagte mit Schriftsatz vom 29.11.2005 (Blatt 30 Streitakte) eingereicht hat.

Bei einigen Veranstaltungen vereinbarte die Klägerin mit den Vorverkaufskassen eine sogenannte teilweise Refundierung der Vorverkaufsgebühren. Dies bedeutet, dass die Vorverkaufskassen über den auf der Karte aufgedruckten Preis hinaus einen gewissen Anteil der erzielten Vorverkaufsgebühren an die Klägerin abzuführen hatten. Diese Refundierungen behandelte die Klägerin ebenso wie die eigentlichen Kartenerlöse, d.h. überwiegend als Umsätze zum ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a Umsatzsteuergesetz - UStG - oder als steuerfreie Umsätze gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG.

Die Klägerin reichte ihre Umsatzsteuererklärung 1999 am 29.11.2000 beim Beklagten ein, womit sie u.a. Umsätze zum Regelsteuersatz von 6.485.334,- DM, zum ermäßigten Steuersatz von 16.985.450,- DM und als steuerfrei nach § 4 Nr. 20 UStG in Höhe von 167.737,- DM erklärte. Der Beklagte stimmte am 05.04.2001 der Umsatzsteuererklärung zu. Ihre Umsatzsteuererklärung 2000 reichte die Klägerin am 16.10.2001 beim Beklagten ein, womit sie u.a. Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 5.830.053,- DM, zum ermäßigten Steuersatz in Höhe von 15.893.664,- DM und als steuerfrei in Höhe von 138.973,- DM erklärte. Mit Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 02.08.2002, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, setzte der Beklagte die Umsatzsteuer hinsichtlich der Umsätze erklärungsgemäß fest. Ihre Umsatzsteuererklärung 2001 reichte die Klägerin am 18.11.2002 beim Beklagten ein, womit sie Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 4.536.271,- DM, zum ermäßigten Steuersatz in Höhe von 22.527.095,- DM und als steuerfrei in Höhe von 162.995,- DM erklärte. Dieser Umsatzsteuererklärung stimmte der Beklagte am 02.12.2002 zu.

Vom 28.04.2003 bis 15.10.2003 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Die Prüferin gelangte zu der Auffassung, dass die Klägerin die refundierten Vorverkaufsgebühren zu Unrecht den ermäßigt besteuerten bzw. steuerfreien Umsätzen zugerechnet habe. Vielmehr handele es sich insoweit um eigenständige Vermittlungsleistungen, die dem Regelsteuersatz unterlägen. Da der Kartengrundpreis und die Refundierungsanteile nicht getrennt auf den entsprechenden Konten gebucht worden seien, könne die Höhe der refundierten Gebühren nur geschätzt werden. Diese Schätzung belaufe sich auf 1,25 vom Hundert der verbuchten Erlöse. Davon ausgehend erhöhte die Prüferin die Umsätze zum Regelsteuersatz um (fiktive) Umsätze in Höhe von 115.367,- DM in 1999, 100.596,- DM in 2000 und 164.440,- DM in 2001. Wegen der Berechnung im Einzelnen nimmt das Gericht auf den Schriftsatz der Prüferin an den Klägervertreter vom 30.09.2003 (Blatt 108 Streitakte) Bezug.

Dem folgend erließ der Beklagte am 12.02.2004 geänderte Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001, mit denen er die Umsatzsteuer 1999 auf ./. 500.395,23 EUR, die Umsatzsteuer 2000 auf ./. 351.413,98 EUR und die Umsatzsteuer 2001 auf ./. 774.297,87 EUR festsetzte.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 10.03.2004 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.01.2005 zurückwies.

Daraufhin hat die Klägerin am 10.02.2005 Klage erhoben.

Zunächst hat die Klägerin vorgetragen, die Vorverkaufsstellen träten am Markt als Makler auf und berechneten den Kartenkäufern eine Vermittlungsprovision. Soweit sie aus dieser Vermittlungsprovision Refundierungen an die Klägerin leiste, handele es sich um ein Entgelt von dritter Seite im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, das ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a UStG unterliege. Diese Gestaltung habe den Sinn, eine Verteuerung der Kulturereignisse zu verhindern. Zwar wäre es auch denkbar, dass die Vorverkaufsstellen je nach Veranstaltung unterschiedliche Gebühren, also unterschiedliche Prozentsätze des Kartenpreises, als Vorverkaufsgebühren erheben würden, jedoch würde eine solche Gestaltung einen erhöhten Erklärungsbedarf gegenüber den Kunden auslösen, der hinderlich wäre.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Klägerin ihren Vortrag in der Weise umgestellt, dass sie nunmehr vorträgt, die Vorverkaufsstellen hätten einen Eigenhandel mit den Konzertkarten betrieben. Es sei allgemein bekannt, dass Vorverkaufsstellen nicht dem Offenkundigkeitsprinzip folgend erklärten, nicht im eigenen Namen, sondern für einen nicht näher bezeichneten Dritten zu agieren. Die Aufdrucke auf den Konzertkarten seien unbeachtlich, weil der Kunde diese erst nach Vertragsschluss ausgehändigt bekomme. Auch die Formulierungen in den Kartenübergabeprotokollen, nach denen die Vorverkaufsstellen von der (und nicht für die) Klägerin die jeweiligen Karten übernähmen, sprächen für eine Übereignung der Karten und damit für Eigengeschäfte der Vorverkaufsstellen. Der Anteil der Vorverkaufsgebühren, der letztendlich bei den Vorverkaufsstellen verbleibe, sei deren Handelsspanne. Umgekehrt seien die Refundierungsanteile Teil des Entgelts, das die Klägerin für die Veräußerung der Eintrittsberechtigungen an die Vorverkaufskassen erhalte.

Auf beiden Stufen müssten diese Umsätze dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, es sei daran zu denken, dass etwaige Vermittlungsleistungen der Vorverkaufsstellen nicht an die Kartenkäufer, sondern an die Klägerin erbracht würden. Dann würde sich die Zahlung der Vorverkaufsgebühren durch die Kunden als Abkürzung des Zahlungswegs und die Refundierungen als Minderung des Vermittlungsentgelts darstellen.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von den Umsatzsteuerbescheiden 1999 bis 2001 vom 12.02.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2005 die Umsatzsteuer 1999 um 9.437,37 EUR, die Umsatzsteuer 2000 um 8.229,24 EUR und die Umsatzsteuer 2001 um 13.452,09 EUR herabzusetzen, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er geht weiterhin davon aus, dass zwischen der Klägerin und den Vorverkaufskassen ein Leistungsaustausch in der Weise stattgefunden hat, dass die Klägerin das Recht, ihre Tickets verkaufen zu dürfen, veräußert. Hiermit verzichte sie auf die Möglichkeit, sich die Vorverkaufsgebühr selbst zu verdienen. Diese Leistung sei steuerpflichtig, ohne dass ein Steuerbefreiungs- oder Steuerermäßigungstatbestand eingreife.

Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich nicht um ein Entgelt eines Dritten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, das die Vorverkaufskassen zusätzlich zu dem vom Kartenkäufer gezahlten Entgelt leisteten. Es sei kein Interesse der Vorverkaufskassen ersichtlich, die Kartenpreise zu subventionieren. Überdies könnten die Vorverkaufskassen eine Subventionierung auch dadurch erreichen, dass sie die Vorverkaufsgebühren reduzierten.

Dem Gericht haben je ein Band Umsatzsteuer- und Betriebsprüfungsakten vorgelegen, die vom Beklagten für die Klägerin unter der Steuernummer ... geführt werden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide verletzen die Klägerin nicht im Sinne des § 100 Abs. 1 und 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - in ihren Rechten. Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die streitigen Refundierungsbeträge Entgelte für sonstige Leistungen der Klägerin an die Vorverkaufskassen sind, die dem Regelsteuersatz unterliegen.

Wer bei einem Umsatzleistender ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteile vom 28.01.1999 V R 4/98, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 188, 456, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1999, 628; vom 04.09.2003 V R 9, 10/02, BStBl. II 2004, 627). Der Beklagte geht im Einklang mit der ursprünglichen Auffassung der Klägerin zu Recht davon aus, dass die Vorverkaufsstellen sowohl zivilrechtlich als auch umsatzsteuerrechtlich als bloße Vermittler agieren und nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Klägerin die Konzertkarten verkaufen. Sie erbringen damit Vermittlungsleistungen gegenüber den Kartenkäufern, für die sie als Entgelt die (vollen) Vorverkaufsgebühren erhalten.

Für diese Würdigung spricht, dass die Vorverkaufsstellen durch die vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin darin festgelegt sind, für welches Entgelt sie die Konzertkarten verkaufen. Ein gewisser Spielraum besteht allenfalls in der Weise, dass sie mit ihrer Vorverkaufsgebühr unter dem Höchstsatz von 10 vom Hundert des aufgedruckten Kartenpreises bleiben könnten, wovon sie jedoch - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - in der Praxis keinen Gebrauch machen. Ferner tragen die Vorverkaufsstellen bei der in den Streitjahren von der Klägerin gewählten Gestaltung kein unternehmerisches Risiko, da sie übrig bleibende Karten an die Klägerin zurückgeben können. Das Vertretungsverhältnis tritt auch gegenüber den Kunden hervor, weil der eigentliche Kartenpreis und die Vorverkaufsgebühr getrennt ausgewiesen werden. Für den Kunden ist auch offenkundig, dass hinter der ganzen Veranstaltung nicht allein die Vorverkaufskasse, sondern ein weiterer Veranstalter steht. Dieser wird schließlich auf den Eintrittskarten namentlich benannt.

Da die Eintrittskarten Zug um Zug gegen die Entgeltszahlung ausgegeben werden, wird auch im Zuge der Geschäftsabwicklung für den Kunden das Vertretungsverhältnis erkennbar. Dass zivilrechtlich womöglich schon (wenige Augenblicke) vor Aushändigung der Karten ein Vertragsschluss erfolgt, ist unbeachtlich, weil diese Gestaltung allgemein üblich ist und dem Interesse sowohl der Kartenkäufer als auch der Vorverkaufskassen entspricht.

Denn die Kunden haben ein Interesse daran, bei etwaigen Fehlleistungen des Veranstalters einen wirtschaftlich potenten Anspruchsgegner zu haben. Dies ist im Zweifel eher der Veranstalter als die oftmals als Kleinunternehmer agierenden Vorverkaufskassen. Die Vorverkaufskassen haben wiederum kein Interesse daran, sich den mit etwaigen Fehlleistungen bei der Durchführung der Veranstaltung einher gehenden Haftungsrisiken auszusetzen.

Die Besonderheiten der Fallgestaltung rechtfertigen es, von dem allgemeinen Prinzip abzuweichen, dass jemand der in seinem Ladengeschäft einen Umsatz bewirkt, dies grundsätzlich im eigenen Namen vollzieht (vgl. Abschn. 26 Abs. 6 Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 - UStR 2008 -).

Der Sachverhalt unterscheidet sich von anderen Gestaltungen, bei denen Kartenpreis und Vorverkaufsgebühr nicht getrennt abgerechnet werden, die Verkaufsstelle das Vertriebsrisiko trägt und zudem frei in ihrer Preisgestaltung ist (vergleiche Finanzgericht - FG - Rheinland Pfalz , Beschluss vom 05.02.2002 IV V 1751/00, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2002, 720; Sächsisches FG, Urteil vom 06.02.2008, [...], Revision anhängig unter dem Aktenzeichen XI R 39/08; Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.03.2008 5 K 684/02, EFG 2009, 217, Revision anhängig unter dem Aktenzeichen XI R 34/08).

Diese Würdigung der Rechtslage entspricht auch der herrschenden Meinung im Zivil- und Steuerrecht (vergleiche Bundesgerichtshof - BGH -, Urteil vom 20.02.1986 I ZR 105/84, Der Betrieb - DB - 1986, 1117; Amtsgericht - AG - Düsseldorf , Urteil vom 10.02.1995, 58 C 19846/94, Versicherung und Recht - VuR - 1995, 358; AG Schöneberg, Urteil vom 02.03.1995 8 C 435/94, VuR 1995, 359; AG Göttingen, Urteil vom 27.11.1998 25 C 316/98, ReiseRecht aktuell - RRa - 1999, 60; Landgericht Bad Kreuznach, Urteil vom 10.07.2001 1 S 41/01, RRa 2001, 191; Amtsgericht Schleswig, Urteil vom 14.03.2003 2 C 157/02, RRa 2003, 127; Bundesministerium für Finanzen - BMF -, Schreiben vom 07.07.1989, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1990, 162; Oberfinanzdirektion Frankfurt, Verfügung vom 08.10.2008, sis-Datenbank; Probst in Hartmann/Metzenmacher, UStG, E § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rz. 63; anderer Auffassung Döring, RRa 2003, 247 [248] für den sogenannten Handkauf). Entgegen der Darstellung der Klägerin spricht auch das BGH-Urteil vom 20.02.1986 I ZR 105/84 (a.a.O.) für die hier vertretene Auffassung.

Denn ein Handelsvertreter im Sinne des § 84 Abs. 1 Handelsgesetzbuch - HGB - vermittelt für einen anderen Unternehmer Geschäfte oder schließt sie in dessen Namen ab. Wer dagegen auf Rechnung eines anderen im eigenen Namen Geschäfte abschließt, ist Kommissionär, für den das Handelsvertreterrecht allenfalls analog Anwendung findet (Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl. 2008, § 84 Rz 18; von Hoyningen-Huene in Münchener Kommentar zum HGB, 2. Aufl. 2005, vor § 84, Rz 2, 8 ff.; Thume in Röhricht/von Westphalen, HGB, 3. Aufl. 2008, § 84 Rz 41).

Die Vorverkaufskassen erbringen eine Vermittlungs- und Beratungsleistung gegenüber den Kartenkäufern. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist sie nicht Empfängerin der Vermittlungsleistung. Im Regelfall ist derjenige, der ein Entgelt an den Leistenden zahlt auch der Leistungsempfänger. Abweichendes kann zutreffen, wenn der Zahlende kein Interesse an der Leistung hat. Dies ist jedoch im Verhältnis zwischen Vorverkaufskassen und Kartenkäufern zu verneinen. Denn der Kartenkäufer hat ein Interesse daran, dass ihm in seinem räumlichen Umfeld der Kartenverkauf ermöglicht und er bei dieser Gelegenheit bei Bedarf über die zu buchende Veranstaltung beraten wird.

Da die Vorverkaufskassen die Eintrittskarten im Namen der Klägerin vertreiben, tritt diese in unmittelbare Leistungsbeziehungen zu den Kartenkäufern, innerhalb derer die auf den Eintrittskarten aufgedruckten Kartenpreise (ohne Vorverkaufsgebühren) die von ihr vereinnahmten Entgelte darstellen.

Dieser Umstand wird noch zusätzlich dadurch hervorgehoben, dass die Klägerin den Kartenkäufern sonstige Leistungen erbringt, da es den Kartenkäufern nicht auf das Eigentum am Papier, sondern auf das Erleben des Kulturereignisses ankommt (ebenso FG Rheinland Pfalz , Beschluss vom 05.02.2002 IV V 1751/00, EFG 2002, 720; Sächsisches FG, Urteil vom 06.02.2008, [...], Revision anhängig unter dem Aktenzeichen XI R 39/08; Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.03.2008 5 K 684/02, EFG 2009, 217, Revision anhängig unter dem Aktenzeichen XI R 34/08; a. A. Hey/Hoffsümmer, UR 2005, 641). Dementsprechend kann dahin stehen, ob anlässlich der Übergabe der Eintrittskarten an die Vorverkaufsstellen das zivilrechtliche Eigentum an den Eintrittskarten auf die Vorverkaufsstellen überging.

Die von den Vorverkaufskassen an die Klägerin abgeführten Anteile an den Vorverkaufsgebühren (Refundierungen) füllen nicht im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG die von den Kartenkäufern an die Klägerin gezahlten Entgelte auf.

Ein Entgelt von dritter Seite im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG käme in Betracht, wenn die Vorverkaufsstellen die Refundierungen im Interesse der Kartenkäufer abführen würden ( BFH, Urteil vom 19.10.2001 V R 48/00, BFHE 196, 376, BStBl. II 2003, 211). Der Beklagte weist jedoch zu Recht darauf hin, dass kein wirtschaftliches Interesse erkennbar ist, warum die Vorverkaufskassen eine solche Entgeltauffüllung vornehmen sollten. Denn die Entgeltsauffüllung würde voraussetzen, dass die Vorverkaufskassen ihre Refundierungsbeiträge im Hinblick auf die an die Kartenkäufer erbrachten Veranstaltungsleistungen erbringen. Typischerweise haben die Vorverkaufskassen jedoch kein Interesse daran, dass eine konkrete Veranstaltung stattfindet. Sie haben ausschließlich ein Interesse daran, Einnahmen aus Kartenverkäufen, nämlich aus den Vorverkaufsgebühren, zu erzielen.

Zahlungen können einem fremden Leistungsverhältnis im Einzelfall auch dann im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zuzuordnen sein, wenn der Zahlende gegenüber dem Zahlungsempfänger zugleich eine eigene Verpflichtung erfüllt. Voraussetzung ist insoweit aber, dass die Zahlung des Dritten für die fragliche Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger gewährt wird, er die Zahlung also hierfür erhält ( BFH, Urteile vom 19.10.2001 V R 48/00, BFHE 196, 376, BStBl. II 2003, 211; vom 14.05.2008 XI R 60/07, BFHE 221, 512, BStBl. II 2008, 721). Im Streitfall erfüllen die Vorverkaufskassen zwar eigene Verpflichtungen, weil sie den mit der Klägerin vereinbarten Refundierungsvereinbarungen nachkommen. Es besteht jedoch kein Anhaltspunkt, dass sie diese Verpflichtung eingegangen sind, damit die Klägerin die Veranstaltungsleistungen an die Kartenkäufer erbringt. Dagegen spricht das fehlende Interesse der Vorverkaufskassen an der Durchführung der Veranstaltungen und ferner, dass die Vorverkaufskassen ihrerseits mit der Klägerin in Leistungsbeziehungen stehen und von dieser wirtschaftliche Vorteile erhalten (vgl. BFH, Urteil vom 20.02.1992 V R 107/87, BFHE 167, 567, BStBl. II 1992, 705).

Denn die Klägerin stellt den Vorverkaufskassen die Karten zum Vorverkauf bereit und räumt ihnen damit Geschäftschancen ein. Dementsprechend sind die Refundierungen auch im Zusammenhang mit der Beauftragung des Kartenverkaufs vereinbart worden.

Damit tritt offen zutage, dass der Beklagte zu Recht in der Einräumung der Verkaufschancen die Leistungen sieht, die die Klägerin gegenüber den Vorverkaufskassen erbringt. Es ist auch keineswegs ungewöhnlich, dass für solche Marktchancen Entgelte gezahlt werden, wie umsatzorientierte Pachtentgelte, Zahlungen für Firmenwerte, Vermittlungsprovisionen jeglicher Art oder Franchisinggebühren zeigen (vergleiche auch den BFH- Beschluss vom 30.09.2008, XI B 74/08, UR 2008, 922).

§ 3 Abs. 11 UStG ist weder in der im Streitjahr geltenden Fassung noch im Wege richtlinienkonformer Auslegung und damit mit dem Inhalt des aktuell geltenden § 3 Abs. 11 UStG einschlägig. Dies würde voraussetzen, dass die Vorverkaufsstellen die Veranstaltungsleistung im eigenen Namen gegenüber den Kartenkäufern erbringen würden (vergleiche Birkenfeld in Hartmann/Metzenmacher, UStG, E § 3 Abs. 11 Tz. 27 zur früheren Rechtslage). Daran fehlt es wie oben dargelegt.

Die Höhe der vom Beklagten zu Grunde gelegten Umsätze ist nicht zu beanstanden. Zwar hat der Beklagte die zum ermäßigten Steuersatz versteuerten Umsätze nicht in entsprechendem Maße gemindert. Dies beruht jedoch darauf, dass er nur die aus der von ihm ermittelten Mehrsteuer abgeleiteten fiktiven Umsätze hinzugerechnet hat (vgl. den Schriftsatz der Prüferin an den Klägervertreter vom 30.09.2003, Blatt 108 Streitakte).

Die Gewährung weiterer Vorsteuer ist nicht angezeigt, da nicht klar ist, ob die Klägerin ihre Vorsteuer im Hinblick auf die von ihr steuerfrei erzielten Umsätze gekürzt hat, und da der Anteil der steuerfreien Umsätze an den Gesamtumsätzen sehr gering ist. Auch die Klägerin hat insoweit keine Einwendungen erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück