Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 15.07.2008
Aktenzeichen: 7 V 7083/08
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
EStG § 17 Abs. 1
EStG § 17 Abs. 2
EStG § 17 Abs. 3
EStG § 17 Abs. 4 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

7 V 7083/08

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) - Einkommensteuer 2006

In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 7. Senat -

am 15. Juli 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ... und

die Richterin am Finanzgericht ...

beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2006 vom 31.01.2008 wird mit Wirkung vom Fälligkeitstag bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Entscheidung über den Einspruch oder dessen sonstiger Erledigung in der Weise ausgesetzt, dass für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung von einem um 31,66 EUR verminderten zu versteuernden Einkommen auszugehen ist. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Antragstellern auferlegt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller ist ebenso wie Frau A und Herr B Geschäftsführer und zu rund einem Drittel Gesellschafter der M-GmbH. Die Gesellschafter erwarben ihre Anteile aufgrund Kaufvertrags vom 22.07.1993 von der Treuhandanstalt. Das Stammkapital der M-GmbH, die durch Umwandlung des ehemaligen VEB Kombinat C am 12.06.1990 entstand, betrug 800.000,- DM, wovon der Antragsteller 266.000,- DM erwarb. Der Kaufpreis betrug 1,- DM. Gemäß Ziffer IV.3. des Kaufvertrags vom 22.07.1993 in Verbindung mit Ziffer 7. des vorangegangenen Kaufvertrags vom 31.03.1993 gingen der Antragsteller und seine Miterwerber sogenannte besondere Verpflichtungen ein, die insbesondere darin bestanden, auf die Dauer von zwei Jahren mindestens 50 Vollzeitarbeitnehmer und 12 Auszubildende zu beschäftigen, sowie bis zum 31.03.1995 Investitionen in Höhe von 2.000.000,- DM vorzunehmen. Die Verletzung dieser Verpflichtung war mit Vertragsstrafen pönalisiert. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen nimmt das Gericht auf den Text der Vertragsurkunden, Blatt 25 ff. der Streitakte 7 K 7425/07, Bezug. Zur Verhängung von Vertragsstrafen kam es nicht.

Mit Ausnahme einer Kapitalerhöhung von 323,78 EUR leistete der Antragsteller keine Einlagen in das Gesellschaftsvermögen der M-GmbH. In den Jahren 2002 und 2003 flossen dem Antragsteller verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von 14.969,- EUR bzw. 21.337,- EUR zu, für die das Einlagekonto im Sinne des § 27 Körperschaftsteuergesetz - KStG - 2002 / 2003 als verwendet galt. Der Antragsgegner berücksichtigte diese Vorgänge unter Anwendung des Halbeinkünfte-Verfahrens Einkünfte erhöhend in den Einkommensteuerbescheiden 2002 und 2003 vom 30.08.2007, gegen die nach zurückweisender Einspruchsentscheidung unter dem Aktenzeichen 7 K 7425/07 beim erkennenden Senat eine Klage anhängig ist.

Am 06.03.2006 und 26.06.2006 beschloss die Gesellschafterversammlung der M-GmbH, jeweils 90.000,- EUR aus dem Jahresüberschuss zum 31.08.2005 an ihre Gesellschafter auszuschütten, wobei das steuerliche Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2006 verwendet werden sollte. Daraus flossen dem Antragsteller im Streitjahr nach seinen Angaben 60.000,- EUR, nach Angaben des Antragsgegners 59.850,- EUR zu.

Gegenüber der M-GmbH sind gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG 2005/2006 ein steuerliches Einlagekonto zum 31.08.2005 in Höhe von 6.244.094,- EUR und nach Abzug von Gewinnausschüttungen in Höhe von 180.000,- EUR zum 31.08.2006 in Höhe von 6.064.094,- EUR festgestellt worden.

Der Antragsgegner setzte im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 31.01.2008 die dem Antragsteller zugeflossenen Ausschüttungen nach dem Halbeinkünfte-Verfahren mit 29.925,- EUR an, so dass die Einkommensteuer auf 33.300,- EUR festgesetzt wurde und eine Nachzahlung von 12.047,- EUR angefordert wurde. Ohne den Ansatz der Ausschüttungen wäre es zu einer Erstattung von Einkommensteuer in Höhe von 183,- EUR gekommen.

Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller am 07.02.2008 Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Den Aussetzungsantrag lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 19.02.2008 ab. Das Einspruchsverfahren ruht im Hinblick auf das Verfahren 7 K 7425/07.

Am 28.03.2008 haben die Antragsteller bei Gericht einen Antrag gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO - gestellt.

Die Antragsteller machen geltend, die Minderung des steuerlichen Einlagekontos wirke sich erst im Zeitpunkt einer Veräußerung der GmbH-Anteile aus. Jedenfalls seien bei den Anschaffungskosten neben der Zahlung von 1,- DM auch die von den Käufern übernommenen Verpflichtungen zu berücksichtigen. Aus einer Bankbescheinigung für ihren Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren gehe hervor, dass dessen Depot führende Bank die Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto der Y-AG im Sinne des § 27 KStG zweifelsfrei als steuerfrei ansehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Antragsschrift sowie den Schriftsatz vom 26.05.2008 Bezug.

Die Antragsteller beantragen,

die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2006 vom 31.01.2008 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Ausschüttung von Eigenkapital im Sinne des § 27 KStG sei gemäß § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG - auch außerhalb einer Liquidation oder Kapitalherabsetzung als eigenständiger Veräußerungsvorgang im Sinne des § 17 EStG zu betrachten. Soweit diese Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto die Anschaffungskosten überstiegen, sei diese Vermögensmehrung im Zeitpunkt des Zuflusses als Beteiligungsertrag zu erfassen, ohne dass eine Veräußerung von Anteilen erfolgen müsse. Es handele sich um einen veräußerungsgleichen Vorgang. Die vom Antragsteller geleisteten Anschaffungskosten seien bereits bei der Ermittlung der Einkünfte im Jahre 2002 berücksichtigt worden, so dass die im Streitjahr erhaltenen Leistungen die Anschaffungskosten in voller Höhe überstiegen und daher insgesamt als Beteiligungsertrag zu erfassen seien.

Dem Gericht haben die Streitakte des Verfahrens 7 K 7425/07 sowie je ein Band der vom Antragsgegner für die Antragsteller geführten Einkommensteuer- und Vertragsakten zur Steuernummer ... vorgelegen.

II.

Der Antrag ist im Wesentlichen unbegründet.

Es bestehen nur in geringem Umfang ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 und 3 FGO an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen. Ernstliche Zweifel können danach auch bestehen, wenn die streitige Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde und im Schrifttum oder auch in der Rechtsprechung der Finanzgerichte unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vergleiche z.B. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 07.09.2007 V B 97/07, BFH/NV 2008, 120 m.w.N.).

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist nichts ersichtlich, was von dem tenorierten Betrag abgesehen Zweifel an der vom Antragsgegner vertretenen Rechtsauffassung wecken könnte. Vielmehr besteht kein ernstlicher Zweifel, dass der Antragsgegner zu Recht die streitbefangenen Gewinnausschüttungen als Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2002 ff. angesehen hat, denen keine Anschaffungskosten gegenüber standen.

Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG sind § 17 Abs. 1 bis 3 EStG entsprechend anzuwenden, wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2002 ff. ausgeschüttet werden. Im Streitfall ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Antragsteller Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto der M-GmbH in Höhe von jedenfalls 59.850,- EUR erhalten hat. Der Antragsteller ist auch im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG mit mehr als 1 vom Hundert am Kapital der M-GmbH beteiligt.

Der Antragsgegner hat auch zu Recht den Veräußerungsgewinn gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG in Höhe der vom Antragsteller erzielten Einnahmen beziffert. Denn gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungsgewinn in diesem Sinne ist im Rahmen der entsprechenden Anwendung gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG die Höhe der vom Antragsteller erzielten Ausschüttung. Dieser sind die Anschaffungskosten gegenüber zu stellen, soweit sie nicht bereits im Rahmen anderer nach § 17 EStG steuerpflichtiger Vorgänge verbraucht worden sind.

Diese Auffassung entspricht der allgemeinen Auffassung im Schrifttum (Oberfinanzdirektion - OFD - Erfurt, Verfügung vom 12.02.1998 Deutsches Steuerrecht - DStR - 1998, 569; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl. 2008, § 17 Rz 238; Blümich/Ebling, EStG, § 17 Rz 278; Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 17 Rz 325; Kirchhof/ Gosch, EStG, 8. Aufl. 2008, § 17 Rz 300; Schneider in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 17 Rz E 160; Ott in Festschrift für Klaus Korn, Bonn/Berlin 2005, S. 105 [113]; Gail/Düll/Heß-Emmerich/Fuhrmann, GmbH-Rundschau 1997, 1021 [1031 f.]; Müller, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2001, 1200). Dabei wird weder vertreten, die Rechtsfolge des § 17 Abs. 4 EStG werde bis zu einer Anteilsveräußerung aufgeschoben, noch wird vertreten, die in Anknüpfung an das Körperschaftsteuerrecht erfolgte Ersetzung des EK 04 durch das steuerliche Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2002 ff. habe zu einer Rechtsänderung geführt. Für derartige Auffassungen sind auch nach Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 EStG keine Anhaltspunkte ersichtlich. Denn die Vorschrift dient dazu Gestaltungen zu verhindern, in denen Kapitalgesellschaften zunächst durch nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehörende Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2002 ff. "leergeschüttet" und sodann die wertlosen Gesellschaftsanteilen zu geringen Kaufpreisen veräußert werden. Ohne die Vorschrift des § 17 Abs. 4 EStG könnte der Gesellschafter auf diese Weise den in der Gesellschaft verkörperten Wertzuwachs steuerfrei vereinnahmen.

Zu Gunsten der Antragsteller folgt auch nichts aus der von ihnen eingereichten geänderten Steuerbescheinigung für die Y-AG. Denn die Depot führende Bank ist nach §§ 43 ff. EStG zum Abzug von Kapitalertragsteuer nur berechtigt und verpflichtet, soweit der Depotinhaber Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hat, was nach der Umwidmung der Ausschüttung in eine Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2002 ff. gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht mehr der Fall war. Für Einkünfte im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG ist ein Quellensteuerabzug nicht vorgesehen.

Den Einnahmen des Antragstellers aus den Gewinnausschüttungen standen keine Gewinn mindernde Anschaffungskosten gegenüber, nachdem der Antragsgegner sie im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2002 zu berücksichtigen hatte, was er nach seinem Schriftsatz vom 14.08.2007 zur Einkommensteuer 2002 auch beabsichtigte. Es kann dahinstehen, ob er diese Ankündigung mit dem Einkommensteuerbescheid 2002 vom 30.08.2007 tatsächlich umgesetzt hat (woran Zweifel bestehen). Denn ein etwaiger Fehler könnte im anhängigen Klageverfahren korrigiert werden.

Dem Antragsteller sind keine den Betrag von 324,28 EUR übersteigenden Anschaffungskosten entstanden. Der Antragsteller hat selbst als weitere Anschaffungskosten nur die im Kaufvertrag übernommenen "besonderen Verpflichtungen" benannt. Daraus sind jedoch keine steuerlich relevanten Anschaffungskosten entstanden. Denn die danach abzuschließenden Arbeitsverträge waren von der M-GmbH abzuschließen bzw. aufrecht zu erhalten. Entsprechendes gilt für die zugesagten Investitionen. Es kann dahingestellt bleiben, wie die Rechtslage wäre, wenn der Antragsteller zu den vereinbarten Vertragsstrafen herangezogen worden wäre, da diese Inanspruchnahme ausgeblieben ist. Letztlich handelte es sich bei der Arbeitsplatzgarantie und der Investitionsverpflichtung um eine Eventualverbindlichkeit, die nur dann zu Anschaffungskosten führt, wenn der Antragsteller tatsächlich in Anspruch genommen wird. Dies entspricht der Rechtslage zu Eigenkapital ersetzenden Bürgschaften (vergleiche z.B. Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 17 Rz. 202; Kirchhof/Gosch, EStG, 8. Auflage 2008, § 17 Rz. 230 jeweils m.w.N.).

Insbesondere sind die Anschaffungskosten des Antragstellers nicht aus der Höhe des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 KStG 2006 abzuleiten. Dieses resultierte ursprünglich aus dem am 01.01.1991 in der Eröffnungsbilanz auf diesen Stichtag auszuweisenden Eigenkapital, das das Nennkapital überstieg (§ 54 a Nr. 7 KStG 1991 in Verbindung mit § 30 Abs. 3 KStG 1991). Dieses übersteigende Eigenkapital wurde dem sogenannten EK 04 im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1991 ff. zugewiesen. Dieses EK 04 blieb auch dann unangetastet, wenn die Gesellschaft nach dem 01.01.1991 erhebliche Verluste erzielte (§ 33 Abs. 1 KStG 1991). Es blieb selbst dann bestehen, wenn die Gesellschaft überschuldet war. Aus diesen Gründen bestand keinerlei Zusammenhang zwischen dem Bestand des EK 04 und der Höhe der Anschaffungskosten eines späteren Erwerbers. Die festgestellten Beträge des EK 04 sind sodann in das steuerliche Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2002 ff. überführt worden (§ 39 KStG 2002 ff.). Der Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 KStG 2006 hat nur Bedeutung für die Frage, ob Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto als verwendet gelten. Zwar stellt er keinen Grundlagenbescheid dar, er hat jedoch Tatbestandswirkung (BFH, Urteile vom 19.07.1994 VIII R 58/92, Sammlungen der Entscheidungen des BFH - BFHE - 176, 317, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1995, 362;vom 19.04.2005 VIII R 27/03, BFH/NV 2005, 1807 jeweils zum Feststellungsbescheid gemäß § 47 KStG vor 2002).

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Verfügung der OFD Cottbus vom 09.02.1995 S 2244 - 6 - St 111 B, LEXinform-Nr. 0124444 zu entnehmen ist, nach § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG festgestellte Beträge seien in jedem Fall Anschaffungskosten der Gesellschafter. Diese Auffassung ist ausgehend von den voran gestellten Erwägungen offensichtlich unzutreffend und daher unbeachtlich.

Der Erwerb der GmbH-Anteile im Jahre 1993 für 1,- DM stellt auch keinen unentgeltlichen Erwerb im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG dar. Denn die Treuhandanstalt war für den Antragsteller eine fremde Person, so dass eine widerlegbare tatsächliche Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäftes spricht. Eine unentgeltliche Übertragung würde voraussetzen, dass die Erwerber von der Treuhandanstalt eine unentgeltliche Zuwendung aus dem Vermögen des bisherigen Anteilseigners erhalten sollten. Angesichts der haushaltsrechtlichen Bindungen der Treuhandanstalt ist ein derartiger Gedanke derart fernliegend, dass er ohne weitere substantiierte Beweismittel nicht weiter verfolgt werden muss. Insbesondere steht die geringe Höhe des Kaufpreises von 1,- DM der Annahme einer entgeltlichen Veräußerung nicht entgegen (BFH, Beschluss vom 18.11.1998 VIII B 101/97, BFH/NV 1999, 650 m.w.N.).

Ernstliche Zweifel bestehen jedoch insoweit, als der Antragsgegner die streitbefangenen Einkünfte nicht um den Freibetrag gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 i. V. mit Abs. 3 EStG gekürzt hat. Es ist umstritten, ob die entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 3 EStG im Rahmen des § 17 Abs. 4 EStG auch die Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2002 ff. umfasst (bejahend: Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, § 17 Rz 265; verneinend: Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, EStG, § 17 Rz 197; Schneider in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 17 Rz D 56; Ott in Festschrift für Klaus Korn, Bonn/Berlin 2005, S. 105 [117]), ebenso ob mehrere Vorgänge, die dieselbe Kapitalgesellschaft im selben Besteuerungszeitraum betreffen, zusammenzurechnen sind (bejahend: Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl. 2008, § 17 Rz 193; Blümich/ Ebling, EStG, § 17 Rz 238; Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 17 Rz 251; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, EStG, § 17 Rz 200; verneinend: Korn/Strahl, EStG, § 17 Rz 111; Hörger in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 17 Rz 286; Schneider in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 17 Rz D 49). Daher ist für das summarische Verfahren gemäß § 69 Abs. 3 FGO von der für den Antragsteller günstigsten Auffassung auszugehen, also davon, dass der Freibetrag gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 i. V. mit Abs. 3 EStG bei jeder Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto gemäß § 27 KStG 2002 ff. gesondert gewährt werden kann.

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Freibetrag nur entsprechend der Höhe der veräußerten Anteile zum gesamten Stammkapital gewährt wird (allgemeine Auffassung, vgl. z.B. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl. 2008, § 17 Rz 193), hier also entsprechend dem Anteil an der gesamten Ausschüttung. Die Ausschüttungen setzt das Gericht entsprechend den vorliegenden Steuerbescheinigungen und dem Vortrag der Antragsteller mit jeweils 30.000,- EUR an. Der geringere Wert des Antragsgegners ist nach Aktenlage nicht nachvollziehbar. Daher ermäßigen sich die in § 17 Abs. 3 EStG genannten Beträge auf 1/3, also auf einen Freibetrag von 3.020,- EUR und eine Kappungsgrenze von 12.033,33 EUR. Daraus folgt, dass die Ausschüttungen von jeweils 15.000,- EUR die Kappungsgrenze um 2.966,67 EUR übersteigen. Um diesen Betrag vermindert sich der Freibetrag von 3.020,- EUR, so dass jeweils ein Freibetrag von 53,33 EUR verbleibt. Um diesen Betrag je Ausschüttung ist für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung das zu versteuernde Einkommen zu vermindern, also um insgesamt 106,66 EUR.

Daraus ergeben sich folgende Einkünfte im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG:

 Einnahmen60.000,00 EUR
Kürzung nach § 3 Nr. 40 Buchst. c) EStG ./. 30.000,00 EUR
Zwischensumme30.000,00 EUR
Minderung nach § 17 Abs. 3 EStG ./. 106,66 EUR
Einkünfte im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG 29.899,34 EUR
bisher angesetzt29.925,00 EUR
Differenz31,66 EUR

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Für die Entscheidung über den vorläufigen Rechtsschutz ergibt sich die Unanfechtbarkeit aus § 128 Abs. 3 FGO, da die Beschwerde nicht zugelassen worden ist, im Übrigen aus § 128 Abs. 4 FGO.



Ende der Entscheidung

Zurück