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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 24.10.2007
Aktenzeichen: 7 V 7357/07
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c
FGO § 33 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

7 V 7357/07

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO)

- Verletzung des Steuergeheimnisses

In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg -7. Senat -

am 24. Oktober 2007

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ... und

die Richterin am Verwaltungsgericht ...

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Der Antragsteller war im Jahre 2004 Mitglied des Abgeordnetenhauses des Landes Berlin, ferner auch Mitglied des Petitionsausschusses des Abgeordnetenhauses. Diese Ämter hat er auch noch heute inne.

Am 19.03.2003, 05.11.2004 und 06.12.2004 gingen beim Petitionsausschuss Petitionen von Beamten eines Berliner Finanzamts ein, in denen diese den Vorwurf erhoben, in ihrem Amt Mobbing ausgesetzt zu sein. In seiner Funktion als Mitglied des Petitionsausschusses befasste sich u.a. der Antragsteller mit diesen Vorwürfen. Am 07.12.2004 wurde der Vorsteher des betroffenen Finanzamtes durch den Petitionsausschuss angehört. Am 15.12.2004 gab der Vorsitzende des Petitionsausschusses, der Abgeordnete A, eine Presseerklärung heraus, in der er die Einschätzung äußerte, dass die Mobbing-Vorwürfe berechtigt seien.

(wird ausgeführt)

Am 08.07.2007 erhob die Zeitschrift "steuertip" den Vorwurf, nachdem der Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses der Senatsverwaltung eine Rüge erteilt habe, seien als Retourkutsche prompt gegen die führenden Ausschussmitglieder von SPD, CDU und FDP Betriebsprüfungen in Gestalt von Tiefenprüfungen durchgeführt worden. Am 16.08.2007 berichtete die Tageszeitung X, dass der Antragsteller sowie der Abgeordnete A und der ehemalige Abgeordnete B einen "Gegenbesuch" erhalten hätten. Am gleichen Tag äußerte sich der Antragsteller in einem Fernsehbeitrag dahin gehend, dass das ganze eine Retourkutsche der Verwaltung sei, um die Abgeordneten einzuschüchtern, damit sie die Dinge nicht so weiterverfolgen, wie sie das bisher sehr intensiv getan hätten. Die Finanzverwaltung habe eindeutig versucht, am Anfang der Legislaturperiode zu beeinflussen, dass er -wenn er dann wieder im Petitionsausschuss sein sollte -das öffentliche Dienstrecht dann nicht mehr als Aufgabengebiet habe.

In einer Presseerklärung Nr. 07-044 vom 17.08.2007 wies der Antragsgegner die Vorwürfe gegen die Finanzverwaltung zurück, wies jedoch wegen der Einzelheiten daraufhin, dass er dem Steuergeheimnis unterliege.

Am 22.08.2007 berichtete die Tageszeitung Y, dass bei den Herren B und A Tiefenprüfungen durchgeführt worden seien und der Antragsteller wegen einer fehlenden Unterschrift aus dem Urlaub zurück beordert worden sei. Der Antragsteller wurde mit dem Satz zitiert: "Damit hätte das Finanzamt ja warten können, das war reine Schikane". Der Tageszeitung Z erschien am 25.08.2007 mit einem Artikel, nach dem der Antragsteller die Unterschrift auf der Überweisung seiner Steuervorauszahlungen vergessen hatte, die daraufhin nicht beim Finanzamt ankam. Dieses habe sofort ohne Mahnung sein Konto sperren lassen. Ebenfalls am 28.08.2007 berichtete die Tageszeitung Z, dass der Antragsteller seinen Urlaub habe unterbrechen müssen, weil das Finanzamt von ihm eine Unterschrift verlangte und zitierte den Antragsteller wörtlich: "Wir sollten unter Druck gesetzt werden".

Wegen der Einzelheiten der vorgenannten Presseveröffentlichungen sowie der Presseerklärung nimmt das Gericht auf die Anlagen zum Schriftsatz des Antragsgegners an das Bundesministerium der Finanzen -BMF-vom 10.09.2007 Bezug.

Am 24.08.2007 tagte der Ältestenrat des Abgeordnetenhauses, um sich mit den in der Öffentlichkeit laut gewordenen Vorwürfen, die Finanzverwaltung habe unlauteren Druck auf die Mitglieder des Petitionsausschusses ausgeübt, zu befassen. Seitens des Senats von Berlin nahm die Bürgermeisterin und Senatorin für Stadtentwicklung C an der Sitzung teil. Die Abgeordneten kamen nach längerer Diskussion überein, dass der Antragsteller sowie der Abgeordnete A Einverständniserklärungen vorlegen sollten, nach denen die Finanzverwaltung berechtigt sein sollte, dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses über Einzelheiten der Steuerangelegenheiten Bericht zu erstatten. Dieser wollte sich sodann ein Bild von der Angelegenheit machen und danach das weitere Vorgehen überdenken. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf das Wortprotokoll ÄltR 16/20 (Anlage Ast 3 zur Antragsschrift) Bezug. Senatorin C informierte den Senator für Finanzen über das Ergebnis der Ausschusssitzung.

Am 13.09.2007 schrieb der Präsident des Abgeordnetenhauses an den Regierenden Bürgermeister von Berlin und bat um substantiierte Auskunft zu der Frage, wer, wann und aus welchem Grund die näher bezeichneten Maßnahmen bei den Abgeordneten veranlasst habe. Er bat ferner um Übermittlung geeigneter Unterlagen, die das Ergebnis der Prüfung nachvollziehbar werden ließen. Ferner bat er darum, bei der Verarbeitung und Übermittlung der Vorgänge auf die Wahrung der Vertraulichkeit größte Sorgfalt zu legen. Dem Anschreiben waren Erklärungen des Antragstellers und des Abgeordneten A über die Befreiung vom Steuergeheimnis beigefügt, die mit weiterem Schreiben vom 24.09.2007 hinsichtlich des Antragstellers ausgetauscht wurde. Danach erteilt der Antragsteller die Zustimmung zur Offenbarung der durch das Steuergeheimnis geschützten Kenntnisse über seine Steuerangelegenheiten, die zur Beantwortung der Anfrage des Präsidenten des Abgeordnetenhauses erforderlich sind. Ferner ist der Präsident des Abgeordnetenhauses befugt, bei einer Unterrichtung des Ältestenrats und des Präsidiums des Abgeordnetenhauses über die gesamte Angelegenheit, auf Erkenntnisse, die er aus der Beantwortung seiner Anfrage oder die Studien von übersandten Unterlagen gewonnen hat, zurückzugreifen, so dass die Gründe für eine von ihm mitgeteilte Bewertung des Vorgangs für die Mitglieder dieser Gremien nachvollziehbar sind. Diese Schreiben sind der Senatsverwaltung für Finanzen nicht vor dem 02.10.2007 zugegangen.

Am 24.08.2007 bat der Antragsgegner den Antragsteller, der Finanzverwaltung die Offenbarung von Tatsachen aus dem Besteuerungsverfahren des Antragstellers zu bewilligen, damit die Finanzverwaltung in der Öffentlichkeit zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen könne. Darauf reagierte der Antragsteller mit Schreiben vom 04.09.2007, ohne die begehrte Einwilligung zu erteilen.

Vom 27.08.2007 bis 30.08.2007 führte die innere Revision des Antragsgegners eine außerordentliche Prüfung über die Behandlung der steuerlichen Angelegenheiten des Antragstellers sowie der Herren A und B durch. Die Ergebnisse dieser Prüfung wurden in einem Bericht vom 30.08.2007 niedergelegt. Am 10.09.2007 bat der Antragsgegner das BMF um Zustimmung für eine Veröffentlichung des Berichts der inneren Revision vom 30.08.2007 nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c Abgabenordnung -AO-(wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 24 ff. Streitakte). Dem Schreiben war der Bericht vom 30.08.2007 als Anlage 18 beigefügt, auf die das Gericht wegen der Einzelheiten Bezug nimmt. Das BMF stimmte mit Schreiben vom 28.09.2007 der Durchbrechung des Steuergeheimnisses zu. Mit Schreiben vom 27.09.2007, dem Antragsteller zugegangen am 28.09.2007, kündigte der Antragsgegner an, nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO verfahren zu wollen, wenn die Befreiungserklärung des Antragstellers nicht bis zum 28.09.2007 vorliege.

Am 01.10.2007 verbreitete der Antragsgegner eine Presseerklärung Nr. 07-058, in der er umfassend zu den gegen die Finanzverwaltung in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfen Stellung nahm. Hinsichtlich des Antragstellers legte der Antragsgegner den Ablauf des Vollstreckungsverfahrens dar, ohne die rückständigen Beträge im Einzelnen zu bezeichnen. Es ist lediglich von einem "erheblichen Gesamtrückstand" die Rede. Ferner enthält die Presseerklärung Ausführungen zu den steuerlichen Verhältnissen der Herren B und A sowie zu einem Rechtsanwalt, der einen der Petenten vor dem Petitionsausschuss vertritt. Auch hinsichtlich des Rechtsanwalts war in der Öffentlichkeit der Vorwurf erhoben worden, aufgrund seiner anwaltlichen Vertretung des Petenten sei bei ihm eine Betriebsprüfung durchgeführt worden. Die Presseerklärung ist nach wie vor über die Homepage des Antragsgegners abrufbar. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 17 ff. der Streitakte Bezug.

Am 08.10.2007 stellten der Antragsteller und der ehemalige Abgeordnete B gegen den Senator für Finanzen Strafantrag wegen Verletzung des Steuergeheimnisses. Im Rahmen eines Berichts der Fernsehsendung zu diesem Anlass vom gleichen Tag (abrufbar über Homepage des Fernsehsenders) äußerte der Antragsteller u.a.: "Es war unverhältnismäßig, dass es zu einer Sperrung des Kontos kam, zu einer Pfändung des Kontos, als ich im Urlaub war. Ich konnte da also gar nicht reagieren und es gab also vorher auch nicht irgendwie ein Anzeichen dafür. Also denke ich sehr wohl schon, dass das im Zusammenhang steht mit den Mobbingfällen. Und das zeigt ja auch die Zeitachse. 2003 begann es, 2004 liefen diese Sachen, gerade auch in meinem Fall. Da muss man sagen, dass wir als Abgeordnete schon sehr zeitig ins Visier der Senatsverwaltung hier gefallen sind."

Am 10.10.2007 forderte der Antragsteller den Antragsgegner zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bis zum 12.10.2007, 18:00 Uhr auf. Dieser Aufforderung folgte der Antragsgegner nicht. Er reichte vielmehr am 12.10.2007 eine Schutzschrift bei Gericht ein.

Am 19.10.2007 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Er hält den Antrag für zulässig.

Das Presseecho auf die Presseerklärung vom 01.10.2007 sei negativ gewesen, so dass die Gefahr bestehe, dass der Antragsgegner den gegen ihn aufgekommenen Verdacht durch die Offenbarung weiterer Details aus dem Vollstreckungsverfahren gegen den Antragsteller zu entkräften versuche. Ferner sei auch hinsichtlich der bereits offenbarten Tatsachen mit jeder erneuten öffentlichen Verlautbarung ein erneuter Eingriff verbunden. Im Übrigen handele es sich durch die weiter andauernde Veröffentlichung im Internet um einen dauerhaften Eingriff. Der Antragsteller müsse sich gegen den fortdauernden und größer werdenden Schaden aus dem Eingriff in das Steuergeheimnis selbst dann widersetzen können, wenn der eigentliche Ersteingriff bereits erfolgt sei.

Der Antrag sei auch begründet.

Angesichts des grundrechtlich verbürgten Schutzes des Steuergeheimnisses seien hohe Anforderungen an eine Veröffentlichung nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO zu stellen. Die Finanzverwaltung müsse durch unwahre Tatsachenbehauptungen in eine Notstandssituation gekommen sein, welche das Vertrauen der Bürger in die ordnungsgemäße Behördentätigkeit in schwerster Weise erschüttere, so dass als letztes Mittel die Offenbarung von Steuergeheimnissen zur Richtigstellung gerechtfertigt erscheine.

Im Streitfall sei schon fraglich, ob der Antragsgegner überhaupt mit der Verbreitung unwahrer Tatsachen konfrontiert gewesen sei, da die beanstandeten Äußerungen als die Äußerungen eines bloßen Verdachtes zu verstehen gewesen seien. Jedenfalls habe am 01.10.2007 keine Notstandssituation für den Antragsgegner mehr bestanden, da sich das öffentliche Interesse längst wieder anderen Ereignissen zugewendet habe.

Jedenfalls sei die Presseerklärung vom 01.10.2007 zur Erreichung des verfolgten Zweckes unverhältnismäßig gewesen. Es fehle schon an der Eignung zur Erreichung des verfolgten Zweckes. Denn die Presseerklärung lasse unbeantwortet, wer konkret wann was angeordnet habe und ob das Angeordnete nachweislich dem typischen, auch in gleich gelagerten Fällen zu erwartenden Behördenverhalten entsprach.

Ferner habe es ein milderes Mittel zur Ausräumung der gegen den Antragsgegner erhobenen Vorwürfe gegeben, nämlich die Auskunft an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses. Dieses Mittel wäre ferner das wirksamere Mittel gewesen, weil im Falle der erfolgreichen Befreiung vom Verdacht der gesteuerten Sonderprüfungen eine entsprechende Verlautbarung aus dem Abgeordnetenhaus eine sehr viel größere und positivere Wirkung auf die Öffentlichkeit entfaltet hätte, als dies mit der einseitigen Presseerklärung je zu erzielen war. Gegebenenfalls hätte der Antragsgegner Vorschläge machen können, wie die vorliegende Einverständniserklärung nachzubessern gewesen sei.

Schließlich fehle es an der nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO erforderlichen Anhörung des Antragstellers. Die mit Schreiben vom 27.09.2007 gesetzte Frist zur Äußerung am Tage des Zugangs sei viel zu kurz. Es sei dem Antragsteller außerdem keine Gelegenheit gegeben worden, sich zum Vorhaben einer Offenbarung von Steuergeheimnissen gegenüber einer breitesten Öffentlichkeit und zu dem zu Grunde liegenden Verdacht einer außerplanmäßigen Vollstreckungsmaßnahme zu äußern.

Der Antragsteller beantragt im Wege der einstweiligen Anordnung,

dem Antragsgegner bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu untersagen, die in seiner Presseerklärung enthaltenen Aussagen zu den steuerlichen Verhältnissen des Antragstellers gegenüber Dritten zu verlautbaren und/oder sonst wie öffentlich zu verbreiten, dem Antragsgegner aufzugeben, unverzüglich die Presseerklärung aus den Internetseiten des Antragsgegners unter zu entfernen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

den Antrag zurückzuweisen,

hilfsweise,

über den Antrag nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Er hält den Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig. Der Vorgang sei mit der zulässigen Durchbrechung des Steuergeheimnisses am 01.10.2007 abgeschlossen.

Jedenfalls sei der Antrag unbegründet.

Im Zusammenhang mit der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Antragsteller seien unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt und durch die Presseerklärung vom 01.10.2007 richtig gestellt worden. Die Behauptungen seien nicht nur durch die Presse, sondern auch durch den Antragsteller selbst aufgestellt worden, wie sich aus den Äußerungen in verschiedenen Fernsehsendungen und Presseartikeln ergebe.

Die Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO seien erfüllt. Dies habe das BMF nach eingehender Prüfung bestätigt. Für die Anwendung des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO sei unbeachtlich, ob andere Ereignisse im Vordergrund des öffentlichen Interesses standen.

Die Herausgabe der Presseerklärung vom 01.10.2007 sei auch verhältnismäßig gewesen. Es habe sich um ein geeignetes Mittel gehandelt, weil es sich um einfache Sachverhalte gehandelt habe, die in der Presseerklärung auch für Laien verständlich dargestellt worden seien. Es sei insbesondere für jeden verständlich gewesen, dass der Antragsteller Steuerschulden hatte, sich nicht an Ratenzahlungsvereinbarungen gehalten habe und deshalb wie jeder andere Vollstreckungsschuldner behandelt worden sei. Es sei darauf hingewiesen worden, dass es sich um das normale Verfahren gehandelt habe und insbesondere keine Weisung einer vorgesetzten Dienstbehörde erfolgt sei. Weitere Einzelheiten seien nicht veröffentlicht worden, um die Durchbrechung des Steuergeheimnisses auf das absolut erforderliche Maß zu beschränken. Schließlich sei die Presse aufgrund der Presseerklärung vom 01.10.2007 erstmals in der Lage gewesen, den Sachverhalt überhaupt zu beurteilen. Dementsprechend sei es in der Folgezeit auch zu sachlicheren Artikeln in verschiedenen Tageszeitungen gekommen. Die Diskussion sei danach nicht durch die Presseerklärung verschärft worden, sondern durch die vom Antragsteller eingereichte Strafanzeige.

Der Antragsgegner könne nicht darauf verwiesen werden, Auskünfte an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses zu erteilen. Dieser habe wie der Ältestenrat kein Untersuchungsmandat wie ein Untersuchungsausschuss. Der Ältestenrat könne lediglich die Vorwürfe des Antragstellers und des Abgeordneten A auf freiwilliger Basis prüfen. Für die beiden weiteren Betroffenen habe der Ältestenrat keine Handlungsmöglichkeit. Diese hätten auch keine Befreiungserklärung gegenüber dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses abgegeben. Das vom Antragsgegner betriebene Verfahren nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO sei der einzige juristisch legitimierte Weg, um gegen in der Öffentlichkeit verbreitete unwahre Vorwürfe und Anschuldigungen vorzugehen. Ferner sei die Befreiungserklärung vom 18.09.2007 nicht geeignet, den Sachverhalt vollständig aufzuklären und in der Öffentlichkeit darzustellen. Eine Anforderung einer Nachbesserung sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil die Befreiungserklärung vor Abgabe der Presseerklärung am 01.10.2007 beim Antragsgegner nicht bekannt gewesen sei. Im Übrigen hätten die auf die Schreiben vom 24.08.2007 eingegangenen Antworten nicht auf eine Bereitschaft zur gemeinsamen Aufklärung des Sachverhalts schließen lassen.

Der Antragsgegner habe auch nicht gegen die Anhörungspflicht gem. § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO verstoßen. Das Schreiben vom 27.09.2007 sei zuvor bereits am 21.09.2007 als Schreiben vom 20.09.2007 zur Post gegeben worden, jedoch am 27.09.2007 mit neuer Anschrift zurück gekommen. Der Antragsteller habe dem Antragsgegner seinen Umzug nicht mitgeteilt. Er habe am 01.10.2007 den Eingang der Post abgewartet und die Presseerklärung erst am Nachmittag veröffentlicht, so dass dem Antragsteller die -wenn auch kurzfristige -Möglichkeit verblieben sei, sich zum Verfahren zu äußern. Darüber hinaus handele es sich bei dem Anhörungsgebot um eine Sollvorschrift, so dass ausnahmsweise auf die Anhörung verzichtet werden könne.

II. Das Gericht entscheidet gemäß §§ 114 Abs. 4, 113 Finanzgerichtsordnung -FGO-durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO). Die Sache erscheint eilbedürftig, und die Rechtsstandpunkte sind eingehend ausgetauscht worden.

Der Finanzrechtsweg ist gemäß § 33 FGO eröffnet.

Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist der Finanzrechtsweg gegeben in allen öffentlichrechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Der Begriff der Abgabenangelegenheiten wird in § 33 Abs. 2 FGO weiter dahin gehend definiert, dass es sich um mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten handelt.

Im Streitfall handelt es sich um Abgabenangelegenheiten im Sinne der vorgenannten Vorschriften. Die im Jahr 2004 beigetriebenen Steuern unterliegen der Gesetzgebung des Bundes und werden durch das für den Antragsteller zuständige Finanzamt, eine Landesfinanzbehörde im Sinne des § 17 Abs. 2 Finanzverwaltungsgesetz -FVG-, verwaltet. Der Antragsgegner ist als oberste Landesfinanzbehörde im Sinne des § 6 FVG für die Leitung der Landesfinanzverwaltung zuständig. Dazu zählen auch die Wahrung des Ansehens der Finanzverwaltung im Ganzen sowie die Wahrnehmung der Öffentlichkeitsarbeit für die Landesfinanzbehörden. Nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c, 2. Halbsatz AO ist ihm die Entscheidung über die Offenbarung von geschützten Verhältnissen zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen übertragen.

Es handelt sich nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit. Der Umstand, dass der Antragsteller Mitglied des Landesparlaments und der Antragsgegner Teil der Landesregierung ist, entzieht den Rechtsstreit nicht der finanzgerichtlichen Prüfung. Denn Gegenstand des Verfahrens sind nicht Rechte und Pflichten, die für die Beteiligten aus ihrem besonderen verfassungsrechtlichen Status erwachsen, sondern solche, die sich aus der streitbefangenen Norm des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO ergeben.

Der Antrag erscheint auslegungsbedürftig. Einerseits bezieht sich der förmliche Antrag (Bl. 2 der Antragsschrift) ausschließlich auf die in der Presseerklärung vom 01.10.2007 enthaltenen Aussagen, andererseits beruft sich der Antragsteller für die Dringlichkeit auf künftig zu erwartende Veröffentlichungen. Letztere, weitere Details offenbarende Veröffentlichungen waren auch Gegenstand der vom Antragsgegner abgeforderten Unterlassungserklärung. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Antragsteller seinen bei Gericht gestellten Antrag bewusst umformuliert hat, dass also solche künftigen, erweiternden Veröffentlichungen nicht Gegenstand der einstweiligen Anordnung sein sollen.

Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz Rechtschutz fördernder Auslegung. Der Antrag hätte hinsichtlich künftiger, erweiternder Veröffentlichungen keine Aussicht auf Erfolg, da es insoweit am Anordnungsgrund fehlen würde. Denn nach Aktenlage ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner beabsichtigt über die am 01.10.2007 veröffentlichten Angaben hinaus, weitere Veröffentlichungen vorzunehmen. Das Gericht folgt nicht dem Antragsteller, der vorträgt, damit sei wegen des verheerenden Presseechos zu rechnen. Der Antragsgegner weist zu Recht daraufhin, dass in der jüngeren Zeit eine Reihe von Veröffentlichungen erschienen sind, die den Vorwurf unlauterer Einflussnahme auf den Antragsteller als widerlegt oder jedenfalls nicht belegt ansehen (vgl. Tageszeitung XY vom 06.10.2007: "Die Daten wurden von der in inneren Revision der Finanzverwaltung zusammengestellt. Wenn sie richtig sind, lässt sich der Verdacht nicht belegen, dass steuerliche Prüfvorgänge mit der Bearbeitung der Mobbingvorwürfe zeitlich oder sachlich im Zusammenhang stehen."; Tageszeitung XY vom 09.10.2007 - Überschrift: wird ausgeführt). Dagegen hatte der Antragsgegner vor der Pressemitteilung vom 01.10.2007 schon mit seiner Anfrage vom 24.08.2007 erkennen lassen, dass er beabsichtigte, in die Öffentlichkeit zu gehen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 114 FGO ist statthaft. Insbesondere kommt nicht der nach § 114 Abs. 5 FGO grundsätzlich vorrangige Rechtsschutz in Form des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 FGO in Betracht. Bei den hier streitigen Mitteilungen handelt es sich um Realakte, gegen die sich der Antragsteller im Hauptsacheverfahren im Wege der sonstigen Leistungsklage (§ 40 Abs. 2 FGO) in Gestalt einer Unterlassungsklage wehren kann (vgl. z.B. Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluss vom 16.10.1986 V B 3/86, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE147, 487, Bundessteuerblatt -BStBl-II 1987, 30; Tormöhlen in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 30 AO Rz. 160; vgl. aber auch BFH, Beschluss vom 21.11.1995 VII B 124/95, Haufe-Index 1148407, Leitsätze in BFH/NV 1996, 457 und [...], der offen lässt, ob statt dessen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung einschlägig ist).

Ein Anordnungsgrund ist gegeben, da sich insbesondere durch die Bereitstellung der Presseerklärung im Internet der vom Antragsteller behauptete Eingriff in sein Recht auf Schutz seiner steuerlichen Daten weiterhin vollzieht. Daher besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers. Es ist zu Gunsten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass dann, wenn die vom Antragsteller behauptete Rechtsverletzung tatsächlich gegeben wäre, durch die fortdauernde Veröffentlichung, insbesondere auf der Homepage des Antragsgegners, die bereits eingetretene Rechtsverletzung intensiviert würde, weil ein noch größerer Kreis von Personen weiterhin leicht auf sämtliche veröffentlichten Daten zugreifen könnte. Nach Auffassung des Gerichts würde eine andere Auffassung den effektiven Rechtsschutz des Antragstellers (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz -GG-) beeinträchtigen. Diese Aspekte unterscheiden den Streitfall von Fällen, in denen die Kenntnisnahme einer konkreten Person oder Behörde streitgegenständlich ist (vgl. BFH, Urteil vom 23.11.1993 VII R 56/93, BFHE 173, 201, BStBl II 1994, 356).

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Es fehlt an einem Anordnungsanspruch.

Zwar kann dem Antragsteller nicht entgegengehalten werden, dass mit Veröffentlichung der Pressemitteilung vom 01.10.2007 die streitbefangenen Aussagen offenkundig und damit einer Offenbarung nicht mehr zugänglich sind. Einzuräumen ist, dass nach allgemeiner Auffassung alles, was jedem Interessenten ohne größere Schwierigkeiten zugänglich ist, allgemein als offenkundig und damit nicht mehr der Offenbarung zugänglich angesehen wird (Drüen in Tipke/Kruse, AO, § 30 Tz. 52; Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 30 Rz. 123; Tormöhlen in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 30 AO Rz. 30; Schwarz, AO, § 30 Rz 28a). Zum Teil werden die durch Pressemitteilungen veröffentlichten Daten und Verhältnisse ausdrücklich als Beispiel für offenkundige Tatsachen genannt (Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 30 Rz. 123). Aus den Gründen, aus denen das Gericht bereits das Rechtsschutzbedürfnis bejaht hat, geht es im Streitfall jedoch auch von einer weiterhin bevorstehenden Offenbarung, insbesondere durch weitere Zugriffe auf die Homepage des Antragsgegners aus.

Der Antragsgegner ist aber nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO berechtigt, die streitbefangenen Angaben zu veröffentlichen.

Nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO ist die Offenbarung der gemäß § 30 AO geschützten Verhältnisse zulässig, wenn die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern. Es soll das Vertrauen in die integre Arbeit der Behörde geschützt werden (Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 30 Rz. 199).

Die Entscheidung über die Offenbarung ist eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nur in den Grenzen des § 102 FGO überprüft werden kann (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO, § 30 Tz. 134; Tormöhlen in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 30 AO Rz. 147; Schwarz, AO, § 30 Rz. 51).

Der fortwährenden Offenbarung steht kein Verstoß gegen die Anhörungspflicht gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO entgegen. Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Pressemitteilung am 01.10.2007 ausreichend angehört worden war. Gegenstand der hier anhängigen einstweiligen Anordnung ist allein, ob der Antragsgegner im Beschlusszeitpunkt zur weiteren Veröffentlichung der streitbefangenen Daten befugt ist. Sollte die Anhörung am 01.10.2007 zu Unrecht unterblieben bzw. nicht ausreichend gewährt worden sein, wäre dieser Verstoß jedenfalls in der Zwischenzeit geheilt, da der Antragsteller Gelegenheit hatte, sich zu der streitigen Veröffentlichung zu äußern. Er hat diese Möglichkeit auch mit seinem Schriftsatz vom 10.10.2007 wahrgenommen.

Die materiellen Voraussetzungen für die fortdauernde Veröffentlichung der in der Presseerklärung vom 01.10.2007 enthaltenen, den Antragsteller betreffenden Daten liegen vor. Die Veröffentlichung der Daten ist erforderlich, um in der Öffentlichkeit verbreitete unwahre Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung zu erschüttern, richtig zu stellen.

Aufgrund der im Verfahren nach § 114 FGO gebotenen summarischen Prüfung ist das Gericht davon überzeugt, dass in der Öffentlichkeit unwahre Tatsachen verbreitet worden sind. Dabei ist unerheblich, ob der durch das Steuergeheimnis geschützte Steuerpflichtige selbst oder Dritte die Tatsachen verbreitet haben (Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 30 Rz. 199; Schwarz, AO, § 30 Rz. 50; Klein/Rüsken, AO, 9. Aufl. 2006, § 30 Rz. 189). Im Rahmen der Ermessensausübung ist jedoch zu würdigen, inwieweit der Steuerpflichtige an der Veröffentlichung mitgewirkt hat (Klein/Rüsken, AO, 9. Aufl. 2006, § 30 Rz. 189).

Im Streitfall ist zunächst von verschiedenen Medien der Eindruck erweckt worden, beim Antragsteller sei ohne sachlichen Grund und zum Zwecke der Einflussnahme im Zusammenhang mit Petitionsverfahren eine Außenprüfung durchgeführt worden. Diesem Eindruck hat der Antragsteller in der Öffentlichkeit nicht widersprochen. Vielmehr hat er in der Fernsehsendung vom 16.08.2007 die Behauptung aufgestellt, dass das Ganze eine Retourkutsche der Verwaltung sei, um die Abgeordneten einzuschüchtern, damit sie die Dinge nicht so weiterverfolgen, wie sie das bisher sehr intensiv getan hatten. Ausweislich der vom Antragsteller insoweit nicht in Zweifel gezogenen Darlegungen des Antragsgegners hat jedoch keinerlei Außenprüfung beim Antragsteller stattgefunden.

Vom 22.08.2007 bis 28.08.2007 erschienen Presseberichte, nach denen der Antragsteller von dem für ihn zuständigen Finanzamt allein wegen einer vergessenen Unterschrift aus dem Urlaub zurückbeordert worden sei bzw., dass das Finanzamt allein wegen einer durch eine fehlende Unterschrift nicht ausgeführten Überweisung ohne weitere Mahnung das Konto des Antragstellers gepfändet habe. Diese Maßnahmen sollten dazu gedient haben, den Antragsteller wegen seiner Tätigkeit im Petitionsausschuss unter Druck zu setzen bzw. zu schikanieren.

Unwahre Tatsachen können auch durch unvollständige Sachdarstellungen verbreitet werden. So verhält es sich im Streitfall. So verhält es sich im Streitfall (wird ausgeführt). Ausgehend von diesem Befund gibt das Verhalten des für den Antragsteller zuständigen Finanzamts keinen Anlass zu der Vermutung, der Antragsteller werde von diesem mit einem schikanösem Verhalten überzogen (wird ausgeführt).

Dementsprechend besteht auch kein Anlass zu der Annahme, der Antragsteller habe im Hinblick auf seine Tätigkeit im Petitionsausschuss schikaniert oder unter Druck gesetzt werden sollen. Unter diesen Umständen hat der Antragsgegner die betreffend das Besteuerungsverfahren des Antragstellers in der Öffentlichkeit geäußerten Behauptungen zu Recht als unwahr angesehen. Zu Unrecht wendet der Antragsteller ein, es habe sich nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um bloße Schlussfolgerungen gehandelt. Insbesondere die unvollständige Darstellung des Vollstreckungsgeschehens war keine bloße Meinungsäußerung.

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Presseerklärung vom 01.10.2007 bzw. ihren Inhalt verbreitet. Dabei entscheidet das Gericht entsprechend dem Antrag und der persönlichen Betroffenheit des Antragstellers nur über die diesen betreffenden Teile der Presseerklärung. Die Verbreitung ist im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO erforderlich, um die oben dargestellten unwahren Tatsachen in der Öffentlichkeit richtig zu stellen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern.

Die in der Öffentlichkeit verbreitete Behauptung, eine Behörde der Finanzverwaltung hätte wegen einer einzigen versehentlich unbezahlten Steuerforderung ohne Vorwarnung das Konto des Antragstellers gepfändet und ihn auf diese Weise schikaniert und unter Druck gesetzt, weil er sich im Petitionsausschuss für einen Petenten aus dem Dienst der Finanzverwaltung eingesetzt habe, war geeignet, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern.

Unterstellt, die Behauptung wäre zutreffend gewesen, hätte die Tathandlung wohl den Straftatbestand des § 106 Strafgesetzbuch -StGB-durch versuchte Nötigung eines Mitglieds eines Gesetzgebungsorgans eines Landes erfüllt. Dies hätte bedeutet, dass führende Beamte der Landesregierung in unlauterer Weise in die grundrechtlich verbürgte Petitionsfreiheit (Art. 17 GG) und die Handlungsfreiheit des Landesparlaments eingegriffen hätten. Der im Zusammenwirken von Parlament und Regierung erforderliche gegenseitige Respekt wäre infrage gestellt gewesen. Die unwahre Behauptung gefährdete zudem das Vertrauen der Bevölkerung dahin gehend, dass die Finanzverwaltung unparteiisch und gebunden an Gesetz und Recht ihre Aufgaben erfüllt. Soweit die Medien die aufgestellten unwahren Behauptungen unkritisch übernommen haben, hat dies auch zu entsprechend empörten Kommentaren geführt, wie die in Bezug genommenen Presseberichte zeigen.

Andererseits ist bei der Auslegung des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO zu berücksichtigen, dass das Steuergeheimnis durch das Grundrecht des Steuerpflichtigen aus Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich fundiert ist (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Urteil vom 17.07.1984 2 BvE 11, 15/83, Sammlung der Entscheidungen des BVerfG - BVerfGE - 67, 100 [142], BStBl. II 1984, 634 [649]). Im Streitfall ist überdies die Meinungs-und Pressefreiheit (Artikel 5 GG) tangiert. Dem gegenüber ist jedoch auch das Interesse des Staates daran, dass das Ansehen der Verwaltung in der Bevölkerung nicht durch unwahre Tatsachenbehauptungen in Mitleidenschaft gezogen wird, verfassungsrechtlich geschützt. Denn das Vertrauen in die staatlichen Institutionen ist für einen auf aktive Mitwirkung der Bevölkerung angelegten demokratischen Rechtsstaat existenznotwendig. Diese beiden konkurrierenden Rechtsgüter, die Grundrechte des Antragstellers einerseits und das Ansehen der Verwaltung andererseits, sind im Wege der wechselseitigen Abwägung in Einklang zu bringen. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Steuergeheimnisses hat auch der Antragsgegner erkannt und gewürdigt, wie Bl. 12 seines Zustimmungsersuchens an das BMF vom 10.09.2007 zeigt. Angesichts der Schwere der gegen die Finanzverwaltung erhobenen Vorwürfe ist im Streitfall jedoch die Durchbrechung des Steuergeheimnisses in dem von der Presseerklärung vom 01.10.2007 vorgenommenen Umfang gerechtfertigt.

Der Antragsgegner kann nicht darauf verwiesen werden, er habe die Inhalte der Presseerklärung dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses zur Verfügung stellen können. Der Antragsgegner durfte die Befassung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses bzw. des Ältestenrates als ungeeignet ansehen.

Die Befreiungserklärung des Antragstellers vom 18.09.2007 ermächtigte die Steuerverwaltung nur zu Auskünften an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses. Dieser wiederum war nicht befugt, der Öffentlichkeit Einzelheiten aus den Steuerakten zu offenbaren, und auch gegenüber dem Ältestenrat sowie dem Präsidium des Abgeordnetenhauses war er nur insoweit zur Mitteilung berechtigt, dass die Gründe für eine von ihm mitgeteilte Bewertung des Vorgangs für die Mitglieder dieser Gremien nachvollziehbar sind. Danach ist schon fraglich, ob der Präsident des Abgeordnetenhauses oder der Ältestenrat das Ergebnis der Bewertung der Öffentlichkeit hätte mitteilen dürfen. Angesichts der umfangreichen in der Öffentlichkeit erörterten Einzelheiten wäre überdies zweifelhaft gewesen, dass durch die Mitteilung einer pauschalen Bewertung das Richtigstellungsbedürfnis des Antragsgegners befriedigt worden wäre. Der Antragsgegner kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass er eine Nachbesserung der Befreiungserklärung hätte anstreben können. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller seine Vorwürfe unmittelbar in der Öffentlichkeit geäußert hatte, ohne zuvor Eingaben an die Finanzverwaltung oder den Ältestenrat des Abgeordnetenhauses zu machen, musste der Antragsgegner insoweit keine Kooperationsbereitschaft erwarten. Im Übrigen bestand die Gefahr, dass sich dadurch die Richtigstellung noch weiter verzögert hätte.

Ferner hätte der Antragsgegner keinen Einfluss mehr auf den Zeitablauf gehabt und musste damit rechnen, dass sich im Falle einer Befassung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses sowie des Ältestenrates die Richtigstellung noch weiter verzögern würde.

Zu Recht weist der Antragsgegner auch darauf hin, dass der im Petitionsverfahren tätige Rechtsanwalt dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses keine Befreiung vom Steuergeheimnis erteilt hatte. Die vom ehemaligen Mitglied des Abgeordnetenhauses B seinem Wohnsitzfinanzamt erteilte Befreiung vom Steuergeheimnis umfasste nur telefonische, schriftliche Weisungen oder Verfügungen mit dem Ziel, so genannte Tiefen-oder Sonderprüfungen in seiner Steuerakte vorzunehmen und war zudem auf den Präsidenten des Abgeordnetenhauses sowie den parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Fraktion beschränkt. Eine Befreiung dieser Personen war in dem Schreiben nicht erklärt. Auch insoweit ist also fraglich, inwieweit sie zur Weitergabe von Einschätzungen und Auskünften gegenüber Dritten befugt gewesen wären. Da der Antragsteller sich als Opfer einer gegen vier am Petitionsverfahren Beteiligte gerichteten Kampagne dargestellt hatte, wäre es dem Antragsgegner verwehrt gewesen, auf die im Zusammenhang erhobenen Vorwürfe mit einer geschlossenen Darstellung zu entgegnen. Dies hätte die Wirkung seiner Darstellung gefährdet.

Die Senatorin C hat auch keine Zusage dahin gehend abgegeben, dass die Finanzverwaltung keine grundsätzlich durch das Steuergeheimnis geschützten Daten in der Öffentlichkeit verbreiten, sondern sich ausschließlich an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses wenden werde. Es kann daher dahinstehen, ob eine solche Zusage den Antragsgegner gebunden hätte.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann die Form der Presseerklärung auch nicht als ungeeignet angesehen werden. Dies belegen schon die oben zitierten Zeitungsmeldungen, nach denen die im August 2007 gegen die Finanzverwaltung erhobenen Vorwürfe unlauterer Beeinflussung von Ausschussmitgliedern als widerlegt oder jedenfalls zweifelhaft angesehen werden. Auch inhaltlich fehlt der Presseerklärung nicht die Eignung zur Richtigstellung. In der Öffentlichkeit wurden die Vorwürfe der Schikane und der unlauteren Einflussnahme wesentlich darauf gestützt, dass die Finanzverwaltung willkürliche Amtshandlungen gegenüber den am Petitionsverfahren Beteiligten ergriffen habe. Die Darstellung, dass die Verwaltungsverfahren korrekt abgelaufen sind bzw. schon aus Zeitgründen keinen Zusammenhang mit dem Petitionsverfahren haben konnten, war geeignet, den gegen die Finanzverwaltung erhobenen Vorwürfen die Grundlage zu entziehen. In der Presseerklärung wird ferner darauf hingewiesen, dass die innere Revision keine sachfremden Einflussnahmen seitens übergeordneter Behörden festgestellt hat. Die innere Revision wiederum kann nicht von vornherein als parteiisch angesehen werden. Derartige Vorwürfe sind nach der Veröffentlichung der Presseerklärung auch in der Öffentlichkeit nicht geäußert worden. Jedenfalls liegt es im Ermessen des Antragsgegners, wie er die Presseerklärung formuliert.

Ferner durfte der Antragsgegner berücksichtigen, dass der Antragsteller seine Vorwürfe unmittelbar in der Presse geäußert hatte, ohne zuvor um Akteneinsicht zu ersuchen, Rechtsbehelfe gegen die beanstandeten Maßnahmen ergriffen zu haben oder sie auf dem parlamentarischen Dienstweg, insbesondere gegenüber dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses oder dem Ältestenrat, angebracht zu haben. Letztlich hat der Antragsgegner die Richtigstellung auf der Bühne abgegeben, auf die der Antragsteller die Auseinandersetzung -ohne Not -gebracht hatte. Dabei kann der Antragsteller sich nicht darauf berufen, dass die Äußerungen von Journalisten getätigt wurden. Zum einen hat er sich zum Teil selbst vor der Kamera geäußert, zum anderen ließ er sich unwidersprochen von Zeitungen zitieren. Es ist auch nicht erklärlich, woher die Medien -wenn nicht vom Antragsteller -die von ihnen verbreiteten Informationen und Einschätzungen gehabt haben sollen. Eine Einschränkung des Offenbarungsermessens wegen Äußerungen von Dritten ist daher nicht geboten. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass über die die Kreditwürdigkeit des Antragstellers möglicherweise beeinträchtigende Kontopfändung bereits vor dem 01.10.2007 in den Medien berichtet wurde.

Das Richtigstellungsbedürfnis ist auch nicht durch Zeitablauf entfallen. Angesichts der Intensität der Berichterstattung in der 2. Augusthälfte 2007 in verschiedensten Medien kann nicht davon ausgegangen werden, in der breiten Öffentlichkeit seien die dabei aufgestellten Behauptungen Ende September bereits in Vergessenheit geraten gewesen. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Richtigstellung noch laufend die Behauptungen aufgestellt werden. Sonst würde die Vorschrift des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO leer laufen, da zur Anhörung der Betroffenen und zur Einholung des Einvernehmens des BMF ein gewisser zeitlicher Vorlauf erforderlich ist. Schließlich hat der Antragsteller seine Vorwürfe in der Abendschau vom 08.10.2007 erneuert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Das Gericht hat gem. § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Beschwerde zugelassen. Die hier aufgeworfenen Rechtsfragen sind höchstrichterlich ungeklärt.

Gemäß § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz hat das Gericht den Streitwert mit dem Regelstreitwert angesetzt.

Ende der Entscheidung

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