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Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: 8 K 8450/05 B
Rechtsgebiete: KStG


Vorschriften:

KStG § 27 Abs. 1 S. 1 a.F.
KStG § 27 Abs. 3 S. 1 a.F.
KStG § 34 Abs. 12 S. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg

8 K 8450/05 B

Körperschaftsteuer 2000

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 8. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung am 19. März 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ....., den Richter am Finanzgericht ..... und die Richterin am Finanzgericht ..... sowie den ehrenamtlichen Richter Herr ..... und die ehrenamtliche Richterin Frau .....

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid über Körperschaftsteuer 2000 vom 16. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. September 2005 wird dahingehend geändert, dass bei der Veranlagung von einer Gewinnausschüttung in Höhe von DM 608 474,52 ausgegangen wird. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner der Klägerin das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils erneut bekannt zu geben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wurde im Januar 1980 als C... Vertriebsgesellschaft ... mbH errichtet. Im Jahr 2001 waren an dem Stammkapital der Klägerin in Höhe von DM 50 000,- Herr J... und Frau L-J... mit einer Stammeinlage in Höhe von jeweils DM 12 500,- beteiligt. Im Übrigen hielt die Klägerin eigene Anteile am Stammkapital in Höhe von DM 25 000,-. Mit Vertrag vom 8. August 2001, in der Fassung der Berichtigung vom 26. Februar 2002, traten die Gesellschafter der Klägerin ihre Geschäftsanteile an die G... Gesellschaft ... mbH ab. Mit Vertrag vom 28. Dezember 2001 trat die Klägerin die eigenen Anteile an die Va... GmbH "zum Buchwert in der Bilanz der Gesellschaft" ab. Weiterhin trat die G... Gesellschaft ... mbH mit Vertrag vom selben Tag die Geschäftsanteile an der Klägerin an die Va... GmbH ab. Demzufolge hielt die Va... GmbH nunmehr sämtliche Geschäftsanteile der Klägerin. Im Rahmen einer nachfolgenden Gesellschafterversammlung änderte die Klägerin ihre Firma in "V... Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH".

In der Bilanz auf den 31. Dezember 2000 vom 31. August 2001 wies die Klägerin ein Eigenkapital in Höhe von DM 13 639 759,- aus. Dieser Betrag setzte sich wie folgt zusammen:

Stammkapital DM 50 000,-,

Rücklage für eigene Anteile DM 12 981 285,-,

Gewinnrücklage DM 723 674,- und

Jahresfehlbetrag DM 115 200,-.

Ausweislich eines auf den 29. Dezember 2001 datierten und vom alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Va... GmbH, Herrn N..., unterzeichneten Protokolls hatte die Gesellschafterversammlung der Klägerin am selben Tag folgendes beschlossen:

"Aus dem handelsrechtlich verwendbaren Eigenkapital der V... Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH zum 31. Dezember 2000 in Höhe von DM 13.589.759,52 wird unter Berücksichtigung der Körperschaftsteuerminderung aus dem EK 45 in Höhe von DM 3.558.653,00 eine Nettodividende von DM 16.611.000,00 (70%) für das Geschäftsjahr 2000 ausgeschüttet."

Ausweislich einer auf den 30. Dezember 2001 datierten Vereinbarung vereinbarten die Va... GmbH und die Klägerin folgendes:

" 1. V... Beteiligung hat aus Vertrag vom 28. Dezember 2001 (Veräusserung der eigenen Anteile) ein Anspruch auf Kaufpreis gegen Va... i. H. v. DM 12.981.285,00.

2. Va... hat gemäß Gesellschafterbeschluss vom 29.12.2001 einen Anspruch auf Ausschüttung (Bardividende) gegen V... Beteiligung i. H. v. DM 12.229.848,75.

3. Die gegenseitigen Ansprüche gem. Z. 1 und Z. 2 werden in Höhe des Betrages gemäß Z. 2 miteinander verrechnet."

Auf dieser Grundlage gab die Klägerin am 11. Januar 2002 eine geänderte Körperschaftsteuererklärung für 2000 ab und begehrte im Hinblick auf die Ausschüttung eine Körperschaftsteuerminderung nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz - KStG - alter Fassung - a.F. -. Mit Bescheid vom 3. April 2002 folgte das damals zuständige Finanzamt ... von B... der Steuererklärung und setzte die Körperschaftsteuer 2000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 Abgabenordnung - AO -) auf ./. DM 3 558 653,- fest.

In der Folgezeit wurde bei der Klägerin eine Steuerfahndungsprüfung durchgeführt. Auf der Grundlage der Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung erließ der Beklagte einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid und setzte die Körperschaftsteuer auf DM 0,- fest. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, es könne dahinstehen, ob der Ausschüttungsbeschluss noch im Jahr 2001 getroffen worden und die Ausschüttung noch im Jahr 2001 erfolgt sei. Jedenfalls habe die Klägerin in ihrem Jahresabschluss lediglich einen ausschüttungsfähigen Gewinn in Höhe von DM 608 474,52 ausgewiesen. Die Rücklage für die eigenen Anteile sei nicht aufgelöst worden.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, bei der Rücklage für eigene Anteile nach § 272 Abs. 4 Handelsgesetzbuch - HGB - handele es sich lediglich um einen Merkposten. Der entsprechende Betrag sei ungeachtet der Einstellung in die Rücklage weiterhin als Gewinn zu qualifizieren. Dementsprechend habe sie, die Klägerin, im Jahr 2001 nicht einen Gewinn des Jahres 2001, sondern einen Gewinn aus dem Jahr 1997 ausgeschüttet.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Körperschaftsteuer 2000 vom 16. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. September 2005 dahingehend zu ändern, dass bei der Veranlagung von einer Gewinnausschüttung in Höhe von DM 16 611 000,- ausgegangen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage insoweit abzuweisen wie die Klägerin begehrt bei der Veranlagung eine Gewinnausschüttung von mehr als DM 608 474,52 zugrunde zu legen.

Er ist der Auffassung, eine Gewinnausschüttung im Sinne des 27 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KStG a.F. sei nur eine Ausschüttung des ausgewiesenen Bilanzgewinnes; im Übrigen liege eine andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F. vor. Insbesondere sei die Rücklage für die eigenen Anteile zum 31.12.2000 nicht aufgelöst worden und habe zudem auch erst nach der Abtretung der eigenen Anteile am 28. Dezember 2001 aufgelöst werden können.

Das Finanzgericht des Landes Brandenburg hat mit Beschluss vom 27. Oktober 2004 - 2 V 1733/04, nicht veröffentlicht, den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Klägerin zurückgewiesen; auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung eine tatsächliche Verständigung, nach der der Gewinnverwendungsbeschluss im Jahr 2001 gefasst wurde und die Ausschüttung im Jahr 2001 erfolgte, geschlossen.

Ferner hat der Beklagte die Änderung des angefochtenen Steuerbescheids im Hinblick auf einen Teilbetrag in Höhe von DM 608 474,52 zugesagt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in dem nachfolgend dargelegten Umfang in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Hinsichtlich eines Teilbetrags in Höhe von DM 608 474,52 hat der Beklagte unzutreffend die Herstellung der Ausschüttungsbelastung versagt. Insoweit hat der Beklagte den Erlass eines Änderungsbescheids zugesagt.

Im Übrigen hat der Beklagte aber ohne Rechtsverstoß die Herstellung der Ausschüttungsbelastung im Streitjahr gemäß § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KStG a.F. abgelehnt.

Für die Differenz zwischen dem Gesamtausschüttungsbetrag in Höhe von DM 16 611 000,- und dem Teilbetrag in Höhe von DM 608 474,52 = DM 16 002 525,48 ist die Ausschüttungsbelastung nicht nach § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KStG a.F. im Streitjahr 2000 herzustellen. Nach § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG ist die Vorschrift unter anderem des § 27 KStG a.F. letztmals anzuwenden für Gewinnausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften beruhenden Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen, und die in dem ersten Wirtschaftsjahr erfolgen, das in dem Veranlagungszeitraum endet, für den das KStG neuer Fassung erstmals anzuwenden ist. Dementsprechend ist die Vorschrift des § 27 KStG a.F. nur auf solche auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschluss beruhenden Gewinnausschüttungen anzuwenden, die das Wirtschaftsjahr 2000 oder ein früheres Wirtschaftsjahr betreffen (vergleiche Lambrecht in Gosch, KStG, § 34 Randnummer - Rn. - 121).

Die Ausschüttung in Höhe von DM 16 002 525,48 beruht jedoch nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss für das Jahr 2000. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG - haben die Gesellschafter Anspruch auf den Jahresüberschuss zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags. Aufgrund der Auflösung der Rücklage für eigene Anteile im Sinne des § 272 Abs. 4 HGB erhöhte sich aber entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der nach § 29 Abs. 1 GmbHG verteilbare Gewinn des Jahres 2000. Denn die Rücklage für eigene Anteile nach § 272 Abs. 4 HGB durfte gemäß § 272 Abs. 4 Satz 2 HGB erstmals im Zeitpunkt der Abtretung der eigenen Anteile, also frühestens am 28. Dezember 2001 aufgelöst werden.

Die Klägerin kann sich insofern nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe die Rücklage für eigene Anteile aus einem Gewinnvortrag der Jahre vor 2000 gebildet. Zwar darf die Rücklage für eigene Anteile auch aus einem Gewinnvortrag gebildet werden, jedoch führt die Einstellung entsprechender Beträge in die Rücklage für eigene Anteile zu einer Umqualifizierung in Eigenkapital der Gesellschaft (vergleiche § 266 Abs. 3 unter A. HGB). Dementsprechend geht auch der Auflösungsbetrag grundsätzlich in den Bilanzgewinn ein (siehe Kropff in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Auflage 2004, § 272 HGB, Rn. 134). Vor diesem Hintergrund konnte die Auflösung der Rücklage für eigene Anteile auch nur zu einer Erhöhung des Gewinns des Jahres 2001, nicht aber des Gewinns des Jahres 2000 führen.

Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH -, Urteil vom 16. Mai 2007 - I R 84/06, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2007, 1925, berufen. Denn diese Entscheidung bezieht sich auf eine Kapitalrücklage im Sinne des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, die im Gegensatz zu einer Rücklage für eigene Anteile jederzeit aufgelöst werden kann (siehe BFH, Urteil vom 16. Mai 2007 - I R 84/06, a.a.O. [1926]).

Soweit die Klägerin auf dieser rechtlichen Grundlage gleichwohl einen Gewinn ausgeschüttet hat, handelt es sich daher nicht um einen den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss für das Jahr 2000. Insofern kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, sie habe bereits im Jahr 2000 über die Rücklage für eigene Anteile verfügen können, weil zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung die Rücklage für eigene Anteile habe aufgelöst werden dürfen. Denn am Bilanzstichtag 31. Dezember 2000 durfte die Rücklage für eigene Anteile nicht aufgelöst werden. Daher mag zwar im Hinblick auf die Abtretung der eigenen Anteile im Jahr 2001 eine Gewinnverteilung in Bezug auf die Auflösung der Rücklage für eigene Anteile im Jahr 2001 zulässig gewesen sein. Jedoch konnte es sich dabei - mangels gewinnwirksamer Auflösung der Rücklage für eigene Anteile im Jahr 2000 - nicht um einen Gewinn des Jahres 2000 handeln. Vielmehr konnte die Klägerin insoweit allenfalls eine Vorabausschüttung in Bezug auf einen Gewinn des Jahres 2001 vornehmen.

Soweit hiernach aber eine Vorabausschüttung eines Gewinns des Jahres 2001 vorliegt, handelte es sich um eine andere Ausschüttung im Sinne des § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 KStG und § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F., für die eine Ausschüttungsbelastung nicht mehr herzustellen war (§ 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 KStG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Beklagte ist nur zu einem geringen Teil unterlegen. Zudem hat die Klägerin, soweit sie obsiegt hat, einer dahingehenden Kostenentscheidung zugestimmt.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen.

Ende der Entscheidung

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