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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.12.2004
Aktenzeichen: 8 V 5628/04 A(E,U)
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 140 ff.
AO § 158
AO § 162 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

8 V 5628/04 A(E,U)

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe des Umsatzes und des Gewinns des Antragstellers in den Veranlagungszeiträumen 1998 bis 2000.

Der Antragsteller betrieb in den Streitjahren ein Restaurant in A und ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Jahr 2003 führte der Antragsgegner beim Antragsteller eine Betriebsprüfung durch. Dabei stellten die Prüfer u.a. fest, dass die Einnahmen und Ausgaben in der Kasse nicht täglich erfasst und der Kassenbericht nachgeschrieben worden sei. Der Kassenbestand sei nicht täglich ermittelt worden und die Kassenstreifen hätten keine durchlaufenden Registernummern ausgewiesen. Die Prüfer kalkulierten die Getränkeumsätze für alle drei Prüfungsjahre nach und stellten dabei Kalkulationsdifferenzen gegenüber den erklärten Getränkeumsätzen fest. Nach ihren Ermittlungen betrug das Verhältnis zwischen Getränke- und Speisenumsatz bei den erklärten Umsätzen 30:70. Den auf Grund der Getränkenachkalkulation ermittelten Mehrumsatz rechneten sie in diesem Verhältnis auf den Gesamtumsatz hoch. Dabei ergab sich eine Differenz zu den erklärten Umsätzen und Nettoerlösen von 69.405 DM (1998), 224.035 DM (1999) und 32.463 DM (2000).

Der Antragsgegner erließ auf der Grundlage der Feststellungen der Betriebsprüfung (Bericht vom 23. Juli 2003) am 07. Oktober 2003 geänderte Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide 1998 bis 2000. Das sich anschließende Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Am 10. August 2004 hat der Antragsteller Klage erhoben und am 07. Oktober 2004 die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide durch das Gericht begehrt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, seine Buchführung sei in allen drei Streitjahren formell ordnungsgemäß gewesen. Es habe für ihn keine Verpflichtung bestanden, Bücher zu führen. Der Antragsgegner sei an die von ihm getroffene Wahl, seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, gebunden. Kassenfehlbeträge hätten die Prüfer nicht festgestellt.

Ein Vergleich mit den Richtsätzen zeige, dass bei einem Rohgewinnaufschlag von 213 % sich nur im Veranlagungszeitraum 1999 eine größere Differenz von etwa 48.000 DM ergebe. Die Prüfer hätten eine sehr grobe Kalkulation vorgenommen, weil nur der Getränkeumsatz nachkalkuliert worden sei. Der Wareneinsatz der Speisen sei nicht nach Portionen aufgeteilt und mit den jeweiligen Verkaufspreisen hochgerechnet worden. Da Getränke einen höheren Aufschlagsatz als Speisen hätten, seien die Prüfer zu Aufschlagsätzen gelangt, die nicht gerechtfertigt sein könnten. Es sei betriebswirtschaftlich nicht möglich, dass eine Gast- und Speisewirtschaft höhere Aufschlagsätze als eine Pizzeria habe. Die Prüfer hätten eine vorschnelle Schätzung vorgenommen.

Ferner sei zu berücksichtigen, dass 1998 und 1999 die Kegelbahn nicht hätte genutzt werden können, sodass immer mehr Gäste ferngeblieben seien. Um Gäste zurückzugewinnen, habe er 1999 Weinfeste organisiert und Bier gratis ausgeschänkt. Anhaltspunkte, die eine Schätzung begründen könnten, lägen nicht vor.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung der Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide 1998 bis 2000 vom 07. Oktober 2003 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller habe einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb i.S.d. § 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) geführt. Er sei deshalb verpflichtet gewe-sen, Bücher zu führen. Weil er dies unterlassen und keinen Vermögensvergleich angestellt habe, sei seine Buchführung formell nicht ordnungsgemäß. Die Buchführung weise aber auch sachliche Mängel auf. Die Getränkekalkulation sei anhand der vom Antragsteller selbst genannten Beträge hinsichtlich des Wareneinkaufs erfolgt. Die überwiegend kostenlose Abgabe von Ouzo sowie der Eigenverbrauch und die kostenlose Personalverpflegung seien berücksichtigt worden. Der Anteil des Getränke- und Speisenumsatzes am Gesamtumsatz sei den Kassenstreifen des Antragstellers entnommen worden. Die jetzt vom Antragsteller gegebenen Hinweise auf kostenlosen Ausschank von Wein an drei Abenden im Veranlagungszeitraum 1999 und einem Abend im Veranlagungszeitraum 2000 könnten ohne konkrete Mengenangaben nicht in die Kalkulation einbezogen werden. Die Auswirkung auf die Gesamt-Getränkekalkulation über drei Jahre dürften aber gering sein.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes auszusetzen, soweit sich ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit ergeben. Ernstliche Zweifel liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 16. Juli 2003 IX B 60/03, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2003, 945 m.w.N.). Solche Gründe sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsgegner auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung berechtigt war, den Umsatz und den Gewinn der Streitjahre zu schätzen.

Die Besteuerungsgrundlagen sind gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zu Grunde gelegt werden. Das ist dann der Fall, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nicht den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, also formell nicht ordnungsgemäß sind. Es spricht einiges dafür, dass der Antragsteller als Kaufmann gem. § 140 AO i.V.m. §§ 238 ff. HGB verpflichtet war, Bücher zu führen und Jahresabschlüsse zu erstellen. Denn im Hinblick auf die Höhe seiner erklärten Umsätze von über 400.000 DM pro Jahr sowie der Gewinne von knapp 63.000 DM im Streitjahr 1998 und 112.000 DM im Veranlagungszeitraum 2000 dürfte nicht davon auszugehen sein, dass sein Restaurant nach Art und Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert hätte (vgl. § 1 Abs. 2 HGB). Aber auch dann, wenn der Antragsteller zu Recht seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hätte, hätten die Aufzeichnungen, die er freiwillig führte, den gesetzlichen Ordnungsvorschriften entsprechen müssen. Nach § 146 Abs. 1 Satz 2 AO sollen Kasseneinnahmen und -ausgaben täglich festgehalten werden. Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen (BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 39/87, BStBl II 1990, 109, 110). Dies war vorliegend nicht der Fall. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung (Tz. 2.1 des Bp-Berichts) hat der Antragsteller seine Kasseneinnahmen und -ausgaben nicht täglich erfasst. Den Kassenbestand hat er nicht täglich festgestellt und die Kassenberichte nachgeschrieben.

Neben der Feststellung von formellen Mängeln hat der Antragsgegner auch zu Recht die sachliche Richtigkeit der erklärten Umsätze und Gewinne auf Grund des vorgenommenen inneren Betriebsvergleichs verneint.

Die Betriebsprüfer haben den Getränkeumsatz des Antragstellers in den Streitjahren mittels einer Nachkalkulation überprüft. Dabei haben sie den. Ferner haben die Prüfer auf Grund der Angaben des Antragstellers, dass Ouzo ganz überwiegend kostenlos serviert worden sei, 90 % des Ouzo-Einkaufs bei der Ermittlung vom Antragsteller angegebenen Getränkewareneinkauf zu Grunde gelegt und Abzüge für den Eigenverbrauch und die kostenlose Abgabe an das Personal berücksichtigtdes Wareneinsatzes unberücksichtigt gelassen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Prüfer Warenanfangs- und Warenendbestände außer Ansatz gelassen haben. Da der Antragsteller in den Streitjahren keine Bestandsermittlungen vorgenommen hatte, fehlten den Prüfern insoweit Anhaltspunkte, die sie bei der Berechnung des Wareneinsatzes hätten berücksichtigen können. Sie haben zu Recht den (bereinigten) Getränkeeinkauf als Wareneinsatz des jeweiligen Prüfungsjahres erfasst.

Die Getränkenachkalkulation hat Differenzen zum erklärten Getränkeumsatz, den die Prüfer auf Grund der Kassenzettel unwidersprochen mit 30 % des Gesamtumsatzes berechnet haben, ergeben, die wegen ihrer Höhe zur Schätzung berechtigten. Denn die festgestellten Abweichungen zum ausgewiesenen Umsatz betrugen im Veranlagungszeitraum 1998 19.844 DM (13,7 % des erklärten Umsatzes), im Veranlagungszeitraum 1999 67.161 DM (33,7 % des erklärten Umsatzes) und im Veranlagungszeitraum 2000 9.672 DM (6,5 % des erklärten Umsatzes).

2. Bei summarischer Prüfung begegnet auch die Höhe der Schätzung keinen ernstlichen Zweifeln.

Zwar weist der Antragsteller zutreffend darauf hin, dass die Prüfer den Speisenumsatz nicht anhand von Portionsgrößen, Wareneinsatz, Abgabenmengen und Endpreisen nachkalkuliert haben. Gleichwohl bietet die von den Prüfern gewählte Schätzungsmethode eine ausreichende Gewähr dafür, mit zumutbarem Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen. Da sich das Verhältnis zwischen ausgewiesenem Getränkeumsatz und ausgewiesenem Gesamtumsatz aus den Unter-lagen des Antragstellers ergab, erscheint die Überlegung, auf der Grundlage des nachkalkulierten Getränkeumsatzes den tatsächlichen Gesamtumsatz zu berechnen, konsequent. Ihr liegt der Gedanke zu Grunde, dass ein nicht in der Kasse der Gaststätte erfasster Geldbetrag nicht ausschließlich dem Getränke- oder dem Speisenumsatz zuzuordnen ist, sondern stets einen Teil des Gesamtumsatzes darstellt. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass der Antragsteller ausschließlich Teile des Getränkeumsatzes in seiner Gewinnermittlung nicht erfasst, den Speisenumsatz aber vollständig kassenmäßig berücksichtigt hat.

Entgegen der Meinung des Antragstellers haben die Prüfer den bei der Getränkenachkalkulation festgestellten Getränkeaufschlagsatz nicht auf den Speisenwareneinsatz übertragen. Vielmehr haben sie die von ihnen ermittelten Getränkeumsätze und -erlöse mit 30 % des tatsächlichen Gesamtergebnisses angesetzt und auf den Gesamtumsatz/Gesamterlös hochgerechnet. Daraus ergibt sich z.B. für den Veranlagungszeitraum 1998 rechnerisch ein Aufschlagsatz bei Speisen von 246,1 %, während der durch Kalkulation ermittelte Aufschlagsatz für Getränke 301,86 % betrug.

Die Prüfer waren nicht verpflichtet, eine Schätzung nach den Richtsatzsammlungen der Finanzverwaltung durchzuführen. Diese Art des äußeren Betriebsvergleichs hat regelmäßig einen geringeren Beweiswert als interne Betriebsvergleiche (BFH-Urteil vom 26. April 1983 VIII R 38/82, BStBl II 1983, 618, 620). Unabhängig davon erscheinen die von den Prüfern geschätzten Umsätze und Gewinne auch bei Zugrundelegung der Richtsätze plausibel. Für Gast- und Speisewirtschaften lagen die Rohgewinnaufschläge laut Richtsatzsammlung für den Veranlagungszeitraum 2000 zwischen 150 % und 317 % (Mittelwert 213 %). Die Prüfer errechneten Aufschlagsätze von 261 % (1998), 326 % (1999) und 237 % (2000). Der Einwand des Antragstellers, damit lägen die Aufschlagsätze höher als die bei einer Pizzeria, trifft nicht zu, da die Richtsatzsammlung bei Pizzerien Aufschlagsätze bis zu 376 % verzeichnet.

3. Der Umstand, dass in den Streitjahren 1998 und 1999 die Kegelbahn nicht genutzt werden konnte und deshalb immer mehr Gäste ausgeblieben seien, vermag keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide zu begründen. Diese Umstände können keinen Einfluss auf den mit den eingekauften Waren erzielten Umsätze haben. Bezüglich der vom Antragsteller in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 veranstalteten Weinfesten ist ohne Kenntnis der Menge der kostenlos ausgeschänkten Weine eine Minderung des Wareneinsatzes bei Wein nicht möglich.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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