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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.04.2006
Aktenzeichen: 1 K 5764/04 U
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1
UStG § 4 Nr. 12
UStG § 4 Nr. 14
UStG § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

1 K 5764/04 U

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die anteilige Nutzung eines Gebäudes zu eigenen privaten Wohnzwecken einen steuerbaren Umsatz i. S. von § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes -UStG- darstellt.

Die Klägerin erzielt als ärztliche Psychotherapeutin nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze. Sie ist Eigentümerin des Gebäudes H-Straße 2 in M-Stadt, das sie in vollem Umfang dem Unternehmen zugeordnet hat; sie nutzt das Gebäude zu 74,12 % zu privaten Wohnzwecken und zu 25,88 % für ihre Praxis.

Mit Abgabe der Umsatzsteuererklärungen 1999 bis 2003 machte die Klägerin geltend, die anteilige private Nutzung des Gebäudes unterliege nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer; entsprechend sei die auf diesen Gebäudeanteil entfallende Vorsteuer zum Abzug zuzulassen. Der Beklagte vertrat dagegen die Ansicht, die Privatnutzung sei keine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe, weil das Gebäude hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teils nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt habe, § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 14 UStG. Gegen die entsprechend erlassenen Umsatzsteuerbescheide vom 13. 05. 2004 (1999, 2000, 2003), 21. 05. 2004 (2001) und 11. 05. 2004 (2002) legte die Klägerin Einsprüche ein, in denen sie - unter korrigierter Umrechnung in EUR - die Bemessungsgrundlage auf jährlich 50,95 EUR bezifferte (1999 nur 1/12) und die Vorsteuern mit 319,30 EUR (1999), 243,17 EUR (2000) und 1.973,37 EUR (2003) angab. Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 14. 09. 2004 als unbegründet zurück.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin nunmehr - nach Klagerücknahme für die Streitjahre 2001 und 2002 - ihr Begehren für die Streitjahre 1999, 2000 und 2003 weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: Die Steuerbarkeit der anteiligen privaten Gebäudenutzung ergebe sich aus den Gründen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs -EuGH- vom 08. 05. 2003 Rs. C 269/00, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2004, 378; und des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 24. 07. 2003 V R 39/99, BStBl II 2004, 371. Maßgebend sei allein, dass das Gebäude insgesamt zum Unternehmen gehöre; nicht dagegen sei erforderlich, dass der unternehmerisch genutzte Teil zum Vorsteuerabzug berechtige.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. 09. 2004 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer 1999 auf ./. 310,98 EUR, 2000 auf ./. 192,22 EUR und 2003 auf ./. 1.922,42 EUR herabgesetzt wird,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig; die anteilige Gebäudenutzung zu privaten Wohnzwecken ist nicht steuerbar.

Gemäß § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG wird die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt; das Gebäude der Klägerin ist dem Unternehmen zugeordnet, hat aber nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt.

Zwar scheitert die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach neuerer Rechtsprechung nicht daran, dass die anteilige Nutzung zu privaten Wohnzwecken steuerfrei ist und einem Abzug der Vorsteuer nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG entgegen steht. Der BFH hat - unter Änderung seiner früheren Rechtsprechung - mit Urteil vom 24. 07. 2003 V R 39/99, BStBl II 2004, 371, als Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 08. 05. 2003 Rs. C-269/00, BStBl II 2004, 378, entschieden, dass die (teilweise) Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für den privaten Bedarf des Unternehmers keine steuerfreie Grundstücksvermietung i. S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ist und deshalb den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausschließt. Im dortigen Streitfall, der einen Inhaber eines der Regelbsteuerung unterliegenden Baumpflege- und Gartenbaubetriebes betraf, hat der BFH die nichtunternehmerische Verwendung des Gebäudes der Umsatzbesteuerung unterworfen und den vollen Vorsteuerabzug zugelassen.

Auf diese Entscheidung kann sich jedoch die Klägerin entgegen ihrer Ansicht nicht erfolgreich stützen. Aus dem Urteil folgt nur, dass ein Unternehmer, der steuerpflichtige Umsätze erbringt und ein Gebäude insgesamt dem Unternehmen zugeordnet hat, die auf das gesamte Gebäude (d. h. nicht nur den unternehmerisch genutzten Teil) entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen kann, weil die anteilige Selbstnutzung nicht steuerfrei ist. Ein derartiger Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor. Die Klägerin führt als Unternehmerin ausschließlich steuerfreie Umsätze aus, die nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Das hat hier zur Folge, dass die anteilige Selbstnutzung nicht steuerbar ist.

Die Vorschrift des § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG erfordert, dass der privat genutzte Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug "berechtigt hat", setzt also - so der Wortlaut - die bereits bestehende Abzugsberechtigung voraus. Erst wenn - im ersten Schritt - die Vorsteuerabzugsberechtigung ganz oder teilweise besteht, ist - daran anknüpfend, im zweiten Schritt - die private Nutzung des Gegenstandes steuerbar. Dieses sich schon aus ihrem Wortlaut ergebende Verständnis der Vorschrift entspricht der Ansicht der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 13. 04. 2004, BStBl I 2004, 469, Beispiel 2: anteilige Privatnutzung eines Gebäudes durch einen Arzt nicht steuerbar) und wird auch in der Literatur geteilt (etwa Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rdn. 610: keine steuerbare Eigennutzung, wenn der Gegenstand von einem Unternehmer mit ausschließlich steuerfreien Umsätzen privat genutzt wird; ebenso Korn in KÖSDI 2004, 14342 unter zusätzlichem Hinweis auf Birkenfeld in Umsatzsteuerrundschau 2004, 270; Hiller in Deutsches Steuerrecht 2005, 809). Aus den Ausführungen von Strunk in Die Steuerberatung 2004, 349, ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nichts anderes; auch Strunk stellt die neue BFH-Rechtsprechung dar, weist jedoch anschließend ebenso darauf hin (S. 351), bei der unentgeltlichen Wertabgabe sei zu beachten, dass das Gebäude zum Vorsteuerabzug berechtigt haben müsse. An dieser Abzugsberechtigung des Gebäudes fehlt es hier wegen der ausschließlich steuerfreien Umsätze der Klägerin, § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Gründe für eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO bestehen nicht.



Ende der Entscheidung

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