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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.05.2007
Aktenzeichen: 1 K 6999/04 U
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 14
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

1 K 6999/04 U

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Die Beteiligten streiten über den Abzug von Vorsteuern bei Strohmannngeschäften im Gerüstbaugewerbe.

Der Kläger betreibt ein Gerüstbauunternehmen, bei dem er sowohl eigene Arbeitnehmer beschäftigt als auch die Leistungen von Subunternehmern in Anspruch nimmt. Im Streitjahr machte der Kläger aus verschiedenen Rechnungen der beiden Subunternehmer August S. (April bis Juni 2002 über insgesamt 41.818,80 EUR zzgl. Umsatzsteuer 6.691,01 EUR) und Petra T. (August bis September 2002 über insgesamt 21.795,86 EUR zzgl. Umsatzsteuer 3.487,34 EUR) die gesondert ausgewiesenen Steuern als Vorsteuern geltend. Der Beklagte versagte den Vorsteuerabzug mit Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 03. 02. 2004 unter Hinweis auf die Ergebnisse der Steuerfahndung A-Stadt. Die Fahndungsprüfer hatten in einem Strafverfahren gegen den Gerüstbauer Peter G. aus folgenden Feststellungen die Schlussfolgerung gezogen, dass dieser im Streitjahr als sog. Kolonnenschieber aufgetreten sei und dabei u.a. die Unternehmer S. und T. als Strohleute eingesetzt habe (s. Beibericht vom 14. 03. 2003): S. habe am 15. 02. 2002 unter der Anschrift "A-Straße." (17 in A-Stadt) ein Gewerbe "Holz- und Bautenschutz" angemeldet; auf einen "Gerüstbau" habe sich die Anmeldung mangels entsprechender Berechtigung des S. nicht erstreckt. Mit Schreiben vom 21. 02. 2002, das als Geschäftsadresse "A-Straße." und als Gewerbezweig neben Holz- und Bautenschutz auch "Gerüstbau" aufgeführt habe, habe sich S. beim Kläger gleichwohl als Nachunternehmer im Gerüstbau beworben und eine entsprechend gefälschte Gewerbeanmeldung vorgelegt. Das Schreiben habe Telefonnummern aufgewiesen, unter denen ausschließlich die Eheleute G. erreichbar gewesen seien. Im Verlauf der Fahndungsermittlungen, am 05. 08. 2002, habe S. sein Gewerbe wieder abgemeldet. Unmittelbar anschließend habe G. sich der Strohfrau Petra T. bedient, die erst am 29. 07. 2002 ein Gewerbe "Holz- und Bautenschutz" angemeldet habe; auch hier sei dem Kläger eine gefälschte, nämlich unberechtigt auch den Bereich "Gerüstbau" umfassende Gewerbeanmeldung der T. vorgelegt worden. Der Kläger habe die Rechnungen überwiegend per Verrechnungsschecks gezahlt, die dann in der Regel von der Ehefrau des G. abgeholt und einem Klaus V., einem mutmaßlichen Scheckwäscher, in Bargeld umgewandelt worden seien. Der Kläger, so der Beibericht der Steuerfahndung weiter, habe gewusst, dass S. und T. nicht die leistenden Unternehmer gewesen seien. Lediglich beim ersten Kontakt habe sich S. persönlich vorgestellt; im weiteren Verlauf der Geschäftsbeziehung habe es der Kläger ausschließlich mit G. zu tun gehabt. Auch die Büroangestellte des Klägers - dessen Tochter - habe die Eheleute G. als alleinige Kontaktperson identifiziert. Den Schriftverkehr mit S. habe der Kläger nie per Post versandt, sondern stets den Eheleuten G. ausgehändigt. Nachdem sich T. als nachfolgende Unternehmerin vorgestellt habe, habe sich an der Art der Vertragsdurchführung nichts geändert. Da hier also leistender Unternehmer (G.) und Rechnungsaussteller (S. bzw. T.) nicht identisch gewesen seien und ein Gutglaubensschutz des Leistungsempfängers (Kläger) ausscheide, müsse, so die Schlussfolgerung der Steuerfahndung, der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen versagt werden.

G. ist mit Urteil des AG A-Stadt (Az. 14 Ds 230 Js 930/02) vom 09. 07. 2004 wegen Umsatzsteuerhinterziehung, Beitragsvorenthaltung und Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten zur Bewährung verurteilt worden. Nach Vernehmungen u.a. des Klägers, S. und T. sah es das Gericht als erwiesen an, dass G. als sog. Kolonnenschieber und faktischer Unternehmer gearbeitet habe, während S. und T. nur Strohleute gewesen seien; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe Bezug genommen (Bl. 24 ff. der FG-Akte). G. hat die Berufung gegen das Urteil zurückgenommen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen den Umsatzsteuerbescheid 2002 verfolgt der Kläger sein Begehren, die Vorsteuern aus den Rechnungen S. und T. zum Abzug zuzulassen, mit der Klage weiter. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei ein Strohmanngeschäft nur dann unbeachtlich, wenn es lediglich zum Schein abgeschlossen sei und der Leistungsempfänger wisse oder wissen müsse, dass der Strohmann keine eigenen Verpflichtungen aus dem Geschäft übernehmen wolle. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Er - der Kläger - habe sich die Gewerbeanmeldungen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen von S. und T. zeigen lassen und danach von ordnungsgemäß registrierten Unternehmen ausgehen dürfen; für S. habe die Unbedenklichkeitsbescheinigung zwar keine steuerliche Registrierung enthalten, sei jedoch um eine Freistellungsbescheinigung für Zwecke der Bauabzugssteuer ergänzt worden. Dass Ansprechpartner meistens der Kolonnenführer G. gewesen sei, sei wegen der Beschäftigung der Kolonnen auf häufig wechselnden Einsatzstellen nicht ungewöhnlich gewesen; Gleiches gelte für die von T. vielfach vorab blanko geleistete Unterschrift unter Werkverträge - letzteres bestätige im Gegenteil deren Auftreten als leistende Unternehmerin. Schäden auf den Baustellen habe er unmittelbar bei S. und T. angemeldet, die dann erfolgreich ihre Versicherungen eingeschaltet hätten. Die beiden Unternehmer hätten auch einige Schecks persönlich entgegen genommen. Vor der ersten Kontaktaufnahme mit S. habe er weder G. gekannt noch sei er mit Strohmanngeschäften vertraut gewesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf die Schriftsätze vom 18. 03., 04. 07. 2005, 04. 01. 2006 und 16. 05. 2007 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2002 vom 03. 02. 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. 11. 2004 den Vorsteuerabzug um 10.178,35 EUR zu erhöhen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wendet ein, dem Kläger, seit Jahren im Gerüstbau tätig, sei die Problematik des Subunternehmertums bestens bekannt. Nach den Umständen hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass S. und T. nur als Strohleute aufgetreten seien - spätestens, als die Steuerfahndung im Rahmen der Ermittlungen gegen S. auch bei ihm, dem Kläger, erschienen sei und er unmittelbar anschließend von G. die Gewerbeanmeldung der Nachfolgeunternehmerin T. erhalten habe. Das AG A-Stadt habe ebenfalls die Überzeugung gewonnen, dass der Leistende allein G. gewesen sei. Dass der Kläger Schadensmeldungen unmittelbar gegenüber S. und T. angebracht habe, sei eine bloße Schutzbehauptung; Nachweise habe der Kläger nicht vorgelegt. Frau T. (zwischenzeitlich unbekannt verzogen) habe bei ihrer Vernehmung durch die Steuerfahndung vom 04. 06. 2003 eingeräumt, dass sie sich mit der Anmeldung des Gewerbes "Holz- und Bautenschutz" monatlich 1.600 EUR verdient habe; Gerüstbauleistungen habe sie gar nicht erbringen sollen. S. habe zwar bei seinen Vernehmungen darauf bestanden, die Umsätze im eigenen Namen erbracht zu haben; indes sprächen die Umstände für dessen bloße Strohmann-Eigenschaft und eine entsprechende Kenntnis der Beteiligten. Auf dem in den Rechnungsformularen angegebenen Konto des S. seien keine Zahlungen von Auftraggebern, sondern ausschließlich Sozialhilfeleistungen eingegangen, und an der dort angegebenen Adresse "A-Straße. 17 in A-Stadt" habe S. nicht gewohnt. Die von S. außerdem bezeichnete Wohnung "C-Straße 22 in A-Stadt" sei leer gewesen und von G. als Hausmeister betreut worden. Auf der Handynummer des S. seien nur Anrufe der Eheleute G., eines Herrn L. und verschiedener Privatleute eingegangen, nicht aber irgendeines Auftraggebers. Weder S. noch T. hätten Umsatzsteuer angemeldet und entrichtet; bei ihnen seien nicht einmal Geschäftsunterlagen aufgefunden worden.

Das Gericht hat die Strafakten des Peter G. (AG A-Stadt, Az. 14 Ds 230 Js 930/02) beigezogen. In der mündlichen Verhandlung hat es den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S. und G.; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig; der Beklagte hat den geltend gemachten Vorsteuerabzug zutreffend versagt.

Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes -UStG- die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass über eine Lieferung oder sonstige Leistung des Rechnungsausstellers abgerechnet wird; deshalb müssen Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer grundsätzlich identisch sein. Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Auch ein "Strohmann" kann leistender Unternehmer sein. Eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Bestimmung der Person des leistenden Unternehmers kommt jedoch in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft zwischen Leistungsempfänger und Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden ist und der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will. Eine Leistung des Rechnungsausstellers liegt nur dann vor, wenn sich die Leistung als dessen Geschäft erweist. Das ist nicht der Fall, wenn nach den für den Leistungsempfänger erkennbaren Umständen kein Eigengeschäft des "Vertragspartners" vorliegt, der Rechnungsaussteller die Leistung auch nicht als eigene Leistung der Umsatzsteuer unterwirft und der Leistungsempfänger typischerweise mit der Nichtbesteuerung durch den Rechnungsaussteller rechnet oder rechnen muss. Die Feststellung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Wesentlichen eine Tatsachenwürdigung. In tatsächlicher Hinsicht trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind (Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 26. 08. 2004 VB 243/03, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2005, 255; BFH-Urteil vom 07. 07. 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; Urteil des FG Köln vom 07. 12. 2006 10 K 1419/03, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2007, 468).

Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass die Rechnungsaussteller S. und T. - die ihre Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterworfen haben - dem Kläger gegenüber als leistende Unternehmer aufgetreten sind. Nach den Gesamtumständen waren S. und T. vorgeschobene Strohleute, die die Gerüstbauverträge mit dem Kläger nur zum Schein geschlossen haben; dabei musste der Kläger davon ausgehen, dass S. und T. keine eigenen Verpflichtungen übernehmen und Leistungen versteuern wollten.

Der Kläger hat zwar ausgesagt, die Werkverträge mit S. und T. in der Vorstellung abgeschlossen zu haben, dass diese für den Gerüstbau qualifizierte Unternehmer gewesen seien, die im eigenen Namen gehandelt hätten; hierbei hätten aus seiner Sicht beide den G. als Vorarbeiter eingesetzt und die Bezahlung sowie den Schriftverkehr über die Ehefrau des G. als weitere Hilfsperson abgewickelt. Nach dem persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen hat, sowie im Hinblick auf die Unsicherheiten, Unstimmigkeiten und Widersprüche in seiner Aussage vermochte das Klagevorbringen jedoch nicht zu überzeugen. Das gilt hier umso mehr, als es sich nicht mit den überzeugenden Feststellungen der Steuerfahndung in Einklang bringen lässt und Widersprüche zu glaubhaft von S. bekundeten Tatsachen aufweist.

Zur Anbahnung der Geschäftsbeziehung mit S. und G. hat der Kläger ausgesagt, beide Personen erst anlässlich des - den unberechtigten Zusatz "Gerüstbau" enthaltenden - Bewerbungsschreibens des S. kennen gelernt zu haben. Seine Angabe, auf der Grundlage der Unbedenklichkeits- und Freistellungsbescheinigungen, der ihm vorgelegten Gewerbeanmeldung und des persönlichen Eindrucks des S. auf dessen Eigenschaft als Gerüstbauunternehmer vertraut zu haben, konnte den Senat nicht überzeugen. Dem Kläger, selbst seit vielen Jahren selbstständiger Gerüstbauer, war bekannt, dass die Berechtigung zur Ausübung dieses Gewerbes eine entsprechende Eintragung in der Handwerksrolle voraussetzt. Eine solche Erkundigung hat der Kläger indes nicht angestellt, obwohl ihm Praktiken und Probleme des Subunternehmertums bekannt waren - lt. Umsatzsteuersonderprüfungsbericht vom 01. 09. 1993 war seinem Unternehmen der Vorsteuerabzug aus der Rechnung eines sog. Scheinunternehmers versagt worden (trotz eingeholter Unbedenklichkeitsbescheinigung) - und zudem die Gewerbeanmeldung des S. äußerliche Auffälligkeiten enthielt, nämlich die Angabe "Gerüstbau" in einer anderen Schriftart als der übrige Text gedruckt war. Dass S. keine eigenen Vertragsbindungen eingehen wollte, musste sich dem Kläger spätestens beim ersten persönlichen Treffen mit ihm aufdrängen. Wie bereits das AG A-Stadt in den Gründen des Strafurteils ausgeführt und die Zeugenvernehmung durch den erkennenden Senat bestätigt hat, widersprechen persönliches Erscheinungsbild und Auftreten des S. dem Bild eines Unternehmers, der als Leistender eigene Verpflichtungen aus Gerüstbaugeschäften übernimmt. Der Zeuge, an allen sichtbaren Körperstellen (Gesicht, Hals, Arme, Hände) tätowiert, ungepflegt und von extrem hagerem Körperbau, hat nach dem in der Beweisaufnahme hinterlassenen persönlichen Eindruck ohne Weiteres nachvollziehbar und insgesamt glaubhaft dargelegt, über keinerlei Ausbildung zu verfügen, keine Kenntnisse von Gewerbeanmeldungen, für Handwerksgeschäfte erforderlichen Bescheinigungen, Verträgen, Einlösung von Verrechnungsschecks etc. zu haben; über Vertragsbeziehungen und deren Bedeutung habe er sich ebenso wenig Gedanken gemacht wie über etwaige steuerliche Pflichten - Hauptsache, das Geld habe gestimmt. Das insgesamt mit einem leistenden Unternehmer nicht in Einklang zu bringende Auftreten des Zeugen S. kann damals, so die Überzeugung des Senats, auch dem Kläger nicht verborgen geblieben sein.

Für den Umstand, dass S. nur als Strohmann handelte und tatsächlich Leistender ein Dritter war (sog. Hintermann), spricht aus der Sicht des Klägers als weiterer Gesichtspunkt, dass seine Kontaktperson nicht S., sondern fast ausschließlich G. und dessen Ehefrau waren. Der Einwand des Klägers, bei häufig wechselnden Baustellen sei ein Auftreten des Vorarbeiters als Ansprechpartner nicht ungewöhnlich, mag im Allgemeinen zutreffen; der vorliegende Sachverhalt geht indes weit darüber hinaus. Hier war G. Ansprechpartner nicht nur für die einzelnen Einsätze auf den Baustellen, sondern schon für die Anbahnung der Geschäftsbeziehung. Unter den auf dem Bewerbungsschreiben des S. angegebenen Telefon- und Faxnummern konnten nach den Feststellungen der Steuerfahndung ausschließlich die Eheleute G., nicht aber S., erreicht werden. Der Kläger hat diesen Umstand nicht entkräften können, sondern sich in der mündlichen Verhandlung insoweit widersprüchlich eingelassen. Zunächst hat er ausgesagt, auf das Bewerbungsschreiben hin S. unter der dort angegebenen Telefon- oder Faxnummer erreicht zu haben. Auf spätere Nachfrage nach der Kontaktperson hat der Kläger angegeben, sich nur noch an die Terminabsprache als solche erinnern zu können, nicht aber an seinen Gesprächspartner. Bei erneutem Vorhalt hat der Kläger sodann erklärt, dass möglicherweise gar nicht er selbst, sondern seine Sekretärin - zugleich seine Tochter - das erste Treffen vereinbart habe. Für den Kläger erkennbar sprach gegen ein Auftreten des S. als leistender Unternehmer darüber hinaus, dass bei Abschluss des Rahmenvertrags und der Werkverträge neben S. wiederum G. erschien, und zwar nicht nur als Begleiter des S. - selbst das wäre in der Phase der vorbereitenden Vertragsverhandlungen und -abschlüsse für einen Vorarbeiter ungewöhnlich gewesen -, sondern, wie der Kläger ausgesagt hat, als Wortführer. Die Rolle des S. habe sich, so der Kläger weiter, insoweit darauf beschränkt, ihm vorbereitete Preislisten zu überreichen - bei verständiger Würdigung aus der Sicht des Klägers ein weiterer Gesichtspunkt gegen eine Rolle des S. als Leistender, der demnach nicht Preise angeboten und hierüber verhandelt, sondern nur Zahlen übermittelt hat. Ein weiterer Umstand ist die Einschaltung der Ehefrau des G. zur Abholung der Verrechnungsschecks. Zwar mag es vorkommen, dass ein Unternehmer aus praktischen Gründen seinen Kolonnenführer, der sich regelmäßig auf den Baustellen aufhält, mit der Entgegennahme der Zahlungen vor Ort beauftragt. Dass indes die Ehefrau des Vorarbeiters im Büro des Auftraggebers erscheint und dort für den Chef ihres Ehemanns Schecks entgegen nimmt, ist äußerst ungewöhnlich. Dass der Kläger hierzu nach eigener Aussage keinerlei Erläuterungen verlangt oder Verwunderung gezeigt hat, sich auch nicht eine Inkassovollmacht der Ehefrau hat zeigen oder zumindest darlegen lassen, lässt bei Gesamtbetrachtung mit den übrigen Umständen die Schlussfolgerung zu, dass aus der Sicht des Klägers G. nicht nur Vorarbeiter des S. war, sondern umgekehrt S. nur vorgeschoben war, damit der leistende Unternehmer im Hintergrund bleiben konnte; ob dabei G. selbst oder eine weitere Person (etwa der in den Fahndungsunterlagen mehrfach genannte Herrn L.) als Hintermann fungierten, kann vorliegend dahinstehen. Bei einer derartigen Vorstellung war es nur folgerichtig, dass der Kläger auch den (formal) an S. adressierten Schriftverkehr nicht per Post an diesen übersandte, sondern G. aushändigte; Gleiches galt für Mängelanzeigen. Dass er dem S. Schäden schriftlich angemeldet habe, die dieser über seine Versicherung erfolgreich habe regulieren lassen, hat der Kläger zwar im Verlauf des Verfahrens mehrfach behauptet, indes nicht nachweisen können; in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger dieses Vorbringen auch nicht aufrecht erhalten.

Dass der Kläger wusste oder wissen musste, dass S. nur vorgeschoben war, hat die Zeugenvernehmung des S. bestätigt. Der Zeuge hat zur Überzeugung des Senats glaubhaft bekundet, sämtliche mit den Gerüstbauarbeiten für den Kläger zusammenhängenden Angelegenheiten - von der Bewerbung über die Vertragsabschlüsse und die Bauausführung bis zur Verteilung des Entgelts (von dem er selbst nur den geringsten Teil erhalten habe) - den Eheleuten G. sowie V. und Herrn L. überlassen zu haben, während ihm selbst jede Kenntnis in handwerklichen und geschäftlichen Belangen gefehlt habe und er nie auf den Baustellen erschienen sei. Bei solchen Verhältnissen durfte und konnte der Kläger nicht auf die rein formale, mit den übrigen Umständen erkennbar nicht in Einklang zu bringende Angabe des S. vertrauen, selbst Unternehmer zu sein und G. nur als Vorarbeiter zu beschäftigen.

Hinsichtlich der Vertragsanbahnung mit T. vermochte die Aussage des Klägers ebenfalls nicht zu überzeugen. Der Kläger hat bekundet, sich nicht erinnern zu können, aus welchem Grund die Geschäftsbeziehung zu S. nach einigen Monaten geendet habe; einen Zusammenhang mit Maßnahmen der Steuerfahndung hat der Kläger weder zu bestätigen noch auszuschließen vermocht, obwohl die Fahndungsprüfer im Rahmen der Ermittlungen gegen S. auch beim Kläger erschienen waren. Seine nur vage Angabe, von T. ebenfalls ein Bewerbungsschreiben erhalten zu haben, hat der Kläger nicht durch Vorlage eines entsprechenden Schriftstücks zu stützen vermocht; im Übrigen hat auch die Steuerfahndung keine derartige Unterlage aufgefunden. Der Kläger hat bei seiner Anhörung auch nicht plausibel machen können, dass es ihm nicht ungewöhnlich erschienen und Anlass zu Nachfragen gegeben haben soll, dass T. bei ihrem ersten persönlichen Treffen mit dem Kläger ebenfalls von G. begleitet worden ist. Die auf Vorhalt hin nur pauschal vorgebrachte Erklärung des Klägers, die Übernahme von Vorarbeitern von anderen Unternehmern sei nichts Besonderes, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Nach den vorliegenden Umständen musste der Kläger zumindest deshalb Verdacht schöpfen, weil T. nicht nur mit dem gleichen "Vorarbeiter" erschien wie noch unmittelbar zuvor der Rechnungsaussteller S., sondern auch die übrigen Verhältnisse unverändert blieben - Abholung der Schecks durch Frau G., Kontakte wegen Mängelanzeigen und Telefonate ausschließlich mit den Eheleuten G.. Widersprüchlich waren auch die Angaben des Klägers zum Abschluss der Verträge mit T.; nachdem er zunächst ausgesagt hatte, T. habe nur Urkunden unterzeichnet, die bereits ausgefüllt gewesen seien, hat er auf Vorhalt, dass T. bei einer Zeugenvernehmung rund 40 Blankounterschriften eingeräumt habe, einen solchen Geschehensablauf - vage - bestätigt. Wenn jemand eine derartige Anzahl von Werkverträgen blanko unterzeichnet, obwohl er den Geschäftspartner - hier den Kläger - erst anlässlich dieses Geschäfts kennen gelernt hat, ist das ein für den Geschäftspartner ebenfalls erkennbares Indiz dafür, dass der Unterzeichner nicht als leistender Unternehmer auftreten will, sondern die Verträge mit einem Hintermann abgeschlossen werden sollen.

Die Aussage des Zeugen G. vermochte das Klagevorbringen ebenfalls nicht zu stützen. Seine Angaben sind nicht glaubhaft; sie stehen außerdem im Widerspruch zu den Bekundungen des Klägers und des S. sowie den strafgerichtlichen Feststellungen des AG A-Stadt. Das gilt etwa für die Bekundung des Zeugen, beim Vertragsschluss zwischen dem Kläger und S. nicht zugegen gewesen zu sein, die Bedeutung von Rahmenverträgen nicht zu kennen, dem Kläger gegenüber als bloßer Ratgeber des S., keineswegs aber als Vorarbeiter aufgetreten zu sein, und T. nur einmal privat gesehen zu haben, ohne von einer geschäftlichen Verbindung der T. mit dem Kläger zu wissen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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