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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.07.2009
Aktenzeichen: 10 K 809/07 Kg
Rechtsgebiete: EStG, SGB VI


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4
SGB VI § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Verfahren wegen des Kindergeldes für die Zeiträume von Oktober 2004 bis April 2005 und ab September 2005 wird eingestellt.

Der Bescheid der Beklagten vom 14.9.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.10.2006 und der Einspruchsentscheidung vom 30.1.2007 wird hinsichtlich der Aufhebung der Festsetzung und der Rückforderung von Kindergeld für die Zeiträume von Juni bis September 2004 und von Juli bis August 2005 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 80 v.H. und die Beklagte zu 20 v.H.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem diese die Festsetzung von Kindergeld aufgehoben hat.

Ursprünglich hatte die Klägerin fortlaufend Kindergeld für zwei Kinder erhalten, auch für ihre am 21.11.1983 geborene Tochter, denn diese hatte am 1.8.2003 eine Ausbildung begonnen. Die Ausbildung sollte bis Januar 2006 andauern. Aus diesem Grund hatte die Beklagte die Auszahlung des Kindergeldes zunächst intern bis Dezember 2005 beschränkt.

Im März 2006 stellte die Klägerin für ihre Tochter einen Antrag auf (weitere) Bewilligung von Kindergeld. Dazu teilte sie mit, dass ihre Tochter eine Ausbildung aufnehmen wolle und bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur gemeldet sei. In der Zeit seit Juli 2005 sei sie einer nichtselbständigen Tätigkeit nachgegangen und habe hier-bei einen monatlichen Bruttolohn in Höhe von 998,-- EUR erhalten. Diese Tätigkeit solle voraussichtlich bis August 2006 andauern. Auf Anforderung der Beklagten reichte die Klägerin ferner eine Bescheinigung zu den Kindergeldakten, nach deren Inhalt das am 1.8.2003 begonnene Ausbildungsverhältnis bereits am 31.12. 2003 wieder beendet worden war.

Die Beklagte überprüfte daraufhin auch den bei der Arbeitsagentur bestehenden Datenbestand. Daraus (Kurzübersicht vom 22.5.2006) war ersichtlich, dass die Tochter der Klägerin "zum 09.05.2006 aus der BB abgemeldet" worden war, sie aber seit dem 23.3.2006 bei der Arbeitsvermittlung mit dem Status "Arbeitssuchend" geführt wurde. Nach dem Inhalt einer ergänzenden Stellungnahme der Berufsberatung (Schreiben vom 2.6.2006) war die Tochter der Klägerin dort "nicht gemeldet". Sie sei zu Beratungsgesprächen am 25.8.2005 und am 9.5.2006 nicht erschienen und sei "deshalb immer wieder durch die Berufsberatung abgemeldet" worden.

Nach diesen Auskünften teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass möglicherweise Kindergeld ausgezahlt worden sei, obwohl ein entsprechender Anspruch der Klägerin nicht bestanden habe. In ihrem Antwortschreiben machte die Klägerin geltend, dass ihre Tochter seit dem Kalenderjahr 2004 bei der Arbeitsagentur als Bewerberin um eine Ausbildungsstelle registriert sei. Alle für die Bewilligung notwendigen Angaben seien der Beklagten gegenüber gemacht worden.

Die Beklagte holte daraufhin erneut Stellungnahmen der verschiedenen Dienststellen der Arbeitsagentur ein. Nach dem Antwortschreiben der Arbeitsvermittlung war die Tochter der Klägerin seit dem 5.9.2006 nicht mehr als Arbeitssuchende registriert.

Die Berufsberatung teilte mit, dass die Tochter vom 9.2. bis 3.5.2004 als Bewerberin um eine Ausbildungsstelle gemeldet gewesen sei. Zwar habe sie sich auch nachfolgend mehrfach zu Beratungsgesprächen angemeldet, sei aber zu den dann angesetzten Terminen nicht erschienen.

Nach Würdigung dieser Informationen hob die Beklagte unter Berufung auf § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Festsetzung des Kindergeldes auf (Bescheid vom 14.9.2006), und zwar für den Zeitraum ab Juni 2004. Ferner forderte sie das für den Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2005 bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 2.926,-- EUR von der Klägerin zurück. Dazu führte sie aus, dass die Tochter der Klägerin ab Juni 2004 offenbar keine Ausbildung mehr angestrebt habe. Eine Anmeldung bei der Berufsberatung bzw. eigene Bemühungen der Tochter um eine Ausbildungsstelle habe die Klägerin jedenfalls nicht nachgewiesen.

Diese erhob Einspruch und teilte mit, dass ihre Tochter durchaus angestrebt habe, (erneut) eine Ausbildung beginnen zu können. Zur näheren Begründung reichte sie folgende Unterlagen zu den Kindergeldakten:

1. ein an ihre Tochter gerichtetes Schreiben der Arbeitsagentur vom 25.2.2004, in dem eine Bewerbung um eine Ausbildungsstelle als vorgeschlagen wurde (Bl. 109 der Kindergeldakte)

2. eine Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit vom 1.10.2004 betreffend die beitragsfreien "Zeiten der Ausbildungssuche für die Rentenversicherung",

nach deren Inhalt ihre Tochter vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 bei der Agentur für Arbeit als Ausbildungssuchende gemeldet war (Bl. 107, 108 der Kindergeldakte)

3. die Ablichtung einer an ihre Tochter gerichteten Absage auf eine Bewerbung vom 6.5.2005 betreffend einen Ausbildungsplatz (Bl. 112 der Kindergeldakte)

4. die Ablichtung eines Antrages ihrer Tochter vom 24.6.2005 betreffend die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Bl. 114 bis 117 der Kindergeldakte)

5. die Ablichtung eines an ihre Tochter gerichteten Anschreibens vom 30.6.2005 betreffend eine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz (Bl. 113 der Kindergeldakte)

6. eine Einladung der Arbeitsagentur vom 9.8.2005 zu einem Beratungsgespräch am 25.8.2005 (Bl. 110 der Kindergeldakte)

7. eine Einladung der Arbeitsagentur vom 28.4.2006 zu einem Beratungsgespräch am 9.5.2006 (Bl. 111 der Kindergeldakte)

8. den Mehrabdruck einer Bewerbung vom 27.9.2006 betreffend eine Ausbildungsstelle (Bl. 106 der Kindergeldakte)

Die eingereichten Unterlagen zu Bewerbungen in den Monaten Mai und Juni 2005 nahm die Beklagte zum Anlass, den angefochtenen Bescheid zu ändern. Unter dem 18.10.2006 hob sie die Festsetzung des Kindergeldes nur noch für den Zeitraum von Juni 2004 bis April 2005 auf und für den Zeitraum ab Juli 2005. Der Rückforderungsbetrag verminderte sich dadurch auf 2.618,-- EUR. Im Übrigen wies sie den Einspruch der Klägerin jedoch als unbegründet zurück (Entscheidung vom 30.1.2007).

Im Klageverfahren hat die Klägerin zunächst vorgetragen:

Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, denn sie habe in den umstrittenen Zeiträumen einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld gehabt.

Soweit die Beklagte hierzu in der Einspruchsentscheidung die Rechtsauffassung vertreten habe, dass sie (die Klägerin) keine ausreichenden Nachweise für eine ernsthafte Suche nach einem Ausbildungsplatz beigebracht habe, könne dem nicht gefolgt werden. Für den Zeitraum bis Ende September 2004 gelte dies schon deshalb, weil ihre Tochter ausweislich der schon zu den Kindergeldakten gereichten Bestätigung der Arbeitsagentur vom 1.10.2004 als Ausbildungssuchende gemeldet gewesen sei. Das gelte auch für die Zeit danach. Zwar könne sie hierzu keine Bescheinigung der Arbeitsagentur beibringen, sie verweise aber auch insoweit auf die zu den Kindergeldakten gereichten Bewerbungsunterlagen. Darüber hinaus habe sich ihre Tochter noch bei anderen potentiellen Ausbildungsbetrieben beworben, Unterlagen hierzu seien allerdings nicht mehr vorhanden.

Zur Vervollständigung des Sachverhalts weise sie darauf hin, dass ihre Tochter in einigen Zeiträumen einer Teilzeitbeschäftigung nachgegangen sei (3.5. bis 21.5.2004; 11.7. bis 31.12.2004; 1.1. bis 30.4.2005; 11.7. bis 31.12.2005), diese Tatsache und die hierbei erzielten Entgelte seien der Beklagten mitgeteilt worden und für den Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld unschädlich.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihr Klagebegehren eingeschränkt.

Sie beantragt nunmehr,

den Bescheid der Beklagten vom 14.9.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.10.2006 und der Einspruchsentscheidung vom 30.1.2007 hinsichtlich des Zeitraums Juni bis September 2004 und Juli und August 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dazu trägt sie vor:

Der angefochtene Bescheid sei jedenfalls nach Erlass des Änderungsbescheides vom 18.10.2006 rechtmäßig.

Die Klägerin könne sich zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auf Bewilligung von Kindergeld insbesondere nicht auf die Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG stützen. Ihre Tochter sei nämlich im streitigen Zeitraum nicht bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur gemeldet gewesen.

Das gelte zunächst für den Zeitraum bis 30.9.2004. Zwar habe die Klägerin für die Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 eine Bestätigung nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a des VI. Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) für Zeiten der Ausbildungssuche vorgelegt, diese Bestätigung sei aber nicht geeignet, die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4

Satz 1 Nr. 2c EStG nachzuweisen (Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11. August 2006 - 18 K 5042/05 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte <EFG> 2006, 1764). Diese Bestätigung werde nämlich jeweils zentral erstellt für die Zeit von einer erstmaligen Meldung bis zum 30. September des jeweiligen Berichtsjahres, und zwar unabhängig davon, ob das Kind auch tatsächlich während des gesamten Zeitraumes als Bewerber um einen Ausbildungsplatz gemeldet gewesen sei.

Für den Zeitraum ab Oktober 2004 habe die Klägerin ebenfalls keine Nachweise beigebracht, die eine Bewilligung von Kindergeld rechtfertigen könnten. Die Bewerbungsunterlagen seien durch den Änderungsbescheid vom 18.10.2006 berücksichtigt worden. Darüber hinaus habe es zwar Nachfragen der Tochter der Klägerin nach Beratungsgesprächen gegeben, die daraufhin angebotenen Termine habe sie aber nicht wahrgenommen.

Entscheidungsgründe:

Das Verfahren wegen des Kindergeldes für die Zeiträume von Oktober 2004 bis April 2005 und ab September 2005 war einzustellen, weil die Klägerin die Klage insoweit zurückgezogen hat (§ 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung <FGO>).

Hinsichtlich der streitig gebliebenen Zeiträume von Juni bis September 2004 sowie von Juli bis August 2005 ist die Klage begründet.

Insoweit wird die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), denn in den genannten Zeiträumen hat die Klägerin einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld gehabt.

Dieser Anspruch beruht auf der Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG, weil die Tochter der Klägerin eine Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht hat beginnen oder fortsetzen können. Das Gericht ist nämlich nach Würdigung des Klagevortrages und des Akteninhalts zu der Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO) gelangt, dass die Tochter der Klägerin ernsthaft nach einem Ausbildungsplatz gesucht hat. Insbesondere mangelt es nicht an den zur Stützung des Klagebegehrens erforderlichen Nachweisen.

1. Für den Zeitraum von Juni bis September 2004 gilt dies schon deshalb, weil die Klägerin eine Bestätigung der Arbeitsagentur vom 1.10.2004 beigebracht hat, nach deren Inhalt ihre Tochter "in der Zeit vom 01.10.2003 bis 30.09.2004 als Ausbildungssuchende/r bei der Agentur für Arbeit gemeldet" war. Zwar ist es richtig, dass diese Bescheinigung zum Nachweis von Zeiten der Ausbildungssuche zur Vorlage beim Rentenversicherungsträger erstellt worden ist (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a SGB VI), das hindert aber nicht ihre Verwendung für Zwecke des Kindergeldes. Zum einen ist der ursprünglich mit der Fertigung der Urkunde verfolgte Zweck für deren Verwendung als Beweismittel unerheblich (Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur Zivilprozessordnung <ZPO>, 67. Auflage, Übersicht zu § 415 Tz 5 und Stöcker in Beermann/Gosch, Kommentar zur FGO, § 82 Tz 211), zum anderen soll die Urkunde gerade dazu dienen, die an die Arbeitsagentur gerichtete Bitte eines Ausbildungssuchenden um Vermittlung eines Ausbildungsplatzes (Hinweis auf § 35 SGB III) zu dokumentieren (vergl. dazu auch Klattenhoff in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB VI, § 58 Tz 63e).

Soweit die Beklagte die Bestätigung vom 1.10.2004 demgegenüber nicht als geeignetes Beweismittel ansieht, die (fortdauernde) Anmeldung der Tochter der Klägerin bei der Arbeitsagentur nachzuweisen, kann ihrer Argumentation nicht gefolgt werden. Richtig ist allerdings, dass Bestätigungen über Anrechnungszeiten nicht als Grundlagenbescheide qualifiziert werden können, an die die Familienkassen gebunden wären (vergl. dazu die Urteile des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11. August 2006 - 18 K 5042/05 Kg, a.a.O., des Finanzgerichts München vom 23. Januar 2008 - 9 K 1258/07, abrufbar bei [...] und des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 12. Februar 2008 - 4 K 435/06, EFG 2008, 1393). Das ist aber auch nicht erforderlich, denn der Nachweis einer Tatsache kann auch mit Urkunden geführt werden, die nicht gleichzeitig einen Grundlagenbescheid enthalten (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FGO). Insbesondere öffentliche Urkunden begründen regelmäßig den "vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen" (§ 418 Abs. 1 ZPO). Zwar ist diese Bestimmung in § 82 FGO nicht ausdrücklich in Bezug genommen worden, der darin enthaltene Rechtsgedanke ist aber auch im Finanzgerichtsprozess zu beachten (vergl. dazu Gräber, Kommentar zur FGO, 6. Auflage, § 82 Tz 40 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs <BFH>). Das heißt, die in einer öffentlichen Urkunde bezeugte Tatsache kann nur dann als nicht bewiesen beurteilt werden, wenn sich die Urkunde nach der Überzeugung des Gerichts (§ 96 Abs. 1 FGO) als fehlerhaft herausstellt (§ 418 Abs. 2 ZPO; vergl. dazu auch die Urteile des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. April 2006 - 6 K 2707/05, abrufbar bei [...], des Finanzgerichts Köln vom 13. März 2008 - 10 K 2174/07, EFG 2008, 1043 und des Finanzgerichts des Saarlandes vom 9. September 2008 - 2 K 1016/08, EFG 2009, 38).

Das ist hier nicht der Fall.

Ein Fehler könnte nämlich nur dann zuverlässig festgestellt werden, wenn eine vollständige Übersicht vorläge, in der sämtliche Eingaben und Vorsprachen der Tochter der Klägerin bei der Arbeitsagentur dokumentiert wären und zusätzlich die von der Behörde verfügten Abmeldungen, denn dann könnte das Gericht prüfen, auf welche Eingaben oder Vorsprachen die Tochter der Klägerin (erneut) in die Bewerberliste um einen Ausbildungsplatz aufgenommen worden ist oder hätte aufgenommen werden müssen bzw. welche Versäumnisse der Tochter der Klägerin zu welchem Zeitpunkt eine Streichung aus dieser Liste hätte rechtfertigen können. Eine solche Übersicht gibt es jedoch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 20.7.2009) für den vor November 2007 liegenden Zeitraum nicht. Daher kann nach den in der Kindergeldakte (Bl. 96, 97) handschriftlich niedergelegten Vorgängen nur bruchstückhaft festgestellt werden, dass die Tochter der Klägerin bis zum 3.5.2004 als Bewerberin um einen Ausbildungsplatz geführt, am 11.5.2004 angemeldet, am 25.5.2004 aber wieder abgemeldet worden ist. Einzelheiten zu den Vorgängen im Mai 2004 sind nicht erkennbar, insbesondere gibt es keine Informationen darüber, welcher Art der möglicherweise auf den 25.5.2004 angesetzte Termin gewesen ist, welche Gründe dazu geführt haben, dass die Tochter der Klägerin "nicht erschienen" ist, und ob es danach für den im Streitfall bedeutsamen Zeitraum von Juni bis September 2004 weitere Kontakte gegeben hat. Zwar könnte die Tatsache, dass in der bereits erwähnten handschriftlichen Aufstellung der Berufsberatung zwischen der Abmeldung am 25.5.2004 und der erneuten Anmeldung am 24.6.2005 keine Eintragungen enthalten sind, dafür sprechen, dass es keine Vorgänge gegeben hat, das aber kann nicht zuverlässig festgestellt werden, denn die/der für die Aufstellung verantwortliche Sachbearbeiter/in hat darin selbst vermerkt, dass sie/er die niedergelegten Vorgänge "aus der Historie ausgefiltert" habe. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass es im Zeitraum von Juni bis September 2004 Vorgänge gegeben hat, deren Bedeutung für den Streitfall möglicherweise verkannt worden ist, selbst wenn die fragliche Aufstellung mit größerer Sorgfalt erstellt worden ist als die von der Beklagten als ungeeignetes Beweismittel bezeichnete Bescheinigung vom 1.10.2004.

2. Auch hinsichtlich des Zeitraums von Juli bis August 2005 hat die Klägerin dem Gericht die Überzeugung vermittelt, dass ihre Tochter ernsthaft versucht hat, mit Hilfe der Berufsberatung einen Ausbildungsplatz zu erhalten.

Diese hatte im August 2003 eine Ausbildung begonnen, ist nachfolgend zumindest zeitweise bei der Berufsberatung als Bewerberin um eine Ausbildungsstelle registriert gewesen, hat sich auch nach der Rechtsauffassung der Beklagten zumindest in den Monaten Mai und Juni 2005 ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht und hat nach Mitteilung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung eine Ausbildung angetreten (nach den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20.7.2009 übermittelten Vorgängen im November 2008). Das deutet darauf hin, dass sie nach dem Abbruch der ersten Ausbildung Interesse an einer (anderen) Lehrstelle gehabt und dies speziell im Mai/Juni 2005 auch nach außen deutlich gemacht hat. Nach dem Inhalt der Kindergeldakten (Bl. 80) hat sie nachfolgend, nämlich am 24.6.2005, auch "Kontakt" zur Berufsberatung aufgenommen, wobei allerdings aus der Akte keine Informationen über die Art und Weise des Kontakts (schriftlich, mündlich) und über das Begehren der Tochter ersichtlich sind. Aus der Reaktion der Berufsberatung (Schreiben vom 9.8.2005; Bl. 110 der Kindergeldakte) folgert das Gericht jedoch, dass es nicht um eine bloße von der Tochter der Klägerin eingeholte Information gegangen ist, sondern um die Bitte zur Hilfeleistung bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. In dem Schreiben vom 9.8.2005 sind nämlich nicht nur Informationen mitgeteilt und/oder eine Informationsbroschüre übermittelt worden, vielmehr hat sich die/der zuständige Sachbearbeiter/in offenbar veranlasst gesehen, eine Anmeldung in den Datensatz der Arbeitsagentur aufzunehmen, und die Tochter der Klägerin ist zu einem Beratungsgespräch eingeladen und vorsorglich gebeten worden, ihre "vollständigen Bewerbungsunterlagen" mitzubringen. Daraus wiederum muss geschlossen werden, dass die Tochter der Klägerin in der Weise bei der Berufsberatung vorstellig geworden ist, dass bereits zum 24.6.2005 eine Aufnahme in die Bewerberliste um einen Ausbildungsplatz geboten gewesen ist (vergl. dazu das Urteil des BFH vom 17. Juli 2008 - III R 95/07, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH 2009, 367).

Zwar mag es sein, dass die Arbeitsagentur berechtigt gewesen ist, schon vor der vom BFH im vorgenannten Urteil erwähnten 3-Monats-Frist die Tochter der Klägerin in dieser Liste wieder zu streichen, etwa weil sie ohne Entschuldigungsgründe zum vorgesehenen Termin am 25.8.2005 nicht erschienen ist, eine rückwirkende Streichung ist aber nicht möglich gewesen. So wie die Meldung bei der Berufsberatung regelmäßig nur als Indiz für eine künftige Hilfeleistung angesehen werden kann, kann das aus einem Versäumnis abgeleitete Indiz, dass eine Hilfeleistung nicht mehr gewünscht wird, im Regelfall auch nur für die Zukunft gelten. Allein aus einem Versäumnis kann nämlich nicht geschlossen werden, ab wann ein Bewerber um einen Ausbildungsplatz die Hilfe der Berufsberatung nicht mehr in Anspruch hat nehmen wollen.

3. Dem Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld für die umstrittenen Zeiträume steht auch nicht der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG vorgesehene Grenzbetrag entgegen.

a) Dieser beläuft sich für das Kalenderjahr 2004 bei einem Zeitraum, für den die Zahlung von Kindergeld in Betracht kommt (Januar bis September) auf 5.760,-- EUR (7.680,-- EUR : 12 Monate x 9 Monate). Selbst wenn man die gegenüber der Lohnsteuerbescheinigung (Bl. 90 der Kindergeldakte) höheren Beträge aus der Erklärung der Klägerin (Bl. 14 der Gerichtsakte) übernimmt, ergeben sich schon ohne die gebotenen Abschläge Einkünfte unterhalb des Grenzbetrages.

b) Das gilt in gleicher Weise für den ferner in Betracht kommenden Zeitraum von Mai bis August 2005. Insoweit ergibt sich ein Grenzbetrag in Höhe von 2.560,-- EUR (7.680,-- EUR : 12 Monate x 4 Monate). Wenn man nämlich vom bescheinigten (Bl. 92 der Kindergeldakte) Bruttolohn der Tochter der Klägerin in Höhe von 5.572,-- EUR einen Anteil von 1.857,-- EUR (5.572 : 6 x 2) auf die Monate Juli und August 2005 bezieht, ist der Grenzbetrag nicht erreicht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich, soweit die Klage zurückgenommen worden ist, aus § 136 Abs. 2 FGO, im Übrigen aus § 135 Abs.1 FGO.

Die Zulassung der Revision beruht auf der Regelung des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

In der Finanzgerichtsbarkeit wird nämlich die Bedeutung der Bestätigungen zum Nachweis von Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a SGB VI unterschiedlich beurteilt und, soweit ersichtlich, liegt hierzu noch keine Entscheidung des BFH vor.

Ende der Entscheidung

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