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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.07.2008
Aktenzeichen: 11 K 1841/07 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

11 K 1841/07 E

Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 11. Januar 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. April 2007 wird dahingehend geändert, dass weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 16.046,29 EUR berücksichtigt werden, wobei die AfA-Bemessungsgrundlage für die vermietete Eigentumswohnung entsprechend zu mindern ist.

Die Berechnung des geänderten Steuerbetrages wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Zahlungen zur anteiligen Erstattung eines Disagios, die der Erwerber einer Eigentumswohnung an den Veräußerer leisten muss, als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) oder als im Wege der Abschreibung zu berücksichtigende Anschaffungskosten der Wohnung zu behandeln sind.

Der Kläger ist ledig und erzielte im Streitjahr 2003 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung.

Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 9. Dezember 2003 eine zu diesem Zeitpunkt im Bau befindliche Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus in A-Stadt von der Wohnungsbau A-Stadt GmbH, einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Gemäß Ziffer II. (1) des Kaufvertrags betrug der Kaufpreis 193.810,- EUR und setzte sich zusammen "aus einem Entgelt für den Grundbesitzerwerb in Höhe von 178.350,- EUR und einem anteiligen, aus der Finanzierung übernommenen Disagio in Höhe von 15.460,- EUR".

Der Kläger finanzierte diese Beträge durch Aufnahme zweier Darlehen der Sparkasse A-Stadt über 108.910,- EUR bzw. 85.000,- EUR am 11. Dezember 2003. Dabei löste er ein bestehendes Darlehen der Wohnungsbau A-Stadt GmbH bei der Sparkasse A-Stadt teilweise, d.h. soweit dieses auf die erworbene Eigentumswohnung entfiel, im Wege der Schuldübernahme ab, wobei sowohl der Nominalzinssatz (3,99 % p.a.) als auch die laufende Zinsbindung (bis 6. August 2012) fortgeführt wurden. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger gegenüber der Verkäuferin der Eigentumswohnung, das von dieser im Jahr 2002 an die Sparkasse A-Stadt gezahlte Disagio i.H.v. 10 % anteilig - im Verhältnis der verbleibenden Zinsbindung bis zum 6. August 2012 (104 Monate) zur gesamten Laufzeit - zu erstatten. Daraufhin zahlte der Kläger am 23. Dezember 2003 einen Betrag i.H.v. 89.175,- EUR als Teilentgelt für den Grundbesitzerwerb sowie 15.460,- EUR als Disagio an die Wohnungsbau A-Stadt GmbH. Für die Umschreibung des Darlehens fielen Kosten i.H.v. 500,- EUR an. Die auf den Kläger entfallenden Schuldzinsen für das Jahr 2003 beliefen sich auf 86,29 EUR.

Die Eigentumswohnung wurde im Januar 2004 fertiggestellt. Die Vermietung der Wohnung erfolgte ab Februar 2004. Ab diesem Zeitpunkt erzielt der Kläger Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

Der Kläger machte die Zahlung für das Disagio i.H.v. 15.460,- EUR, die damit in Zusammenhang stehenden Kosten i.H.v. 500,- EUR sowie die Schuldzinsen i.H.v. 86,29 EUR in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Der Beklagte veranlagte den Kläger zunächst mit unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom 3. Juni 2004 erklärungsgemäß. Mit Bescheid vom 11. Januar 2006 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2003 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO - und behandelte das Disagio nebst den damit in Zusammenhang stehenden Kosten i.H.v. insgesamt 16.046,29 EUR nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten, sondern als Anschaffungskosten der Eigentumswohnung. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden entsprechend erhöht. Der Beklagte begründete dies damit, dass es sich bei den Aufwendungen nicht um übliche Finanzierungskosten handele, sondern um Kaufpreisbestandteile.

Der Kläger legte gegen den Einkommensteuerbescheid am 25. Januar 2006 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. April 2007 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die dem Erwerber eines Objekts in Rechnung gestellten Finanzierungskosten könne dieser nur dann sofort als Werbungskosten abziehen, wenn es sich um eigene Finanzierungskosten handele. Der Kläger sei aber nicht wirtschaftlicher Schuldner der Finanzierungskosten, da bei deren Anfall - auf Seiten der Verkäuferin der Eigentumswohnung - im Jahr 2002 noch keine bürgerlich-rechtliche Verpflichtung zur Zahlung der Hauptschuld, d.h. des Kaufpreises für die Wohnung, bestanden habe (Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, z.B. Urteil vom 17. Februar 1981 VIII R 95/80, BFHE 133, 37, BStBl II 1981, 466; vom 14. Januar 1986 IX R 188/84, BFH/NV 1986, 280; sowie auf das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 14. Dezember 2006 14 K 6996/03, EFG 2007, 1008).

Der Kläger hat am 16. Mai 2007 Klage erhoben, mit der er sich gegen die Nichtberücksichtigung des Disagios sowie der Nebenkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wendet. Zur Begründung trägt er vor, bei dem Disagio bestehe der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Es handele sich ferner nicht um lediglich im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigende Anschaffungskosten, sondern um sofort abzugsfähige Finanzierungskosten. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf das Urteil des BFH vom 2. August 1977 VIII R 104/74, BFHE 124, 27, BStBl II 1978, 143. Das Disagio sei zur Beschaffung der zur Finanzierung der Eigentumswohnung erforderlichen Geldmittel gezahlt worden. Denn der Kaufpreis für die Wohnung sei zwischen den Parteien ursprünglich mit 178.350,- EUR veranschlagt worden. Insofern verweist er auf eine entsprechende Preisliste der Wohnungsbau Stadt A-Stadt GmbH, aus der sich für die erworbene Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz ein Kaufpreis i.H.v. 178.350,- EUR ergibt. Auf Blatt 39 der Gerichtsakte wird Bezug genommen.

Der Kläger führt weiterhin aus, er habe zunächst in Betracht gezogen, ein Darlehen über den Betrag i.H.v. 178.350,- EUR bei der Sparkasse A-Stadt zu einem Nominalzinssatz von 5,55 % aufzunehmen. Zur Begründung verweist er auf eine entsprechende Modellberechnung der Sparkasse A-Stadt. Auf Blatt 40 der Gerichtsakte wird Bezug genommen. Dann habe sich aber die Möglichkeit geboten, die erheblich günstigeren Darlehensbedingungen der Wohnungsbau Stadt A-Stadt GmbH zu übernehmen. Diese habe die erforderliche Zustimmung zur Schuldübernahme aber nur unter der Bedingung erteilt, dass der Kläger ihr das auf die Laufzeit des Darlehens anteilig entfallende Disagio erstattet.

Der Kläger macht ferner geltend, dass er den Kaufpreis der Eigentumswohnung i.H.v. 178.350,- EUR auch auf andere Art und Weise habe finanzieren können. Insbesondere sei der Kaufvertrag nicht von der Übernahme des Darlehens der Verkäuferin abhängig gewesen. Bei der Anschaffung der Eigentumswohnung und der Erlangung des zinsgünstigen Darlehens handele es sich um zwei voneinander unabhängige Vorgänge. Die Abhandlung dieser Vorgänge in einer notariellen Urkunde stehe dem nicht entgegen. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben der Wohnungsbau Stadt A-Stadt GmbH vom 21. April 2008, in dem diese bestätigt, dass die teilweise Übernahme des Darlehens nicht Bedingung für den Verkauf der Eigentumswohnung gewesen sei. Auf Blatt 63 der Gerichtsakte wird Bezug genommen. Die Schuldübernahme sei aus reinen Finanzierungserwägungen und Gründen der Wirtschaftlichkeit erfolgt.

Der Kläger ist der Ansicht, seine - vom Beklagten bestrittene - wirtschaftliche Schuldnerschaft ergebe sich im Hinblick auf die Finanzierungsaufwendungen daraus, dass im Zeitpunkt der Erstattung des entsprechenden Disagiobetrags im Dezember 2003 auch der Kaufpreis der Eigentumswohnung bereits fällig gewesen sei. Auf die Verausgabung des Disagios durch die Verkäuferin der Eigentumswohnung käme es in diesem Zusammenhang nicht an.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 11. Januar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. April 2007 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 16.046,29 EUR berücksichtigt werden, wobei die AfA-Bemessungsgrundlage für die vermietete Eigentumswohnung entsprechend zu mindern ist,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen

sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung vom 19. April 2007 und die darin zitierte Rechtsprechung des BFH. Ergänzend führt er aus, dass im Hinblick auf die Frage der wirtschaftlichen Schuldnerschaft nicht auf den Erwerber der Wohnung, sondern auf den Veräußerer abgestellt werden müsse (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 17. Februar 1981 VIII R 95/80, a.a.O.).

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 11. Januar 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. April 2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Beklagte hat den erstatteten Disagiobetrag sowie die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen zu Unrecht nicht als sofort abzugsfähige - vorweggenommene - Werbungskosten (Finanzierungskosten) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG), sondern als Anschaffungskosten der Eigentumswohnung behandelt.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Zu den Werbungskosten gehören auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG). Nebenkosten der Darlehensaufnahme sind als Schuldzinsen in diesem Sinne anzusehen (BFH-Urteil vom 24. Mai 1968 VI R 6/67, BFHE 92, 400, BStBl II 1968, 574). Hierzu gehören insbesondere Disagien (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1979 VIII R 59/78, BFHE 129, 344, BStBl II 1980, 353). Der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit einer Einkunftsart ist gegeben, wenn und soweit das betreffende Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften verwendet worden ist. Im Hinblick auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist dies beispielsweise der Fall, wenn mit dem Darlehen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudes finanziert werden (BFH-Urteil vom 8. April 2003 IX R 36/00, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706; BFH-Urteil vom 27. Juli 2004 IX R 32/01, BFHE 207, 200, BStBl II 2004, 1002).

Demgegenüber können Anschaffungskosten einer Eigentumswohnung nur über die AfA nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 und 5 EStG als Werbungskosten geltend gemacht werden. Anschaffungskosten sind die Kosten, die aufgewendet werden, um das Wirtschaftsgut von einem anderen zu erwerben, d.h. um es von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht zu überführen (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschluss vom 22. August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672; Urteil vom 2. August 1977 VIII R 104/74, a.a.O.).

Geldbeschaffungskosten gehören regelmäßig nicht zu den Anschaffungskosten i.S.d. EStG, weil sie der Steuerpflichtige macht, um sich die Mittel zur Bezahlung des gekauften Wirtschaftsguts zu beschaffen. Ihr unmittelbarer Zweck ist die Bereitstellung von Kapital, d.h. sie sind Anschaffungsaufwand für den Kredit, nicht aber für das mit dem Kredit erworbene Wirtschaftsgut (BFH-Urteil vom 24. Mai 1968 VI R 6/67, a.a.O.). In diesem Fall sind sie als Werbungskosten abzugsfähig.

Erstattet der Erwerber einer Eigentumswohnung dem Veräußerer ein Disagio, können je nach Gestaltung der vertraglichen Geschäftsbeziehungen im Einzelfall beim Erwerber Anschaffungskosten des Gebäudes oder - als eigene Finanzierungskosten - sofort abziehbare Werbungskosten vorliegen. Entscheidend ist, ob die Zahlung bei wirtschaftlicher Betrachtung des gesamten Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital zur Finanzierung der Anschaffungskosten angesehen werden kann (Finanzierungskosten des Erwerbers) oder ob sich der Veräußerer nur seine eigenen Aufwendungen für die Baukostenfinanzierung ersetzen lässt (Anschaffungskosten des Erwerbers; vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli 2004 IX R 32/01, a.a.O.).

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 19. April 1977 VIII R 237/73, BFHE 122, 116, BStBl II 1977, 598; VIII R 44/74, BFHE 122, 108, BStBl II 1977, 600; VIII R 119/75, BFHE 122, 111, BStBl II 1977, 601 zu Bauzeitzinsen; vom 17. Februar 1981 VIII R 95/80, a.a.O.; vom 14. Januar 1986 IV R 188/84, a.a.O. zu Disagien) sind die dem Erwerber eines Gebäudes vom Hersteller in Rechnung gestellten Finanzierungskosten eigene Finanzierungskosten des Erwerbers, wenn dieser unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Schuldner der Zinsen ist. Wirtschaftlicher Schuldner der Finanzierungskosten ist der Erwerber, wenn die Kosten in einem sachlichen Zusammenhang mit der Beschaffung der für eine fällige Zahlung erforderlichen Mittel stehen. Dies setzt voraus, dass bei Anfall der Finanzierungskosten bereits eine bürgerlich-rechtliche Verpflichtung des Erwerbers zur Zahlung der Hauptschuld besteht.

Die Abziehbarkeit von Geldbeschaffungskosten hängt indes nicht allein von der Fälligkeit des Kaufpreises ab. Mit Urteil vom 2. August 1977 (VIII R 104/74, a.a.O.) hat der BFH nämlich entschieden, dass vom Erwerber einer Eigentumswohnung an den Veräußerer gezahlte Entgelte für die Überlassung zinsgünstiger Darlehen zu den Finanzierungskosten gehören. Der BFH hat dabei maßgebend darauf angestellt, dass die Aufwendungen als Entgelt für die Überlassung der mit dem Darlehen verbundenen günstigen Konditionen zu qualifizieren sind. Darüber hinaus ist von Bedeutung gewesen, dass die entsprechende Vereinbarung neben dem Kaufvertrag getroffen wurde und der Kaufpreis unabhängig von den Konditionen der Schuldübernahme war (vgl. Abgrenzung im BFH-Urteil vom 17. Februar 1981, a.a.O., unter 1. b) der Entscheidungsgründe). Damit können in diesen Fällen auch vor Fälligkeit des Kaufpreises geleistete Geldbeschaffungskosten Werbungskosten sein (BFH-Urteil vom 27. Juli 2004 IX R 32/01, a.a.O.). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.

Nach diesen Grundsätzen stellt sich die vom Kläger an die Verkäuferin der Eigentumswohnung geleistete Zahlung für die anteilige Erstattung des Disagios als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung dar. Bei wirtschaftlicher Betrachtung des gesamten Vorgangs sind die Aufwendungen als Vergütung für die Überlassung von Kapital zur Finanzierung der Anschaffungskosten der Eigentumswohnung anzusehen. Auf die Fälligkeit von Hauptforderung und Finanzierungskosten kommt es vorliegend nicht an.

Dafür spricht zunächst, dass der Kläger die Zahlungen getätigt hat, um die günstigen Konditionen zu erlangen, welche die Verkäuferin mit der finanzierenden Bank vereinbart hatte. Dies betrifft insbesondere den niedrigen Nominalzinssatz (3,99 %). Demgegenüber hätte der Kläger im Fall des Neuabschlusses eines Darlehensvertrags deutlich schlechtere Vertragsbedingungen (Nominalzinssatz von 5,5 %) hinnehmen müssen, (vgl. Modellrechung der Sparkasse A-Stadt, Blatt 40 der Gerichtsakte).

Des Weiteren ist von Bedeutung, dass die vom Kläger erworbene Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz nach der Preisliste der Verkäuferin (Blatt 89 der Gerichtsakte) 178.350,- EUR kosten sollte. Dies ist genau der Betrag, der im notariellen Kaufvertrag als "Entgelt für den Grundbesitzerwerb" ausgewiesen wurde. Der Restbetrag i.H.v. 15.460,- EUR sollte ersichtlich kein Entgelt für den Erwerb der Eigentumswohnung sein. Die Gestaltung des Kaufvertrags und die Formulierung, wonach auch das anteilige Disagio zum Kaufpreis gehört, stehen dem nicht entgegen. Denn wirtschaftlich betrachtet handelt es sich bei der Zahlung i.H.v. 15.460,- EUR eben nicht um ein Entgelt für den Grundbesitzerwerb, sondern um ein Entgelt für die Erlangung der günstigen Darlehenskonditionen.

Schließlich ist zu beachten, dass der Erwerb der Eigentumswohnung - vor allem aber auch die Kaufpreisermittlung - losgelöst von der Frage der Schuldübernahme abgewickelt wurde. Dafür spricht insbesondere, dass die Wohnungsbau Stadt A-Stadt GmbH bestätigt hat, dass die Wohnung im Fall einer anderweitigen Finanzierung auch ohne Übernahme der bestehenden Darlehensverbindlichkeit an den Kläger verkauft worden wäre (Blatt 63 der Gerichtsakte). Daraus folgt, dass es sich bei dem Verkauf der Eigentumswohnung und der Schuldübernahme - trotz äußerlicher Verknüpfung in einer Notarurkunde - um selbstständige Rechtsgeschäfte gehandelt hat und demzufolge die Eigentumsübertragung und die Disagiozahlung in keinerlei Gegenseitigkeitsverhältnis gestanden haben.

Die im Zusammenhang mit der Schuldübernahme angefallenen Kosten i.H.v. 500,- EUR teilen das rechtliche Schicksal der Disagio-Erstattung und stellen ebenfalls Finanzierungskosten dar. Gleiches gilt für die originär in der Person des Klägers angefallenen Schuldzinsen i.H.v. 86,29 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Übertragung der Steuerberechnung auf den Beklagten folgt aus § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

Die Revision war zuzulassen, da der Rechtssache - insbesondere vor dem Hintergrund der entgegenstehenden Erlasslage (vgl. Hinweis 21.2 EStR 2005 "Finanzierungskosten", entspricht Hinweis 161 EStR 2003), die auf der BFH-Entscheidung vom 17. Februar 1981 (a.a.O.) fußt und keine Abgrenzung zur BFH-Entscheidung vom 2. August 1977 (a.a.O.) zu ermöglichen scheint - grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).



Ende der Entscheidung

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