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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.11.2008
Aktenzeichen: 12 K 4821/07 F
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 164 Abs. 1 S. 1
AO § 164 Abs. 3 S. 3
AO § 181 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

12 K 4821/07 F

Tenor:

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2001 vom 22.11.2007 wird aufgehoben.

Das beklagte Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Das beklagte Finanzamt stellte für die Kläger zunächst mit Bescheid vom 13.10.2003 den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.2001 für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 1.838.735 EUR und für die Einkünfte aus Kapitalvermögen auf 113.406 EUR fest. Dieser Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 28.6.2004 änderte das beklagte Finanzamt den Bescheid vom 13.10.2003. Es stellte nunmehr den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.2001 für die Einkünfte aus Kapitalvermögen auf 57.984 EUR fest - die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beliefen sich weiterhin auf 1.838.735 EUR; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Am 6.9.2004 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung betreffend den Kläger mit einer Betriebsprüfung. Diese erstreckte sich u.a. auf die Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2000 - 2002. Ausweislich des entsprechenden Berichts vom 11.10.2004 ergaben sich nur Änderungen zur "privaten PKW-Nutzung im Hinblick auf die Umsatzsteuer". Zu Tz. 2.3 "Weitere Feststellungen" heißt es:

"Weitergehende Feststellungen haben sich durch die Betriebsprüfung nicht ergeben. Im Hinblick auf die Verlustvorträge unterbleibt eine bilanzielle Darstellung der Umsatzsteuerverbindlichkeit".

Der Kläger bat darum, ihm den Bericht vor dessen Auswertung zu übersenden (§ 202 Abs. 2 AO). Eine Schlussbesprechung fand nicht statt, weil der Kläger nach § 201 Abs. 1 AO hierauf verzichtet hatte. Die Prüfungsfeststellungen waren während der Prüfung eingehend und einvernehmlich besprochen worden.

Der Kläger erhielt den Bericht mit Schreiben des beklagten Finanzamts vom 12.11.2004 am 8.12.2004. In diesem Schreiben heißt es u.a.:

"Ich beabsichtige, den Inhalt des Berichts der Besteuerung zugrundezulegen".

Die Steuerakten enthalten eine Gesprächsnotiz über ein Telefonat, das am 3.8.2007 zwischen dem Prüfer - "A" - und einer Mitarbeiterin des beklagten Finanzamts - "B" stattgefunden hat. Besprechungsgegenstand war die Betriebsprüfung beim Kläger, Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags in 2001 und anteiliger Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen - außerdem: Verbleib der Prüferhandakte. Zum Inhalt des Gesprächs im Wesentlichen:

""A" wurde ... nochmals über die Beanstandungen des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts für Steuern in Münster informiert. Da die Prüferhandakte auch nach neuerlichem Suchen ... nicht auffindbar ist und sie Herrn "C", der sich zur Zeit wegen der Anschlussprüfung mit dem Fall beschäftigt, ebenfalls nicht vorliegt, wurde "A" zu dem in Rede stehenden Sachverhalt befragt. Er teilte mit, er wisse zwar, sich mit dem Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) beschäftigt zu haben, weil es für ihn "Neuland" war. Aber daran, ob er den Hinzurechnungsbetrag und den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen mit dem Steuerberater "D" thematisiert habe, könne er sich nicht mehr erinnern. ..."

Mit Schreiben vom 6.8.2007 teilte das beklagten Finanzamt den Prozessvertretern der Kläger Folgendes mit:

"Im Rahmen einer erneuten Überprüfung wurde festgestellt, dass der Hinzurechnungsbetrag gemäß § 4 Abs. 4 a EStG in Höhe von 93.951 DM (96 % von 98.092 DM), also insoweit er auf die Verwendung der Entnahmen für private Festgeldanlagen entfiel, zu Unrecht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Abzug gebracht wurde. Die nach § 4 Abs. 4 a EStG pauschal ermittelten nicht abziehbaren Schuldzinsen setzen nämlich begrifflich Betriebsausgaben voraus. Nur diese betrieblich veranlassten Zinsen werden in die Berechnung des Hinzurechnungsbetrags nach § 4 Abs. 4 a EStG einbezogen. Damit ist ein Werbungskostenabzug des anteiligen Hinzurechnungsbetrags auch insoweit ausgeschlossen, als die Überentnahmesituation auf die Entnahmen für private Festgeldanlagen zurückzuführen ist.

Ich beabsichtige deshalb, die Änderung nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO vorzunehmen. ..."

Die Prozessvertreter der Kläger traten dem zunächst mit Schreiben vom 23.8.2007 entgegen. Sie stellten eine Neuberechnung der Überentnahmen für 2001 an. Diese ergäbe eine Erhöhung des Verlusts für 2001 aus Gewerbebetrieb um 98.092,32 DM - gleichzeitig seien die Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen für 2001 um 93.950,86 DM zu kürzen.

Mit Schreiben vom 9.10.2007 machten die Prozessvertreter der Kläger geltend, die Festgeldkonten seien in 2001 als notwendiges Betriebsvermögen zu behandeln, denn der Kläger habe keine endgültige Trennung der Geldbeträge vom Betriebsvermögen herbeigeführt. Außerdem beantragten sie, den Vorbehalt der Nachprüfung für sämtliche Steuerbescheide 2000 - 2002 aufzuheben.

Mit Bescheid vom 22.11.2007 stellte das beklagte Finanzamt für die Kläger den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.2001 für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 1.742.378 EUR und für die Einkünfte aus Kapitalvermögen auf 16.272 EUR fest. Zugleich wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Sprungklage, der das beklagte Finanzamt zugestimmt hat. Die Beteiligten streiten allein darüber, ob der ursprüngliche Vorbehalt der Nachprüfung noch eine Grundlage für eine Änderung sein kann.

Die Kläger beantragen,

wie erkannt.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der streitige Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2001 vom 22.11.2007 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Zur Änderung der ursprünglichen gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2001 gibt es keine rechtliche Grundlage. Zwar standen die ursprünglichen Feststellungen gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Darauf kann sich das beklagte Finanzamt jedoch nicht mehr berufen, nachdem für den Kläger eine Außenprüfung stattgefunden hat, bei der sich Änderungen gegenüber der Feststellung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben haben. Dies folgt aus § 164 Abs. 3 Satz 3 AO. Danach ist nach einer Außenprüfung der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben haben. Gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung - also auch § 164 AO - für die gesonderte Feststellung sinngemäß.

Dass das beklagte Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung erst nach Änderung der ursprünglichen Feststellungen aufgehoben hat, ist unerheblich. Es war bereits vor Durchführung der Änderung verpflichtet, den Vorbehalt der Nachprüfung aufzuheben. Dem nicht nachzukommen, widerspricht der sich unmittelbar aus dem Wortlaut und auch aus dem Sinn und Zweck des § 164 Abs. 3 Satz 3 AO ergebenden Pflicht zur Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung. Ließe man gleichwohl eine Änderung zu, hätte die Norm faktisch keine Bedeutung - ihr Sinn und Zweck wäre nicht erreichbar. Dies verstieße gegen den sich aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Grundsatz, dass die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind - dies verstieße möglicherweise gar auch gegen die sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebende Rechtsschutzgarantie. Beides könnten die Kläger zumindest mit Blick auf ihr Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG im Wege einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG rügen.

Aus der Rechtsprechung des Bundesfinazhofs (BFH) folgt nicht zwingend anderes. ImUrteil vom 16.9.2004 (X R 22/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2005, 322) kommt der BFH zu dem Ergebnis, der Vorbehalt einer Nachprüfung sei auch dann wirksam, wenn der Bescheid nach abschließender Prüfung des Steuerfalls aufgrund einer zuvor abgeschlossenen Außenprüfung ergehe; werde der - rechtswidrige - Vorbehalt der Nachprüfung bestandskräftig, könne das Finanzamt die Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO ändern. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt waren nach durchgeführter Außenprüfung Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, die bestandskräftig wurden. In den den Urteilen des BFH vom 14.9.1993 (VIII R 9/93, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1995, 2), vom 2.5.1990 (VIII R 20/86, BFH/NV 1991, 219) undvom 16.10.1984 (VIII R 162/80, BStBl II 1985, 448) zugrundeliegenden Sachverhalten war dies ebenso. Dieser Rechtsprechung des BFH folgt der erkennende Senat uneingeschränkt. Wird ein Bescheid nach Durchführung einer Außenprüfung - wenn auch gegen § 164 Abs. 3 Satz 3 AO verstoßend und deshalb rechtswidrig - mit einem Vorbehalt der Nachprüfung versehen bzw. wirkt ein Vorbehalt der Nachprüfung fort und wird so bestandskräftig, kann der Vorbehalt der Nachprüfung Grundlage für eine spätere Änderung sein, weil er eben nicht nichtig ist (BFH-Urteil vom 16.9.2004 X R 22/01, a.a.O.). Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht: Hier ist es den Klägern nicht verfahrensrechtlich verwehrt, sich auf § 164 Abs. 3 Satz 3 AO zu berufen - nach Durchführung der Außenprüfung beim Kläger ist nichts bestandskräftig geworden, weder ein mit einem Vorbehalt der Nachprüfung versehener Bescheid noch ein solcher, bei dem ein Vorbehalt der Nachprüfung fortwirkte.

Die den Urteilen des BFH vom 29.4.1987 (I R 118/83, BStBl II 1998, 168) undvom 15.12.1994 (V R 135/93, BFH/NV 1995, 938) zugrundeliegenden Sachverhalte sind anders - nämlich ähnlich dem hier: Dort gab es Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und es wurde eine Außenprüfung durchgeführt, zu der eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO erging - später berief sich das Finanzamt auf § 164 Abs. 2 AO. Der BFH kam zu dem Ergebnis, eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO hindere unter den Voraussetzungen des § 173 Abs. 2 Satz 2 AO nur die Änderung eines Steuerbescheids gemäß § 173 Abs. 1 AO. Sie stehe jedoch der Änderung des Bescheids aufgrund einer anderen Vorschrift (z.B. § 164 Abs. 2 AO) nicht entgegen. Auch sei eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO kein Verwaltungsakt, der eine allgemeine Änderungssperre für die in der vorangegangenen Außenprüfung festgestellten Sachverhalte auslöse. Der erkennende Senat sieht dies ebenso - jedenfalls soweit, wie zuvor wiedergegeben.

Soweit das BFH-Urteil vom 29.4.1987 (I R 118/83, a.a.O.) allerdings derart beschrieben wird, hiernach käme es darauf an, ob sich tatsächlich Änderungen ergäben, nicht jedoch auf eine dazu etwa in Widerspruch stehende Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO (Tipke in Tipke-Kruse, Kommentar zur AO und zur FGO, 2005, § 164 AO, Tz. 46), könnte der erkennende Senat dem nicht folgen - abgesehen davon, dass eine solch weitgehende Interpretation dieser Entscheidung schon nicht zwingend entnommen werden kann, vor allem weil sich der BFH dort nicht einmal ansatzweise mit § 164 Abs. 3 Satz 3 AO auseinandergesetzt hat. Wäre für § 164 Abs. 3 Satz 3 AO allein maßgebend, ob sich tatsächlich Änderungen ergäben, hätte diese Norm keine Bedeutung mehr - Konsequenz daraus wäre nämlich, dass jedwede Möglichkeit einer tatsächlichen Änderung dazu führen könnte, dem Gebot zur Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nicht nachkommen zu müssen. Dies wäre faktisch nichts anderes, als wenn § 164 Abs. 3 Satz 3 AO nicht vorhanden wäre.

Auch kann angesichts dieser Norm nicht ohne weiteres auf einen Umkehrschluss aus § 173 Abs. 2 AO abgestellt werden - insoweit hält der erkennende Senat die Argumentation des BFH jedenfalls für nicht abschließend. Die in § 173 Abs. 2 AO getroffene Regelung findet - so der BFH in seinemUrteil vom 29.4.1987 (I R 118/83, a.a.O.) - nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nur auf beabsichtigte Änderungen im Sinne des § 173 Abs. 1 AO Anwendung. Daraus folge - so der BFH - im Umkehrschluss, dass die Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO Änderungen aufgrund einer anderen Vorschrift nicht hindere. Seien deshalb die ursprünglichen Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, so sei ihre Änderung nach § 164 Abs. 2 AO auch dann noch uneingeschränkt möglich, wenn zwischenzeitlich eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO ergangen ist. Es ist für den erkennenden Senat schon vom Ansatz her zweifelhaft, ob überhaupt Raum für einen solchen Umkehrschluss vorhanden ist. Ließe man sich etwa von der Vorstellung leiten, dass Außenprüfungen qualitativ stets auf gleichem Niveau durchgeführt werden, gäbe es keinen sachlich gerechtfertigtenm Grund, bei einer Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO unterschiedliche Konsequenzen zu ziehen - je nach dem, ob ein Vorbehalt der Nachprüfung besteht oder nicht. Außerdem bleibt es einer Finanzbehörde unbenommen, von einem Vorbehalt der Nachprüfung Gebrauch zu machen - noch bevor sie eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO erlässt. Diese Erwägungen müssen hier jedoch nicht weiterverfolgt werden. Jedenfalls besteht für den erkennenden Senat wenig Raum für einen Umkehrschluss - wenn dieser dazu führen sollte, dass § 164 Abs. 3 Satz 3 AO faktisch keine Bedeutung mehr hätte. § 164 Abs. 3 Satz 3 AO und § 202 Abs. 1 Satz 3 AO gehen an sich in dieselbe Richtung: § 164 Abs. 3 Satz 3 AO setzt voraus, dass sich nach einer Außenprüfung Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung unter Vorbehalt der Nachprüfung ergeben, und nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO genügt es, wenn dem Steuerpflichtigen schriftlich mitgeteilt wird, dass eine Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt. Wenn also § 202 Abs. 1 Satz 3 AO anders als in § 173 Abs. 2 Satz 2 AO in § 164 Abs. 3 AO nicht erwähnt ist, dürfte daraus im Umkehrschluss allenfalls gefolgert werden können, dass eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO für die Annahme der von § 164 Abs. 3 Satz 3 verlangten Tatbestandsvoraussetzungen grundsätzlich nicht ausreicht bzw. sie entkräftet werden kann - jedoch auch nicht mehr. Insbesondere bietet dieser Umkehrschluss keine Grundlage dafür, dass eine Änderung nach § 164 Abs. 2 AO auch dann noch uneingeschränkt möglich sein soll, wenn zwischenzeitlich eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO ergangen ist - falls dies dahin missverstanden werden sollte, dass "uneingeschränkt" ohne Berücksichtigung der sich aus § 164 Abs. 3 Satz 3 AO ergebenden Plicht zur Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung bedeuten soll.

Nach Ansicht des erkennenden Senats kann deshalb einer Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO auch im Rahmen des § 164 Abs. 3 Satz 3 AO Bedeutung zukommen - nämlich als Indiz: demgegenüber sind widersprechende Indizien zu würdigen, was angesichts etwa offensichtlich fehlerhafter Mitteilungen im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO angebracht und geboten ist. In diesem Rahmen kommt einer Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO auch Bedeutung für die Frage zu, zu welchem Zeitpunkt ein Vorbehalt der Nachprüfung aufzuheben ist.

Im vorliegenden Fall stand mit dem Erhalt des Schreibens des beklagten Finanzamts vom 12.11.2004 durch die Prozessvertreter der Kläger am 8.12.2004 - dem der Bericht über die Ergebnisse der Außenprüfung beim Kläger beigefügt war - fest, dass die Außenprüfung für die Einkommensteuer 2001 zu keinen Änderungen gegenüber den Feststellungen unter Vorbehalt der Nachprüfung führen würde. Im Bericht heißt es ausdrücklich, "weitergehende Feststellungen haben sich durch die Betriebsprüfung nicht ergeben" - außerdem hat das beklagte Finanzamt den Klägern mitgeteilt, "es sei beabsichtigt, den Inhalt des Berichts der Besteuerung zugrundezulegen"; dies geschah, obgleich das zwischen den Beteiligten materiell streitige Problem des Hinzurechnungsbetrags nach § 4 Abs. 4 a EStG den Außenprüfer unstreitig beschäftigt - diesen aber nicht veranlasst hat, die Außenprüfung fortzuführen. Dafür, dass die Außenprüfung gleichwohl noch nicht beendet sein sollte - sich also noch weiterhin Änderungen gegenüber den Feststellungen unter Vorbehalt der Nachprüfung ergeben könnten, bestanden und bestehen auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte.

Die Kläger sind auch nicht darauf angewiesen gewesen, den Anspruch auf Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung aus § 164 Abs. 3 Satz 3 AO gesondert geltend zu machen (vgl. hierzu Urteil des Finanzgerichts - FG - Hamburg vom 19.11.1985, Sammlung der Entscheidungen der FG'e - EFG - 1986, 362). Dieser Anspruch ist - allein schon mit Blick auf Art. 20 Abs. 3 GG - zu erfüllen, auch ohne dass er zuvor in einem Einspruchs- oder gar Klageverfahren erhoben worden sein muss; es ist nicht einmal ein gesonderter Antrag erforderlich, weil § 164 Abs. 3 Satz 3 AO eben einen solchen nicht voraussetzt. Selbst wenn man dies dennoch verlangte, könnte sich das beklagte Finanzamt hierauf nicht mit Erfolg berufen. Die Kläger haben außergerichtlich noch vor Erlass des streitigen Änderungsbescheids ausdrücklich einen Antrag auf Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gestellt. Diesem Begehren ist das beklagte Finanzamt jedoch nur unzulänglich nachgekommen - den Vorbehalt der Nachprüfung hob es erst nach Erlass des streitigen Änderungsbescheids mit der Einspruchsentscheidung auf. Damit hat es nicht die sich aus § 164 Abs. 3 Satz 3 AO gebotene Reihenfolge eingehalten. Dies ist vom vorliegenden Klagebegehren mitumfasst - jedenfalls ist die unzulängliche Entscheidung des beklagten Finanzamts über das Begehren auf Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nicht bestandskräftig geworden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO - die über die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO.

Ende der Entscheidung

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