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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.12.2005
Aktenzeichen: 12 K 5252/02 E
Rechtsgebiete: AIG, AO, RL 85/611/EWG, EGV


Vorschriften:

AIG § 17
AIG § 18
AO § 90 Abs. 2
GG Art 3 Abs. 1
EGV Art. 56
EGV 58 Abs. 1 Buchstabe b
RL 85/611/EWG Art. 44 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist, in welchem Umfang der Kläger in den Jahren 1994 und 1997 (Streitjahre) Einkünfte aus ausländischen Kapitalanlagen bezogen hat. Der Kläger erwarb im Jahr 1992 bei der ("A") 1774 Anteile des "B" Fonds Typ A" zum Kaufpreis von ca. 560.000 DM, die er über die Streitjahre hinaus hielt. Bei diesem Fonds handelte es sich um einen in der Bundesrepublik nicht registrierten Fonds der im Inland keinen Vertreter bestellt hatte ("schwarzer Fonds"). In seinen Steuererklärungen für die Streitjahre gab er als Einnahmen aus Kapitalvermögen nur solche aus inländischen Kapitalanlagen an. Die insoweit erzielten Einkünfte ermittelte das Finanzamt entsprechend den Angaben in den im Oktober 1995 und im Juni 1998 eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre mit 3.290 DM bzw. 6.854 DM. Für 1994 wurde der Kläger mit Bescheid vom 24.11.1995, der bestandskräftig wurde, entsprechend veranlagt, während das Finanzamt den Bescheid für 1997 noch vor seiner Bekanntgabe Anfang Oktober 1999 widerrief.

Zuvor hatte der Kläger - ausgelöst durch Informationen der Sparkasse...über die Beschlagnahme von Kundenunterlagen über Kapitaltransfers nach Ausland - dem Beklagten sowie - in Kopie - dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung...mit Schreiben vom 18.3.1999 den Erwerb der "B"-Anteile mitgeteilt. Darin wies er darauf hin, dass es sich bei diesem Fonds nach Auskunft der Bank in Ausland um einen Thesaurierungsfonds handele, bei dem keine laufenden Ausschüttungen erfolgten, so dass Gewinne erst bei dem Verkauf der Anteile entstünden. Aus diesem Grunde habe er auch bisher in den Steuererklärungen keine Erträge aus diesem Fonds erklärt. Er sei allerdings durch die Informationen der Sparkasse...verunsichert worden, weshalb er Angaben über diesen Fonds nunmehr nachhole.

Das Schreiben vom 18.3.1999 wurde vom Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung...als Selbstanzeige gewertet. In der Folgezeit ermittelte das Finanzamt auf der Basis von Bescheinigungen der ausländischen Bank vom 24.2.1999 über die Höhe der Zwischengewinne pro Anteil Kapitaleinnahmen aus der Anlage in Ausland unter Anwendung des Auslandinvestmentgesetzes (AuslInvestmG -AIG-) wie folgt:

 19941997
Zwischengewinn pro Anteil20,90 DM23,97 DM
Zahl der Anteile17741774
Mehrwert:37.076,60 DM42.522,78 DM
zzgl. 90% des Mehrwerts unter Hinweis auf § 18 Abs. 3 Satz 1 AIG33.368,94 DM38.270,50 DM
ausländische Kapitaleinnahmen70.445,54 DM80.793,28 DM
Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Berücksichtigung der bereits erklärten Einnahmen73.735,00 DM87.647,00 DM

Die genannten Kapitaleinnahmen legte es neben den bereits erklärten Einnahmen dem nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 6.4.2001 sowie dem Einkommensteuerbescheid gleichen Datums für 1997 zugrunde. In gleicher Weise änderte bzw. erließ es die erstmaligen Einkommensteuerbescheide für 1992, 1993, 1995, 1996, 1998 und 1999, die nicht Gegenstand der vorliegenden Klage sind. Dabei vertrat das FA den Standpunkt, dass es sich bei den bisher nicht versteuerten Erträgen um Ausschüttungen aus einem Fonds nach § 18 Abs. 3 AIG handele und dass deshalb neben den Zwischengewinnen zusätzlich 90 v.H. des Mehrbetrages anzusetzen sei, der sich jeweils aus der Differenz zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis ergebe.

Gegen die geänderten Steuerbescheide legte der Kläger mit Schreiben vom 27.4.2001 Einspruch ein und beantragte unter Hinweis auf eine Schadensersatzklage gegen die Bank in Ausland das Ruhen der Einspruchsverfahren. Dieser Antrag wurde vom Finanzamt abgelehnt.

Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens machte der Kläger unter Hinweis auf einen Aufsatz von Plewka/Watrin (DB 2001, 2264 ff.) verfassungs- und europarechtliche Bedenken gegen die vom Finanzamt der Besteuerung zugrunde gelegte Vorschrift des § 18 AIG geltend. Unter Hinweis auf die seiner Ansicht nach ausbeuterische Besteuerung der nacherklärten Kapitalerträge wandte er sich zudem mit einer Petition an den nordrhein-westfälischen Landtag. Mit Schreiben vom 2.1.2002 reichte der Kläger Aufstellungen der Bank in Ausland über die Höhe der Rücknahmepreise des "B" Fonds ein und versicherte, in den Jahren 1992 bis 1999 keine Ausschüttungen aus dem Fonds erhalten zu haben. Das Finanzamt folgte dieser Darstellung des Klägers. Es legte der Besteuerung nunmehr allein die vom Kläger erklärten Rücknahmepreise für die Fondsanteile zugrunde. Unter Hinweis auf § 18 Abs. 3 Satz 3 AIG unterwarf es 90% des Mehrbetrags, der sich aus der Differenz zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis ergab, mindestens jedoch 10% des letzten Rücknahmepreises der Besteuerung.

 19941997
Rücknahmepreis zum 1.1. des Jahres361,74 DM430,72 DM
Rücknahmepreis zum 31.12. des Jahres348,48 DM455,16 DM
Zahl der Anteile17741774
Differenz pro Anteil- 13,26 DM24,44 DM
Mehrwert gesamt:- 23.523,24 DM43.356,56 DM
Kapitalertrag 1994 (1774 x 10% des letzten Rücknahmepreises = 1774 x 34,85 DM)61.823,90 DM
Kapitalertrag 1997 (1774 x 10% des letzten Rücknahmepreises = 1774 x 45,52 DM [da mehr als 90% des positiven Mehrbetrages von 24,44 DM je Anteil]) 80.752,48 DM
Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Berücksichtigung der bereits erklärten Einnahmen65.113,00 DM87.606,00 DM

Nachdem die Petition des Klägers keinen Erfolg hatte (Beschluss des Petitionsausschusses vom 7.5.2002) legte das Finanzamt die so ermittelten - geringeren - Kapitalerträge den geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 12.9.2002 zugrunde. Hiergegen richtet sich die am 24.9.2002 bei Gericht eingegangene und dem Beklagten am 2.10.2002 zugestellte Sprungklage, der dieser mit Schreiben vom 14.10.2002 zugestimmt hat.

Mit seinem hier wegen der Einzelheiten in Bezug genommenen Vorbringen macht der Kläger geltend: § 18 Abs. 3 AIG sei verfassungswidrig. Die Besteuerung von 90% des Unterschieds zwischen dem ersten und letzten Rücknahmepreis des Kalenderjahrs sei unverhältnismäßig, wenn - wie im Streitfall - der Steuerpflichtige der Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen in Gestalt der Bescheinigungen über die Zwischengewinne einwandfrei nachweise. Ob der Fonds oder aber der Anteilseigner - mit geeigneten Unterlagen, die er von der Fondsgesellschaft erhalten habe - die Besteuerungsgrundlagen nachweise, berühre kein schutzwürdiges Interesse der Finanzverwaltung. Es sei nicht erforderlich und angemessen, in jedem Fall einen Nachweis der Besteuerungsgrundlagen durch den Fonds zu verlangen.

Auch das Erfordernis eines inländischen Vertreters (§ 18 Abs. 2 Satz 2 AIG) erscheine zumindest im europäischen Binnenmarkt als unangemessen. Bei der immer engeren Zusammenarbeit der europäischen Regierungen und Finanzverwaltungen - nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Bekämpfung der Geldwäsche - und bei Berücksichtigung der modernen Kommunikationsmittel sei es nicht angemessen, einen inländischen Vertreter als Ansprechpartner zu verlangen. Der Finanzverwaltung sei vielmehr eine Kontaktaufnahme zu einem Bankhaus im europäischen Ausland zuzumuten, sofern dies, anders als im Streitfall, überhaupt notwendig sei.

Die Mindestbesteuerung in § 18 Abs.3 AIG verstoße zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Eigentumsgarantie, weil keine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit erfolge. Mit dem Anknüpfen an den letzten Rücknahmekurs sei nicht gewährleistet, dass eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit erfolge, weil der Besteuerung evtl. kein realer Vermögenszuwachs gegenüber stehe. Knüpfe die Besteuerung an einen einzelnen Rücknahmewert an, sei eine Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit nicht mehr gewährleistet, da die Steuer selbst dann anfalle, wenn kein Vermögenszuwachs im Kalenderjahr zu verzeichnen sei. So habe der Kläger im Jahr 1994 einen Verlust erlitten. Trotzdem seien ihm positive Einkünfte aus Kapitalvermögen aus seinem Engagement in Ausland zugerechnet worden.

Der deutsche Gesetzgeber differenziere zudem zwischen einer Kapitalanlage im Inland und im Ausland. Während inländische Fonds unter das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) fielen, unterlägen ausländische Fonds dem AIG. Eine dem § 18 Abs. 3 AIG entsprechende Regelung sei dem KAGG aber unbekannt. Hierin liege eine Beschränkung der Investition in ausländische Investmentfonds mit Sitz in der EU, die lediglich durch Art. 58 des EG-Vertrages (EGV) gedeckt sein könne. Diese Beschränkung müsse jedoch verhältnismäßig sein, was hier nicht der Fall sei. Lediglich aus formalen Gründen werde der inländische Anleger einer Strafbesteuerung unterworfen.

Eine Regelung sei verhältnismäßig, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen sei. Die Steuerfolgen des § 18 Abs. 3 AIG seien nicht angemessen, wenn der Steuerpflichtige die erforderlichen Besteuerungsgrundlagen nachweise. § 18 Abs. 3 AIG verstoße damit gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach den europäischen Verträgen. Folge man dieser Ansicht, so sei anhand der Vorgaben des EU-Rechts auch zu prüfen, ob eine Anwendung der für "graue Fonds" geltenden Regelung des AIG erfolgen dürfe, die im Privatbereich zur Besteuerung vom Fonds realisierter Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren führe.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 12.9.2002 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen 3.290 DM betragen,

den Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 12.9.2002 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen 6.854 DM betragen,

hilfsweise, dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 EGV die folgenden Fragen zur Entscheidung vorzulegen:

a. Steht Art. 56 oder eine andere Vorschrift des Gemeinschaftsrechts dem entgegen, dass ein Mitgliedstaat die Erträge ausländischer Fonds nach dem jeweils höheren Betrag

- von 10 v. H. des Wertes der Anteile am 31.12. jedes Kalenderjahres oder

- der Ausschüttungen, der ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinne zuzüglich 90 v. H. des Wertzuwachses im Kalenderjahr ermittelt (§ 18 Abs. 3 AIG),

während bei inländischen Fonds nur Ausschüttungen, ausschüttungsgleiche Erträge und Zwischengewinne besteuert werden?

b. Wenn die Frage a bejaht wird: Ist es mit dem europäischen Recht vereinbar, wenn bei ausländischen, nicht jedoch bei inländischen Kapitalanlagefonds, deren Anteile vom Steuerpflichtigen im Privatvermögen gehalten werden, Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren besteuert werden (§ 18 Abs. 2 AIG)?

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt verweist auf den Bericht des Finanzministeriums an den Petitionsausschuss, dem der Petitionsausschuss gefolgt sei.

Den verfassungs- und europarechtlichen Bedenken des Klägers könne nicht gefolgt werden. Die Verfasser des von ihm zur Begründung herangezogenen Aufsatzes kämen selbst zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Besteuerungsgrundlage von 90 v.H. des Kursgewinns keine Verfassungswidrigkeit vorliege.

Dies gelte aber auch für die Mindestbemessungsgrundlage von 10 v.H. des letzten Rückkaufswertes im Kalenderjahr. Voraussetzung der Anerkennung dieser Bemessungsgrundlage sei nämlich stets, dass die tatsächlichen Einnahmen nicht nachgewiesen worden seien. Allein aus einem gleichbleibenden oder einem sinkenden Rückkaufswert könne aber nicht geschlossen werden, dass der Fonds keine Einnahmen erzielt habe.

Auch europarechtlich sei die Regelung zulässig, da eine Benachteiligung gegenüber vergleichbaren inländischen und ausländischen Fonds nicht vorliege, da von diesen ein konkreter Nachweis der erzielten Gewinne erbracht werde.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

1) Der Beklagte durfte den Einkommensteuerbescheid für 1994 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, denn die Tatsache, dass der Kläger über steuerpflichtige Kapitalanlagen in Ausland verfügte, ist dem Finanzamt erst nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides bekannt geworden.

2) Die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen sind in den angefochtenen Bescheiden in zutreffender Höhe berücksichtigt worden. Zu Recht hat der Beklagte die hierfür maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen nach § 18 Abs. 3 AIG ermittelt. Denn nach der in den Streitjahren geltenden Fassung des AIG finden im Streitfall mangels Erfüllung der in § 17 Abs. 3 AIG aufgestellten Voraussetzungen weder § 17 Absätze 1 bis 2a AIG Anwendung, noch sind die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 AIG erfüllt.

Letzteres folgt bereits daraus, dass die vom Kläger außergerichtlich vorgelegten Schreiben des Fonds nicht als Nachweis der in § 18 Abs. 1 AIG genannten Besteuerungsgrundlagen anzusehen sind. Denn Angaben über etwaige Ausschüttungen oder als ausgeschüttet zu behandelnde Erträge sind diesen Schreiben nicht zu entnehmen. Der Senat bezweifelt zwar nicht, dass es sich bei dem Fonds tatsächlich - wie vom Kläger vorgetragen - um einen thesaurierenden Fonds handelte, der keine Erträge ausschüttete; auf die dahingehende Versicherung des Klägers kann das Gericht jedoch nicht abstellen, da das Gesetz ausdrücklich einen "Nachweis" verlangt, der nach § 18 Abs. 2 Satz 2 AIG in schriftlicher Form zu erbringen ist. Ebensowenig kann das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben der "A" an den Kläger vom 10.3.1999, in dem diesem der Kauf "thesaurierender Papiere" bestätigt wird, als formal ausreichender Nachweis der Tatsache dienen, dass es den einzelnen Jahren des Anlagezeitraums weder Ausschüttungen noch als ausgeschüttet zu behandelnde Erträge gab.

Unabhängig davon findet § 18 Abs. 3 AIG aber auch bereits deshalb Anwendung, weil der Fonds einen inländischen Vertreter im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 3 AIG unstreitig frühestens im Jahr 2001 bestellt hat.

Bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einnahmen hat der Beklagte die in § 18 Abs. 3 Satz 1 AIG getroffene Regelung sachlich und rechnerisch zutreffend angewendet, wobei er entsprechend dem Vorbringen des Klägers keine Ausschüttungen berücksichtigt hat.

Der Senat verkennt nicht, dass es sich bei der in § 18 Abs. 3 Satz 1 AIG vorgeschriebenen Ermittlung der Einnahmen um eine gesetzlich angeordnete Schätzung handelt, der im Einzelfall tatsächlich kein Kapitalertrag entsprechen mag. Gleichwohl teilt der Senat die verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken, die gegen diese Vorschrift erhoben worden sind, nicht.

Das Gericht verweist insoweit auf die überzeugenden Ausführungen des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 22.8.2001 (Aktenzeichen 14 K 35/99, EFG 2002, 144) unter II. und III. der Entscheidungsgründe, denen es sich anschließt. Diese Entscheidung ist eingehend Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen - ein Abdruck der Entscheidung ist diesem Urteil beigefügt.

Die gegenteilige Ansicht des Finanzgerichts Berlin im Urteil vom 8.2.2005 (Aktenzeichen 7 K 7396/02, EFG 2005, 1094; die Entscheidung ist ebenfalls eingehend Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen - ein Abdruck ist beigefügt) teilt der Senat nicht. Er ist insbesondere der Ansicht, dass § 18 Abs. 3 AIG der in Art. 56 EGV getroffenen Bestimmung über den freien Kapital- und Zahlungsverkehr nicht zuwiderläuft. Nach Art. 58 Abs. 1 Buchstabe b) EGV dürfen nämlich die Mitgliedstaaten, ungeachtet des grundsätzlichen Verbots, den freien Kapital- und Zahlungsverkehr zu beschränken, die unerlässlichen Maßnahmen treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute zu verhindern.

Der Gesetzgeber hat im Auslandinvestmentgesetz detaillierte Bestimmungen über die Zulässigkeit des Vertriebs ausländischer Investmentanteile getroffen. Diese Bestimmungen verfolgen zumindest auch das Ziel, eine Besteuerung der daraus erzielten Erträge dem Grunde nach sicherzustellen und den hierfür benötigten Verwaltungsaufwand auf ein mit der Besteuerung inländischer Kapitalanlagen vergleichbares Maß zu begrenzen. Es liegt auf der Hand, dass ein Nichtbeachten dieser gesetzlichen Vorgaben nicht folgenlos bleiben kann, weshalb es nur konsequent ist, dass der Gesetzgeber für solche Fälle erschwerter Sachverhaltsermittlung eine typisierende Schätzung der Einnahmen anordnet. Eine solche gesetzgeberische Maßnahme ist auch nicht diskriminierend. Sie entspricht vielmehr der in § 90 Abs. 2 AO getroffenen gesetzgeberischen Grundentscheidung, einem Beteiligten bei Sachverhalten mit Auslandsbezug eine erhöhte Mitwirkungspflicht aufzuerlegen. Dabei erscheint es nicht willkürlich, mit dem Ziel einer verwaltungstechnisch einfachen Überprüfbarkeit etwaiger Angaben des Steuerpflichtigen oder des Fonds auch eine Verpflichtung zur Bestellung eines inländischen Vertreters gesetzlich vorzusehen und die steuerlichen Folgen des § 18 Abs. 3 AIG allein an das Fehlen eines solchen Vertreters zu knüpfen.

Hierauf können sich ausländische Anbieter ebenso einstellen, wie potentielle deutsche Anleger. Im Streitfall hatte die "A" ausweislich ihres Schreibens vom 16.7.2001 an Rechtsanwalt "C" offenbar bewusst davon abgesehen, die Voraussetzungen für den Vertrieb des "B"-Fonds als "weißer Fonds" zu schaffen; die gesetzlich zwingende Steuerfolge für deutsche Anleger nimmt die "A" in diesem Schreiben bedauernd zur Kenntnis. Der Umstand, dass der Kläger über die steuerlichen Folgen seiner Investition in einen ausländischen Investmentfonds offenbar nicht informiert worden ist, ist für die Vereinbarkeit von § 18 Abs. 3 AIG mit Art. 56 EGV ohne Belang.

Aus den gleichen Erwägungen heraus vermag der Senat in der Regelung des § 18 Abs. 3 AIG auch keine Diskriminierung im Sinne des Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie 85/611/EWG (OGAW-Richtlinie) zu sehen. Die vom Finanzgericht Berlin (a. a. O.) vertretene Ansicht, es bleibe der Bundesrepublik Deutschland unbenommen, auf aufsichtsbehördlichem Wege auf einen Fonds einzuwirken, der gegen seine Anzeigepflicht nach Art. 46 OGAW-Richtlinie verstoßen habe, teilt der Senat ebenfalls nicht. Angesichts der vorerwähnten gesetzgeberischen Grundentscheidung, die Ermittlungspflicht der hiesigen Steuerbehörden bei Sachverhalten mit Auslandsbezug einschneidend zu reduzieren, besteht für derartige Maßnahmen - ihre Praktikabilität unterstellt - keine Veranlassung.

3) Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

4) Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).

Anlagen zum Urteil 12 K 5252/02 v. 22.12.2005

FG Köln 14. Senat, Urteil vom 22. August 2001, Az: 14 K 35/99

AuslInvestmG § 18 Abs 3 S 1 Halbs 2, GG Art 3 Abs 1, EG Art 56 Abs 1

Streitjahr: 1994

Besteuerung ausländischer Investmentfonds ist weder verfassungsrechtswidrig noch europarechtswidrig

Leitsatz

Die Besteuerung nichtregistrierter ausländischer Investmentfonds nach § 18 Abs.3 Satz 1 2.Halbs. Auslandsinvestmentgesetz verstößt weder gegen den Gleichheitssatz des Art.3 Abs.1 GG noch gegen die in Art.56 Abs.1 EGV garantierte Kapitalverkehrsfreiheit.

Fundstellen

EFG 2002, 144-147 (Leitsatz und Gründe)

Weitere Fundstellen

StE 2001, 730 (Leitsatz)

Diese Entscheidung zitiert

BVerfG 9. November 1988 1 BvR 243/86 Vergleiche

BVerfG 29. November 1989 1 BvR 1402/87 Vergleiche

BVerfG 23. Januar 1990 1 BvL 4/87 Vergleiche

BFH 7. Juli 1992 VIII R 79/88 Vergleiche

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften 6. Oktober 1999 C-294/97 Vergleiche

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften 15. Mai 1997 C-250/95 Vergleiche

Diese Entscheidung wird zitiert von

FG Berlin 8. Februar 2005 7 K 7396/02 Entgegen

DStR 2002, 2193-2199, Schmitt, Bernd (Entscheidungsbesprechung)

PISTB 2005, 143-145, Hensel, Christian (Anmerkung)

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Besteuerung von Erträgen ausländischer Investmentfonds nach § 18 Abs. 3 Auslandinvestmentgesetz - AuslInvestmG - verfassungsgemäß ist.

Die Klägerin war im Streitjahr als Rechtsreferendarin nichtselbstständig und als Korrekturassistentin selbständig tätig. Außerdem erzielte sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärte sie in ihrer am 29.12.1995 beim Finanzamt...eingereichten Einkommensteuererklärung für 1994 nicht.

Vom 16.12.1996 bis 27.02.1997 fand bei der Klägerin eine Prüfung des Finanzamtes...statt. Der Prüfer stellte fest, dass die Klägerin ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Jahren 1984 bis 1994 nicht ordnungsgemäß erklärt hatte. Hinsichtlich der einzelnen Prüfungsfeststellungen wird auf den Bericht vom 10.03.1997 Bezug genommen.

Auf der Grundlage des Prüfungsberichts erließ das Finanzamt...am 18.07.1997 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AO - geänderten Einkommensteuerbescheid für 1994. Hierin setzte es u.a. Erträge aus der Beteiligung an zwei Investmentfonds in Luxemburg (...) in einer Gesamthöhe von 93.964 DM an. Die Erträge wurden dabei nach § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG ermittelt.

Hiergegen legte die Klägerin am 18.08.1997 beim Beklagten Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos. Durch Einspruchsentscheidung vom 30.11.1998 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte wies daraufhin, dass die gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG in Höhe von 10 % des letzten Rücknahmepreises der Investmentanteile fiktiv anzusetzenden Erträge mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres als ausgeschüttet und zugeflossen gelten. Daher komme es nicht darauf an, ob Ausschüttungen vorgenommen worden seien oder nicht. Weiterhin sei anzumerken, dass es bei der Ermittlung der Erträge nach § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG nicht auf die Höhe der tatsächlich erwirtschafteten Erträge durch den Investmentfond ankomme. Die Ermittlung der Erträge erfolge vielmehr nach den vorgenannten Grundsätzen pauschal.

Mit der hiergegen am 04.01.1999 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass der zur Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen angewandte § 18 Abs. 3 AuslInvestmG verfassungswidrig sei. Es seien von den beiden Investmentfonds keinerlei Erträge im Streitjahr an sie ausgeschüttet worden. Die in § 18 Abs. 3 AuslInvestmG normierte Fiktion, nach der 10 vom Hundert des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises der Anteile als Erträge anzusehen seien, stelle daher eine unzulässige Substanzbesteuerung dar. Außerdem scheide die Anwendung des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG schon deshalb aus, weil der Nachweis der ausschüttungsgleichen Erträge durch die Vorlage des Rechenschaftsberichts der luxemburgischen Investmentfonds erbracht sei. Es sei daher § 17 Abs. 1 AuslInvestmG anzuwenden.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 18.07.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.11.1998 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 46.959,02 DM verringert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung vom 30.11.1998.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 18.07.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.11.1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Beklagte hat die Erträge der Klägerin aus ihren Beteiligungen an zwei Investmentfonds in Luxemburg zu Recht gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG in Höhe von 93.964 DM angesetzt.

I. In § 18 AuslInvestmG ist die Besteuerung der Erträge nicht registrierter ausländischer Investmentfonds geregelt.

1. Sind die Voraussetzungen des § 17 AuslInvestmG nicht erfüllt, so gehören nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG Ausschüttungen auf ausländische Investmentanteile sowie die von dem ausländischen Investmentvermögen vereinnahmten nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendeten Zinsen, Dividenden, Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sonstigen Erträge und Veräußerungsgewinne (als ausgeschüttet zu behandelnde Erträge) sowie Zwischengewinne im Sinne des § 17 Abs. 2a AuslInvestmG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Ziff. 1 EStG, wenn sie nicht Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen sind.

Gemäß § 18 Abs. 2 AuslInvestmG sind die in Abs. 1 genannten Besteuerungsgrundlagen nachzuweisen. Dem Nachweis dienende Unterlagen sind in deutscher Sprache abzufassen oder mit einer deutschen Übersetzung zu versehen. Die ausländische Investmentgesellschaft hat einen Vertreter mit Sitz oder Wohnsitz im Geltungsbereich des AuslInvestmG zu bestellen, der sie gegenüber den Finanzbehörden und vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit vertreten kann.

Wird der Nachweis nicht einwandfrei erbracht oder kein Vertreter bestellt, sind gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG beim Empfänger die Ausschüttungen auf ausländische Investmentanteile sowie 90 vom Hundert des Mehrbetrags anzusetzen, der sich zwischen dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis eines ausländischen Investmentanteils ergibt; mindestens sind 10 vom Hundert des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises anzusetzen. Nach § 18 Abs. 3 Satz 3 AuslInvestmG gilt der nach Satz 1 anzusetzende Teil des Mehrbetrags mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres als ausgeschüttet und zugeflossen.

Gemäß § 20 AuslInvestmG sind diese Vorschriften auf die im zweiten Abschnitt des AuslInvestmG geregelten EG-Investmentanteile sinngemäß anzuwenden.

2. Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen hat der Beklagte die Erträge der Klägerin aus ihren beiden luxemburgischen Investmentfonds in der zutreffenden Höhe angesetzt.

Bei den beiden luxemburgischen Investmentfonds (...) handelt es sich im Streitjahr unstreitig um nicht registrierte Fonds im Sinne des § 18 AuslInvestmG. Da die beiden Investmentfonds im Streitjahr außerdem keinen inländischen Finanzvertreter bestellt hatten, waren die Erträge aus diesen Fonds nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG zu ermitteln. Dabei waren bei beiden Fonds gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG 10 vom Hundert der zum 31.12.1994 festgesetzten Rücknahmepreise anzusetzen, weil beide Fonds im Streitjahr 1994 keine Ausschüttungen vornahmen und außerdem eine negative Wertentwicklung hatten.

II. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ist die Regelung in § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG nicht verfassungswidrig. Sie verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - ist eine Verfassungswidrigkeit im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nur dann anzunehmen, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie - bezogen auf die Art des jeweiligen Regelungsgegenstandes - die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 09. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, 121, BStBl II 1989, 938). Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Elemente der zu vergleichenden Lebensverhältnisse er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Es ist nicht zu untersuchen, ob er die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat, insbesondere nicht willkürlich verfahren ist (BVerfG-Beschluss vom 29. November 1989 1 BvR 1402, 1528/87, BVerfGE 81, 108, BStBl II 1990, 479, 481). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen kann sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Normen außerdem in weitem Umfang generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (BVerfG-Beschluss vom 23. Januar 1990 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228).

2. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesverfassungsgerichts stellt die Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG nach Ansicht des Senats keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar.

a) Im Gegensatz zur Besteuerung inländischer Investmentanteile in §§ 39, 43a und 45 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften - KAGG - und der Besteuerung ausländischer Investmentanteile in §§ 17, 18 Abs. 1 AuslInvestmG werden nach § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG die Ausschüttungen und die als ausgeschüttet zu behandelnden Erträge nicht in der tatsächlichen Höhe sondern vielmehr pauschal in Höhe eines Mindestbetrags von 10 vom Hundert des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises erfasst. Die pauschalierende Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG kann somit zwar dann eine Schlechterstellung des Anteilsinhabers bewirken, wenn die Ausschüttungen und die als ausgeschüttet zu behandelnden Erträge seiner Investmentanteile geringer sind als der nach dieser Vorschrift anzusetzende pauschale Mindestbetrag. Diese mögliche Schlechterstellung ist jedoch angesichts der in § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG genannten Tatbestandsvoraussetzungen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach sachlich gerechtfertigt (s.a. Beckmann/Scholtz, Investment-Handbuch 445 § 18 Rz. 67 ff. m. w. N.).

b) § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG kommt als Ausnahmetatbestand nur zur Anwendung, wenn der Nachweis der nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG anzusetzenden Besteuerungsgrundlagen nicht einwandfrei erbracht oder von der ausländischen Investmentgesellschaft kein inländischer Finanzvertreter bestellt wurde. Wird der Nachweis der maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen nicht einwandfrei erbracht, so können die Finanzbehörden schon aus diesem Grund die Erträge nicht in der tatsächlichen Höhe ermitteln. Unter diesen Voraussetzungen müssten sie z.B. auch die Besteuerungsgrundlagen bei inländischen Investmentanteilen nach § 162 AO schätzen.

Gleiches gilt, wenn von der ausländischen Investmentgesellschaft kein inländischer Finanzvertreter bestellt wird. Der inländische Finanzvertreter soll als Ansprechpartner der ausländischen Investmentgesellschaft den Finanzbehörden die Möglichkeit zu effektiven Ermittlungsmaßnahmen bieten, wenn diese die Angaben der Investmentgesellschaft bzw. des Anteilsinhabers über die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen verifizieren wollen (Beckmann/Scholtz, a. a. O., 425 § 17 Rz. 97 ff.). Ohne Bestellung eines inländischen Finanzvertreters fehlen damit aber insbesondere bei ausländischen thesaurierenden Investmentfonds im Inland wesentliche Anknüpfungspunkte für eine erfolgversprechende Verifikation der Besteuerungsgrundlagen. Die pauschalierende Regelung in § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG dient damit erkennbar dem Zweck, vor allem bei ausländischen thesaurierenden Investmentfonds Steuerumgehungen zu vermeiden (Beckmann / Scholtz, a. a. O., 425 § 18 Rz. 67). Die gesetzliche Schätzung der Erträge in § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG ist nach Ansicht des Senats somit dem Grunde nach gerechtfertigt.

c) Auch die Anknüpfung der gesetzlichen Schätzung an dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis ist sachlich vertretbar und nicht willkürlich.

Der letzte im Kalenderjahr festgesetzte Rücknahmepreis ist als Anknüpfungsmerkmal sachlich gerechtfertigt, da er von den Finanzbehörden bei ausländischen Investmentfonds in den meisten Fällen verhältnismäßig einfach und zugleich zutreffend festgestellt werden kann (Beckmann / Scholtz, a. a. O., 445 § 18 Rz. 70).

Weiterhin ist der Rücknahmepreis im Hinblick auf den zu schätzenden Ertrag des ausländischen Investmentanteils auch kein sachfremdes Anknüpfungsmerkmal. Insoweit kann im Rahmen einer sachgerechten Schätzung vielmehr davon ausgegangen werden, dass ein Investmentfond mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest einen Ertrag in Höhe einer durchschnittlichen Verzinsung des Wertes des von ihm verwalteten Sondervermögens erwirtschaften kann und wird. Damit bildet aber auch der Rücknahmepreis als wertmäßige Bestimmung eines Anteils am Sondervermögen des Investmentfonds einen sachgerechten Ausgangspunkt für eine unter den gegebenen Umständen möglichst realitätsnahe Schätzung der erzielten Erträge.

Die Regelung, dass ein bestimmter Prozentsatz des letzten Rücknahmepreises als Mindestertrag anzusetzen ist, ist schließlich nicht deshalb willkürlich, weil sie gerade auch in Kalenderjahren zur Anwendung kommt, in denen der Wert des Investmentanteils gesunken ist. Ihre Rechtfertigung findet die Regelung insoweit darin, dass der Investmentfond auch in diesen Jahren regelmäßig laufende Erträge wie zum Beispiel Zinsen oder Dividenden erzielt und der Rücknahmepreis nur auf Grund von sinkenden Kursen der im Sondervermögen gehaltenen Wertpapiere rückläufig ist (Beckmann / Scholtz, a. a. O., 445 § 18 Rz. 63 und 70). Da nicht realisierte Wertminderungen der zum Investmentvermögen gehörenden Wertpapiere jedoch die nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG als ausgeschüttet zu behandelnden Erträge nicht mindern, kann allein auf Grund sinkender Rücknahmepreise nicht auf geringe bzw. vollkommen fehlende steuerpflichtige Erträge geschlossen werden.

d) Der Gesetzgeber hat auch durch den Ansatz eines Pauschbetrages in Höhe von 10 vom Hundert des letzten Rücknahmepreises die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Der vom Gesetzgeber gewählte Prozentsatz ist zwar hoch. Eine Überschreitung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums liegt aber nach Ansicht des Senats nicht vor (s.a. Beckmann / Scholtz, a. a. O., 445 § 18 Rz. 70). Zumindest unter Berücksichtigung eines angemessenen Sicherheitszuschlags liegt der Pauschbetrag in Höhe von 10 vom Hundert nicht außerhalb des Rahmens einer realitätsnahen Schätzung der erzielbaren Erträge eines Investmentfonds.

e) Im Ergebnis ist die in § 18 Abs. 2 und 3 AuslInvestmG vorgenommene Abstufung der Rechtsfolgen je nach Intensität der Mitwirkung des inländischen Anteilsinhabers bzw. der ausländischen Investmentgesellschaft bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen somit sachlich gerechtfertigt (vgl. BFH-Urteil vom 07. Juli 1992 VIII R 79/88, BFHE 168, 111, BStBl II 1992, 786).

f) Die Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG stellt daher entgegen der Rechtsansicht der Klägerin auch keine unzulässige Substanzbesteuerung dar. Diese Schlussfolgerung wird im Übrigen auch durch den von der Klägerin vorgelegten Rechenschaftsbericht der...zum 31.12.1994 verdeutlicht. Nach der darin enthaltenen Aufwands- und Ertragsrechnung für den Zeitraum vom 01.01.1994 bis zum 31.12.1994 erzielten die beiden Investmentfonds...und...jeweils einen positiven ordentlichen Ertragsüberschuss. Nach den Angaben der Investmentgesellschaft führte dieser positive ordentliche Ertragsüberschuss bei dem Investmentfond...zu ausschüttungsgleichen Erträgen in Höhe von 66,19 DM je Anteil und beim Investmentfond...zu ausschüttungsgleichen Erträgen in Höhe von 45,80 DM je Anteil. Bei der Beteiligung an einer inländischen bzw. einer registrierten ausländischen Investmentgesellschaft hätte die Klägerin gemäß § 39 Abs. 1 KAAG bzw. § 17 Abs. 1 AuslInvestmG somit als ausgeschüttet zu behandelnde Erträge in einer Gesamthöhe von 47.005,06 DM (414 Anteile x 66,19 DM + 428 Anteile x 45,80 DM) als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern müssen.

III. Nach Ansicht des Senats verstößt § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG auch nicht gegen die in Art. 56 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV - garantierte Kapitalverkehrsfreiheit.

1. Gemäß Art. 56 Abs. 1 EGV sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.

a) Die Kapitalverkehrsfreiheit schützt den grenzüberschreitenden Transfer von Werten in Form von Geld- oder Sachkapital. Erfasst werden dabei alle Transaktionen, die sich nicht in einem einmaligen Leistungsaustausch erschöpfen, sondern zu zeitlich gestreckten Geldforderungen oder -verpflichtungen führen. Durch Art. 56 Abs. 1 wird damit insbesondere auch der Erwerb von Aktien, Kapitalmarktpapieren oder Investmentanteilen geschützt (Schön, Europäische Kapitalverkehrsfreiheit und nationales Steuerrecht, in Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, 1997, S. 743, 747 f. m. w. N.).

b) Eine unmittelbare Beschränkung des freien Kapitalverkehrs ist anzunehmen, wenn der Transfer von Kapital über die Grenze als solcher untersagt oder an materielle oder formelle Hindernisse (z.B. Genehmigung oder Anmeldung) geknüpft wird. Darüber hinaus kann eine beschränkende Wirkung eintreten, wenn der Kapitaltransfer mittelbar nachteilige Folgen für den Inhaber oder Empfänger des Kapitals nach sich zieht, welche die freie Entscheidung über die Anlage von Finanz- oder Sachkapital beeinflussen können.

c) Da für die Entscheidung über eine Kapitalanlage vor allem auch die Besteuerung der Erträge des angelegten Vermögens wesentlich ist, können auch steuerlich nachteilige Regelungen, die bei grenzüberschreitenden Kapitalanlagen eingreifen, als verdeckte Beschränkungen gegen Art. 56 Abs. 1 EGV verstoßen (Schön, Europäische Kapitalverkehrsfreiheit und nationales Steuerrecht, a.a.O., S. 743, 754 ff. m. w. N.). Eine solche verdeckte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch eine steuerliche Regelung kann dabei nach Ansicht des Senats jedoch nur dann angenommen werden, wenn sich die steuerliche Situation in der Mehrzahl der Fälle, in denen ein inländischer Anleger in einem anderen Mitgliedstaat Kapital investiert, ungünstiger gestaltet als bei einer Kapitalanlage im Inland (vgl. EuGH-Urteil vom 26. Oktober 1999, Rs. C 294/97, Eurowings, EuGHE I 1999, 7447, BStBl II 1999, 851 zur verdeckten Beschränkung der in Art. 49 Abs. 1 EGV gewährten Dienstleistungsfreiheit durch deutsche gewerbesteuerliche Hinzurechnungsvorschriften). Nur unter dieser Voraussetzung kann davon ausgegangen werden, dass die steuerliche Regelung die freie Entscheidung eines Anlegers über die Frage, wo er sein Kapital investieren möchte, maßgeblich beeinflussen kann.

2. Im Streitfall ist unter diesen Voraussetzungen eine verdeckte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht anzunehmen.

a) Der Inhaber von Anteilen an ausländischen Investmentfonds wird im Regelfall ebenso besteuert wie der Inhaber inländischer Investmentanteile. Bei Erträgen aus zum öffentlichen Vertrieb und zum amtlichen Börsenhandel zugelassenen Anteilen an ausländischen Investmentgesellschaften folgt die Besteuerung gemäß § 17 AuslInvestmG den Grundsätzen der Besteuerung von Erträgen aus dem Sondervermögen einer inländischen Investmentgesellschaft nach § 39, 43a und 45 KAAG (vgl. BFH-Urteil vom 07. Juli 1992 VIII R 79/88, a.a.O.). Auch die Besteuerung von Erträgen aus nichtregistrierten ausländischen Investmentvermögen gemäß § 18 Abs. 1 und 2 AuslInvestmG entspricht - bis auf die im Streitfall nicht relevante Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen und -verlusten der ausländischen Investmentgesellschaft - der Besteuerung von Erträgen aus inländischen Investmentanteilen.

b) Nur für den Ausnahmefall, dass der Nachweis der nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG anzusetzenden Besteuerungsgrundlagen nicht einwandfrei erbracht oder von der ausländischen Investmentgesellschaft kein inländischer Finanzvertreter bestellt wird, sind nach § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG die Erträge mit mindestens 10 vom Hundert des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises anzusetzen. Aber selbst diese Ausnahmeregelung des § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG führt nur dann zu einer Schlechterstellung des Inhabers ausländischer Investmentanteile, wenn die Ausschüttungen und die als ausgeschüttet zu behandelnden Erträge im konkreten Einzelfall geringer sind als der anzusetzende Mindestbetrag. Dabei ist jedoch weiterhin zu berücksichtigen, dass unter den in § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG genannten Tatbestandsvoraussetzungen die Finanzbehörden auch bei inländischen Investmentanteilen die Erträge mangels Nachweis bzw. Überprüfbarkeit nach § 162 AO schätzen müssten. Insoweit ergibt sich im Endergebnis nur dann eine Schlechterstellung des Inhabers ausländischer Investmentanteile, wenn die Finanzbehörden auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls bei inländischen Investmentanteilen eine Schätzung unterhalb des Mindestbetrages des § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG vornehmen müssten.

c) Insgesamt gesehen kann somit keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Inhaber von ausländischen Investmentanteilen in der Mehrzahl der Fälle steuerlich ungünstiger behandelt werden als die Inhaber inländischer Investmentanteile. Eine verdeckte mittelbare Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit kann daher in den Regelungen über die Besteuerung der Erträge ausländischer Investmentanteile nicht gesehen werden.

3. Selbst wenn man entgegen diesen Ausführungen annimmt, § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG stelle eine verdeckte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit dar, ist diese Beschränkung nach Ansicht des Senats gerechtfertigt.

a) Unabhängig von dem in der Literatur umstrittenen Verhältnis des Art. 58 Abs. 1a zu Art. 58 Abs. 3 EGV und somit von der Frage, ob steuerliche Differenzierungen nach dem Kapitalanlageort nicht schon gemäß Art. 58 Abs. 1a EGV zulässig sind (vgl. dazu im einzelnen Schön, Europäische Kapitalverkehrsfreiheit und nationales Steuerrecht, a. a. O., S. 765 ff.), wäre eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG auch im Übrigen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - sind Beschränkungen der Grundfreiheiten dann gerechtfertigt, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgen, dass mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vereinbar und durch zwingende Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist. Dabei hat der EuGH wiederholt entschieden, dass die Wirksamkeit der Steueraufsicht ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist, der eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen kann. Voraussetzung ist jedoch, dass die Maßnahme zur Erreichung des fraglichen Zieles geeignet ist und nicht über das hinausgeht, was hierzu erforderlich ist (vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 15. Mai 1997 Rs. C 250/95, Futura / Singer, EuGHE I 1997, 2471, HFR 1997, 613).

b) Wie oben ausgeführt wurde, dient § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG dem Zweck, insbesondere bei thesaurierenden ausländischen Investmentfonds Steuerumgehungen zu vermeiden.

§ 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG ist außerdem zur Erreichung dieses Zwecks geeignet und geht nicht über das erforderliche Maß hinaus. Unter den in § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG genannten Voraussetzungen sind die nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG anzusetzenden Besteuerungsgrundlagen nicht nachgewiesen bzw. im Rahmen eines effektiven Steuerverfahrens nicht überprüfbar. Ohne die erforderliche und zumutbare Mitwirkung des Anteilsinhabers bzw. der ausländischen Investmentgesellschaft können die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen damit nur geschätzt werden. Da der Mindestbetrag nach § 18 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. AuslInvestmG im Übrigen noch im Rahmen einer realitätsnahen Schätzung von Erträgen eines Investmentfonds liegt, wäre eine entgegen der hier vertretenen Ansicht anzunehmende verdeckte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit zumindest durch zwingende Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

V. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

FG Berlin 7. Senat, Urteil vom 8. Februar 2005, Az: 7 K 7396/02

EStG 1997 § 20, AuslInvestmG § 15c, AuslInvestmG § 18 Abs 3 S 4, AuslInvestmG § 17 Abs 3 Nr 1 Buchst a, AuslInvestmG § 20, AuslInvestmG § 17 Abs 3 Nr 3, EWGRL 611/85 Art 46, EWGRL 611/85 Art 44 Abs 1, AuslInvestmG § 17 Abs 3 Nr 1 Buchst b, FVG § 5 Abs 1 Nr 4, AuslInvestmG § 18 Abs 2 S 3, EG Art 56 Abs 1, EG Art 58 Abs 1, EWGRL 799/77, EWGRL 611/85 Art 44 Abs 3, AuslInvestmG § 17 Abs 2a Fassung: 24. März 1998, FinMFöG 3, AuslInvestmG § 18 Abs 1 S 1, InvStG, EURLUmsG

Streitjahr: 1998

EG-rechtswidrigkeit der sog. Zwischengewinnbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG

Orientierungssatz

1. Die Besteuerung des bei der Rückgabe von Investmentanteilen an einem in Österreich ansässigen sog. weißen Fond erzielten Zwischengewinns nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG mit 20 v.H. des Rückgabeentgelts verstößt ebenso gegen den Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit i.S. des Art. 56 EG wie die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei sog. ausländischen grauen Investmentfonds nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG.

2. Revision eingelegt (Az. des BFH: VIII R 20/05).

Fundstellen

IStR 2005, 342-344 (red. Leitsatz und Gründe)

PISTB 2005, 143 (red. Leitsatz und Gründe)

EFG 2005, 1094-1097 (Leitsatz und Gründe)

Weitere Fundstellen

StuB 2005, 819 (red. Leitsatz)

Diese Entscheidung zitiert

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften 4. März 2004 C-334/02 Vergleiche

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften 15. Juli 2004 C-315/02 Vergleiche

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften 7. September 2004 C-319/02 Vergleiche

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften 8. Juli 1999 C-254/97 Vergleiche

FG Hamburg 29. April 2004 VI 53/02 Vergleiche

BFH 7. April 1992 VIII R 79/88 Vergleiche

BFH 23. November 2000 V R 49/00 Vergleiche

FG Köln 22. August 2001 14 K 35/99 Entgegen

Diese Entscheidung wird zitiert von

Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt 13. Mai 2005 3 K 1804/04 Vergleiche

IStR 2005, 344-346, Eicker, Klaus (Anmerkung)

PISTB 2005, 143-145, Hensel, Christian (Anmerkung)

StuB 2005, 870-878, Ebner, Christian (Entscheidungsbesprechung)

SAM 2005, 149, Harenberg, Friedrich (Anmerkung)

Tatbestand

Der Kläger ist von Beruf Zahnarzt mit einer eigenen Praxis. Neben seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit erzielt der Kläger Einkünfte aus mehreren Vermietungsobjekten sowie erhebliche Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Am 12. Juni 1998 erwarb er 3 000 Anteile an dem kurz zuvor, am 9. Juni 1998, aufgelegten Wertpapierfonds Z. Dadurch entstanden dem Kläger Aufwendungen in Höhe von 426 960,00 DM zuzüglich 752,18 DM Gebühren, zusammen 427 712,18 DM.

Der Kläger bezog die Anteile über seine Hausbank, xxx. Ausgebende Stelle war die Yx GmbH -Yx-, die zwischenzeitlich in Axxx GmbH umfirmiert hat und in Wien/Österreich ansässig war und ist. Die Yx wurde bei der Auflage und Verwaltung des Fonds von der Bxxx GesmbH in Wien -Bxx- beraten. Die Anlage der Fondsgelder sollte überwiegend in österreichischen und osteuropäischen Aktien erfolgen (vgl. Bl. 36 StrA). Letztlich wurde überwiegend in österreichische Aktien investiert (vgl. Bl. 37-39 StrA). Der Bestand zum 25. August 1998 ergibt sich aus der Inventarliste Bl. 124 StrA.

Am 3. August 1998 beauftragte die Yx die Cxxx GmbH in Frankfurt/Main -Cxxx- für den Z-Fonds die steuerliche Vertretung in Deutschland und die Anzeigen gemäß § 15 c Auslandinvestmentgesetz -AuslInvestmG- zu übernehmen. Die beigefügte Vollmachtsurkunde bezog sich nur auf die Anzeige gegenüber dem damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen -BAKred- (Bl. 45 StrA). Darauf antwortete die Cxxx, dass sie die Vertretung für den Z-Fonds übernehme und die erforderliche Anzeige gemäß § 15 c AuslInvestmG beim BAKred erstattet habe. Nach Mitteilung der Rechtsnachfolgerin des BAKred, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht -BAFin- vom 24. Mai 2004 ist der Vertrieb von Anteilen an dem Z-Fonds in Deutschland erst seit dem 10. Oktober 2000 gemäß § 15 d AuslInvestmG statthaft. Erst seinerzeit sei das Anzeigeverfahren nach § 15 c AuslInvestmG erfolgreich durchlaufen worden.

Am 26. August 1998 veräußerte der Kläger seine Anteile am Z-Fonds für einen Kurswert von 853,24 ATS/Stück. Die xxx Bank xx schrieb ihm dafür einen Betrag von 363 301,05 DM abzüglich 22 996,95 DM Kapitalertragsteuer und 3 633,01 DM Provision (336 671,09 DM) gut. Die Kapitalertragsteuer ermittelte sie ausgehend von einem Zwischengewinn von 72 660,21 DM.

Das Fondsvermögen entwickelte sich wie folgt (Beträge in ATS):

Fondsvermögen Anteilswert Fundstelle

12.06.1998 99996880,00 1000,00 Bl. 125 StrA

25.08.1998 104501170,80 849,60 Bl. 124 StrA

31.12.1998 38449685,85 801,04 Bl. 32 StrA

Die vorgenannten Zahlen entsprechen einer Anzahl von Fondsanteilen von 100 000 zum 12. Juni 1998, von 123 000 zum 25./26. August 1998 und von 48 000 zum 31. Dezember 1998.

Wegen der vom Fonds erzielten Erträge und Aufwendungen nimmt das Gericht auf die von der Bxx erstellten Saldenlisten nebst Erläuterungen zum 25. August 1998 Bezug (Bl. 86, 212 f. StrA).

Die Einkommensteuerfestsetzungen 1998 ergingen gegenüber den Klägern zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, ohne dass Einkünfte aus den Z-Fonds angesetzt wurden.

Vom 10. Juli bis 29. November 2000 führte der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung durch. Er gelangte zu der Auffassung, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um einen Zwischengewinn aus der Veräußerung der Z-Anteile von 72 660,21 DM zu erhöhen seien. Dabei ging der Prüfer gemäß § 18 Absatz 3 Satz 4 AuslInvestmG von 20 v. H. des Rücknahmepreises aus.

Dem folgend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 3. September 2001 die Einkommensteuer 1998 auf 294 454,00 DM fest, wobei er Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 464 710,00 DM zugrunde legte.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2002 als unbegründet zurückwies.

Am 8. Oktober 2002 haben die Kläger Klage erhoben und machen geltend, der Beklagte habe zu Unrecht den Zwischengewinn nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG mit 20 v. H. des Rücknahmepreises angesetzt. Es bestehe kein Anlass für eine solche Pauschalbesteuerung. Die Yx habe durch Beauftragung der Cxxx am 3. August 1998 einen Vertreter im Sinne der §§ 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b, 18 Abs. 2 Satz 2 AuslInvestmG bestellt. Durch die Vorlage der im Klageverfahren eingereichten Unterlagen hätten die Kläger auch ihrer Nachweispflicht gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 AuslInvestmG entsprochen. Daraus ergebe sich ein Zwischengewinn aus dem Z-Fonds von 15 403,00 DM. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 212-218 StrA Bezug. Jedenfalls stelle es sich als eine europarechtlich unzulässige

Diskriminierung dar, dass sie nur wegen der Beteiligung an einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Investmentfonds mit der Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG belastet werden sollten.

Die Kläger beantragen,

abweichend von dem Bescheid über Einkommensteuer 1998 vom 3. September 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2002 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers in Höhe von 392 148,00 DM festzusetzen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er hält die Klage für unbegründet. Nach § 20 AuslInvestmG in Verbindung mit § 17 Abs. 3 Nr. 3 AuslInvestmG seien die Einkünfte aus ausländischen Investmentfonds nur dann analog zu den Regelungen für inländische Investmentfonds zu ermitteln, wenn der ausländische Fonds den Zwischengewinn börsentäglich ermittele und mit dem Rücknahmepreis veröffentliche. Daran fehle es im Streitfall, da eine Veröffentlichung im Handelsblatt geplant, jedoch die Umsetzung dieses Plans von den Klägern nicht nachgewiesen sei. Überdies setze § 17 Abs. 3 Nr. 1 AuslInvestmG voraus, dass die ausländische Investmentgesellschaft ihre Vertriebsabsicht rechtzeitig anzeige oder einen Vertreter für die steuerlichen Angelegenheiten bestelle. Da erst am 3. August 1998 ein inländischer Vertreter beauftragt wurde, sei die Yx gemäß §§ 15 c, 15 d AuslInvestmG frühestens ab dem 3. Oktober 1998 zum Vertrieb in Deutschland berechtigt gewesen. Nach den vom Bundesamt für Finanzen - BfF - eingeholten Einkünften sei für die steuerlichen Angelegenheiten frühestens ab dem 10. Oktober 2000 ein Vertreter bestellt gewesen.

Die Einkünfte des Klägers aus dem Z-Fonds könnten auch nicht nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG ermittelt werden. Denn dies setze nach § 18 Abs. 2 AuslInvestmG voraus, dass die Besteuerungsgrundlagen nachgewiesen seien und ein inländischer Vertreter bestellt sei. Daran fehle es im Streitfall. Die vorgelegten Unterlagen könnten nicht als Nachweis angesehen werden, da sie nicht von den deutschen Besteuerungsregeln ausgingen. Ferner seien daraus vier verschiedene Zwischengewinne ermittelt worden, sodass der Schätzungsbedarf offenkundig sei. Es greife daher die gesetzlich vorgegebene Schätzung nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG ein.

Deren Anwendung verstoße weder gegen Verfassungs- noch gegen Europarecht. Ein etwaiger Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sei unbeachtlich, da es sich um einen Ausnahmefall handele. Der Pauschbetrag von 20 v. H. sei nicht zu hoch, da der durchschnittliche Ertrag aus Investmentfonds im Jahre 1998 29,50 DM pro Anteil betragen habe. Jedenfalls sei es gerechtfertigt, den Kläger mit seiner Beteiligung an einem ausländischen Fonds ungünstiger zu behandeln als inländische Fonds. Dies beruhe darauf, dass die Finanzbehörden geringere Ermittlungsmöglichkeiten als bei inländischen Fonds hätten. Ferner habe der Fonds gegen die Anmeldeverpflichtung verstoßen, die sich bereits aus Art. 46 der Richtlinie 85/611/EWG vom 20. Dezember 1985 Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1985, Nr. L 375, S. 3 f. - OGAW-Richtlinie - ergebe. Diese Richtlinie verweise im Übrigen in ihrem Art. 44 Abs. 1 auf die nationalen Vorschriften, an die die Fonds gebunden seien. Zudem diene die Vorschrift des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG dem Sparerschutz. Die Anleger sollten durch die Pauschalbesteuerung abgehalten werden, in so genannte schwarze Fonds zu investieren. Es sei anerkannt, dass keine Diskriminierung vorliege, wenn abweichende Regelungen der Vermeidung von Steuerumgehungen und der Wirksamkeit der Steueraufsicht dienten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der beigezogenen Akten Bezug. Dem Gericht haben je eine Einkommensteuer- und Betriebsprüfungsakte vorgelegen, die vom Beklagten für die Kläger unter der Steuernummer xxx geführt werden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Kläger werden durch den angefochtenen Bescheid im Sinne des § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO- in ihren Rechten verletzt.

Der Beklagte hat die Einkünfte aus dem Z-Fonds zu Unrecht nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG ermittelt. Diese sind nur mit 98,40 DM anzusetzen.

Dem Beklagten ist allerdings einzuräumen, dass seine Festsetzung im Einklang mit den Vorschriften des nationalen Steuerrechts steht. Grundsätzlich (bei sog. weißen Fonds) sind die Einkünfte aus ausländischen Investmentfonds nach § 17 Abs. 1 bis 2 a AuslInvestmG zu ermitteln. Dies setzt allerdings voraus, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 AuslInvestmG erfüllt sind. Für den Fall, dass die Anteile öffentlich vertrieben werden sollen, ist nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a AuslInvestmG erforderlich, dass dies vor dem Vertrieb der zuständigen Behörde, seinerzeit das BAKred, angezeigt wird und - im Fall von OGAW-Anteilen - zwei Monate seit der Anzeige verstrichen sind (§ 15 c AuslInvestmG).

Wie der Beklagte zutreffend vorgetragen hat, kann diese Voraussetzung im Streitfall nicht erfüllt sein, weil die Anzeige frühestens im August 1998 erfolgt ist, nach der Auskunft der BAFin ist sie erst im Jahre 2000 erfolgt. Wenn der Z-Fonds nicht im Wege des öffentlichen Vertriebs angeboten worden sein sollte, müsste er an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel und zum geregelten Markt zugelassen sein und ein Vertreter der Investmentgesellschaft gegenüber den Finanzbehörden und den Finanzgerichten bestellt sein (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b AuslInvestmG). Im Streitfall bestehen nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass der Z-Fonds an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel oder geregelten Markt zugelassen war. Vielmehr spricht die beabsichtigte Veröffentlichung von Fondsdaten im Handelsblatt dafür, dass dies nicht der Fall war. Außerdem spricht nichts dafür, dass im Jahre 1998 ein Vertreter für die steuerlichen Angelegenheiten des Fonds im Inland bestellt war. Dies hätte gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 Finanzverwaltungsgesetz -FVG- gegenüber dem BfF geschehen müssen. Dafür geben die dem Gericht vorgelegten Unterlagen keinerlei Anhaltspunkte, weil insoweit konkret nur von der Vertreterbestellung gegenüber dem BAKred die Rede war. Es war auch keine zweite Vollmacht für das BfF dem Anschreiben der Yx vom 3. August 1998 beigefügt. Dem Vortrag des Beklagten, dass frühestens im Oktober 2000 eine solche Vertreterbestellung erfolgt sei, sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Schließlich muss zu den vorgenannten Voraussetzungen nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 AuslInvestmG hinzukommen, dass die ausländische Investmentgesellschaft den Zwischengewinn und die Summe der als zugeflossen geltenden Erträge börsentäglich ermittelt und mit dem Rücknahmepreis veröffentlicht hat. Dies ist - wie die langwierigen Bemühungen, den Zwischengewinn im Nachhinein zu ermitteln, zeigen - nicht der Fall gewesen.

Nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG wären allerdings (bei einem sog. grauen Fonds) die Besteuerungsgrundlagen nach den tatsächlichen Erträgen des Fonds zu ermitteln, wenn - wie in § 18 Abs. 2 AuslInvestmG vorausgesetzt - die Besteuerungsgrundlagen nachgewiesen worden wären und ein Vertreter für die ausländische Investmentgesellschaft im Inland bestellt worden wäre. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Besteuerungsgrundlagen des § 18 Abs. 1 AuslInvestmG als nachgewiesen anzusehen sind. Jedenfalls fehlt es an der Bestellung eines Vertreters im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 3 AuslInvestmG. Der vorgelegte Schriftverkehr lässt nur auf eine davon zu unterscheidende Vertretung gegenüber dem BAKred schließen, die von der steuerlichen Vertretung zu unterscheiden ist.

Ausgehend vom einfachen Gesetzesrecht hat der Beklagte daher den bei der Rückgabe der Investmentanteile erzielten Zwischengewinn zu Recht nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG mit 20 v. H. des Rückgabeentgelts ermittelt (sog. schwarzer Fonds).

Der Anwendung dieser Vorschrift stehen jedoch Vorschriften des Rechts der Europäischen Gemeinschaften entgegen.

§ 18 Abs. 2 Sätze 1 und 3 sowie Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG stehen im Widerspruch zu Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrags von Amsterdam -EGV-.

Nach Art. 56 Abs. 1 EGV sind im Rahmen der Bestimmungen des EGV alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

Im Streitfall konnte die streitbefangene Regelung in Deutschland ansässige Personen davon abhalten, ihr Kapital bei Investmentgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat anzulegen. Ferner behinderte sie die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Investmentgesellschaften dabei, in Deutschland Kapital zu sammeln. Denn die Gefahr, der erheblichen Pauschbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG zu unterliegen, konnte in Deutschland ansässige Personen veranlassen, von solchen Engagements Abstand zu nehmen (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften -EuGH-, Urteile vom 4. März 2004 C-334/02 - Kommission gegen Frankreich, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2004, Beilage S. 208 Rdz. 23 f.; vom 15. Juli 2004 C-315/02 - Lenz, BFH/NV 2004, Beilage S. 351 Rdz. 20 f.; vom 7. September 2004 C-319/02 - Manninen, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst -DStRE- 2004, 1220 Rdz. 22 f.).

Die streitbefangenen Regelungen sind nicht nach Art. 58 Abs. 1 EGV gerechtfertigt.

Dem Beklagten ist allerdings einzuräumen, dass nach Art. 58 Abs. 1 EGV die Vorschrift des Art. 56 EGV nicht das Recht der Mitgliedstaaten berührt, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln und die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen ihre staatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern. § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG ist auch vor dem 31. Dezember 1993 in das Gesetz aufgenommen worden (vgl. Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl., Art. 58 EGV Rdz. 2).

Art. 58 Abs. 1 EGV, der als Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs eng auszulegen ist, kann jedoch nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach dem Ort ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre. Denn die darin vorgesehenen Ausnahmen werden ihrerseits in Art. 58 Abs. 3 EGV eingeschränkt, wonach die in Art. 58 Abs. 1 EGV genannten nationalen Maßnahmen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Art. 56 EGV darstellen dürfen (EuGH, Urteile in BFH/NV 2004, Beilage S. 351 Rdz. 26; in DStRE 2004, 1220 Rdz. 28).

Danach kann die zwischen im Inland und im EU-Ausland ansässigen Investmentfonds unterscheidende Regelung des § 18 AuslInvestmG nur dann mit den Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr vereinbar sein, wenn die unterschiedliche Behandlung objektiv nicht vergleichbare Situationen betrifft oder durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie die Notwendigkeit, die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen gerechtfertigt ist. Dabei darf die unterschiedliche Behandlung verschiedener Kategorien von Kapitalerträgen nicht über das hinausgehen, was zum Erreichen des mit der Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteile in BFH/NV 2004, Beilage S. 208, Rdz. 28; in BFH/NV 2004, Beilage, S. 351 Rdz. 27; in DStRE 2004, 1220 Rdz. 29).

Kapitalerträge aus Investmentfonds mit Sitz in Inland und im übrigen Gemeinschaftsgebiet sind grundsätzlich vergleichbar.

Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt der EG-Vertrag eine Diskriminierung auch nicht in "Sonderfällen" zu.

Ferner ist die Pauschbesteuerung nicht erforderlich, um die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewährleisten und Steuerumgehungen zu vermeiden. Die Regelung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine nationale Regelung, die es dem Steuerpflichtigen völlig unmöglich macht, den Nachweis zu erbringen, wie hoch die ihm zugeflossenen Erträge aus Investmentfonds mit Sitz im Ausland sind, kann nicht mit der Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle gerechtfertigt werden. Es lässt sich nämlich nicht von vornherein ausschließen, dass der Steuerpflichtige Belege und Aufzeichnungen vorlegen kann, anhand deren die deutschen Steuerbehörden eindeutig und genau prüfen können, welche Erträge dem Steuerpflichtigen aus dem ausländischen Investmentfonds tatsächlich zugeflossen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Juli 1999 C-254/97 - Baxter, HFR 1999, 852 Rdz. 19 f.). Selbst wenn sich aus den vorgelegten Unterlagen keine vollständige Gewissheit gewinnen lässt, kann die Unsicherheit doch so sehr gemindert sein, dass durch eine substantiierte Schätzung einschließlich eines Unsicherheitszuschlags diese Unsicherheit ausgeglichen werden kann. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass für die ordnungsgemäße Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zwingend ein inländischer Vertreter erforderlich ist. Vielmehr reichen insoweit die bestehenden Mitwirkungspflichten nach § 90 Abgabenordnung -AO- aus. Im Übrigen ist der Beklagte auf die gemeinschaftsrechtliche Amtshilfe nach der Richtlinie des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (77/799/EWG, Amtsblatt EG 1977 L 336, S. 15) zu verweisen (vgl. EuGH, Urteil in BFH/NV 2004, Beilage S. 208 Rdz. 31, 33).

Daher vermögen auch geringere Einwirkungsmöglichkeiten der deutschen Finanzbehörde bei ausländischen Investmentfonds die Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG nicht zu rechtfertigen (im Ergebnis gleicher Auffassung Plewka/Watrin, Der Betrieb -DB- 2001, 2264; Schmitt, DStR 2002, 2193; Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, § 18 AuslInvestmG Rdz. 45; anderer Auffassung Finanzgericht Köln, Urteil vom 22. August 2001 14 K 35/99Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2002, 144).

§ 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG lässt sich auch nicht durch den Gedanken des Sparerschutzes rechtfertigen. Denn dem Anleger werden durch diese Regelung neben der ohnehin schon bestehenden Gefahr durch fehlende aufsichtsbehördliche Überwachung bei so genannten schwarzen Fonds auch noch höhere Steuerlasten aufgebürdet.

§ 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG ist auch nicht durch Vorschriften der OGAW-Richtlinie gerechtfertigt. Zwar muss sich ein Investmentfonds mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nach Art. 44 Abs. 1 und 2 OGAW-Richtlinie an die deutschen Rechtsvorschriften halten, jedoch sind die nationalen Rechtsvorschriften nach Art. 44 Abs. 3 OGAW-Richtlinie ohne Diskriminierung anzuwenden. Insoweit ergibt sich aus dieser Vorschrift nichts anderes als aus Art. 58 Abs. 3 EGV. Zwar hat der Z-Fonds gegen die Anzeigepflicht nach Art. 46 OGAW-Richtlinie verstoßen, jedoch rechtfertigt dies keine steuerliche Schlechterstellung der Anleger. Es bleibt der Bundesrepublik Deutschland unbenommen, auf aufsichtsbehördlichem Wege auf den Fonds einzuwirken.

Die Kläger können sich vor dem erkennenden Gericht unmittelbar auf die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EGV berufen, da das Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht genießt (Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 29. April 2004 VI 53/02 EFG 2004, 1639 [1641] m. w. N., Revision anhängig unter dem Aktenzeichen I R 78/04).

Eine unter Berücksichtigung der von den Klägern beigebrachten Unterlagen vorgenommene Schätzung der den Klägern zuzurechnenden Kapitalerträge aus dem Z-Fonds führt zur Ermittlung wesentlich niedriger Einkünfte als nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG.

Da die Kläger keine Ausschüttungen des Z-Fonds erhalten haben, bemessen sich ihre Einkünfte ausschließlich nach dem Zwischengewinn im Sinne des § 17 Abs. 2 a AuslInvestmG in der Fassung des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes vom 24. März 1998 Bundesgesetzblatt -BGBl- I 1998, 529 (559 f.). Die Regelung des § 17 Abs. 2 a AuslInvestmG entspricht § 39 Abs. 1 a des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften -KAGG- und ist daher europarechtlich unbedenklich.

Über diese Regelung hinausgehend bestimmt allerdings § 18 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG, dass bei den so genannten grauen Fonds auch Veräußerungsgewinne zu den als ausgeschüttet zu behandelnden Erträgen gehören. Für diese Erweiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage zu Lasten der Anleger, die in ausländische "grauen" Investmentfonds investieren, sieht das Gericht europarechtlich keine Rechtfertigung. Auch diese Regelung wirkt sich als eine Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit im Sinne des Art. 56 EGV aus. Sie ist daher ebenfalls unbeachtlich.

Allerdings hat der BFH (Urteil vom 7. April 1992 VIII R 79/88 Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 168, 111, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1992, 786) die unterschiedliche Behandlung der Veräußerungsgewinne für verfassungsgemäß gehalten. Das Urteil betraf jedoch einen in der Schweiz ansässigen Investmentfonds, sodass Fragen der europarechtlichen Diskriminierung nicht zu prüfen waren. Entgegen den Erwägungen des BFH ist der deutsche Gesetzgeber nicht befugt, Investitionen in Kapitalanlagen in den übrigen Mitgliedstaaten weniger attraktiv zu machen als Investitionen in inländische Kapitalanlagen. Ferner rechtfertigen auch keine erschwerten Überwachungsmöglichkeiten die schlechtere Behandlung von Investmentfonds die in den übrigen Mitgliedstaaten ansässig sind. Insoweit kann auf die oben angestellten Erwägungen zu § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG verwiesen werden.

Im Hinblick auf die europarechtskonforme Anwendung des innerstaatlichen Rechts sind keine Grundrechtsverletzungen durch die Regelungen des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG und des § 18 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG zu befürchten .

Davon ausgehend ergeben sich folgende dem Kläger zuzurechnenden Erträge aus dem Z-Fonds: (lfd. Nummerierung in Anknüpfung an Bl. 214 f. StrA, Beträge in ATS):

(hier ausgelassen: Einzelheiten der Ertragsberechnung im konkreten Fall)

Das Gericht sieht davon ab, das Verfahren auszusetzen und nach Art. 234 EGV dem EuGH vorzulegen. Es entscheidet vielmehr in der Sache und lässt die Revision zu. Dafür spricht, dass der Rechtsstreit auch Auslegungsfragen des nationalen Rechts, insbesondere hinsichtlich der Zwischengewinnermittlung, aufwirft und daher grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - hat. Zwar ist das AuslInvestmG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 durch das Investmentsteuergesetz abgelöst worden, das keine gleichartigen diskriminierenden Regelungen mehr enthält, jedoch ist mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310 [3325 f.]) die Zwischengewinnbesteuerung wieder eingeführt worden, sodass der Rechtsstreit nicht nur ausgelaufenes Recht betrifft. Die oben zitierte vielfältige Rechtsprechung des EuGH spricht überdies dafür, dass die diskriminierende Wirkung des § 18 AuslInvestmG keinen Zweifeln unterliegt, sodass eine Vorlage an den EuGH entbehrlich erscheinen kann (vgl. BFH, Urteil vom 23. November 2000 V R 49/00, BFHE 193, 170, BStBl II 2001, 266 a. E.; Finanzgericht Hamburg, Urteil in EFG 2004, 1639 [1641]).

(hier ausgelassen: Entscheidung über Kosten und Vollstreckbarkeit.

Ende der Entscheidung

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