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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.04.2007
Aktenzeichen: 12 K 5766/04 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 16 Abs. 2
EStG § 16 Abs. 3
EStG § 16 Abs. 4
EStG § 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

12 K 5766/04 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann befasste sich gewerblich mit dem Vertrieb von Klimasystemen. Seit 1999 leidet er an einer schwerwiegenden Herzerkrankung und arterieller Hypertonie. Am 18.1.2000 wurde er operiert - er erhielt fünf Bypässe. Dadurch verbesserte sich sein Gesundheitszustand deutlich. Gleichwohl stellte sich heraus, dass er den körperlichen Belastungen seiner beruflichen Tätigkeit nicht mehr gewachsen war. Zudem hatte er zwei Bandscheibenvorfälle - davon einer nicht operabel. Schließlich wurde er zweimal an der rechten und der linken Schulter sowie dem rechten und dem linken Knie operiert. Im Mai 2001 anerkannte und bewilligte die Schweizerische Rentenanstalt die Berufsunfähigkeit. Der Kläger entschloss sich daraufhin, seinen Betrieb an einen Mitarbeiter abzugeben.

Mit Vereinbarung vom 8.12.2001 verkaufte der Kläger seinen Betrieb - die "D" - durch Veräußerung der Aktiva und Passiva an Herrn "T" . Der Erwerber ist - so die Darstellung der Kläger - "ein typischer Techniker, verliebt in technische Details, aber mit Schwächen in der kaufmännischen Dimension, der Menschenführung und im Umgang mit Kunden". Deshalb schlossen der Kläger und Herr "T" zeitgleich einen Beratervertrag. Danach hatte der Kläger die Firma "D" in allen grundsätzlichen Fragen der Unternehmensführung und Akquisition zu beraten. Zu dieser Beratungstätigkeit gehörten insbesondere auch "Organisation und Systeme, Akquisition und Vertrieb, Werbung und kaufmännische Verwaltung. An Vergütung war für 2002-2004 ein Honorar von 45.000 DM/jährlich zzgl. Umsatzsteuer vereinbart. Ferner sollte der Kläger ein umsatzabhängiges Honorar von 5 % des Mehrumsatzes gegenüber dem Jahresabschluss 2001 von geschätzt 550.000 DM erhalten. Bei einem Umsatz von 650.000 DM in 2001 hätte sein zusätzliches Honorar somit 5 % von 100.000 DM oder 5.000 DM betragen; dieses Honorar hätte sich um die Umsatzsteuer erhöht. Tatsächlich wurde später kein umsatzabhängiges Honorar gezahlt.

Die mit der Firma "D" erklärten Ergebnisse beliefen sich 1999-2001 auf folgende Beträge:

 1999 2000 2001
Umsätze478.561 DM532.272 DM491.686 DM
Gewinne89.604 DM111.443 DM102.385 DM

Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer der Kläger für 2002 zuletzt mit der Einspruchsentscheidung vom 16.9.2004 auf 26.850 EUR fest. Für den Veräußerungsgewinn in Höhe von unstreitig 86.7225 EUR erkannte es weder den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an, noch behandelte es den Veräußerungsgewinn als außerordentliche Einkündfte nach § 34 EStG.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Er - der Kläger - habe seine gewerbliche Tätigkeit für die "D" beendet, weil er das Betriebsvermögen nicht mehr für sich genutzt, sondern wie jeder andere Mitarbeiter den Erwerber unterstützt habe.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Bescheids vom 8.6.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.9.2004 bei ihrer Einkommensteuerveranlagung für 2002 den bisher in Höhe von 86.725 EUR angesetzten Veräußerungsgewinn um den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG zu verringern und den verbleibenden Veräußerungsgewinn als außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG zu behandeln.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die streitige Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für 2002 ist rechtmäßig. Der vom Kläger mit dem Verkauf seines Betriebs - der "D" - durch Veräußerung der Aktiva und Passiva an Herrn "T" erzielte Veräußerungsgewinn ist nicht gemäß §§ 16 Abs. 2-4, 34 EStG steuerbegünstigt.

Gemäß § 16 Abs.1 Nr.1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs erzielt werden. Der Gewinn aus einer solchen Veräußerung wird nach § 16 Abs.4 EStG zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er die dort bezeichneten Freibeträge übersteigt, und gemäß § 34 Abs.1 und Abs.2 EStG nur mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert.

Die Vergünstigungsregelung hat den Zweck, einerseits Härten zu vermeiden, die entstünden, wenn die im Laufe eines längeren Zeitraums angesammelten stillen Reserven eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs in einem Zuge aufgedeckt und als Gewinn nach dem progressiven Einkommensteuertarif besteuert werden müssten, andererseits aber auch, die steuerliche Erfassung solcher stillen Reserven sicherzustellen. Dem letztgenannten Zweck ist genügt, wenn feststeht, dass das als Betrieb oder Teilbetrieb veräußerte Betriebsvermögen vom Zeitpunkt der Veräußerung an aufhört, der gewerblichen Betätigung des Steuerpflichtigen zu dienen, und dieser die damit verbundene bisherige Tätigkeit beendet (Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9.8.1989 X R 62/87, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1989, 973).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Kläger hat seine bisherige für die "D" ausgeübte Tätigkeit nach Veräußerung der Aktiva und Passiva an Herrn "T" nicht beendet, sondern fortgesetzt - nämlich über den mit diesem vereinbarten Beratervertrag und dies im bisherigen Beschäftigungsfeld. Mit diesem Beratervertrag hat der Kläger weiterhin Unternehmerinitiative entfaltet und Unternehmerrisiko getragen. Das vereinbarte Beraterhonorar wie auch die Zahlung des Kaufpreises für den Betrieb konnten letztlich über die "D" nur finanziert werden, indem der Kläger den Erwerber in entscheidenden Aufgabenfeldern erheblich unterstützte. Nach dem Beratervertrag hatte der Kläger die Firma "D" in allen grundsätzlichen Fragen der Unternehmensführung und Akquisition zu beraten. Zu dieser Beratungstätigkeit gehörten insbesondere auch "Organisation und Systeme, Akquisition und Vertrieb, Werbung und kaufmännische Verwaltung". Denn der Erwerber war - so die eigene Darstellung der Kläger - "ein typischer Techniker, verliebt in technische Details, aber mit Schwächen in der kaufmännischen Dimension, der Menschenführung und im Umgang mit Kunden".

Mit dem Beratervertrag hat der Kläger auch seinen bisherigen Kundenstamm genutzt - und dies in vollem Umfang. Denn eben er war für den gesamten kaufmännischen Bereich zuständig und hier auch vor allem für den bedeutsamen Bereich der Akquisition. Er blieb "operativ tätig", wie es im Schreiben seiner Prozessvertreter vom 14.1.2007 heißt. Dass seine mit dem Beratervertrag 2002-2004 erzielten Umsätze in Höhe von 45.000 EUR/jährlich im Vergleich zu den Umsätzen der "D" 1999-2001 jeweils unter 10 % lagen, ist unerheblich. So ist nach der Rechtsprechung des BFH von einer Veräußerung der wesentlichen Grundlagen einer (freiberuflichen) Praxis auch dann auszugehen, wenn einzelne Mandate zurückbehalten werden, auf die in den letzten drei Jahren weniger als 10 v.H. der gesamten Einnahmen entfielen (BFH-Urteil vom 18.5.1994 I R 109/93, BStBl II 1994, 925). Ob diese Rechtsprechung auf die Veräußerung der wesentlichen Grundlagen eines gewerblichen Betriebs übertragbar ist, kann offen bleiben. Auch wenn das Beraterhonorar des Klägers weniger als 10 % jährlich der Umsätze der "D" aus den drei vorangegangenen Jahren ausmachte, lässt sich daraus nicht folgern, dass er nur einen verhältnismäßig geringen Kundenstamm seiner bisherigen gewerblichen Tätigkeit nutzte. Es ist vielmehr genau umgekehrt: Im Vergleich zu den drei vorangegangenen Jahren belief sich das jährliche Beraterhonorar des Klägers durchgängig auf jeweils nahezu rund die Hälfte des jährlichenGewinns.

Soweit die Kläger demgegenüber darauf abstellen, maßgebend seien in diesem Zusammenhang nicht die Gewinne, sondern die Einnhamen - vermag sich der erkennende Senat dem nicht in jedem Fall ohne Weiteres anzuschließen. Verglichen werden kann grundsätzlich nur das, was auch vergleichbar ist. An einer solchen Vergleichbarkeit fehlt es zwischen den von der "D" 1999-2001 erzielten Umsätzen mit den vom Kläger 2002-2004 erzielten Umsätzen. Letztere spiegelten nahezu unmittelbar den Gewinn wieder; nennenswerte Betriebsausgaben fielen nicht an. Anders ist es bei den von der "D" erzielten Umsätzen; hier machten die Gewinne wegen erheblicher Betriebsausgaben jeweils nur rund 20 % der Umsätze aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision war nicht zuzulassen; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH.



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