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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.10.2008
Aktenzeichen: 14 K 4841/05 G
Rechtsgebiete: DBA IR, GewStG, AO


Vorschriften:

DBA IR Art. 5
DBA IR Art. 7 Abs. 1
GewStG § 2 Abs. 1
GewStG § 7 Abs. 1
AO § 12
AO § 162 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Gewerbesteuermessbescheide 2000 und 2001 jeweils vom 29. April 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2005 werden dahingehend geändert, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2000 auf 230,08 Euro (= 450 DM) und der Gewerbesteuermessbetrag 2001 auf 48,57 Euro (= 95 DM) festgesetzt werden.

Der Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 21. Februar 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2005 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 7,5 % und der Beklagte zu 92,5 %.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine inländische Betriebsstätte i. S. des § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) erfüllt sind.

Die Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Seit September 1991 ist sie mit dem deutschen Staatsangehörigen "C" verheiratet.

Am 9. Juni 2000 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung "E-Stadt" (Steufa) zunächst ein Ermittlungsverfahren gegen den Ehemann der Klägerin wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuern 1993 bis 1999 ein. Nachfolgend wurde im Jahr 2003 das Verfahren auf die Klägerin u. a. wegen Einkommensteuer, Gewerbesteuer sowie Umsatzsteuer und den Zeitraum bis 2001 erweitert. Im Prüfungsbericht vom 24. Oktober 2003 traf die Steufa die Feststellung, dass die Klägerin der Gewerbesteuerpflicht unterliege, da sie im Inland eine ständige Wohnstätte und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen unterhalten habe (Tz. 18).

Die Klägerin und ihr Ehemann besäßen in "E-Stadt" eine 147 qm große und vollständig eingerichtete Wohnung, deren Hausrat mit 175.000 DM versichert sei. Der Ehemann sei in der Wohnung seit 1980 polizeilich gemeldet und die Klägerin im September 1992 von "B-Stadt" dort hin gezogen. Die verbrauchsabhängigen Nebenkosten, die Nutzung des Telefons u. ä. zeigten, dass die Wohnung von der Klägerin und ihrem Ehemann im Prüfungszeitraum mit einer gewissen Regelmäßigkeit genutzt worden sei. Bis zum 31. März 1997 sei der Ehemann für die Firma "G-AG" "F-Stadt" über viele Jahre hinweg als Repräsentant im Iran tätig gewesen. Seit April 1997 beziehe der Ehemann ein Ruhegehalt vom "H" sowie eine Altersrente. Während seiner Tätigkeit bei der Firma "G-AG" habe ihm diese die Aufwendungen für die in "U-Stadt" bewohnte Wohnung erstattet. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Ehemann für den Umzug und Rücktransport von Möbeln und Geräten vom Iran nach Deutschland einen Betrag von 10.000,00 DM erhalten. Nachweise für eine Wohnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses lägen nicht vor.

Selbst wenn für die Zeit ab 1997 von der Beibehaltung eines Wohnsitzes in "U-Stadt" ausgegangen werde, sei die Frage des Mittelpunkts der Lebensinteressen nach dem

Wegfall der Angestelltentätigkeit neu zu definieren. Die Beurteilung sei anhand der bei der Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen Unterlagen erfolgt. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten Zeitschriften im Abonnement bezogen und seien an den Fernsehsender Premiere angeschlossen gewesen. Der Ehemann besitze eine Bahncard. Sowohl der Mobilfunkanschluss eines inländischen Betreibers als auch der Festnetzanschluss seien regelmäßig genutzt worden, wobei ein starker Anstieg der Telefongebühren seit 1997 festzustellen sei. Der Ehemann fahre ein im Inland zugelassenes Fahrzeug, nehme regelmäßig an Lotterieveranstaltungen teil und unterhalte eine Vielzahl von Versicherungen. Er besuche regelmäßig Restaurants und Bars in "E-Stadt" und erledige auch die Einkäufe von Möbeln und Bekleidung im Inland. Ferner erfolge die gesamte medizinische Versorgung der Klägerin und ihres Ehemannes im Inland, wobei für die Kostenerstattung eine im Inland abgeschlossene private Krankenversicherung bestehe. Die testamentarischen Verfügungen der Klägerin und ihres Ehemannes seien vor einem inländischen Notar getroffen worden und würden beim Amtsgericht "E-Stadt" aufbewahrt. Die Zahlungen aus der Firmenpension, der gesetzlichen Altersrente sowie die im geringem Umfang erzielten Einnahmen aus einer Beratertätigkeit des Ehemannes für inländische Firmen würden allesamt einem inländischen Bankkonto gut geschrieben. Der Ehemann verfüge über vier laufende Konten bei der "T-Bank" "E-Stadt" und zwei Wertpapierdepots. Ferner unterhalte er mindestens seit 1992 bei der "X-Bank" "A-Stadt (Schweiz)" Depots und Konten mit erheblichem Vermögen. Die Klägerin unterhalte bei der "D-Bank" in "E-Stadt" vier Konten sowie zwei Schließfächer. Sie übe seit 1998 eine Beratertätigkeit für die Firma "W-GmbH" in "Q-Stadt" aus. Die von dort zu Gunsten einer Anschrift in "U-Stadt" gezahlten Honorare seien auf inländische Konten geflossen und die Geschäftsunterlagen in "E-Stadt" aufbewahrt worden.

Die Klägerin habe von der Firma "W-GmbH" Einnahmen i. H. v. 33.000 DM im Jahr 1998, 36.000 DM im Jahr 1999, 214.586 DM im Jahr 2000 und 149.644 DM im Jahr 2001 erzielt. Die zugrundegelegten Umsätze seien bei der Firma "W-GmbH" als Beratungshonorare bzw. Provisionen durch Gutschriften ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis abgerechnet worden. Es existiere ein zwischen der Klägerin und der Firma "W-GmbH" am 30.05.2000 abgeschlossener Beratungsvertrag. Nach dem Inhalt des Vertrages habe die Klägerin Honorare "für die Beratung und Unterstützung der Werkzeugmaschinen "W-GmbH" in den Bereichen Technik, Strategie, Marktbeobachtung und bei der Akquisition im Iran und den Islamischen Staaten" erbracht.

Nach erfolgloser Aufforderung der Klägerin zur Erklärung ihrer gesamten Einkünfte nahm der Prüfer für die Streitjahre 1997 bis 2001 eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vor. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages legte der Prüfer die vorliegenden Einnahmenbelege zu Grunde und setzte pauschal einen Abschlag von 10 % für Betriebsausgaben an.

Auf der Grundlage des Berichts der Steufa erließ der Beklagte am 29. April 2004 Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2000 und 2001 und am 21. Februar 2005 einen Gewerbesteuermessbescheid 2002, in welchem er eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen in Anlehnung an die Prüfungsergebnisse vornahm. Die Bescheide sind jeweils an die Klägerin unter der Anschrift "N-Straße 1", "E-Stadt" gerichtet.

Gegen die Gewerbesteuermessbescheide 2000 und 2001 legte die Klägerin am 7. Mai 2003 und gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2002 am 8. März 2008 Einspruch ein. Zur Begründung machte sie geltend, dass die Bescheide schon deshalb aufzuheben seien, weil sie nicht ordnungsgemäß zugestellt seien. Ihr Wohnsitz befinde sich im Iran. Zustellungen auf der "N-Straße" seien deshalb unzulässig. Sie sei iranische Staatsangehörige und übe in Deutschland weder ein Gewerbe noch einen sonstigen Geschäftsbetrieb aus. Sie sei in Deutschland nicht steuerpflichtig. Sie sei ausschließlich im Iran zu veranlagen.

Zur Begründung des Einspruchs für das Streitjahr 2002 trug die Klägerin außerdem vor, dass sie nicht selbständige Unternehmerin sondern bei der Firma "L" - einer iranischen Limited - angestellt sei.

Ferner legte sie eine Bescheinigung der deutschen Botschaft in Teheran vom 4. März 2004 vor, in der die Botschaft bestätigt, dass der Ehemann der Klägerin seit 1969 einen Wohnsitz in "U-Stadt (Iran)" habe und bei der deutschen Botschaft gemeldet sei.

Im vor dem Senat geführten Aussetzungsverfahren 14 V 3835/04 A (E, AO) wegen Einkommensteuer 1997 bis 2001 und ESt-Vorauszahlung haben die Klägerin und ihr Ehemann zur Begründung darüber hinaus u.a. vorgetragen: Der Ehemann lebe seit 1969 in "U-Stadt" und habe dort bis 1996 für ein deutsches Unternehmen gearbeitet. Im Anschluss daran hätten sie ihren Wohnsitz nicht nach Deutschland verlegt. Sie hätten im Jahr 1997 eine neue Wohnung mit einer Größe von 82 qm im Norden von "U-Stadt" angemietet. Die Tatsache, dass sie in Deutschland eine Eigentumswohnung besäßen, besage noch nicht, dass sich ihr Lebensmittelpunkt in Deutschland befinde. Dieser liege vielmehr im Iran, wo der Ehemann Jahrzehnte gearbeitet habe und wo sie - die Klägerin - Geschäftsführerin und Vorsitzende des Vorstandes der Firma "L" Ltd. mit Sitz in "U-Stadt" sei. Die Firma sei seit dem 17. Dezember 2001 amtlich registriert und erbringe u. a. auch Vermittlungsleistungen für deutsche Unternehmen im Iran. Der Senat wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung im Beschluss vom 27. September 2004 ab. Eine anschließende Gegenvorstellung der Kläger wies der Senat mit Beschluss vom 10. Februar 2005 zurück. Auf den Inhalt der Beschlüsse wird verwiesen.

In der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2005 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück und führte aus: Die von der Klägerin erzielten Beratungshonorare unterlägen der Gewerbesteuer. Die Klägerin hätte bislang an der Sachverhaltsaufklärung nicht mitgewirkt, obwohl es sich um einen Auslandssachverhalt handele, für den nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) eine erhöhte Mitwirkungspflicht bestehe.

Die Klägerin hat am 23. November 2005 Klage erhoben und trägt vor: Sie unterhalte in Deutschland keine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO. Die Leistungen für die Firma "W-GmbH" habe sie im Iran erbracht. Nach dem Vertrag vom 30. Mai 2000 sollten ihre Leistungen ausschließlich im Iran und den islamischen Staaten erbracht werden. Ziel ihrer Tätigkeit sei es gewesen, die Geschäftstätigkeit der Firma "W-GmbH" vornehmlich im Iran zu fördern und durch ihre Tätigkeit Umsätze der Firma "W-GmbH" im Iran herbei zu führen. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit sei darüber hinaus das Herstellen persönlicher Kontakte zum Vertragsabschluss eines iranischen Unternehmens mit der Firma "W-GmbH" gewesen. Ihre Tätigkeit habe sie deshalb ausschließlich in "U-Stadt" realisieren können. Auf Grund der kulturellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten sowie der geschäftlichen Gepflogenheiten im Iran sei es für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit eines ausländischen Unternehmens im Iran unabdingbar, dass ein iranischer Staatsbürger, der der persischen Sprache mächtig sei, vor Ort zur Verfügung stehe. Die technische Seite der Vertragsanbahnung und -abschlüsse habe der Firma "W-GmbH" selbst oblegen.

Neben dem Vertrag vom 30. Mai 2000 besitze sie keine weiteren Unterlagen über Vertrags- und Leistungsbeziehungen mit der Firma "W-GmbH". Deshalb sei ihr auch keine Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten anzulasten.

Im Iran unterhalte die Firma "L" Ltd., für die neben ihr selbst weitere vier Mitarbeiter tätig seien, ein eingerichtetes Büro. Zu den üblichen Bürozeiten sei sie dort präsent.

In Deutschland habe sie demgegenüber keine Betriebsstätte, insbesondere nicht in der Wohnung auf der "N-Straße". Eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens diene, könne nur dann als Betriebsstätte angesehen werden, wenn sie über einen ausreichenden Mindestbestand an Personal und Sachmitteln verfüge, die für die Erbringung der angebotenen Dienstleistung erforderlich seien. Außerdem müsse die Einrichtung einen hinreichenden Grad an Beständigkeit aufweisen, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der jeweiligen Dienstleistungen ermögliche. All diese Voraussetzungen seien durch die Wohnung des Ehemannes in "E-Stadt" nicht erfüllt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Kopie eines Mietvertrages in Englisch überreicht. Nach dem Inhalt des Vertrages hat die Klägerin in "U-Stadt" ab dem 1. September 1997 eine Wohnung mit drei Zimmern, Küche, Diele, Bad in möblierter Form angemietet.

Die Klägerin beantragt,

die Gewerbesteuermessbescheide 2000 und 2001 vom 29. April 2004 und den Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 21. Februar 2005 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt ergänzend aus: Nach § 12 AO sei Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens diene. Als Betriebsstätte sei insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung anzusehen. Der Ort der Geschäftsleitung befinde sich dort, wo alle wichtigen Entscheidungen getroffen würden. Wesentlich sei, wo die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vorgenommen würden, die der gewöhnliche Betrieb mit sich bringe. Dies bestimme sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Die Leistungsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Firma "W-GmbH" würden nach den Angaben der Klägerin allein durch den Vertrag vom 30. Mai 2000 geregelt. Die Klägerin erbringe Beratungsleistungen im Bereich Technik, Strategie, Marktbeobachtung und Akquisition im Iran sowie Dolmetscherleistungen. Der genannte Vertrag und weitere Unterlagen seien von der Steufa in der Wohnung in "E-Stadt" aufgefunden worden. Da die Klägerin nach ihren Angaben über keine weiteren Unterlagen verfüge, hätten sich sämtliche Geschäftsunterlagen im Inland befunden. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Klägerin ihr Unternehmen mit Hilfe ihres Ehemannes von ihrem Wohnort in "E-Stadt" betrieben habe. Der Vertrag vom 30. Mai 2000 sei auch an die Anschrift des Ehemannes im Inland gesandt worden. Zahlungen erfolgten auf inländische Konten, im Inland würden Dienstleistungen, wie z.B. eine Fahrt nach "Q-Stadt", dem Sitz der Firma "W-GmbH", erbracht. Die Vermittlungstätigkeit der Klägerin erfolge für inländische Firmen. Abrechungen trügen zwar eine Anschrift in "U-Stadt", seien jedoch im Inland aufgefunden worden. Das Abrechungspapier sei auch nicht geknickt, so dass es augenscheinlich nicht nach "U-Stadt" versandt worden sei.

Die Klägerin erbringe darüber hinaus für die Firma "W-GmbH" Personalgestellung im Inland sowie im Ausland. Der Ehemann der Klägerin sei ausweislich der von ihm im Jahre 2000 abgerechneten Reisekosten für die Firma "W-GmbH" in "M-Stadt", "O-Stadt" und "U-Stadt" tätig gewesen und habe die Reisekostenerstattung am 16. Januar 2004 mit dem Hinweis "Y" quittiert. Die Einbindung des Ehemannes als Personal der Klägerin werde des weiteren durch die Kontrolle der Provisionsabrechnungen der Firma "W-GmbH", die Entgegennahme von Zahlungen durch den Ehemann sowie den teilweise von der Firma "W-GmbH" verwendeten Dateinamen ""C"-Iran" dokumentiert. Die Klägerin habe sich zu ihrer Tätigkeit für die Firma "W-GmbH" bisher nicht weiter geäußert. Aufschlussreich wäre, woher die Klägerin die Firma kenne, wer dort für sie Ansprechpartner sei, wie die Kontaktaufnahme erfolge und welche Einzelprojekte die Klägerin unterstützt habe. Zu klären sei des weiteren, wieso die Abrechnungen der Firma "W-GmbH" an eine Anschrift in "U-Stadt" gerichtet seien, sich aber in der Wohnung der Klägerin in "E-Stadt" befänden und die Bezahlung auf inländische Konten erfolge. Auch die Tatsache, dass der Vertrag mit der Firma "W-GmbH" in deutscher Sprache abgefasst und an den Ehemann geschickt worden sei, gehöre zu den Auffälligkeiten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen "Z" zu der Frage, welche Art von Geschäftsbeziehungen in den Streitjahren zwischen der Firma "W-GmbH" und der Klägerin bestanden haben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Oktober 2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind nicht bereits wegen eines Bekanntgabemangels aufzuheben. Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes ist, dass er demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, bekannt gegeben wird (§ 124 Abs. 1 AO). Schriftliche Verwaltungsakte, insbesondere Steuerbescheide, sind grundsätzlich durch die Post zu übermitteln, sofern der Empfänger im Inland wohnt. Der Empfänger ist im Anschriftenfeld des Steuerbescheides mit seinem Namen und seiner postalischen Anschrift zu bezeichnen.

Selbst wenn im Streitfall davon auszugehen sein sollte, dass die Klägerin nicht im Inland wohnt, wären die Gewerbesteuermessbescheide ihr wirksam bekannt gegeben worden, weil die Klägerin als Bekanntgabeadressantin die Bescheide - was unstreitig ist - tatsächlich erhalten hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - 1. Februar 1990 V R 74/85, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1991, 2 für den Fall der Angabe einer unzutreffenden Anschrift).

2. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer.

Eine Gewerbesteuerpflicht der Klägerin besteht nur in den Jahren 2000 und 2001, in denen sie gewerbliche Beratungsleistungen erbracht hat.

a) Für das Streitjahr 2002 scheitert eine Gewerbesteuerpflicht der Klägerin daran, dass keine Tatsachen für eine eigene gewerbliche Tätigkeit der Klägerin ersichtlich sind. Eine solche könnte sich lediglich aus einer Tätigkeit für die Firma "U-Stadt" ergeben, da für weitere gewerbliche Leistungen der Klägerin keine Anhaltspunkte bestehen.

Die Firma "U-Stadt" hat jedoch auf Anfrage der Steufa dieser mit Schreiben vom 11. Juni 2003 eine Aufstellung über die bislang an die Klägerin vorgenommenen Zahlungen übermittelt (Steufa-Akten Band II). Diese Aufstellung endet mit einer Zahlung für den Monat Dezember 2001. Die Eintragung der "L" Ltd. im Dezember 2001 und die Aussage des Zeugen "Z" sprechen dafür, dass die Firma "W-GmbH" ab 2002 nur an die "L" Ltd. Zahlungen erbracht hat, die nicht bei der Klägerin als Einzelunternehmerin erfasst werden dürfen. Demzufolge fehlt es an einem hinreichend gesicherten Sachverhalt (vgl. Trzaskalik in Hübschmann/Hepp /Spitaler - HHSp - § 162 AO Rz 14), der Grundlage für eine Schätzung nach § 162 AO bw. § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegenüber der Klägerin sein könnte.

b) Demgegenüber hat die Klägerin in den Jahren 2000 und 2001 eigene gewerbliche Beratungsleitungen vorgenommen. Dies ergibt sich aus der benannten Bestätigung der Firma "W-GmbH" und wird auch von der Klägerin nicht bestritten.

aa) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG wird ein Gewerbebetrieb im Inland betrieben, wenn für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird. Für den Begriff der "Betriebsstätte" ist die Begriffsbestimmung in § 12 AO maßgebend (Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 2 Anm. 236). Danach ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 3. Februar 1993 I R 80-81/91, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1993, 462 und vom 30. Oktober 1996 II R 12/92, BStBl II 1997, 12) setzt die Annahme einer Betriebstätte eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat.

Allgemein wird als Geschäftseinrichtung jeder körperliche Gegenstand bzw. jede Zusammenfassung körperlicher Gegenstände behandelt, die geeignet sind, Grundlage einer Unternehmenstätigkeit zu sein (vgl. BFH, BStBl II 1993, 462; Tipke/Kruse, AO/FGO, 16. Aufl., § 12 AO Tz 2). Sowohl Gebäude als auch einzelne Räume innerhalb eines Gebäudes können eine Geschäftseinrichtung i. S. des § 12 Abs. 1 AO darstellen, wenn sie geeignet sind, Grundlage für die Unternehmenstätigkeit zu sein. Grundsätzlich kann sich auch in der privaten Wohnung eine Betriebsstätte befinden (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juli 1993 I R 15/93, BStBl II 1994, 148). Eine feste Geschäftseinrichtung dient der Tätigkeit eines Unternehmens, wenn der Unternehmer diese für eine gewisse Dauer zu unternehmerischen Zwecken benutzt (vgl. BFH-Urteile vom 28. August 1986 V R 20/79, BStBl II 1987, 162 und vom 8. März 1988 VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735). Benutzung zu unternehmerischen Zwecken bedeutet ein unternehmensbezogenes Tätigkeitwerden in, an oder mit der Geschäftseinrichtung (BFH, BStBl II 1997, 12). Das Merkmal des Innehabens einer nicht nur vorübergehenden Verfügungsmacht ist gegeben, wenn eine Rechtsposition besteht, die ohne die Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht ohne weiteres verändert werden kann. Ob die Position auf Eigentum oder entgeltlicher bzw. unentgeltlicher Nutzungsüberlassung beruht, ist unerheblich (BFH, BStBl II 1993, 462 m.w.N.; Tipke/Kruse, a.a.aO., § 12 AO Tz 13).

Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin in den Streitjahren 2000 und 2001 eine inländische Betriebstätte unterhalten. Die im Inland befindliche Wohnung erfüllt die Merkmale einer festen Geschäftseinrichtung von einiger Dauer, über die die Klägerin auf Grund der Tatsache, dass sie die im Eigentum ihres Ehemannes stehende Wohnung jederzeit nutzten konnte, eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht besaß. Die Wohnung im Inland ist auch dann eine Geschäftseinrichtung, wenn sich - wie von der Klägerin geltend gemacht - in der Wohnung keine eigentliche Büroausstattung befunden hat. Denn im Hinblick auf die Art der Tätigkeit der Klägerin - Erbringung von Beratungsleistungen für die im Inland ansässige Firma "W-GmbH" - genügen für die Annahme einer Geschäftsausstattung neben zur dauernden Nutzung vorgesehenen Räumen minimalste Ausstattungsmerkmale wie ein Telefon und eine Schreibmöglichkeit.

Die Wohnung diente auch der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin. Im Hinblick auf die in der Wohnung in "E-Stadt" vorgefundenen Geschäftsunterlagen ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin auch während ihrer Aufenthalte im Inland berufliche Tätigkeiten, wie z.B. Vertragsverhandlungen vorgenommen hat. Außerdem sind sämtliche Zahlungen der Firma "W-GmbH" auf inländische Konten der Klägerin geflossen. Die Kontounterlagen befanden sich in der Wohnung in Deutschland. Zudem war der Kläger in die für die Firma "W-GmbH" erbrachten Leistungen eingebunden und ist für die Firma "W-GmbH" auch im Inland tätig war. Unter dem 23. März 2001 richtet die Firma "W-GmbH" ein Schreiben an den Kläger zwecks Vereinbarung eines Abholtermins am Flughafen "O-GmbH" und nach einer Hotelrechnung vom 6. Oktober 2000 hat der Kläger in "Q-Stadt", dem Sitz der Firma "W-GmbH", zwei Nächte übernachtet (Steufa-Akten Band III). Ferner bestätigt er in einer Aktennotiz der Firma "W-GmbH" vom 16. Januar 2001, für eine Besuchsreise von Deutschland aus in den Iran einen Betrag von 5.800 DM erhalten zu haben (Steufa-Akten III).

bb) Der Beklagte war nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO zur Schätzung des Gewerbeertrages i. S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG befugt, da die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung keine Angaben zur Höhe der Besteuerungsgrundlagen gemacht hat.

Die Höhe des vom Beklagten geschätzten Gewerbeertrages sieht der Senat im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) auf Grund der von der Steufa ermittelten Zahlungen der Firma "W-GmbH" und des Ansatzes eines Betriebsausgabenabzugs in Höhe von 10 % der Betriebseinnahmen als angemessen an.

cc) Nach §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 9 Nr. 3 GewStG ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrages zu kürzen, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Der auf die ausländische Betriebsstätte entfallende Gewerbeertrag ist derjenige Teil des gesamten Gewerbeertrages, der im Rahmen des Gesamtunternehmens durch die in der ausländischen Betriebsstätte ausgeübte oder ihr zuzurechnende unternehmerische Betätigung erzielt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 09.07.2003 I R 4/02, BFH/NV 2004, 83). Im Ergebnis gehen mithin auf ausländische Betriebsstätten entfallende Gewinne nicht in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ein.

Eine entsprechende Regelung ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Kaiserreich Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 20. Dezember 1968 - DBA-Iran - (Bundesgesetzblatt II 1969, 2134). Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA-Iran können Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit in dieser Weise aus, so können die Gewinne des Unternehmens in dem anderen Staat (Betriebsstättenstaat) besteuert werden, soweit sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Iran). Damit statuiert Art. 7 Abs. 1 DBA-Iran das Betriebsstättenprinzip als Grundregel der internationalen Unternehmensbesteuerung. Der Betriebsstättenbegriff des Art. 5 DBA-Iran knüpft vor allen Dingen an die feste Geschäftseinrichtung an und ist insoweit mit dem entsprechenden Begriff des § 12 Satz 1 AO identisch. Darüber hinaus werden im DBA-Iran gewisse Hilfstätigkeiten nicht als betriebsstättenbegründend angesehen. Zwar ist der Betriebsstättenbegriff des § 12 AO insoweit weiter. Im Streitfall liegen jedoch die einschränkenden Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 DBA-Iran nicht vor. Deshalb bedarf die Abgrenzungsfrage keiner Vertiefung.

Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin in den Jahren 2000 und 2001 auch im Iran eine Betriebsstätte i. S. einer festen Geschäftseinrichtung in der von ihr seit 1997 in "U-Stadt" angemieteten Wohnung unterhalten hat. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zum Nachweis der Annmietung die Kopie eines Mietvertrages von September 1997 vorgelegt. Es gelten insoweit die gleichen Überlegungen, die für die Annahme einer Betriebsstätte in Deutschland sprechen. Der Zeuge "Z" hat bestätigt, dass die Klägerin in "U-Stadt" Beratungsleistungen für die Firma "W-GmbH" in "U-Stadt" erbrach t hat.

Auf Grund dieser Tätigkeiten ist es jedoch nicht gerechtfertigt, den gesamten Gewerbeertrag der Betriebsstätte im Iran zuzuordnen. Der Senat bemisst im Wege einer griffweisen Schätzung die nach den Grundsätzen des Art. 7 Abs. 2 und 3 DBA-Iran auf die ausländische Betriebsstätte entfallenden Erträge mit 50 %. Grundlage für die Schätzung sind die bereits dargestellten Tatsachen, die dafür sprechen, dass die Wohnung in Deutschland der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin gedient hat. Diese rechtfertigen zugleich die Annahme, dass die Klägerin auch in Deutschland wesentliche Tätigkeiten für ihr Gewerbe entfaltet hat.

3. Die neu festzusetzenden Gewerbesteuermessbeträge sind demnach wie folgt zu berechnen:

2000

 Gewerbeertrag neu82.515 DM
Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG ./.48.000 DM
 34.515 DM
abgerundet34.500 DM
neuer Gewerbesteuermessbetrag nach dem Staffeltarif ( Hebesatz "E-Stadt" für 2000: 460 %)450 DM
entspricht230,08 Euro.

2001

 Gewerbeertrag neu57.520 DM
Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG ./.48.000 DM
 9.520 DM
abgerundet9.500 DM
neuer Gewerbesteuermessbetrag nach dem Staffeltarif ( Hebesatz "E-Stadt" für 2001: 455 %)95 DM
entspricht48,57 Euro.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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