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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 15 K 2092/00 K,F
Rechtsgebiete: EGV, EG, AO 1977, KStG, RL 435/90/EWG


Vorschriften:

EGV Art. 52
EGV Art. 58
EG Art. 43
EG Art. 48
AO 1977 § 12 S. 1
AO 1977 § 12 S. 2 Nr. 2
KStG § 2 Nr. 1
KStG § 23 Abs. 2
KStG § 23 Abs. 3
RL 435/90/EWG Art. 5 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

15 K 2092/00 K,F

Tenor:

Der Körperschaftsteuerbescheid 1996 vom 10.08.1999 wird dahingehend geändert, dass die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung eines Steuersatzes von 31,75 v.H. festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berechnung der Körperschaftsteuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens tragen bis zum 07.03.2007 die Klägerin zu 15 v.H. und der Beklagte zu 85 v.H. Anschließend trägt der Beklagte die Kosten allein.

Tatbestand:

Die Verfahrensbeteiligten streiten im vorliegenden Klageverfahren um die Frage, ob die Besteuerung inländischer Betriebsstätten von Kapitalgesellschaften mit Sitz im EU-Ausland gegenüber der Besteuerung einer vergleichbaren Tochterkapitalgesellschaft in Einklang mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 52 EG-Vertrag --EGV-- a. F., jetzt Art. 43 EGV i.V.m. Art. 58 EGV a.F., jetzt Art. 48 EGV) steht.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in "I-Stadt"/NL. Sie unterhält im Inland eine Betriebsstätte. Die aus der Betriebsstätte resultierenden Erträge sind gemäß Art. 3 und 4 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande vom 16.06.1959 (BGBl 1960 II S. 1782) in der Fassung des Zweiten Zusatzprotokolls vom 21.05.1991 (BGBl 1991 II S. 1429) in Deutschland steuerpflichtig.

Das zu versteuernde Einkommen der Klägerin wurde im Streitjahr gemäß § 23 Abs. 2 und 3 Körperschaftsteuergesetz mit dem für Betriebsstätten ausländischer Kapitalgesellschaften geltenden Steuersatz von 42% belegt. Ein entsprechender Körperschaftsteuerbescheid nebst Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 KStG erging erstmals am 19.08.1999. Ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid erging am 26.01.2000.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage führt die Klägerin an, der Betriebsstättensatz nach § 23 Abs. 2 und 3 KStG verstoße gegen die Niederlassungsfreiheit der Art. 43, 48 EGV. Das Gebot der Inländergleichbehandlung verbiete es, dem Mitgliedsstaat der Niederlassung eine ungleiche Behandlung allein deshalb vorzunehmen, weil sich der Hauptsitz der Gesellschaft ein einem anderen Mitgliedstaat befinde. Hinsichtlich der Einzelheiten ihres Klagevortrags wird auf ihre Klagebegründung vom 15.08.2000 (Bl. 11ff der FG-Akte) verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2007 hat die Klägerin ihren Antrag dahingehend eingeschränkt, dass anstelle eines Steuersatzes von 30 v.H. sie nunmehr die Anwendung eines Steuersatzes von 31,75 v.H. begehrt. Die Verfahrensbeteiligten haben sich zudem dahingehend verständigt, dass sich der Gewinn der Klägerin gleichmäßig über das ganze Kalenderjahr verteilt hat. Nicht abziehbare Betriebsausgaben waren bei der Klägerin im Streitjahr nicht angefallen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Körperschaftsteuer 1996 vom 10.8.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2000 dahingehend abzuändern, dass der Besteuerung ein KSt-Satz in Höhe von 31,75% zugrunde gelegt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid in Gestalt des geänderten Bescheids vom 26.01.2000 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Körperschaftsteuer ist unter Berücksichtigung eines Steuersatzes in Höhe von 31,75% festzusetzen.

1. Ausländische Gesellschaften, die wie die Klägerin als holländische N.V. hinsichtlich ihrer rechtlichen Struktur einer deutschen Kapitalgesellschaft entsprechen und im Inland (= Deutschland) weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz haben, sind mit ihren inländischen Einkünften in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig ( § 2 Nr. 1 KStG ). Zu den inländischen Einkünften gehört der Gewinn aus Gewerbebetrieb, wenn für den Betrieb im Inland (mindestens) eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 , § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG i.V.m. § 2 Nr. 1 und § 8 Abs. 1 KStG). Betriebsstätten sind alle festen Geschäftseinrichtungen, die der Tätigkeit eines Unternehmens dienen; insbesondere gehören zu ihnen auch Zweigniederlassungen ( § 12 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 AO). Die Klägerin erzielte -- dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig -- aufgrund der in ihrer deutschen Zweigniederlassung ausgeübten Tätigkeiten inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Höhe dieser Einkünfte, des sog. Betriebsstättengewinns, führte - auch dies ist unstreitig - zu einem positiven zu versteuernden Einkommen.

2. Der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass dieses zu versteuernde Einkommen bis zum 30.06.1996 mit einem Steuersatz von 33,5 v.H. zu belasten ist. Dieser Steuersatz ergibt sich im Wege einer - nach Maßgabe des EuGH-Urteils vom 23.02.2006 Rs. C 2153/03 ("CLT-UFA SA ./. FA Köln-West), ABlEU 2006, Nr. C 131,4 - gemeinschaftsrechtskonformen und normerhaltenden Auslegung des § 23 Abs. 2 und 3 KStG. Die Klägerin ist dem für Tochtergesellschaften im Vollausschüttungsfall maßgeblichen Steuersatz nach § 27 Abs. 1 KStG in Höhe von 30 v.H. zu unterwerfen. Dieser Steuersatz ist sodann nach § 44d Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 KStG um die Quellensteuer in Höhe von 5 v.H. auf die anzunehmende Gewinnausschüttung von 70 v.H. zu erhöhen. Bezogen auf das zu versteuernde Einkommen von 100 ergeben sich daraus rechnerisch weitere 3,5 v.H., insgesamt also 33,5 v.H. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf das BFH-Urteil vom 09.08.2006 I R 31/01, DStR 2006, 2120 verwiesen, das den Beteiligten vorliegt.

3. Für den Zeitraum 01.07.1996 bis 31.12.1996 ist infolge des Wegfalls der Kapitalertragsteuer in Höhe von 5 v.H. zum 30.06.1996 nach Maßgabe der § 44d Abs. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 KStG der Steuersatz mit 30 v.H. zu bemessen. Deutschland hatte sich in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 435/90/EWG des Rates vom 23.07.1990 (in ihrer seinerzeitigen Fassung) über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (Mutter-Tochter-Richtlinie) vorbehalten, die Kapitalertragsteuer bis zum 30.06.1996 erheben zu dürfen. Dem trugen § 27 Abs. 1 KStG und § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 , § 44d Abs. 1 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 KStG Rechnung. Der Kapitalertragsteuerabzug im Verhältnis Mutter- und Tochtergesellschaft ist damit zum 01.07.1996 entfallen.

4. Da der Steuersatz bis zum 30.06.1996 33,5 v.H. und anschließend bis zum 31.12.1996 30 v.H. beträgt und zugleich zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass der Gewinn sich gleichmäßig über das ganze Kalenderjahr erstreckt, ergibt dies einen rechnerischen Steuersatz von 31,75 v.H.

5. Die Kostenentscheidung folgt bis zur Einschränkung des Klageantrags aus § 136 Abs. 1 und anschließend aus §§ 135 Abs. 1 FGO sowie aus 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Übertragung der Berechnung der Körperschaftsteuer beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. Der Senat ist zu einer eigenen Berechnung schon deshalb nicht in der Lage, weil ihm der letzte geänderte Steuerbescheid, in dem Verlustvorträge berücksichtigt sein sollen, nicht vorliegt.

Ende der Entscheidung

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