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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.09.2008
Aktenzeichen: 16 K 2635/07 KE
Rechtsgebiete: AO, EStG, UmwStG


Vorschriften:

AO § 41
AO § 164 Abs. 2
AO § 175 Abs. 1
EStG § 20 Abs. 1
EStG § 43 Abs. 1
EStG § 43a Abs. 1
UmwStG § 21 Abs. 1
UmwStG § 21 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. April 2006 sowie der Einspruchsentscheidung vom 12. Juni 2007 verpflichtet, die Kapitalertragsteueranmeldung vom 10. April 2002 dahingehend abzuändern, dass die Kapitalertragsteuer auf ... EUR (und dementsprechend der Solidaritätszuschlag auf ... EUR) herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die ursprünglich angemeldete Kapitalertragsteuer (KapESt) aus dem Verkauf einer Unternehmensbeteiligung aufgrund einer nachträglich vereinbaren "Kaufpreisherabsetzung" geändert werden kann.

In den Jahren 2000/2001 schrieb die Klägerin eine Beteiligung an ihrer 100%-igen Tochtergesellschaft AA GmbH aus.

Das höchste Gebot gab die Firma C GmbH & Co KG (künftig: C) ab, die sich allerdings nicht an den Verlusten der Tochtergesellschaften beteiligen wollte. Es wurden daher zwischen der Klägerin und C (künftig: Parteien) verschiedene Beteiligungsmodelle erwogen. Schließlich vereinbarten sie, dass sich C unmittelbar zu ..% an dem Stammkapital der AA GmbH beteiligt. Zugleich trafen die Parteien eine abweichende Gewinnverteilungsabrede, wonach C grundsätzlich nicht an den Verlusten der X Gesellschaft (X) und Y Gesellschaft (Y) partizipierte. Eine Ausnahme setzte die Klägerin allerdings insoweit durch, als ein "Verlustdeckel" - berechnet aus den Durchschnittsverlusten jeweils der X und Y der letzten drei Jahre - festgeschrieben wurde. Bei Überschreitung dieser Deckelungsbeträge sollte eine Verteilung der übersteigenden Verluste nach der Höhe der Beteiligung (§ 2 Abs. 5 und § 4 Punkt 1 des Vertrages) erfolgen. Der Anteilskauf- und Abtretungsvertrag wurde am ... unterzeichnet. Zeitgleich schlossen die Parteien auch einen Gesellschaftsvertrag. Der Kaufpreis belief sich auf ... DM (... EUR) zzgl. Nebenkosten, der kurz darauf auch gezahlt wurde. Da die Veräußerung eine KapESt-Pflicht auslöste, reichte die Klägerin am 10. April 2002 bei dem Beklagten (dem Finanzamt --FA--) eine KapESt-Anmeldung über eine KapESt in Höhe von ... EUR (zzgl. ... EUR Solidaritätszuschlag --SolZ--) ein. Dem lag ein Gewinn aus der Veräußerung des ...%-igen Anteils an der AA GmbH in Höhe von ... EUR zugrunde.

In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten über die Gewinnverteilung, und zwar in Bezug auf die Verluste der X und Y. Dieser Streit betraf indessen nicht die handelsrechtliche, sondern ausschließlich die steuerliche Verlusttragung. C vertrat die Auffassung, dass ihr die steuerlichen Verluste der Tochtergesellschaften zu ...%, also in Höhe ihrer Beteiligung, zustünden. Die Klägerin beanspruchte dagegen den aus den Verlusten resultierenden "Steuerminderungsbetrag" in dem Umfang für sich, wie sie selbst die Verluste tragen musste, m.a.W. sollte ihrer Auffassung nach die Steuerbelastung nach dem Verhältnis der errechneten Gewinnansprüche - der nominale Gewinnanspruch von ...% war bei ihr um die Verluste der X und Y zu kürzen, so dass sich nur ein geringer Anspruch ergab - verteilt werden. Ursächlich für den Streit war folgender Ablauf im Vorfeld des Vertragsschlusses: Nach der Einigung auf das GmbH-Modell in 2001 hatte die Klägerin im Entwurf des Gesellschaftsvertrags unter § 13 folgende Regelung betreffend die Ergebnisverwendung formuliert:

Der Gewinnanspruch der Gesellschafterin C GmbH & Co KG gemäß § 29 GmbHG ist ausschließlich nach dem Gewinn der Gesellschaft zu bemessen, der sich ohne Berücksichtigung der folgenden Ergebniskomponenten ergibt:

Verluste aus dem laufenden Betrieb der AA X GmbH und der AA Y GmbH werden dem Gesellschafter A bis zu den vereinbarten Deckelungsbeträgen von DM ...,- für die AA Y GmbH und DM ...,- für die AA Y GmbH zu 100% zugerechnet.

Übersteigen die Verluste die vereinbarten Deckelungsbeträge, so ist der übersteigende Betrag entsprechend den Beteiligungsquoten am Stammkapital der Gesellschaft mit den jeweiligen Ergebnisansprüchen zu verrechnen, um zu den Ergebnisanteilen der Gesellschafter zu gelangen.

Die im jeweils laufenden Geschäftsjahr tatsächlich eingetretene Minderung der Ertragsteuerbelastung der Gesellschaft bis zu den vereinbarten Deckelungsbeträgen von DM ...,- für die AA X GmbH und DM ...,- für die AA Y GmbH, die sich infolge der in diesem Geschäftsjahr eingetretenen sowie aus früheren nach dem 31. Dezember 2001 beginnenden Geschäftsjahren vorgetragenen Verlusten der AA X GmbH und AA Y GmbH ergeben.

Dieser Vertrag war C zugeleitet worden. Diese sandte den Vertragsentwurf nach Prüfung mit entsprechenden Änderungswünschen zurück. Infolge verschiedener Umstände fiel der Klägerin und ihren rechtlichen Beratern bei einer erneuten Prüfung nicht auf, dass C den zuletzt wiedergegebenen Absatz betreffend die steuerliche Verlustnutzung gestrichen hatte. Unterzeichnet wurde schließlich ebenfalls eine Vertragsfassung, die die betreffende Passage nicht enthielt, was der Klägerin jedoch nicht bewusst war.

Zur Streitbeilegung fanden in der Folgezeit diverse Gespräche zwischen den Beteiligten statt, die sich jedoch in die Länge zogen. Auf Seiten der C hatte sich zudem kurze Zeit nach dem Kauf der Beteiligung insoweit eine Änderung der Verhältnisse ergeben, als deren Muttergesellschaft von der D AG übernommen worden war. An den weitere Verhandlungen nahmen daher auch Vertreter dieser Gesellschaft teil. Der Streit hatte u.a. zur Folge, dass in der Gesellschafterversammlung der AA GmbH lediglich der Jahresüberschuss, nicht aber die Gewinnverwendung beschlossen werden konnte. Im September 2002 holte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskanzlei E ein Gutachten betreffend die Auslegung des Gesellschaftsvertrages in puncto steuerlicher Verlustnutzung ein, das die von ihr vertretene Auffassung bestätigte. Mitte 2003 waren sich die Parteien im Grundsatz über eine mögliche einvernehmliche Regelung zur Streitbeilegung einig. In dem Ergebnisprotokoll einer Besprechung vom 5. Juni 2003, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise:

1. Der bestehende Gesellschaftsvertrag wird wirtschaftlich ab dem 1. Januar 2003 (für das Geschäftsjahr 2003 ff.) dahingehend angepasst, dass die Verlustdeckel für die Tochtergesellschaften X und Y aufgehoben werden und damit die D AG im Rahmen ihrer Beteiligung an den AA GmbH über die AA GmbH an den Verlusten der o.g. Tochtergesellschaften X und Y partizipiert (d.h. im Wesentlichen Anpassung des § 13 Gewinnverwendung der AA GmbH). Im Gegenzug zahlt die A der D AG als Kompensation in Form einer Kaufpreisanpassung 14 Mio. EUR. Die genaue Form der Zahlung wird nach steuerlichen und buchhalterischen Gesichtspunkten noch einvernehmlich optimal festgelegt.

2. Die Ausschüttung des Jahresüberschusses 2002 wird unabhängig von den Regelungen unter Punkt 1 festgelegt auf

...EUR an die D AG

Rd. EUR an die A.

3. Der verbleibende Rest der freien Kapitalrücklage in Höhe von rd. ... EUR an die D AG ausgeschüttet.

4. Die Gesellschaftsverträge der Tochtergesellschaften X und Y werden nicht verändert, jedoch (...).

Diese Besprechung mündete schließlich auf Seiten der Klägerin in eine Vorlage zur Sitzung vom ..., auf die ebenfalls wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Als "Gesamtergebnis" der Verhandlungen mit der D AG wird darin unter anderem empfohlen, dass die Klägerin ihre Zustimmung dazu erteilen solle, dass die Beteiligung an der AA GmbH im Zuge der Umstrukturierung des E-Konzerns von der D AG an die DD AG weitergereicht werden dürfe. Von der Möglichkeit, die Anteile zurückzukaufen, solle kein Gebrauch gemacht werden. Zur Frage der Verlustbeteiligung heißt es auszugsweise:

Mit wirtschaftlicher Wirkung vom 01.01.2002 will sich die D AG uneingeschränkt an den Verlusten der beiden o.g. Betriebe beteiligen, d.h. dass die vereinbarten Deckel entfallen sollen. Im Gegenzug wird der Kaufpreis um ... EUR reduziert. Die Höhe der Anpassung des Kaufpreises ergibt sich daraus, dass

1. Sich auf Grund des Wegfalls der Verlustdeckel der jährliche Gewinnanteil der A um ca. .... EUR (nach Steuern) zu Lasten der D AG erhöht.

Eine tatsächliche Umsetzung des Verhandlungsergebnisses konnte in der Folgezeit jedoch nicht realisiert werden. Erst am ... wurde ein entsprechender Vertrag geschlossen, der mit "Änderung des Anteilskauf- und Abtretungsvertrags vom ..." überschrieben war (künftig: geänderter Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom ...). In der Präambel heißt es u.a.:

Um den im Rahmen dieser Regelung bestehenden Dissens hinsichtlich der Gewinnverteilung (steuerliche Verluste) zu bereinigen, haben sich die Beteiligten nunmehr darauf geeinigt, dass die Partnerin die wirtschaftliche Verantwortung für die Tochtergesellschaften quotal unbeschränkt übernehmen soll. Diese Vereinbarung gilt mit Wirkung ab dem 01. Januar 2002, d.h. die uneingeschränkte Verlustübernahmeverpflichtung besteht bereits ab dem Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber. Dementsprechend ist der seinerzeit vereinbarte Kaufpreis anzupassen.

Der geänderte Vertrag sah im Übrigen die Verpflichtung der C zur uneingeschränkten Verlustübernahme gegen Zahlung von .... EUR vor. Die Wirksamkeit sollte entfallen, wenn nicht A bis zum ... der "Umstrukturierung der Beteiligung an der AA GmbH" zustimmen würde. In der Vorlage zur Sitzung vom ..., auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wird die Abfolge wie folgt dargestellt:

Nach Abschluss der Verträge mit der C GmbH & Co KG traten in der Folge Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Gesellschaftsvertrages zur Gewinnverteilung (Behandlung der steuerlichen Verluste) auf. Da eine Einigung bislang nicht erzielt werden konnte, steht eine Auszahlung der Gewinne für 2002 bis 2004 noch aus. Daher wurden Verhandlungen mit der C GmbH & Co KG bzw. der D AG geführt mit dem Ziel, den bestehenden Dissens zu bereinigen. Außerdem waren die Verhandlungen von der Sorge um die Zukunft der DDD AG begleitet. Das Ergebnis dieser Verhandlungen mündete Beschluss vom (...). Eine Umsetzung des Beschlusses ist nicht erfolgt. Zum 1.10.2003 erfolgte die Umstrukturierung des D-Konzerns (...). Gleichzeitig wurde dargestellt, dass eine Rücknahme des Geschäftsanteiles gegen Erstattung des Kaufpreises möglich sei. (...) In der Folge hat derGeschäftsführer und der damalige bzw. amtierende Aufsichtsratsvorsitzende unter Hinzuziehung der Geschäftsführung der AA GmbH selbst fortgeführt. Das Ergebnis dieser Verhandlungen sieht zum einen die Umstrukturierung der Beteiligung vor, wie dies im Wesentlichen bereits in der Sitzung am ... beschlossen worden ist. Außerdem stimmt die A zum anderen einer Veräußerung des Geschäftsanteils an der AA GmbH auf die F AG zu.

Über die Frage der Verlustbeteiligung und der Kompensationsleistung hinaus trafen die Parteien mehrere weitere Vereinbarungen. So stimmte die Klägerin etwa der Veräußerung der AA GmbH-Beteiligung an die F AG zu. Ferner wurden verschiedene Änderungen im Gesellschaftsvertrag vorgenommen. Zugleich verzichtete die Klägerin auf die Ausübung der Call-Option. Als Ablösung für die vorzeitige Beendigung des Vertrages zahlte die D AG der Klägerin einen Betrag in Höhe von .... EUR.

Im Anschluss an diese Verständigung reichte die Klägerin am 7. April 2005 eine geänderte KapESt-Anmeldung ein, in der der um die .... EUR geminderte Kaufpreis zugrunde gelegt wurde. Der Antrag wurde am 14. März 2006 durch eine zweite geänderte KapESt-Anmeldung modifiziert.

Das FA lehnte den Antrag der Klägerin mit Ablehnungsbescheid vom 5. April 2006 ab. Dagegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Juni 2007 setzte das FA die Kapitalertragsteuer auf ... EUR herab und lehnte eine weitergehende Änderung ab.

Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Reduzierung und teilweise Rückzahlung des Kaufpreises aufgrund des geänderten Anteilskauf- und Abtretungsvertrages vom ...als steuerlich rückwirkendes Ereignis zu qualifizieren sei. Demzufolge komme eine Änderung der ursprünglichen Kapitalertragsteueranmeldung nach § 164 der Abgabenordnung (AO) bzw. nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO in Betracht. Im Streitfall würden die steuerrechtlichen Vorschriften an die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile und damit an ein einmaliges punktuelles Ereignis anknüpfen. Die richtige Besteuerungsfolge könne daher nur im Zeitpunkt der Veräußerung in 2002 hergestellt werden. Insoweit sei es nicht entscheidend, aus welchen Gründen der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei und warum der Verkäufer den Kaufpreis zurückgezahlt habe. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) habe hierzu im Rahmen der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO festgestellt, dass es für die Rückwirkung nicht darauf ankomme, dass das spätere Ereignis im Kern bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt gewesen sei. Nicht anders dürfe es sich auch in den Fällen verhalten, in denen der Kaufvertrag bereits vollständig vollzogen worden sei. Letztere Voraussetzung liege im Streitfall aber schon deshalb nicht vor, da zu einem vollständigen Anschluss des Anteilserwerbs gehöre, dass die Gesellschafter die mit der Anteilsveräußerung einhergehenden Gesellschafterrechte wahrnehmen könnten. Daran fehle es, da aufgrund des Streits zwischen den Parteien für 2002 und 2003 keine Gewinnausschüttungen hätten vorgenommen werden können.

Selbst wenn man jedoch fordere, dass die Rückgewährung des Kaufpreises aus Gründen erfolge, die im Kaufvertrag selbst angelegt seien, würde diese Voraussetzung im Streitfall vorliegen. Denn nach der Rechtsprechung des BFH seien an die "Gründe" keine hohen Anforderungen zu stellen. Ausreichend seien Meinungsverschiedenheiten, Behauptungen, Unklarheiten oder ähnliche Differenzen. In seinem Urteil vom 23. Juni 1988 IV R 84/86 (Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 154, 85, Bundessteuerblatt --BStBl-- 1989, 41) habe der BFH etwa einem Vergleich steuerliche Rückwirkung beigemessen, der geschlossen worden sei, weil sich die Parteien zwar zunächst über die Höhe des Kaufpreises geeinigt hätten, es jedoch später zu rechtlichen Auseinandersetzungen über die Berechnungsgrundlage für die Ermittlung dieses Preises gekommen sei, die dann im Vergleichswege beigelegt worden seien. Dies entspreche der Ausgangslage im Streitfall, da bei Abschluss des Vertrages beide Parteien von unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung des Kaufpreises ausgegangen seien. Während die Klägerin angenommen habe, C sei nicht an den Verlusten beteiligt, sei diese von einer Partizipierung ausgegangen. Aufgrund der erheblichen Auswirkungen auf den Gewinn der Gesellschafter nach Steuern habe die steuerliche Verlustnutzung der Tochtergesellschaften maßgeblichen Anteil auf den Wert der Anteile der Muttergesellschaft gehabt. Die Bedeutung werde schon daran ersichtlich, dass sich die Parteien jahrelang über diesen Punkt gestritten und sogar die Vereitelung von Gewinnausschüttungen in 2002 und 2003 in Kauf genommen hätten. Die Grundlagen für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns seien insofern von Anfang an umstritten und unklar gewesen. Die aus dem ursprünglichen Rechtsgeschäft resultierenden Streitigkeiten hätten zu Verhandlungen über eine vergleichsweise Regelung geführt. Dabei sei es in erster Linie darum gegangen, die bisherige Regelungslücke im Verhältnis der wirtschaftlichen und der steuerlichen Verlustnutzung einvernehmlich zu schließen. Nach Erörterung verschiedener Anpassungsmöglichkeiten habe man sich schließlich dazu entschlossen, einen "Gleichlauf" zwischen wirtschaftlicher und steuerlicher Verlustnutzung herzustellen. Dies habe eine Anpassung des Kaufpreises erforderlich gemacht.

Die Ansicht des FA, es sei ein Vertrag mit einem gänzlich neuen Inhalt geschlossen worden, gehe fehl. Der vergleichsweise geschlossene Vertrag vom ... sei in seiner Gesamtheit dem ursprünglichen Vertrag zuzurechnen. Er behandle lediglich solche Bereiche, die entweder bereits in den ursprünglichen Verträgen ausdrücklich geregelt gewesen seien (Kaufpreis, wirtschaftliche Verlustnutzung) oder deren Regelung im ursprünglichen Vertrag gerade zweifelhaft gewesen sei (steuerliche Verlustnutzung). Wenn sich daher die C ihrerseits im Vergleichswege zur wirtschaftlichen Verlusttragung verpflichtet habe, stelle dies eine ihr von der Klägerin abverlangte Gegenleistung dar. Dies entspreche der Natur eines Vergleiches, der ein gegenseitiges Nachgeben verlange. Auch der BFH, der einem Vergleich steuerliche Rückwirkung beimesse, verlange dabei nicht, dass dieser lediglich Absprachen in unmittelbarem Bezug zum streitverursachenden Punkt beinhalte. Wenn also C in dem Vergleich zusätzliche Leistungen übernommen habe, ändere dies nichts daran, dass sich die betreffende Regelung des Vergleichs für die Klägerin als Rückabwicklung darstelle. Wenn das FA inzident unterstelle, dass die Klägerin der C die steuerliche Verlustnutzung im Nachgang quasi zusätzlich habe verkaufen wollen, entbehre dies jeglicher Grundlage. Die einzelnen Vereinbarungen des Vergleichs könnten nicht - wie es das FA tue - einzeln betrachtet und gegeneinander aufgewogen werden. Insoweit könne nicht von einer vom ursprünglichen Kaufvertrag unbeeinflussten Willensentscheidung ausgegangen werden. Wäre bereits bei Abschluss des Anteilskauf- bzw. Abtretungsvertrages eine eindeutige Regelung in Bezug auf die steuerliche Verlustnutzung getroffen worden, hätten die Parteien den Vertrag auch nicht nachträglich wieder ändern müssen, da dann der Kaufpreis richtig bemessen gewesen wäre.

Von den veräußerten einbringungsgeborenen Anteilen sei schließlich nur ein Anteil von ...% einbringungsgeboren gewesen (und nicht der gesamte ...%-ige Anteil).

Sollte das Gericht jedoch der Auffassung des FA folgen, dass der Änderungsvertrag als völlig neue Vereinbarung zu werten sei, sei hilfsweise davon auszugehen, dass der Teil des Veräußerungsgewinns in Höhe von .... EUR, der auf die steuerlich nicht relevante Übernahme der Verlustverpflichtung entfalle, wegfalle. Insoweit wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 4. September 2007 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das FA unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 5. April 2006 sowie der Einspruchsentscheidung vom 12. Juni 2007 zu verpflichten, die KapESt-Anmeldung vom 10. April 2002 dahingehend abzuändern, dass die KapESt auf ... EUR und der Solidaritätszuschlag auf ... EUR festgesetzt wird sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt sinngemäß (s. Protokoll),

die Klage teilweise zurückzuweisen, soweit eine Minderung über eine Festsetzung der Kapitalertragsteuer i.H.v. ... EUR hinaus beantragt wird,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung beruft sich das FA darauf, dass nach der Rechtsprechung des BFH ein rückwirkendes Ereignis bei einem abgeschlossenen Rechtsgeschäft nur dann vorliege, wenn der Rechtsgrund für die später geleisteten Zahlungen bereits in diesem und nicht erst in dem später abgeschlossenen Rechtsgeschäft angelegt sei. Vorliegend habe die Klägerin die .... EUR an C nicht deshalb gezahlt, weil der Kaufpreis gemindert werden sollte, sondern weil sich C abweichend vom ursprünglichen Vertrag bereit erklärt habe, die Verluste der Tochtergesellschaften quotal zu tragen. Die Zahlung sei daher in erster Linie in der Vergleichsvereinbarung angelegt gewesen. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass das wirtschaftlich gleiche Ergebnis auch durch eine Erstvereinbarung zu erzielen gewesen wäre. Entscheidend sei, ob es sich um getrennte, auf selbständigen Willensentscheidungen beruhende Rechtsgeschäfte handle. Vorliegend sei die im Vergleichswege getroffene Vereinbarung grds. auch ohne Streit über die steuerliche Verlustnutzung denkbar gewesen.

Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf Aufforderung durch den Berichterstatter hin noch umfangreiche Unterlagen vorgelegt, auf die Bezug genommen wird. Des Weiteren ging im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 18. September 2008 am 8. Oktober 2008 ein Schriftsatz der Klägerin ein, auf den ebenfalls Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

I.

Die Klage ist begründet, soweit nicht sämtliche der mit Vertrag 2002 veräußerten Anteile einbringungsgeboren waren. Der Verkauf der Anteile an der AA GmbH unterlag der Besteuerung gem. § 21 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) in der im Streitjahr gültigen Fassung i.V.m. §§ 20 Abs. 1 Nr. 10b, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c, 43a Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG), soweit es sich um einbringungsgeborene Anteile handelte. (...)

II.

Soweit die Klägerin eine Änderung der im Übrigen festgesetzten KapESt (und des SolZ als Folgesteuer) begehrt, ist die Klage unbegründet. Eine aus dem geänderten Anteilskauf- und Abtretungsvertrag resultierende Verpflichtung zur Änderung der KapESt-Anmeldung vom 10. April 2002 besteht weder nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO noch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Denn insoweit fehlt es an einem materiell-rechtlich zurückwirkenden Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht dürfte sich auch in diesem Streitpunkt eine etwaige Änderungsverpflichtung aus § 164 Abs. 2 AO ergeben. Allerdings deutet sich in der Frage, in welchem Verhältnis § 164 Abs. 2 AO und § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zueinander stehen, eine Neubestimmung an. Nach der früheren Rechtsprechung war die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO per se ausgeschlossen, wenn der zu ändernde Steuerbescheid noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO stand (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 4. November 1998 IV B 146/97, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 1999, 589). Mit Urteil vom 19. August 2003 VIII R 67/02 (BFHE 203, 309, BStBl II 2004, 107) entschied der BFH, dass auch bei Bescheiden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO jedenfalls sinngemäß anwendbar sei. Nach der jüngsten BFH-Rechtsprechung zum § 165 AO kann auch eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden, wenn das die Ungewissheit beseitigende Ereignis zugleich steuerrechtlich zurückwirkt (vgl. Urteil des BFH vom 10. Mai 2007 IX R 30/06, BFHE 217, 226, BStBl II 2007, 807, allerdings betreffend den Fall, dass die Frist des § 171 Abs. 8 AO abgelaufen war). Dies legt nahe, dass auch die Korrekturvorschriften des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO und des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zumindest nebeneinander Anwendung finden können. Letztlich bedurfte die Frage jedoch keiner Entscheidung. Unabhängig davon, welche der beiden Korrekturvorschriften greift, richtet sich die Frage, ob vorliegend der "Kaufpreisminderung" steuerliche Rückwirkung zukommt, ausschließlich nach dem materiellen Recht. Vor diesem Hintergrund ist die zu § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ergangene Rechtsprechung, unter welchen Voraussetzungen eine steuerlich anzuerkennende Rückwirkung vorliegt, auch im Streitfall zu berücksichtigen.

2. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom 19. Juli 1993 GrS 1/92, BFHE 172, 80, BStBl II 1993, 894 und GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897). § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bildet also lediglich die verfahrensrechtliche Grundlage der Änderung und setzt die materiell-rechtliche Rückwirkung des Ereignisses voraus. Zur Frage, wann das materielle Recht eine rückwirkende Änderung zulässt, haben sich in der Rechtsprechung des BFH bestimmte Leitlinien herausgebildet, die allerdings sehr kasuistisch geprägt und daher auch nicht immer verallgemeinerungsfähig sind. So ist nach Ansicht des BFH etwa bei den laufend veranlagten Steuern wie der Einkommensteuer davon auszugehen, dass die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen sind, in dem sich der maßgebende Sachverhalt ändert. Dieser Grundsatz soll auch für die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gelten. Er sei jedoch nur insoweit maßgebend, als die einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften nicht bestimmen würden, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führe. Eine solche Rechtslage sei insbesondere bei Steuertatbeständen gegeben, die an ein einmaliges, punktuelles Ereignis anknüpfen würden. Ein solches punktuelles Ereignis hat der BFH etwa bejaht in den Fällen der Veräußerung eines ganzen Gewerbebetriebs nach § 16 Abs. 1 EStG (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92 a.a.O. unter C.II.1.d), der Betriebsaufgabe gem. § 16 Abs. 3 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564) oder der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung gem. § 17 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648). Bei dem im Streitfall einschlägigen Besteuerungstatbestand des § 21 UmwStG handelt es sich ebenfalls um eine einmalige und punktuelle Besteuerung, die bei der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile greift. Nach Auffassung des Senats ist daher dem Grunde nach eine Übertragung der Rechtsprechung zu den punktuellen Veräußerungstatbeständen (respektive der entsprechenden "Leitlinien") auf den Streitfall geboten.

3. Nach der jüngeren Rechtsprechung des BFH ist in den Fällen eines punktuellen Veräußerungstatbestandes für die Frage der steuerlichen Rückwirkung danach zu differenzieren, ob das zugrunde liegende Rechtsgeschäft bereits "abgeschlossen" bzw. "vollzogen" ist oder nicht. Ersteres ist hier - entgegen der Auffassung der Klägerin - der Fall. Wie dem BFH-Urteil vom 19. August 2003 VIII R 67/02 (BFHE 203, 309, BStBl II 2004, 107 unter 2. und 3.) zu entnehmen ist, basiert die begriffliche Unterscheidung zwischen "bereits vollzogen" und "noch nicht vollzogen" darauf, ob die beiderseitigen Vertragspflichten bereits erfüllt sind, und zwar insbesondere auch der Kaufpreis bereits vollständig beglichen wurde. Von einem "vollzogenen" Rechtsgeschäft ist daher auszugehen, wenn das bürgerlich-rechtliche bzw. zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen übergegangen ist und der Kaufpreis entrichtet wurde.

Beide Voraussetzungen lagen im Streitfall Anfang 2002 vor. Die Bezahlung des Anteilserwerbs durch C erfolgte offenbar vertragsgemäß bis zum Februar 2002. Damit ging auch das bürgerlich-rechtliche Eigentum auf die C über. Soweit die Klägerin den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf C mit dem Argument in Frage stellen will, dass die Gesellschafter die mit der Anteilsveräußerung einhergehenden Gesellschafterrechte - insbesondere das Gewinnbezugsrecht - nicht wahrnehmen konnten, trifft dies nicht zu. Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO sind Wirtschaftsgüter unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums demjenigen zuzurechnen, der über sie die tatsächliche Herrschaftsmacht in der Weise ausübt, dass er den (zivilrechtlichen) Eigentümer (Inhaber) im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 29/97, BFHE 190, 446, BStBl II 2000, 527, unter B.II.1.b, m.w.N.). Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften erlangt der Erwerber das wirtschaftliche Eigentum im Allgemeinen ab dem Zeitpunkt, von dem ab er nach dem Willen der Vertragspartner über die betreffenden Anteile verfügen kann. Dies ist in der Regel der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten, insbesondere die mit solchen Beteiligungen gemeinhin verbundenen Risiken einer Wertminderung und Chancen einer Wertsteigerung auf den Erwerber übergegangen sind und diesem zudem die mit dem Erwerb der Anteile verbundenen wesentlichen (Vermögens- und Verwaltungs-)Rechte, namentlich insbesondere das Gewinnbezugsrecht und die Stimmrechte, zustehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2007 X R 17/05, BFHE 220, 107 BStBl II 2008, 579). C standen bereits 2002 unstreitig sowohl das Gewinnbezugsrecht als auch die sonstigen Gesellschafterrechte, z.B. das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung, zu. Es bestand lediglich über die Höhe der jeweiligen Gewinnbezugsrechte der C bzw. der Klägerin Streit.

4. In dem Fall eines bereits vollzogenen Rechtsgeschäfts hat der BFH die Anwendbarkeit des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zwar prinzipiell bejaht. Allerdings hat der BFH die Änderungsmöglichkeit von gewissen einschränkenden Voraussetzungen abhängig gemacht. In seinem Urteil vom 19. August 2003 VIII R 67/02 (BFHE 203, 309, BStBl II 2004, 107), in dem sich der BFH - soweit ersichtlich - erstmals mit dem Fall eines bereits vollzogenen Rechtsgeschäfts im Fall eines sog. Einmaltatbestandes auseinanderzusetzen hatte, machte der zuständige VIII. BFH-Senat die Änderung davon abhängig, dass die Gründe für das Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im ursprünglichen Vertrag selbst angelegt sein müssen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall stand der Ausgangsvertrag unter verschiedenen auflösenden Bedingungen. Später vereinbarten die beteiligten Parten einvernehmlich im Vergleichswege dessen Rückabwicklung, da Rechtsunsicherheit über die Frage bestand, ob eine der Bedingungen erfüllt war. Der BFH sah in dem Vergleichsschluss ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung. Zur Begründung berief er sich darauf, dass sich aus der Entstehungsgeschichte des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ergebe, dass auch nach Begleichung des Kaufpreises eintretenden Ereignissen steuerliche Rückwirkung beizulegen sei. Zur Frage, wann ein Ereignis im ursprünglichen Kaufvertrag "im Kern" angelegt sei, äußerte sich der VIII. Senat indessen nicht.

Diese Rechtsprechung bestätigte der VIII. Senat in einem weiteren Urteil vom 14. Juni 2005 VIII R 14/04 (BFHE 210, 278, BStBl II 2006, 15). Auch darin wiederholte der VIII. Senat die bereits im Urteil vom 19. August 2003 VIII R 67/02 (BFHE 203, 309, BStBl II 2004, 107) postulierte Einschränkung, dass bei einem abgeschlossenen Rechtsgeschäft das Ereignis, das zur Rückwirkung führen soll, bereits in dem ursprünglich geschlossenen Rechtsgeschäft angelegt sein müsse. Zur "Ausfüllung" dieser Voraussetzung stellte der BFH dann allerdings darauf ab, dass insoweit ein "sachlicher Zusammenhang" bestehen müsse. Einen solchen verneinte er im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall mit der Begründung, dass es sich bei dem zeitlich nachfolgenden Rechtsgeschäft um ein "neues Geschäft" gehandelt habe, das auf einer vom ursprünglichen Rechtsgeschäft getrennten, selbständigen Willensentscheidung beruht habe.

5. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des VIII. Senats im Ergebnis an. Die einschränkende Auslegung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist in den Fällen bereits beiderseitig erfüllter ("vollzogenen") Rechtsgeschäfte vor folgenden Hintergrund zutreffend und geboten: In der Fallgruppe der punktuellen Ereignisse wurde bis zu den Beschlüssen des Großen Senats vom 19. Juli 1993 zwischen zwei weiteren Unterfallgruppen unterschieden (neben denen freilich weitere Unterfallgruppen bestanden). Die erste Unterfallgruppe bildeten die Fälle, bei der die dem Veräußerungsgeschäft zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen verändert oder aufgehoben wurden (vgl. hierzu etwa Dötsch, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe, 1987, 119 ff.). Das klassische Beispiel war insoweit die Anfechtung des der Veräußerung zugrunde liegenden Kaufvertrags und die daraufhin erfolgte Rückabwicklung des Vertrages (vgl. z.B. Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH -- vom 29. April 1936 VI A 424/35, Reichssteuerblatt --RStBl-- 1936, 678; BFH-Urteil vom 23. Juni 1988 IV R 84/86, BFHE 154, 85, BStBl II 1989, 41). Ebenfalls anerkannt war die Rückwirkung beim Eintritt einer auflösenden Bedingung, bei der Ausübung eines Rücktrittsrechts, bei der Geltendmachung von Wandelungs- oder Minderungsansprüchen oder bei der Vertragsanpassung bzw. einem Rücktritt infolge eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage (vgl. Bordewin, Finanz-Rundschau --FR-- 1994, 555, 556 m.w.N; Dötsch, a.a.O., 143 ff., die Einzelheiten sind allerdings umstritten). Die zweite Unterfallgruppe erfasste Fälle, bei denen der Kaufpreis zunächst nicht (vollständig) entrichtet wurde und sich später der Kaufpreisanspruch in seinem Wert veränderte, etwa aufgrund eines Forderungsausfalls (vgl. zu dieser Differenzierung etwa Dötsch, a.a.O., 119 m.w.N.). Vor den Beschlüssen des Großen Senats hatte die Rechtsprechung dem nachträglichen Ausfall einer Kaufpreisforderung, die z.B. aufgrund einer Betriebsveräußerung gem. § 16 EStG entstanden war, keine Rückwirkung beigemessen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 24. September 1976 I R 41/75, BFHE 120, 212, BStBl II 1977, 127). Die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO war lediglich in der erstgenannten Unterfallgruppe anerkannt. Dieser Differenzierung lag die Vorstellung zugrunde, dass die Rückgängigmachung "im Keim" bereits im Veräußerungsgeschäft angelegt sein müsse (vgl. Fischer, in Hübschmann/Hepp/Spitaler --H/H/S--, Kommentar zur AO, FGO, § 41 AO Rn. 116 m.w.N.). Schon damals stellte die Rechtsprechung daher darauf ab, dass ein enger Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft bestehen müsse und sich z.B. eine Kaufpreisminderung nicht erst aufgrund nachträglich eingetretener Umstände ergeben dürfe (vgl. allgemein zu allen Unterfallgruppen etwa RFH -Urteil vom 8. November 1933 VI A 1187/33, RStBl 1933, 1226; BFH-Urteile vom 7. September 1972 IV 311/65, BFHE 107, 211, BStBl II 1973, 11; vom 23. Juni 1988 IV R 84/86, BFHE 154, 85, BStBl II 1989, 41).

Gegen die unterschiedliche Behandlung beider Unterfallgruppen wandte sich erstmals der VIII. BFH-Senat mit seinem Vorlagebeschluss an den Großen Senat vom 26. März 1991 VIII R 55/86 (BFHE 166, 21, BStBl II 1992, 479). Nach Auffassung des VIII. Senats sollte ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung auch dann vorliegen, wenn die gestundete Kaufpreisforderung für die Veräußerung eines Gewerbebetriebs in einem späteren Veranlagungszeitraum ganz oder teilweise uneinbringlich werde. In seiner Vorlagebegründung vertrat der VIII. Senat dabei u.a. die Ansicht, dass dies unabhängig davon gelten müsse, ob die Ereignisse, die zu einer Änderung des Veräußerungsgewinns geführt hätten, erst nach dem Zeitpunkt der Veräußerung (der Gewinnrealisierung) eingetreten seien. Es sei auch nicht erforderlich, dass die Ursache für die spätere Veränderung des Veräußerungsgewinns bereits in dem ursprünglichen, der Besteuerung zugrunde gelegten Veräußerungsgeschäft angelegt gewesen sei. Voraussetzung für die steuerliche Rückwirkung eines nachträglichen Ereignisses auf den Zeitpunkt der Veräußerung sei nur, dass es unmittelbar auf eines der in § 16 Abs. 2 EStG genannten Bestandteile des Veräußerungsgewinns einwirke und deshalb noch dem Vorgang der Betriebsveräußerung zuzurechnen sei. Diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn die vereinbarte Kaufpreisforderung nach Betriebsveräußerung ausfalle. Da für die Besteuerung die wirtschaftliche Durchführung des Geschäfts maßgeblich sein solle (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO), sei der Veräußerungsgewinn rückwirkend zu ändern. Denn aus wirtschaftlicher Sicht mache es keinen Unterschied, ob die Kaufpreisforderung aus im ursprünglichen Kaufvertrag angelegten Gründen von den Vertragsbeteiligten nachträglich herabgesetzt oder ob sie aus anderen Gründen uneinbringlich würde.

Der Große Senat folgte in seinen Beschlüssen vom 19. Juli 1993 im Wesentlichen der Ansicht des VIII. Senats und erweiterte damit die Korrekturmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auch auf die Fallgruppe des nachträglichen Forderungsausfalls. Zur Begründung führte der Große Senat u.a. aus, dass unter dem im § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG verwendeten Begriff des "Veräußerungspreises" (denselben Begriff verwendet der Gesetzgeber im Übrigen auch im hier einschlägigen § 21 Abs. 1 UmwStG) der "tatsächlich" erzielte Veräußerungspreis und nicht der vertraglich vereinbarte Preis zu verstehen sei. Denn der Tatbestand der Betriebsveräußerung sei mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums verwirklicht, und zwar unabhängig davon, ob der Kaufpreis schon gezahlt oder etwa langfristig gestundet sei. Dabei liege der Regelung aber die unausgesprochene Annahme zugrunde, dass das Veräußerungsgeschäft so wie vertraglich vereinbart auch abgewickelt werde. Diese Auslegung trage ferner dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung und vermeide eine verfassungsrechtlich bedenkliche Übermaßbesteuerung. Später eintretende Veränderungen beim ursprünglichen Kaufpreis seien daher soweit und solange materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung noch nicht erfüllt habe. Welche Gründe für die Minderung oder Erhöhung des Kaufpreises ursächlich gewesen seien, sei insoweit unerheblich. Speziell zur verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO führte der Große Senat ferner aus, dass diese weder dem Wortlaut noch dem Bedeutungszusammenhang nach erfordere, dass das spätere Ereignis "im Kern" bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt gewesen sei. Eine solche einschränkende Auslegung stünde nicht in Einklang mit der Zielsetzung des Gesetzgebers, wonach die Vorschrift die verfahrensrechtliche Generalnorm für die Änderung von Steuerbescheiden in den Fällen bilde, in denen der für die Besteuerung maßgebende Sachverhalt sich im nachhinein mit steuerlicher Rückwirkung ändere (grundlegend hierzu bereits Fischer, in H/H/S, § 41 AO Rn. 7).

Wenn der VIII. Senat daher im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats für die Fälle des vollzogenen Rechtsgeschäfts verlangt, dass das Ereignis "im Kaufvertrag selbst angelegt" sein bzw. dass ein "sachlicher Zusammenhang" bestehen muss, knüpft er damit - jedenfalls nach Auffassung des Senats - erkennbar an die Formulierung der "alten" BFH-Rechtsprechung zur Fallgruppe des mangelbehafteten Veräußerungsvorgangs bzw. an entsprechende Formulierungen in der Literatur an (vgl. etwa Dötsch, a.a.O., 125 ff.). Damit ergibt sich scheinbar ein Widerspruch zu den Ausführungen des Großen Senats, der es ausdrücklich nicht für erforderlich gehalten hatte, dass das spätere Ereignis bereits im Kern im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt sein muss (auf diesen Widerspruch weist etwa Bahns, FR 2004, 317, 324 hin). Nach Auffassung des Senats lässt sich dieser Widerspruch aber dann auflösen, wenn man sich vor Augen führt, dass sich der Große Senat in seinen Beschlüssen vom 19. Juli 1993 im Grunde genommen nur mit der Unterfallgruppe des nachträglichen Forderungsausfalls befasst hat. Aus diesem Grund sind alle wesentlichen Aussagen mit der Einschränkung "bezogen auf den Vorlagefall" versehen. Für die Unterfallgruppe des mangelbehafteten Veräußerungsvorgangs ist den Beschlussgründen jedenfalls nicht explizit zu entnehmen, dass auch insoweit das nachträgliche Ereignis nicht mehr im Keim angelegt sein muss, und zwar ungeachtet des Umstandes, ob das Rechtsgeschäft vollzogen ist oder nicht (im Ergebnis gl.A. wohl auch Bordewin, FR 1994, 555, 559 und Groh, Der Betrieb --DB-- 1995, 2235, 2237).

Dies wäre nach Auffassung des Senats auch nicht folgerichtig. Spätere Änderungen des Veräußerungspreises können nicht nur auf Gründen beruhen, die "im Keim" bereits in dem der Veräußerung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrag angelegt sind, sondern auch auf freien Parteivereinbarungen, die sich z.B. aufgrund neuer äußerer Umstände ergeben haben. Mäße man diesen uneingeschränkte Rückwirkung zu, könnte der Steuerpflichtige nicht nur nach Belieben in die Bestandskraft von Steuerbescheiden eingreifen (so bereits Thiel, Betriebs-Berater 1963, 443, 445 und Dötsch, a.a.O., 128), sondern hätte zudem weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten, zu Lasten des Fiskus rückwirkend seine steuerliche Leistungspflicht zu verändern. Nach Auffassung des Senats besteht in den Fällen freier Parteivereinbarungen i.d.R. kein Bedürfnis für eine Korrekturmöglichkeit, und zwar weder im Veräußerungszeitpunkt noch im Jahr des Eintritts des Ereignisses (a.A. möglicherweise Dötsch, a.a.O., 128 m.w.N.). Es handelt sich um neue, eigenständige Rechtsgeschäfte, die den infolge der Tatbestandsverwirklichung entstandenen Steueranspruch gem. § 38 AO grds. nicht mehr entfallen lassen oder verändern können. Insoweit greift der Grundsatz der Unabänderlichkeit des einmal entstandenen Steueranspruchs (vgl. hierzu Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, FGO, § 38 AO Rn. 29). Soweit keine gesetzliche Ausnahmeregelung besteht, beeinflussen die Rückbeziehung, Rückdatierung, Rückgängigmachung tatsächlicher oder rechtlicher Vorgänge den einmal entstandenen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nicht (vgl. Tipke/Kruse, § 38 AO Rn. 30). Eine solche gesetzliche Ausnahmeregelung kann nach Auffassung des Senats - jedenfalls für die hier maßgebliche Fallkonstellation - auch nicht aus § 41 AO abgeleitet werden. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob § 41 AO tatsächlich eine Generalnorm für die rückwirkende Änderung von Steuerbescheiden bildet (wohl zu Recht kritisch Schmieszek, in Beermann, Kommentar zur AO, FGO, § 41 AO Rn. 12; ähnlich Rust, Das rückwirkende Ereignis im Steuerrecht, 1995, 26 f. und 29 ff.). Ebenfalls kann dahinstehen, ob § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf alle Fälle anwendbar ist, die steuerlich derart in die Vergangenheit zurückwirken, dass ein Bedürfnis besteht, eine schon endgültig getroffene Regelung an die Sachverhaltsänderung anzupassen (so z.B. der VIII. BFH-Senat in seinem Vorlagebeschluss vom 26. März 1991 VIII R 315/84, BFHE 166,7, BStBl II 1992, 472; Fischer, in H/H/S, § 175 AO Rn. 99 ff.; a.A. Rust, a.a.O., 37 f.; Schmieszek, in Beermann, § 175 AO Rn. 16, die die Anwendung der §§ 41 Abs.1, 175 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 AO dem Wortlaut nach für auf die Fälle beschränkt halten, in denen Rechtsgeschäfte bürgerlich-rechtlich von Anfang an unwirksam (nichtig) sind oder rückwirkend (ex tunc) unwirksam werden. Fälle der Unwirksamkeit nur für die Zukunft (ex nunc) sollen dagegen ausgeklammert sein). Der Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung, der kraft Parteiwillens Rückwirkung beizulegen ist, rechtfertigt jedenfalls keine Abweichung von der ständigen BFH-Rechtsprechung, wonach derartige Vereinbarungen steuerrechtlich nicht anzuerkennen sind, weil der Steuerpflichtige nicht auf einen entstandenen Steueranspruch mit Wirkung für die Vergangenheit Einfluss nehmen kann (vgl. etwa BFH-Urteil vom 24. April 1997 VIII R 53/95 BFHE 183, 155 BStBl II 1997, 682, mit der Ausnahme, dass die schuldrechtliche Rückbeziehung nur von kurzer Dauer ist und sich daraus keine steuerrechtlichen Folgen ergeben. Ebenso wie hier Schmieszek, in Beermann, § 41 AO Rn. 16). Dies gilt gleichermaßen für vollzogene und noch nicht vollzogene Rechtsgeschäfte.

Soweit der Große Senat auf die Gefahr einer Überbesteuerung hingewiesen hat, sieht der Senat eine solche hier nicht. Nur ein wirtschaftlich nicht durchgeführtes Geschäft verliert regelmäßig seine Funktion, Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit zu sein (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 1991 VIII R 315/84, BFHE 166,7, BStBl II 1992, 472). Nach der hier vertretenen Auffassung wird aber gerade der tatsächlich erzielte Verkaufspreis zugrunde gelegt, der im Rahmen des den Steuertatbestand ausfüllenden Veräußerungsgeschäfts entstanden ist. Ob bei einem punktuellen Besteuerungstatbestand eine spätere Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit mit Rückwirkung berücksichtigt werden muss, dürfte allein davon abhängen, ob nach dessen Gesetzestelos beide Geschäfte miteinander "verklammert" werden können oder nicht. Der Senat stimmt dem Großen Senat im Übrigen darin zu, dass z.B. der nachträgliche Ausfall der Kaufpreisforderung im Falle eines noch nicht vollzogenen Rechtsgeschäfts eine solche "Verklammerung" rechtfertigt. Durch § 16 Abs. 2 EStG wird der steuerliche Realisationszeitpunkt auf den Veräußerungszeitpunkt vorverlagert, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig feststeht, dass der wirtschaftliche Erfolg eintritt. Die Vorschrift steht daher wohl in der Tat unter der Steuerbedingung, dass das Geschäft störungsfrei abgewickelt wird. Auch insoweit zeigt sich jedoch ein Unterschied zu der hier maßgeblichen Unterfallgruppe, da das bereits vollzogene Veräußerungsgeschäft jedenfalls im Sinne dieser Steuerbedingung, die auf das zeitliche Moment der noch nicht erfolgten Zahlung abstellt, bereits störungsfrei abgewickelt ist (im Ergebnis gl.A offenbar Rust, a.a.O, 115, Fn. 548).

Für bereits abgeschlossene Rechtsgeschäfte ist daher danach zu differenzieren, ob das spätere Ereignis bereits im Keim im ursprünglichen schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäft angelegt war oder nicht (a.A. offenbar Bahns, FR 2004, 317, 323). Dies setzt i.d.R. voraus, dass zivilrechtlich ein Tatbestand gegeben ist, der zu einer Änderung der dem Veräußerungsgeschäft zugrunde liegenden schuldrechtlichen Beziehungen führt, z.B. das Bestehen eines Anfechtungs- oder Rücktrittsgrundes, ein Sachmangel etc. Hinzukommen muss ferner, wie sich aus § 41 Abs. 1 AO ergibt, dass die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis auch tatsächlich rückgängig machen. Daher reicht es im Falle der Anfechtung z.B. nicht aus, dass das Geschäft anfechtbar war. Vielmehr müssen die Parteien aufgrund der geltend gemachten Anfechtung einander die empfangenen Leistungen zurückgewähren (vgl. Schmieszek, in Beermann, § 175 AO Rn. 19 m.w.N.). Die Änderung des Kaufpreises muss schließlich im Ergebnis auch auf der geltend gemachten Anfechtbarkeit beruhen und darf nicht auf eine neue, "dazwischengetretene" Willensentscheidung zurückzuführen sein. Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kommt eine rückwirkende Änderung in Betracht. Daran wird es umgekehrt in der Regel fehlen, wenn es sich um ein "neues" Rechtsgeschäft aufgrund eines freien Willensentschlusses handelt, dessen Rückwirkung auf den Kaufpreis auf dem reinen Parteiwillen beruht (so wohl auch Weber-Grellet, FR 2004, 108). Die danach erforderliche Abgrenzung hat im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Die gleichen Abgrenzungskriterien gelten auch dann, wenn die Parteien einen Vergleich im Sinne des § 779 BGB schließen. Auch insoweit bedarf es der Prüfung, ob der Vergleichsschluss auf eine neue Willensentscheidung oder ursächlich auf einen Rechtsgrund zurückzuführen ist, der bereits im ursprünglichen Vertrag angelegt war. Gegenteiliges lässt sich nach Auffassung des Senats auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des BFH vom 23. Juni 1988 IV R 84/86 (BFHE 154, 85, BStBl II 1989, 41) entnehmen.

6. Die Frage, ob in dem Abschluss des geänderten Anteilskauf- und Abtretungsvertrags vom ...ein steuerlich rückwirkendes Ereignis zu sehen ist, war nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze zu verneinen. Nach Würdigung aller Umstände des Streitfalls geht der Senat davon aus, dass die Änderung nicht "im Keim" im ursprünglichen Anteilskauf- und Abtretungsvertrag ... angelegt gewesen ist.

a) Im Streitfall ist keiner der zivilrechtlichen Tatbestände gegeben, denen ggf. - also unabhängig von im Einzelfall divergierenden Auffassungen - im Rahmen der Fallgruppe des "mangelbehafteten Veräußerungsvorgangs" Rückwirkung beigelegt werden könnte.

aa) Insbesondere ist der geänderte Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom ... nicht aufgrund einer erklärten oder zumindest angedrohten Anfechtung geschlossen worden. Dabei erscheint es dem Senat jedenfalls naheliegend, dass der Klägerin vorliegend ein Anfechtungsrecht gem. § 119 Abs. 1 2. Alt. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wegen eines ihr bei Unterzeichnung des Anteilskaufs- und Abtretungsvertrags vom ... unterlaufenen Irrtums zustand. Eine Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB kommt dann in Betracht, wenn der objektiv Erklärungsinhalt vom subjektiven Willen des Erklärenden abweicht. Vorliegend dürfte sich der objektive Erklärungstatbestand der Willenserklärungen wohl gedeckt haben. Entgegen der Auffassung der Klägerin dürften diese nämlich dahingehend auszulegen sein, dass C die steuerlichen Verluste grds. im Verhältnis ihrer Beteiligung zustanden. Der rechtlich maßgebende Inhalt einer Willenserklärung beurteilt sich danach, was der Erklärungsempfänger bei verständiger Sicht als gewollt erkennt und in welchem Sinne er das so Erkannte versteht (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 18. Mai 1999 Z ZR 100/98, abrufbar in [...]). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut. Daneben können aber auch die äußeren Umstände eine Erkenntnisquelle bilden, z.B. der Inhalt von vorvertraglichen Verhandlungen (vgl. BGH-Urteil vom 19. Dezember 2001 XII ZR 281/99, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 1260). Hier kann daher bei der Vertragsauslegung nicht außer Betracht bleiben, dass C die von der Klägerin im Rahmen ihres Vertragsentwurfs vorgeschlagene Klausel betreffend die steuerliche Verlustnutzung gestrichen und die Klägerin dies aus Sicht der C durch ihre Vertragsunterschrift akzeptiert hatte. Damit wich allerdings der subjektive Wille der Klägerin von demjenigen der C in puncto der steuerlichen Verlusttragung ab. Zivilrechtlich ist das Anfechtungsrecht gem. § 119 Abs. 1 BGB z.B. für den Fall anerkannt, dass der Unterzeichner einer Urkunde bei der notariellen Beurkundung eine vom Notar eingefügte und verlesene Klausel überhört hat (BGH-Urteil vom 28. April 1978 V ZR 107/76, DB 1978, 2263). Gleiches gilt für den Fall, dass der Unterzeichner die Urkunde ungelesen in der Meinung unterzeichnet, sie gebe die vorausgegangenen Vertragsverhandlungen wieder oder sie enthalte eine gewisse Klausel nicht, was sich dann als nicht zutreffend herausstellt (vgl. Urteil des Reichsgerichts --RG-- vom 15. November 1911 I 512/10, Entscheidungen des RG in Zivilsachen Bd. 77, 309, 312 f.). Insbesondere der letztgenannte Fall dürfte - mit umgekehrten Vorzeichen - der hier vorliegenden Konstellation entsprechen, dass die Klägerin eine Urkunde unterzeichnete, von der sie irrtümlich annahm, dass sie die Klausel zur steuerlichen Verlusttragung noch beinhalten würde, was jedoch tatsächlich nicht (mehr) der Fall war.

Ein etwaiges Anfechtungsrecht, sei es auf der Grundlage des hier angenommenen § 119 Abs. 1 BGB oder - wie vom Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung ausgeführt - auf der Grundlage des § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung, wurde von der Klägerin aber jedenfalls nicht - insbesondere auch nicht "unverzüglich" gem. § 121 Abs. 1 BGB respektive "binnen Jahresfrist" gem. § 124 Abs. 1 BGB - geltend gemacht. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin dies gerade nicht wollte. Wie der Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, gab es auf Seiten der Klägerin zwar Überlegungen, eine Anfechtung, ggf. auch wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB, geltend zu machen. Die Erklärung einer solchen Anfechtung ist aber nach seinen Angaben schon deshalb unterblieben, weil eine weitere Zusammenarbeit mit C in jedem Fall gewünscht war. Wie von der Klägerin vorgetragen und vom Geschäftsfüher in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde, versuchte die Klägerin daher auch lediglich dadurch Druck auf C auszuüben, dass sie androhte, die Anteile nach Maßgabe der Regelung im Vertrag zurück zu kaufen. Hierbei handelt es sich aber um eine ausschließlich in die Zukunft gerichtete Maßnahme.

bb) Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 8. Oktober 2008 weitere zivilrechtliche Vorschriften und Institute aufgeführt hat, denen nach ihrer Auffassung Rückwirkung zukommen soll, dürften deren Voraussetzungen im Streitfall nicht vorgelegen haben. An einem Dissens im Sinne des § 155 BGB dürfte es wohl gefehlt haben, da ein solcher gerade voraussetzt, dass der objektive Erklärungsgehalt der von den Parteien abgegebenen Willenserklärungen inhaltlich nicht übereinstimmt (vgl. zur Abgrenzung Kramer, in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., Bd. 1, § 155 Rn. 3 ff.). Auch die Voraussetzungen des § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) dürften nicht gegeben sein, denn für eine Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB fehlte es schon an einer nachträglichen Veränderung von Umständen im Sinne dieser Vorschrift. Eine Störung der subjektiven Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 2 BGB schied ebenfalls aus, da es sich bei der Frage der steuerlichen Verlusttragung weder um eine gemeinsame Vorstellung beider Parteien noch um die Vorstellung lediglich einer Partei handelte, die aber von der anderen Vertragspartei nicht beanstandet wurde. Schließlich sieht der Senat auch keinen Anwendungsfall eines sog. "Kalkulationsirrtums". Ein offener Kalkulationsirrtum setzt voraus, dass der Vertragspartner bereits bei Vertragsschluss erkannt hatte oder erkennen musste, dass die Erklärung des anderen auf einem Irrtum in der Berechnung beruht und diesem die Durchführung des Vertrages unzumutbar ist. Er handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er dennoch auf der Durchführung des Vertrages besteht (vgl. etwa BGH-Urteil vom 27. November 2007 X ZR 111/04, Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht --EWiR-- 2008, 303). Dass dies hier der Fall wäre, ist für den Senat nicht ersichtlich, da beide Parteien in puncto steuerlicher Verlusttragung offenbar gerade genau gegensätzlich kalkuliert und den auf dieser Basis ermittelten Preis für angemessen gehalten haben. Bei einem internen Kalkulationsirrtum würde dagegen weder § 119 BGB greifen, da es sich dann um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt, noch eine Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 2 BGB in Betracht kommen, da einseitige Vorstellungen nicht mit einer gemeinsamen Geschäftsgrundlage gleichzustellen sind.

Letztlich kann die Frage, ob einer der betreffenden zivilrechtlichen Ansprüche einschlägig ist, aber ebenfalls dahinstehen. Denn ebenso wie bei der Anfechtung reicht es nicht aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen objektiv gegeben sind. Vielmehr muss nach außen erkennbar zum Ausdruck kommen, dass eine der Parteien einen entsprechenden Anspruch erhoben hat und aufgrund dessen das wirtschaftliche Ergebnis des ursprünglichen Vertrags beseitigt oder geändert wurde. Wie sich aus dem Schriftwechsel zwischen der Klägerin bzw. ihren Bevollmächtigten und der D AG ergibt, hatte die Klägerin zwar bereits ab 2002 darauf gedrungen, bestehende "Auslegungsfragen" in Bezug auf die Gewinnverteilungsabrede dahingehend zu klären, dass die steuerlichen Effekte aus der Verlustübernahme der Klägerin gutgeschrieben werden sollten. Dass jedoch seitens der Klägerin ein Anspruch aus einem der genannten zivilrechtlichen Institute gegen C erhoben wurde (oder umgekehrt), der sich zugleich auch auf das der Anteilsveräußerung zugrunde liegende Veräußerungsgeschäft ausgewirkt hätte, ist nicht erkennbar.

Es fehlt daher vorliegend insgesamt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die Einigung der Parteien, die letztlich auch zu dem geänderten Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom . führte, in irgendeiner Weise darauf zurückzuführen war, dass ein zivilrechtlicher Anspruch erhoben wurde, dem steuerliche Rückwirkung beizulegen wäre.

b) Dagegen gibt es mehrere tatsächliche Anhaltspunkte, die im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände dafür sprechen, dass es sich bei dem geänderten Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom ... um ein auf freiem Willensentschluss beruhendes, "neues" Geschäft gehandelt hat, dem lediglich kraft Parteiwillens Rückwirkung zukommen sollte.

aa) Dass dieser Vertrag im Wesentlichen "zukunftsgerichtet" im Sinne eines "neuen Geschäftes" war, kam u.a. darin zum Ausdruck, dass, wie sich aus dem Ergebnisprotokoll der Besprechung zwischen den Vertretern der D AG und der Klägerin vom .. 2003 ergibt, beide Seiten in ihrem Bemühen um eine Streitbeilegung zunächst beasichtigt hatten, den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag mit Wirkung ab dem 1. Januar 2003 zu ändern. Diese Änderung, namentlich die Aufhebung der Verlustdeckel der X und Y, sollte also ursprünglich lediglich für das zum damaligen Verhandlungszeitpunkt noch nicht abgeschlossene Geschäftsjahr 2003 gelten. Entgegen der Darstellung der Klägerseite handelte es sich dabei auch nicht um einen Schreibfehler. Der Behauptung, dass wohl der 1. Januar 2002 gemeint gewesen sei, steht bereits der Umstand entgegen, dass in einem Klammerzusatz zur Datumsangabe ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Vereinbarung für die Geschäftsjahre 2003 ff. gelten solle. Im Gegenzug erklärte sich die Klägerin seinerzeit bereit, eine Kompensation "in Form einer Kaufpreisanpassung" von ... EUR zu zahlen. Auch wenn es sich nur um einen "Zwischenverhandlungsstand" gehandelt haben mag, kommt darin jedoch zum Ausdruck, dass diese Kompensationszahlung nicht von einer vertraglichen Rückbeziehung auf den Kaufzeitpunkt abhängig war. Mit der Änderung der Gewinnverteilung ging ein Vorteil für die Klägerin einher, dessen Gegenwartswert die Parteien auf .... EUR bezifferten. "Leistung" und "Gegenleistung" standen damit in einem ausgeglichenen Verhältnis. In der mit "Verhandlungsergebnis" überschriebenen Anlage, die offenbar im zeitlichen Zusammenhang mit der Unterredung vom .. 2003 gefertigt wurde, wird daher auch treffend von einer "Abfindung" der Verlustbeteiligung an der X und Y gesprochen. Die im Ergebnisprotokoll vom .. 2003 verwendete Formulierung, dass die "genaue Form der Zahlung (...) nach steuerlichen und buchhalterischen Gesichtspunkten noch einvernehmlich optimal festgelegt" werde, legt nahe, dass die spätere Ausgestaltung der Kompensation als "Kaufpreisminderung" und die damit verbundene Rückbeziehung auf den 1. Januar 2002 schließlich aus steuerlichen Gründen erfolgte.

bb) Dafür, dass es sich um ein auf freiem Willensentschluss beruhendes, "neues" Geschäft handelt, spricht des Weiteren, dass in dem geänderten Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom ... gerade nicht allein die ursprünglich umstrittene Frage der steuerlichen Verlustverteilung geregelt wurde. Vielmehr stellten die Parteien den Vertrag hinsichtlich der gesamten Gewinnverteilung auf eine völlig neue Grundlage. Sie vereinbarten nunmehr, dass die Verlustdeckel gänzlich entfallen sollten, mit der Folge, dass C nunmehr in vollem Umfang an den Verlusten der X und der Y beteiligt war. Gerade das hatte C aber zum Erwerbszeitpunkt vermeiden wollen. Ihr im Rahmen des Bieterwettbewerbs abgegebenes Preisgebot hatte sich auf eine ausschließliche Beteiligung an den Geschäftsbereichen der AA GmbH selbst (ohne deren Tochtergesellschaften) bezogen. Wie sich aus dem Gutachten der Prozessbevollmächtigten über die Bewertung der X und Y auf den 1. Januar 2002 entnehmen lässt, hatten dagegen andere Bieter Angebote unterbreitet, die eine Beteiligung auch an den Tochtergesellschafen umfasst hätten, jedoch zu einem weitaus geringeren Kaufpreis von maximal .... EUR. Um die von C gewünschte Beteiligung ausschließlich an der AA GmbH zu erreichen, hatten die Parteien eigens das Modell einer GmbH-Beteiligung mit abweichender Gewinnverteilungsabrede entworfen. Die gänzliche Verkehrung dieser Verhältnisse ist bei lebensnaher Betrachtung nur vor dem Hintergrund erklärlich, dass sich die äußeren Verhältnisse seit Vertragsschluss gravierend geändert hatten. So war die Muttergesellschaft der C noch im Jahr 2002 durch die D AG übernommen worden. In der Folgezeit schloss sich eine Phase der Umstrukturierung innerhalb des Mutterkonzerns der C und des D-Konzerns an. Dies führte dazu, dass mehrfach eine Umhängung der Beteiligung an den AA GmbH innerhalb des D-Konzerns im Raum stand (und letztlich auch erfolgte), die jeweils der Zustimmung der Klägerin bedurfte bzw. ihr eine Call-Option eröffnete. Letztlich handelte es sich daher bei dem Änderungsvertrag vom ... um einen Teil einer Paketlösung. Diese betraf gänzlich verschiedene Gesichtspunkte, die aber alle miteinander verknüpft waren und insbesondere mit der Zustimmung des Rates zur Umstrukturierung der Beteiligung an der AA GmbH stehen und fallen sollten (vgl. z.B. § 4 des geänderten Anteilskauf- und Abtretungsvertrages vom ...). Hinzu kommt, dass sich seit dem ursprünglichen Vertragsschluss 2002 offenbar auch die wirtschaftlichen Plandaten der Tochtergesellschaften - insbesondere auch der Y - verändert hatten. In der Vorlage zur Sitzung vom ... wurde die Reduzierung des Kaufpreises daher nicht nur mit dem Wegfall der Verlustdeckel und der damit einhergehenden Erhöhung der Gewinnanteile der Klägerin, sondern auch mit der ab ... wettbewerbsbedingt zu erwartenden Reduzierung der Verluste begründet.

c) Keine Rückschlüsse ließen sich dagegen im Streitfall aus der konkreten Höhe der Kaufpreisminderung ziehen. Zuletzt haben sich die Parteien auf die Zahlung eines Betrages von .... EUR geeinigt. Insoweit ist jedoch offen geblieben, wie sich dieser Betrag genau zusammensetzt, zumal 2003 beide Parteien noch von .... EUR ausgingen (vgl. das Ergebnisprotokoll der Besprechung vom .. 2003). Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Festlegung eines Betrages in dieser Größenordnung im Wesentlichen stichtagsunabhängig war. Deutlich wird dieser Umstand bereits daran, dass die Parteien im Jahr 2003, als noch eine Änderung zum 1. Januar 2003 angedacht war, ebenso von ca. ... EUR ausgingen wie zum späteren Zeitpunkt, als schließlich eine Anteilsbewertung der Tochtergesellschaften X und Y zum 1. Januar 2002 durchgeführt worden war. Dies resultiert nicht zuletzt aus der Ermittlungsmethode. Die zunächst von der Klägerin durchgeführte Berechnung beruhte darauf, dass sie die ihr bei einem Wegfall der Verlustdeckel zustehende Ausschüttungserhöhung von ca. ... EUR pro Jahr als ewige Rente berechnete, und zwar ohne Abzinsung und damit als reinen Gegenwartswert (vgl. die Anlage "Verhandlungsergebnis", offenbar erstellt im Juni 2003). Im Rahmen der später durchgeführten Bewertung des negativen Unternehmenswerts der X und Y wurden zwar konkrete Ergebnisse bzw. Plandaten für die Jahre 2002 bis 2007 zugrunde gelegt. Auch hier erfolgte aber für die Folgezeiträume eine Bewertung mit dem Faktor für die ewige Rente, offenbar abgezinst auf den 1. Januar 2002. Letztlich waren die festgestellten Werte daher ebenfalls im Wesentlichen zeitpunktunabhängig. Hätte man beispielsweise die Berechnung auf den Stichtag 1. Januar 2003 durchgeführt, wäre das für 2002 zugrunde gelegte tatsächliche Ergebnis entfallen. Zugleich hätte die ewige Rente aber für ein Jahr weniger abgezinst werden müssen. Die Ergebnisänderung wäre, da die ewige Rente den Schwerpunkt des Wertes bildet, marginal.

7. Soweit die Klägerin schließlich hilfsweise die Auffassung vertreten hat, dass von vornherein bei Abschluss des Vertrages am ... zwei Rechtsgeschäfte vorgelegen hätten, nämlich eines betreffend die Abtretung der Geschäftsanteile von ...% und eines betreffend die handelsrechtliche Übernahme der anteilig auf die Anteile entfallenden Verluste der defizitären Tochtergesellschaften durch die Klägerin von C, folgt der Senat dem nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin bildet der Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom ... ein einheitliches Rechtsgeschäft und kann nicht künstlich in eine Veräußerung der Geschäftsanteile und einen "Rückerwerb" der Verlustübernahmeverpflichtung aufgespalten werden.

III.

Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Nach § 93 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beschließen. Die Wiedereröffnung steht danach grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Oktober 2008 X B 106/08, abrufbar in [...], m.w.N.). Das Ermessen ist allerdings dann auf Null reduziert, wenn durch die Ablehnung der Wiedereröffnung wesentliche Prozessgrundsätze verletzt würden, z.B. weil anderenfalls der Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör verletzt würde oder die Sachaufklärung nicht ausreicht. Eine Wiedereröffnung kann daher deshalb geboten sein, wenn ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung mit Hinweisen oder Fragen des Gerichts überrascht wurde, zu denen er nicht sofort Stellung nehmen konnte, und ihm das Gericht keine Möglichkeit mehr zur Stellungnahme gegeben hat (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Oktober 2008 X B 106/08, abrufbar in [...], m.w.N).

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2008 ergänzende und zusammen-fassende rechtliche Ausführungen getätigt hat, wurden diese im Urteil verwertet. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war diesbezüglich nicht erforderlich, da insbesondere weder nachträglich Umstände bekannt geworden sind, die eine Widereröffnung rechtfertigen würden, noch eine Veranlassung besteht, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Soweit mit dem betreffenden Schriftsatz erstmals auch die Aufhebungsvereinbarung übersandt wurde, war dieses zwar Gegenstand einer Fragestellung durch den Senat, zu der die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keine "Aufklärung" geben konnte. Die konkrete Frage betraf jedoch lediglich den Gesichtspunkt, wie die ausgehandelte Abfindung in der Folgezeit umgesetzt wurde und war für die Entscheidung letztlich, worauf der Senat auch bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte, unerheblich.

IV.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin gem. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO auferlegt. Die Klägerin hat nur zu einem geringen Teil - nämlich zu etwas mehr als 2% - obsiegt (beantragte Minderung der KapESt ... EUR, tatsächlich erreichte Minderung ... EUR).

V.

Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen das vom VIII. BFH-Senat in den Fällen des vollzogenen Rechtsgeschäfts geforderte Merkmal "im ursprünglichen Vertrag selbst angelegt" bzw. des "sachlichen Zusammenhangs" gegeben ist, wie also letztlich die Abgrenzung zum "neuen Geschäft" zu erfolgen hat, hat grundsätzliche Bedeutung.



Ende der Entscheidung

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