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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.10.2009
Aktenzeichen: 17 K 1039/08 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 3c Abs. 2
EStG § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2000 vom 26.03.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2008 wird dahin abgeändert, dass die festgestellten Einkünfte um 64.458.925 DM niedriger angesetzt werden. Die Feststellung der anzusetzenden Einkünfte und deren Zurechnung auf die Beteiligten wird dem Beklagten übertragen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob Anschaffungskosten für Aktien des Umlaufvermögens im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in voller Höhe oder nur nach Maßgabe des § 3 c EStG aufwandswirksam werden.

Die Kläger gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom ......1997 die A-B-C GbR mit Sitz in X. Zweck der Gesellschaft war die Verwaltung des eigenen Vermögens der Gesellschaft. Geschäftsführende Gesellschafterin war die nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligte - Y-GmbH. Weitere Gesellschafter waren die Kläger zu 2. bis 7. mit folgenden Kapitalanteilen:

...... C:|_________ DM ....... C:|_________.DM ..... C:|_________.DM ...... A-B:|_________.DM ....... A-B:|_________ DM ...... A-B:|_________ DM 267.400.000 DM

Die Y-GmbH haftete mit ihrem Vermögen unbeschränkt. Bei den weiteren Gesellschaftern wurde die Haftung auf die jeweils erbrachte Einlage beschränkt. Dies erfolgte dadurch, dass die GbR bei jedem von ihr abgeschlossenen Vertrag individuell eine entsprechende Haftungsbeschränkung vereinbarte.

Das Wirtschaftsjahr der Gesellschaft entsprach dem Kalenderjahr. Die Gesellschaft ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG alter Fassung (a.F.). Die Gesellschaft führte keine Bücher und machte keine Abschlüsse im Sinne von § 4 Abs. 3 EStG. Eine Aufforderung des Beklagten im Sinne von § 141 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) an die Gesellschaft erfolgte nicht.

Die Gesellschaft erwarb mit dem ihr zur Verfügung gestellten Kapital Aktien, die jeweils nur kurzfristig gehalten wurden. Sämtliche Aktien wurden innerhalb eines Jahres nach Ankauf wieder veräußert.

Im Kalenderjahr 2000 erwarb die Gesellschaft verschiedene Aktien ausländischer Aktiengesellschaften. Sie wandte hierfür Anschaffungskosten in Höhe von 148.472.684 DM (75.912.878 EUR) auf. Diese Aktien wurden im Jahre 2001 von der Gesellschaft wieder veräußert. Die GbR erzielte 2001 Einnahmen von 133.832.375 DM. Die Gesellschaft behandelte die Anschaffungskosten der Aktien in der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG in voller Höhe als Betriebsausgaben. Die Verkaufserlöse im Jahr 2001 erfasste und erklärte die Gesellschaft in Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens zur Hälfte.

Der Beklagte stellte entsprechend der Erklärung der Gesellschaft die Einkünfte für 2000 mit Bescheid vom 18.10.2002 gesondert und einheitlich auf ./. 13.486.006,41 DM fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Durch Realteilungsbeschluss vom ....12.2004 wurde die GbR zum 31.12.2004 real geteilt und ging damit unter. Die Y-GmbH wurde durch Verschmelzungsvertrag vom ....04.2005 mit dem übernehmenden Rechtsträger A-B-GmbH verschmolzen. Die Y-GmbH als übertragender Rechtsträger erlosch damit.

Nach einer Außenprüfung änderte das Finanzamt mit Bescheid vom 26.03.2007 die Feststellung der Einkünfte für 2000 auf + 50.901.165,67 DM. Das Betriebsprüfungs-Finanzamt und der Beklagte vertraten folgende Auffassung: Die GbR sei als gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG anzusehen. Obwohl gewerblich geprägt, habe die Tätigkeit der GbR den Charakter einer privaten Vermögensverwaltung gehabt. Sie habe daher ihren Gewinn und Verlust als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermitteln dürfen. Die Anschaffungskosten für die Aktien seien aber nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig. Diese Ausgaben stünden in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Betriebseinnahmen des Jahres 2001, so dass § 3 c EStG in der alten, für den Veranlagungszeitraum 2000 gültigen Fassung auf die Betriebsausgaben des Jahres 2000 wie folgt anzuwenden sei:

 50 % der Aufwendungen für den Erwerb der Wertpapiere, die mit Gewinn verkauft wurden14.773.921,00 DM
50 % der Erlöse für die Wertpapiere, die mit Verlust verkauft wurden49.685.004,00 DM
insgesamt64.458.925,00 DM

Der Betriebsprüfer ermittelte folgenden

Gewinn für 2000:

 Gewinn bisher ./.13.486.006,41 DM
Gewinnerhöhung laut Tz.2.7 64.458.925,00 DM
Abzug ausländischer Quellensteuer (unstreitig) ./.71.752,92 DM
Gewinn laut Betriebsprüfung50.901.165,67 DM

Der Prüfer differenzierte danach, ob die ausländischen Aktien im Jahr 2001 mit Gewinn oder Verlust veräußert wurden. Soweit die Aktien mit Gewinn veräußert wurden, nahm der Prüfer eine Abzugsbeschränkung auf 50 % der Aufwendungen an. Soweit sie mit Verlust veräußert wurden, nahm er nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nur nach Maßgabe der erzielten Einnahmen an. Er orientierte sich an der Rechtsprechung zu § 3 c EStG a. F., nach der ein für den Betriebsausgabenabzug schädlicher Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen nur bis zur Höhe der erzielten Einnahmen angenommen wurde.

Die Kläger legten gegen den Änderungsbescheid Einspruch ein, den der Beklagte jedoch mit folgender Begründung zurückwies: Der Abzug der Anschaffungskosten als Betriebsausgaben in voller Höhe bei nur hälftiger Zurechnung der Veräußerungserlöse als Betriebseinnahmen verstoße gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Es könne zwar die Vorschrift des § 3 c Abs. 2 EStG, die korrespondierend zur Einführung des Halbeinkünfteverfahrens geschaffen worden sei, noch nicht für Betriebsausgaben des Veranlagungszeitraums 2000 angewandt werden. Es komme jedoch § 3 c EStG a.F. zur Anwendung. Dabei könne nicht entscheidend sein, ob steuerfreie Einnahmen und Betriebsausgaben innerhalb eines Veranlagungszeitraums zusammenträfen. Die GbR habe in dem Veranlagungszeitraum 2000, in dem die Betriebsausgaben angefallen seien, diese zunächst in voller Höhe abziehen dürfen, da noch keine steuerfreien Einnahmen zugeflossen seien. Da in 2001 aber steuerfreie Einnahmen entstanden seien, hätten die Voraussetzungen eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs vorgelegen, so dass der Zufluss der Einnahmen auf die (Nicht)Abziehbarkeit der Ausgaben zurückwirke. Der Beklagte ergänzte - auf entsprechenden Antrag der Kläger - den Bescheid vom 26.03.2007 in der Einspruchsentscheidung im Hinblick auf den Zinslauf nach § 233 a Abs. 2 a AO um die Feststellung, dass in den festgestellten Einkünften ein Betrag von 64.458.925 DM enthalten sei, der auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO beruhe, das in 2001 eingetreten sei.

Die Kläger haben hierauf Klage erhoben und tragen vor: Die Anschaffungskosten der Aktien seien im Jahr 2000 als Betriebsausgaben zu behandeln gewesen. Die Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Umlaufvermögen in § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG n.F. habe für das Jahr 2000 noch nicht gegolten.

Eine Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs sei auch nicht im Zusammenhang mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und im Hinblick auf die nur hälftige Erfassung der Einnahmen aus den Aktienveräußerungen vorzunehmen. Der Betriebsausgabenabzug sei weder nach § 3 c Abs. 2 EStG n. F. noch nach § 3 c EStG a. F. noch durch das Leistungsfähigkeits- beziehungsweise objektive Nettoprinzip beschränkt.

Dass § 3 c Abs. 2 EStG n. F. nicht auf beteiligungsbezogene Erwerbsaufwendungen anwendbar sei, die vor dem 01.01.2001 abgeflossen seien, ergebe sich aus der Einführung von § 3 c Abs. 2 EStG zum Veranlagungszeitraum 2001. § 3 c Abs. 2 und § 52 Abs. 8 a EStG seien durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz StSenkG ) vom 23.10.2000 (verkündet im Bundesgesetzblatt -BGBl.- I 2000 Nr. 46 S. 1433 vom 26.10.2000) eingeführt worden. Dieses Gesetz sei nach Art. 19 StSenkG (BGBl. I 2000, S. 1466) am 01.01.2001 in Kraft getreten.

Eine Anwendung des § 3 c Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 8 a EStG auf Anschaffungskosten, die im Jahr 2000 geleistet worden seien, legte den Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt fest, der vor dem Zeitpunkt liege, zu dem die Norm nach Art. 19 StSenkG gültig im Sinne des Artikel 82 Abs. 2 Grundgesetz (GG) geworden sei. Eine solche Auslegung beinhaltete einen Fall der tatbestandlichen Rückanknüpfung beziehungsweise der echten Rückwirkung und verstieße damit gegen das rechtsstaatliche Rechtssicherheitsprinzip in Verbindung mit der Eigentümerfreiheit des Artikel 14 GG. Der Steuergesetzgeber sei daher ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Abzugsbeschränkung nur nach Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens gelte (BT-Drucks 14/2683, S. 119 f).

Die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Rückwirkungsanordnung ergebe sich so die Kläger aus dem Vergleich mit anderen Übergangsregelungen. Solle eine Rückwirkung angeordnet werden, geschiehe dies durch Formulierungen wie "... in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist" (z. B. in Abs. 3 Satz 2 oder Abs. 4 b des § 52 EStG) oder "..., soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind" (§ 52 Abs. 1 a EStG) oder auch "... gilt für alle bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abgelaufenen Feststellungsfristen" (§ 52 Abs. 25 EStG).

Finanzrechtsprechung, Literatur und die übrige Finanzverwaltung teilten die Auffassung des Beklagten nicht (FG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2003, 13 K 5410/02 E (rkr.), DStRE 2004, 834 f.: OFD Koblenz vom 19.03.2004, S. 2252/2128/2173/2244 A - St 33 2, DStR 2004, S. 771 f; OFD Frankfurt 19.04.2005, StEK EStG § 9 Nr. 818; Bayerisches Landesamt für Steuern vom 03.08.2005, Finanzrundschau FR 2005, S. 904 f.; Haep/Nacke, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Steuerreform I, § 3 c Rn. R2; Lindemann, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3 c Rn. 81 m.w.N.; von Beckerath, in: Kirchhof, EStG Kompaktkommentar, 8. Auflage, § 3 c Rn. 4; Dötsch, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, KSt, § 3 c EStG n.F. Rn. 43).

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei auch § 3 c EStG a.F. auf die den Klägern in 2000 entstandenen Anschaffungskosten nicht anwendbar. Eine andere Auffassung umginge die Unanwendbarkeit des § 3 c Abs. 2 EStG. Eine Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs nach § 3 c EStG a.F. habe schon deshalb nicht im Jahr 2000 erfolgen können, weil das Halbeinkünfteverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten gewesen sei. Das Halbeinkünfteverfahren sei hinsichtlich der Veräußerung von Anteilen an ausländischen Gesellschaften unstreitig frühestens im Veranlagungszeitraum 2001 anwendbar. Ob Gewinnminderungen uneingeschränkt geltend gemacht werden könnten, richte sich danach, ob im Zeitpunkt der Gewinnminderung das Halbeinkünfteverfahren bereits auf die Veräußerung der Anteile anwendbar wäre (Hinweis auf Bayerisches Landesamt für Steuern vom 03.08.2005, FR 2005, 904; Lindemann in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3 c Rn. 81 m.w.N.). Die Auffassung des Beklagten, wonach vor Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens entstandene Gewinnminderungen nur nach Maßgabe des Halbeinkünfteverfahrens anzuerkennen seien, werde - soweit ersichtlich - weder in der Rechtsprechung, Literatur noch in der sonstigen Verwaltung ernsthaft vertreten. Eine derartige Rechtsauffassung wäre auch in der Praxis nicht umsetzbar, da andernfalls in unzähligen Fällen über zahlreiche Veranlagungszeiträume vor dem Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens hinweg geprüft werden müsste, ob etwaige Gewinnminderungen (etwa Teilwertabschreibungen auf Kapitalgesellschaftsanteile) nachträglich korrigiert werden müssen. Im Übrigen führte eine derartige Gesetzesauslegung zur Verfassungswidrigkeit der Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs durch das Halbeinkünfteverfahren, da eine derartige Regelung eine echte - und damit hier verfassungswidrige - Rückwirkung darstellte.

Auch der Beklagte gehe davon aus, dass die Anschaffungskosten für die Aktien zunächst Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen gewesen seien. Der Beklagte nehme dann jedoch an, dass die Anschaffungskosten auf Grund der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und der hälftigen Steuerbefreiung der Einnahmen aus der Veräußerung der Aktien rückwirkend zu Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen geworden seien. Dies sei abzulehnen. Die Aufwendungen unterlägen dem im Zeitpunkt ihrer Entstehung geltenden Recht. Im Zeitpunkt der Entstehung aber sei ein voller Abzug möglich gewesen. Dieser könne nicht in einer mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden Weise nachträglich ausgeschlossen werden (FG Düsseldorf, DStRE 2003, 834; Prinz/Otto DStR 2003, 2099, 2100; Haep/Nacke in Herrmann/Heuer/Raupach, Steuerreformkommentierung, Band I § 3 c Rn. 2). Wäre die Auffassung des Beklagten richtig, so müsste der Betriebsausgabenabzug auch dann korrigiert werden, wenn es aus anderen Gründen zu einer (vollständigen oder teilweisen) Steuerfreiheit von Erlösen komme.

Die Kläger weisen darauf hin, dass die im Jahr 2001 erzielten Erlöse aus dem Verkauf der Aktien nur deshalb zur Hälfte steuerfrei gewesen seien, weil es sich um ausländische und nicht um inländische Aktien gehandelt habe. Wären ausländische Aktien so behandelt worden wie inländische Aktien, wäre der Erlös voll steuerpflichtig gewesen.

Zu berücksichtigen sei auch, dass § 3 c Abs. 2 EStG n. F. nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucks. 90/00, S. 158) erforderlich gewesen sei, um ein mit dem Halbeinkünfteverfahren korrespondierendes Abzugsverbot im Gesetz zu verankern. § 3 c EStG a.F. sei nicht geeignet gewesen, ein derartiges Abzugsverbot zu begründen (Hinweis auf FG Düsseldorf 13 K 5419/00, EFG 2003, 1070 mit Anm. von Neu). Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Finanzverwaltung sei im Rahmen des § 3 c EStG a.F. ein ausreichender Zusammenhang von Ausgaben und steuerfreien Einnahmen nur gegeben gewesen, wenn Einnahmen und Ausgaben in einem Veranlagungszeitraum zusammentreffen (BFH vom 29.05.1996, I R 167/94, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1997, 60). § 3 c Abs. 2 EStG sei eingeführt worden, um die Anwendung der zu § 3 c EStG a. F. ergangenen Rechtsprechung und das sogenannte "ballooning" im Geltungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens zu verhindern (BFH vom 27.03.2007, VIII R 10/06, DB 2007, 1791; von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG § 3 c Rn. C 2; BT-Drucks. 14/2683, 113; BT-Drucks. 14/265, 169; BT-Drucks. 14/443, 21).

Entgegen der Auffassung des Beklagten könne das Leistungsfähigkeitsprinzip beziehungsweise objektive Nettoprinzip eine gesetzlich nicht geregelte Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs nicht rechtfertigen. Das objektive Nettoprinzip besage, dass bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte auch die insoweit veranlassten Aufwendungen steuerlich zu berücksichtigen seien. Ein Abzugsverbot für bestimmte Aufwendungen werde also gerade nicht begründet. Darüber hinaus gelte das objektive Nettoprinzip nur in der Form, wie es durch den Gesetzgeber durch Vorschriften des einfachen Rechts ausgestaltet sei. Der Beklagte verkenne die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Gewaltenteilung und des Vorbehaltes des Gesetzes, wenn er meine, ein allgemeines steuerliches Prinzip könne im konkreten Fall auch ohne einfachgesetzliche Grundlage als Ermächtigungsgrundlage für eine Steuerbelastung der Kläger dienen.

Die Kläger beantragen,

den festgestellten Gewinn in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 2000 vom 26.03.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2008 um 64.458.025 DM niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine Einspruchsentscheidung. Er ist allerdings der Auffassung, dass auch eine Anwendung von § 3 c Abs. 2 EStG bereits im Veranlagungszeitraum 2000 in Betracht komme. Die einkommensteuerlichen Änderungen im Zusammenhang mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens seien zwar nach der Grundregel des § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden. Diese allgemeine Anwendungsregelung gelte jedoch ausdrücklich nur unter dem Vorbehalt, dass sich aus den speziellen zeitlichen Anwendungsregelungen der nachfolgenden Absätze des § 52 EStG nichts Abweichendes ergebe. Die hier relevante zeitliche Anwendung von § 3 c Abs. 2 EStG n. F. bestimme sich ausschließlich nach § 52 Abs. 8 a EStG, der bezüglich der erstmaligen Anwendung des Halbabzugsverbots darauf abstelle, ob die Aufwendungen mit Erträgen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden sei. Unstreitig bestehe hier ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Aufwendungen für die erworbenen Wertpapiere zu dem in einem späteren Veranlagungszeitraum erzielten Veräußerungserlös. Die sofortige Abzugsfähigkeit der Anschaffungskosten resultiere ausschließlich aus dem Umstand, dass die Wertpapiere in der Absicht der Weiterveräußerung erworben worden seien und folglich dem Umlaufvermögen zuzuordnen gewesen seien (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG a.F.). Auch bestehe kein Streit darüber, dass der Erlös aus der Veräußerung der (ausländischen) Wertpapiere nach § 52 Abs. 4 b i.V.m. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG im Veranlagungszeitraum 2001 zu 50 % steuerfrei sei. Bestehe zwischen Erträgen und Aufwendungen eine derart enge Verknüpfung wie im Streitfall, dann schlage die Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG auf der Einnahmenseite auf die Anwendung des § 3 c Abs. 2 EStG auf der Ausgabenseite durch. Dies deshalb, weil nach § 52 Abs. 8 a EStG die Anwendungsregelung des § 3 Nr. 40 EStG der Taktgeber für die Anwendung des § 3 c Abs. 2 EStG sei.

Es begegne insbesondere keinen systematischen Bedenken, wenn einzelne Vorschriften des Halbeinkünfteverfahrens bereits im Veranlagungszeitraum vor 2001 Anwendung fänden. So sei es beispielsweise in der steuerlichen Literatur (zutreffenderweise) anerkannt, dass die hälftige Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 40 EStG bereits im Veranlagungszeitraum vor 2001 zur Anwendung kommen könne (Hinweis auf Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 3 Nr. 40 EStG n.F. Anm. 114 m.w.N.). Betroffen hiervon seien zuvorderst Fallgestaltungen, in denen ein bilanzierender Gesellschafter eine Gewinnausschüttung in einem Veranlagungszeitraum vor 2001 zu versteuern habe, die Ausschüttung bei der Kapitalgesellschaft jedoch erst verspätet abfließe und infolgedessen die Vorschriften des Anrechnungsverfahrens gemäß § 34 Abs. 7 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) nicht einschlägig seien. Diese Sachbehandlung auf der Ebene der ausschüttenden Kapitalgesellschaft schlage auf die Ebene des Gesellschafters dergestalt durch, dass die Gewinnausschüttung im Veranlagungszeitraum der steuerlichen Erfassung (vor Veranlagungszeitraum 2001) gemäß § 52 Abs. 4 b Nr. 1 EStG zu 50 % steuerfrei sei.

Für Anschaffungskosten, die mit zur Hälfte steuerfreien Veräußerungserlösen zusammenhingen, sei - so der Beklagte - ein Halbabzugsverbot sachlich geboten. Werde der Veräußerungspreis, der die erzielten Wertsteigerungen widerspiegele, nur zur Hälfte steuerrechtlich berücksichtigt, könne ihm auch nur die Hälfte der korrespondierenden Anschaffungskosten gegenübergestellt werden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 19.06.2007, VIII R 69/05, unter II.2.c.aa). Dies gelte auch, wenn die Aufwendungen in einen Zeitraum fielen, für den das Halbeinkünfteverfahren noch keine Anwendung finde.

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass dem Halbeinkünfteverfahren die grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung zugrunde liege, den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an der Körperschaft - auch bei Veräußerungen durch eine natürliche Person - wie eine Gewinnausschüttung zu besteuern, weil die Veräußerung einer Beteiligung einer Totalausschüttung wirtschaftlich gleichkomme. Die typisierende Gleichstellung von Veräußerung und Gewinnausschüttung habe zur Folge, dass die hälftige Steuerbefreiung der Einnahmen beim Anteilseigner selbst dann zu gewähren sei, wenn überhaupt kein erkennbarer Zusammenhang zwischen dem Veräußerungsgewinn und einer körperschaftsteuerlichen Vorbelastung bestehe, etwa wenn der Kaufpreis durch den Börsenkurs bestimmt werde. Die hälftige Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 40 EStG sei somit als echte Steuervergünstigung im Sinne des § 3 c EStG a.F. einzustufen. Demzufolge stünden die Anschaffungskosten in 2000 zur Hälfte in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit in 2001 erzielten steuerfreien Einnahmen. Die Voraussetzungen des § 3 c EStG a.F. für eine Abzugsbeschränkung seien damit erfüllt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der angefochtene Feststellungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Unrecht die von den Klägern aufgewandten Anschaffungskosten für Aktien zur Hälfte vom Abzug ausgenommen. Es fehlt für das Streitjahr 2000 eine gesetzliche Grundlage für das vom Beklagten angenommene hälftige Abzugsverbot.

I.

Der Beklagte hat sich zu Unrecht auf § 3 c EStG a. F., d. h. in der Fassung des Steueränderungsgesetzes vom 18.07.1958 (Bundesgesetzblatt BGBl I 1958, 473) und vor der Neufassung durch das StSenkG vom 23.10 2000 (BGBl I 2000, 1433), als Grundlage für die nur hälftige Berücksichtigung der Anschaffungskosten der Kläger gestützt.

1. Es bestehen grundsätzlich keine Bedenken dagegen, das in § 3 c EStG a. F. enthaltene Verbot des Abzugs von Ausgaben, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, auch bei einer nur hälftigen Befreiung im Sinne eines hälftigen Abzugsverbotes anzuwenden. So war z. B. § 3 c Abs. 1 EStG auch schon vor der Neureglung in § 3 c Abs. 2 Satz 2 EStG durch das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen vom 12.08.2008 (BGBl I 2008, 1672) auf Vergütungen im Sinne von § 3 Nr. 40 a ("carried interest") im Sinne eines Teilabzugsverbotes anwendbar (vgl. hierzu von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rdnr. B 40 a/62; § 3 c Rdnr. C 53). Bei einer Anwendung von § 3 c EStG a. F. hätte der Beklagte diese Vorschrift dann aber in der Ausformung anwenden müssen, die § 3 c EStG a. F. durch die Rechtsprechung des BFH erfahren hat. Der BFH hat durch Urteil vom 29.05.1996 entschieden, dass für Schuldzinsen zur Finanzierung des Erwerbs von Schachtelbeteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften kein Betriebsausgabenabzugsverbot bestehe, wenn keine steuerfreien Dividenden flössen. Ein Abzugsverbot bestehe nur, "soweit in dem selben Veranlagungszeitraum steuerfreie Dividenden zufließen" (BFH vom 29.05.1996 I R 21/95, BStBl II 1997, 63, 66, BFHE 180, 422; vom 29.05.1996 I R 167/94, BStBl II 1997, 60, BFHE 180, 415). Diese Rechtsprechung führte zu einer das Abzugsverbot vermeidenden Ausschüttungspolitik (sogenanntes "ballooning"). Nach der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens ging man davon aus, dass diese Rechtsprechung des BFH zu Schachteldividenden für die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG in der Fassung des StSenkG vom 23.10.2002 (BGBl I 2000, 1433) auf nach § 8 b KStG steuerfreie Dividenden fortgelte (vgl. z. B. Utescher/Blaufus Deutsches Steuerrecht DStR 2000, 1581, 1582; anderer Ansicht von Beckerath in Kirchhof, EStG, 1. Auflage, § 3 c Rdnr. 14). Diese Fortgeltung nahm auch die Finanzverwaltung und der Gesetzgeber an. So sollte nach der Koalitionsvereinbarung 2002 von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 16.10.2002 das Abzugsverbot des § 3 c Abs. 1 EStG im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen bei Kapitalgesellschaften ausgedehnt werden. Es sollten künftige Ausgaben nicht nur bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen steuerlich nicht berücksichtigt werden, sondern auch darüber hinausgehende Aufwendungen (vgl. von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 c Rdnr. A 95). Diese Vereinbarung wurde im Referentenentwurf vom 31.10.2002 umgesetzt. Statt einer Ausweitung von § 3 c Abs. 1 EStG wurde dann allerdings durch das Protokollerklärungsgesetz (BGBl I 2003, 2840) die Regelung in § 8 b Abs. 3 und 5 KStG geschaffen (vgl. von Beckerath in Kirchof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 c Rdnr. A 96). Wenn aber § 3 c Abs. 1 EStG n. F. auf nach § 8 b KStG steuerfeie Dividenden nur anwendbar war, soweit in dem selben Veranlagungszeitraum steuerfreie Dividenden zuflossen, müsste auch § 3 c EStG a. F. entsprechend eingeschränkt zur Anwendung kommen, selbst wenn der Zusammenhang nicht zu steuerfreien Dividenden, sondern zu zur Hälfte steuerfreien Veräußerungserlösen anzunehmen wäre. Im Streitjahr 2000 aber sind der Klägerin keine steuerfreien oder zur Hälfte steuerfreien Einnahmen zugeflossen.

2. Der Beklagte ist davon ausgegangen, die GbR habe die Betriebsausgaben im Jahr 2000 zunächst in voller Höhe abziehen dürfen. Da in 2001 aber steuerfreie Einnahmen entstanden seien, wirke dieser Zufluss von steuerfreien Einnahmen auch auf die Abziehbarkeit der Ausgaben zurück. Es liege ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor. Nach Auffassung des Beklagten ist nicht maßgebend, dass bei Entstehen und Abzug der Betriebsausgaben kein Zusammenhang zu steuerfreien Einnahmen bestand, da zu diesem Zeitpunkt das Halbeinkünfteverfahren noch nicht eingeführt war, sondern maßgebend, dass nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens die Betriebsausgaben mit steuerfreien Betriebseinnahmen im Zusammenhang stehen.

Wenn in dieser Weise eine nachträgliche Steuerbefreiung ein Abzugsverbot für frühere Ausgaben nach § 3 c EStG a. F. begründete, könnte dies allerdings nicht allein für Aufwendungen in Form von Anschaffungskosten angenommen werden, sondern müsste für jegliche Aufwendungen (z. B. auch Finanzierungszinsen) im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG gelten.

Ein entsprechendes Abzugsverbot auf Grund nachträglich steuerfrei gewordener Einnahmen müsste auch bei anderen eingeführten Befreiungsvorschriften gelten. Es müssten bei Einführung einer Steuerbefreiungsvorschrift in erheblichem Umfang die Veranlagungen der Vorjahre korrigiert werden.

Umgekehrt müsste bei Abschaffung oder Einschränkung einer Steuerbefreiung aus einem Abzugsverbot ein Abzugsgebot werden. So müssten bei dem Übergang vom Halbeinkünfte- zum Teileinkünfteverfahren entsprechende Aufwendungen der Vorjahre von einem hälftigen in ein 40 %-iges Nichtabzugsverbot wechseln.

3. Vor allem aber müsste § 3 c EStG a. F., wenn er auf Ausgaben des Jahres 2000 im Sinne des Beklagten anwendbar wäre, auch auf Veranlagungszeiträume vor 2000 anwendbar sein. Auch bei Aktienkäufen z. B. im Jahr 1990 und einer entsprechenden Gewinnermittlung müsste eine Korrektur erfolgen. Die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens hätte eine zeitlich unbegrenzte Rückwirkung in Form eines hälftigen Abzugsverbotes für bisher in voller Höhe abzugsfähige Aufwendungen zur Folge. Es käme insbesondere in den Fällen, in denen die Ausgaben höher sind als die Einnahmen, auch per Saldo rückwirkend zu einer Mehrbelastung (zum Rückwirkungsverbot im Einzelnen noch zu II.).

4. Darüber hinaus steht einer Anwendung von § 3 c EStG a. F. die durch das StSenkG vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433) eingeführte Vorschrift des § 3 c Abs. 2 EStG und die hierzu ergangenen Anwendungsvorschriften als lex specialis entgegen (zu § 3 c Abs. 2 EStG als lex specialis vor allem für die Frage des zeitlichen Zusammenhangs: Grotherr, Betriebsberater BB 2000, 849, 856). Der Gesetzgeber hat in § 3 c Abs. 2 EStG n. F. bestimmt, wie Ausgaben im Zusammenhang mit den nach § 3 Nr. 40 EStG zur Hälfte steuerfreien Einnahmen zu behandeln sind, und in § 52 EStG in zeitlicher Hinsicht geregelt, für welche Ausgaben im Zusammenhang mit nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Einnahmen ein Teilabzugsverbot gelten soll. Diesen Vorschriften muss entnommen werden, ob für Ausgaben im Zusammenhang mit nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Einnahmen im Jahr 2000 ein Teilabzugsverbot besteht oder nicht.

II.

Der Beklagte kann sich für das von ihm angenommene Teilabzugsverbot für die Ausgaben der Kläger im Jahr 2000 auch nicht auf § 3 c Abs. 2 EStG n. F., d. h. in der Fassung des StSenkG vom 23.10.2000, stützen.

1. Nach § 3 c Abs. 2 EStG in der Fassung des StSenkG vom 23.10.2000 dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den § 3 Nr. 40 zu Grunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden; entsprechendes gelte, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen seien. § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des StSenkG regelt, dass diese Fassung des Gesetzes, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt sei, erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden sei. Nach § 52 Abs. 8 a EStG soll § 3 c Abs. 2 EStG erstmals auf Aufwendungen angewendet werden, "die mit Erträgen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 erstmals anzuwenden ist".

a) Mit diesem Gesetzeswortlaut wäre es vereinbar, § 3 c Abs. 2 EStG n. F. auch auf Aufwendungen des Jahres 2000 anzuwenden, die mit Erträgen im Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 im Jahr 2001 anzuwenden ist. Allerdings ist die Formulierung von § 52 Abs. 8 a EStG zumindest vorrangig durch den Zusammenhang mit dem Anwendungsvorschriften für § 3 Nr. 40 EStG und den neuen Regelungen des Halbeinkünfteverfahrens sowie der Fortgeltung des Anrechnungsverfahrens im KStG bestimmt. § 3 c Abs. 2 EStG n. F. ist auf Aufwendungen anzuwenden, die mit Erträgen im Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG Anwendung findet. § 3 Nr. 40 EStG ist nach § 52 Abs. 4 a EStG erstmals anzuwenden für Gewinnausschüttungen, auf die bei der ausschüttenden Körperschaft der nach Art. 3 des Gesetzes vom 23.10.2000 aufgehobene Vierte Teil des KStG nicht mehr anzuwenden ist; für die übrigen in § 3 Nr. 40 genannten Erträge im Sinne des § 20 gilt Entsprechendes. Außerdem ist § 3 Nr. 40 erstmals anzuwenden für Erträge im Sinne des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a, b, c und j nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, für das das KStG in der Fassung des Art. 3 des Gesetzes vom 23.10.2000 erstmals anzuwenden ist (vgl. im Einzelnen: von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40 Rdnr. B 40/91 ff.).

b) Eine Anwendung von § 3 c Abs. 2 EStG n. F. auf Aufwendungen in Veranlagungszeiträumen vor 2001 wäre zwar mit dem Wortlaut von § 52 Abs. 8 a EStG vereinbar, stößt aber auf Bedenken im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot, die eine Auslegung von § 52 a Abs. 8 a EStG im Sinne der vom Beklagten vertretenen Auffassung ausschließen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts BVerfG ist bei der Rückwirkung von Gesetzen zwischen der sogenannten "echten" Rückwirkung oder "Rückbewirkung von Rechtsfolgen" und der sogenannten "unechten" Rückwirkung oder "tatbestandlichen Rückanknüpfung" zu unterscheiden. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Eine solche Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig. Zu dem Rechtsstaatsprinzip gehört das Element der Rechtssicherheit. Rechtssicherheit bedeutet für den Staatsbürger Vertrauensschutz. In dem Vertrauen wird der Bürger enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände nachträglich ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Eine Enttäuschung des Vertrauens ist nach der Rechtsprechung des BVerfG gleichwohl gerechtfertigt, wenn das Vertrauen nicht schutzwürdig war, weil mit der Neuregelung gerechnet werden musste, wenn das geltende Recht unklar und verworren war, wenn das Vertrauen einer ungültigen Rechtsnorm galt oder wenn zwingende Gründe des gemeinen Wohls die Rückwirkung rechtfertigen (BVerfG vom 19.12.1961, 2 BvL 6/59, Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen BVerfGE 13, 261, 271; vgl. auch BFH vom 10.07.1986, IV R 12/81, BStBl II 1986, 811, BFHE 147, 63; vom 08.06.2000 IV R 37/99, BStBl II 2001, 162, BFHE 193, 85, 91; vom 23.09.2008, I B 92/08, BStBl II 2009, 524, 526).

Demgegenüber betrifft die "unechte" Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind. Eine derartige Rückanknüpfung ist grundsätzlich zulässig. Einschränkungen bestehen jedoch, wenn eine Güterabwägung ergibt, dass das Vertrauen auf die Sicherheit der bestehenden Lage den Vorrang verdient (vgl. BVerfG vom 03.12.1997, 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67; Schmidt-Aßmann, in: Handbuch des Staatsrechts, Band II, 3. Auflage, S. 86 ff. m. w. N.; vgl. auch BFH vom 16.12.2003, IX R 46/02, BStBl II 2004, 284). Da der Steuertatbestand bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer erst am Ende des Veranlagungszeitraums verwirklicht ist, geht man bei einem Gesetz, das sich Rückwirkung auf einen Zeitpunkt in dem selben Veranlagungszeitraum beimisst, von einer bloßen tatbestandlichen Rückanknüpfung aus (hierzu Hey Betriebs-Berater BB 1998, 1444, 1446).

Nach der Rechtsprechung des BVerfG entfällt das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Gesetzeslage - als Ausnahme von dem Verbot der echten Rückwirkung (vgl. Hey BB 1998, 1444, 1449) - allerdings in der Regel schon im Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung. Mit dem Tag des Gesetzesbeschlusses müssen die Betroffenen mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen (BVerfG vom 03.12.1997, 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67 m. w. N.). Darüber hinaus hat das BVerfG in seiner neueren Rechtsprechung es aber als zulässig angesehen, es dem Steuerpflichtigen zu verwehren, die Gestaltungskompetenz und den Gestaltungswillen des Gesetzgebers zu unterlaufen, wenn dieser die Steuerprivilegierung für Verträge entfallen lassen will, die in Kenntnis der Änderungsabsicht vor dem Gesetzesbeschluss des Bundestages geschlossen worden sind. Dabei hat das BVerfG allerdings zwischen lediglich programmatischen Erklärungen der Bundesregierung und einer definitiven Gesetzesinitiative unterschieden (BVerfG vom 03.12.1997, 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67). Das BVerfG hat in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung dem Regierungsbeschluss vertrauenszerstörende Wirkung beigemessen (hierzu: Hey BB 1998, 1444, 1449).

bb) Im Streitfall kommen bei der Frage, ab wann mit der Neuregelung des § 3 c Abs. 2 EStG gerechnet werden musste, verschiedene Zeitpunkte in Betracht: Bereits in den Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 30.04.1999 war vorgesehen, das Anrechnungsverfahren aufzugeben und das Halbeinkünfteverfahren einzuführen. Es sollten sowohl die ausgeschütteten Gewinne als auch die im Zusammenhang stehenden Werbungskosten und Betriebsausgaben nur zur Hälfte einbezogen werden (Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, BMF-Schriftenreihe, Heft 66, Bonn 1999). Der Entwurf des StSenkG mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und der Vorschrift des § 3 c Abs. 2 EStG der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen datiert vom 15.02.2000 (BT-Drucks 14/2683). Das StSenkG vom 23.10.2000 wurde (nach der vorherigen Befassung des Vermittlungsausschusses) am 19.05.2000 vom Bundestag beschlossen.

Eine Rückwirkung in den Veranlagungszeitraum 1999 hinein dürfte verfassungsrechtlich nicht zulässig sein. Es handelte sich um eine verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung. Die Brühler Empfehlungen waren lediglich Vorschläge einer Steuerreformkommission, die weitaus weniger geeignet sind, vertrauenszerstörende Wirkung zu entfalten als eine Regierungsvorlage (zu den Bedenken gegen die Rechtsprechung des BVerfG, bereits einer Regierungsvorlage und nicht erst einem Gesetzesbeschluss komme vertrauenszerstörende Wirkung zu: Hey BB 1998, 1444, 1449). Außerdem enthielten die Brühler Empfehlungen lediglich den Vorschlag: "Auf der Ebene der Anteilseigner wird die Nettodividende (ausgeschütteter Gewinn abzüglich Werbungskosten oder Betriebsausgaben) nur zur Hälfte in die Bemessungsgrundlage für die persönliche Einkommensteuer einbezogen. ... Im Hinblick auf die steuerliche Gleichstellung von Ausschüttung und Veräußerung ist es allerdings sachgerecht, das Halbeinkünfteverfahren auf Veräußerungsgewinne insoweit anzuwenden, als diese auf offene Rücklagen entfallen. Die gebotene Erweiterung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen gilt auch für die Veräußerung von Anteilen an ausländischen Körperschaften." (vgl. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, a. a. O., S. 52). Diese Ausführungen waren nicht geeignet, das Vertrauen darauf zu zerstören, dass im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Anschaffungskosten für Aktien in vollem Umfang abzugsfähig sind.

Es könnte eine Rückwirkung auf den 01.01.2000 in Betracht kommen im Hinblick darauf, dass insoweit nur eine tatbestandliche Rückanknüpfung vorläge, eine Anknüpfung an den 15.02.2000, den Tag der Vorlage des Regierungsentwurfs zur Einführung von § 3 c Abs. 2 EStG n. F., oder an den 19.05.2000, den Tag des Gesetzesbeschlusses. Selbst wenn eine tatbestandliche Rückanknüpfung des StSenkG danach verfassungsrechtlich zulässig wäre, lässt sich eine derartige Rückanknüpfung an einen der drei genannten Zeitpunkte § 52 Abs. 8 a EStG jedoch nicht entnehmen. Es muss vielmehr, da die dem Wortlaut nach mögliche Auslegung, § 3 c Abs. 2 EStG solle uneingeschränkt zurückwirken, verfassungswidrig wäre, die verfassungsrechtlich zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung an einen der drei Zeitpunkte im Jahre 2000 dem Wortlaut des § 52 Abs. 8 a EStG aber nicht zu entnehmen ist, davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine Anwendung von § 3 c Abs. 2 EStG unter Zugrundelegung der Regel des § 52 Abs. 1 EStG ab dem 01.01.2001 und dann erstmals für Aufwendungen anordnen wollte, die mit Erträgen im Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden ist.

2. Dem Beklagten ist zuzustimmen, dass es systematisch und im Ergebnis unbefriedigend ist, wenn im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Anschaffungskosten für Aktien in voller Höhe abgezogen werden können, aber die entsprechenden Veräußerungserlöse nur zur Hälfte als Einnahmen angesetzt werden. Wie der BFH in seiner Entscheidung vom 19.06.2007 zur Verfassungswidrigkeit von § 3 c Abs. 2 EStG festgestellt hat, kann, wenn der Veräußerungspreis nur zur Hälfte steuerrechtlich berücksichtigt wird, ihm auch nur die Hälfte der korrespondierenden Anschaffungskosten gegenübergestellt werden (BFH vom 19.06.2007, VIII R 69/05, BStBl II 2008, 551, 553; vgl. auch Heuermann, Der Betrieb DB 2005, 2708). Die von dem Beklagten vorgeschlagene Lösung, § 3 c Abs. 2 EStG unter tatbestandlicher Rückanknüpfung auch auf Aktienkäufe im Jahr 2000 anzuwenden, löste das Problem allerdings nicht dem Grunde nach, sondern beseitigte den Widerspruch nur für Aktienkäufe des Jahres 2000, aber nicht zum Beispiel für Aktienkäufe des Jahres 1999. Es bliebe bei der Ungleichbehandlung desjenigen, der Aktien vor dem 01.01.2000 gekauft hat und seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, und desjenigen, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt. Derjenige, der Aktien noch vor dem 01.01.2000 erworben hat und seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 ermittelt, wäre gegenüber demjenigen, der sie nach dem 01.01.2000 erworben hat, privilegiert.

3. Gegen die rückwirkende Anwendung von § 3 c Abs. 2 EStG spricht auch, dass der Gesetzgeber für einen vergleichbaren Problembereich den Widerspruch zwischen dem Vollabzug der Aufwendungen vor Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und der nur hälftigen Erfassung der Einnahmen nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens nicht durch rückwirkende Korrektur des Vollabzugs gelöst hat, sondern durch Versagung der hälftigen Steuerbefreiung. Nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 1 EStG ist auch die Hälfte der Betriebsvermögensmehrung "aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts" also eines Anteils an einer Körperschaft im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG "mit dem Wert, der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ergibt" steuerfrei, d. h. die Wertaufholung nach einer vorausgegangenen "Teilwertabschreibung" ist zur Hälfte steuerfrei. Dieser hälftigen Steuerbefreiung der Betriebsvermögensmehrung entspricht ein Teilabzugsverbot für die Betriebsvermögensminderung aus der Teilwertabschreibung nach § 3 c Abs. 2 EStG n. F. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 2 EStG schränkt die Steuerbefreiung der Betriebsvermögensmehrung durch eine Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG allerdings ein. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 1 EStG gilt nicht, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines Wertes, der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ergibt, ausgeglichen worden ist. Diese Ausnahme soll dem Umstand Rechnung tragen, dass Teilwertabschreibungen vor Einführung des Halbeinkünfteverfahrens sich in voller Höhe auswirken konnten. Wenn dies der Fall war, soll auch die spätere Wertaufholung nicht zur Hälfte steuerfrei sein. Die Wertaufholung soll nicht nach den Grundsätzen des Halbeinkünfteverfahrens behandelt werden, wenn nicht auch die Teilwertabschreibung hiernach behandelt worden ist. Durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 07.12.2006 (BGBl I 2006, 2782) hat der Gesetzgeber außerdem § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 3 EStG angefügt. Nach dieser Neuregelung soll die hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 1 EStG ebenfalls (wie nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 2 EStG) nicht bestehen, soweit Abzüge nach § 6 b EStG oder ähnliche Abzüge voll steuerwirksam vorgenommen worden sind. Ebenso wie bei der Wertaufholung nach einer früheren, voll steuerwirksamen Teilwertabschreibung soll die hälftige Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen nicht gelten, soweit in früheren Jahren (vor dem zeitlichen Geltungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens) ein voll steuerwirksamer Abzug nach § 6 b EStG oder hiermit vergleichbare Abzüge vorgenommen worden sind (BR-Drucks. 542/06, 42).

4. In der Literatur wird zwar die Frage erörtert, ob § 3 c Abs. 2 EStG n. F. erst ab dem 01.01.2002 oder schon ab dem 01.01.2001 anwendbar ist. Es wird aber soweit ersichtlich nicht vertreten, § 3 c Abs. 2 EStG n. F. sei schon in Veranlagungszeiträumen vor 2001 anwendbar (vgl. Prinz/Otto DStR 2003, 2099, 2100: Verstoß gegen Rückwirkungsverbot bei Anwendung vor dem 01.01.2001; Seifried DStR 2001, 240, 241: Bedenken gegen Rückwirkung auf den Veranlagungszeitraum 2001; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 28. Auflage, § 20 Rdnr. 252: § 3 c Abs. 2 EStG bereits im Jahr 2001 anwendbar; Haep/Nacke, Steuerreform-Kommentierung, Band I, § 3 c Anmerkung R 2; Hözel in Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform 2001, S. 255; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Witt, EStG und KStG, § 3 c EStG n. F. Rz. 25; Lindemann in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 3 c Rdnr. 81: keine Anwendung auf Alt-Verlustvorträge; so auch Demuth/Strunk, DStR 2001, 57, 63). Der BFH hat in seiner Leitentscheidung zur zeitlichen Anwendung von § 3 c Abs. 2 EStG n. F. die Frage behandelt, ob § 3 c Abs. 2 EStG bereits im Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden sei, ohne eine frühere Anwendung in Betracht zu ziehen (BFH vom 27.03.2007, VIII R 10/05, BStBl II 2007, 866; BFH vom 27.03.2007, VIII R 23/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH BFH/NV 2007, 1842 unter II, 2, a, cc). Das FG Düsseldorf geht in einer Entscheidung vom 10.03 2003 davon aus, die Annahme eines Zusammenhangs zu Aufwendungen vor dem Veranlagungszeitraum 2001 verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (FG Düsseldorf vom 10.03.2003, 13 K 5410/02 E, Entscheidungen der Finanzgerichte EFG 2003, 1070; vgl. auch FG Düsseldorf vom 20.10.2005 15 K 5087/03 E, EFG 2006, 92; FG Münster vom 28.05.2004 11 K 1743/03 E, EFG 2004, 1507). Auch die Finanzverwaltung nimmt in den von ihr veröffentlichten Erlassen und Verfügungen nicht an, dass § 3 c Abs. 2 EStG n. F. bereits vor dem 01.01.2001 anwendbar sei (vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern vom 03.08.2005, FR 2005, 904: ab dem Veranlagungszeitraum 2001; ebenso OFD Koblenz vom 19.03.2004, DStR 2004, 771; OFD Frankfurt vom 19.04.2004, StEK EStG zu § 9 Nr. 818).

III.

Die Lösung, die der Gesetzgeber für die Fälle des Vollabzugs von Aufwendungen vor Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und der nur hälftigen Erfassung von Einnahmen nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a EStG gewählt hat, spricht nicht nur gegen eine Anwendung von § 3 c Abs. 2 EStG n. F. in Veranlagungszeiträumen vor 2001, sondern erscheint auch als einzig mögliche Lösung zur Beseitigung des im Streitfall aufgetretenen Widerspruchs.

Man könnte die Steuerbefreiung der Veräußerungserlöse dahin einschränken, dass diese keine Anwendung findet, wenn die Anschaffungskosten im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG voll abgezogen wurden. Gegen diese Lösung spricht allerdings, dass dann eine Ungleichbehandlung gegenüber einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG aufträte (z. B. bei Anschaffungskosten von 100 und Erlösen von 1.000). Sachgerechter wäre es, eine hälftige Steuerbefreiung der Veräußerungserlöse nur anzunehmen, soweit die Veräußerungserlöse die Anschaffungskosten übersteigen. Diese Lösung entspräche den Regelungen in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstaben g und h EStG, die ebenfalls durch die Befreiung von sogenannten "Gewinnen" von der systematischen Trennung zwischen der Befreiung von Einnahmen und dem Abzugsverbot für Ausgaben abweichen.

Es ist allerdings nicht im vorliegenden Verfahren zu klären, ob eine derartige Lösung durch einschränkende Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Betriebsvermögensmehrungen und Einnahmen" in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 1 EStG oder eine analoge Anwendung von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 2 EStG herbeigeführt werden kann oder aber eine nachträgliche gesetzliche Regelung nach dem Vorbild des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe a Satz 3 EStG sinnvoll wäre.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert.

Die Feststellung und Zurechnung der Beträge im Einzelnen wurde dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 FGO übertragen.

Ende der Entscheidung

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