Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.03.2009
Aktenzeichen: 4 K 3182/08 VM
Rechtsgebiete: Richtlinie 2003/96/EG, MinöStV


Vorschriften:

Richtlinie 2003/96/EG Art. 14 Abs. 1b
MinöStV § 50 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das beklagte Hauptzollamt wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 14. Mai 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2008 verpflichtet, dem Kläger 735,23 EUR Mineralölsteuer und 476,57 EUR Energiesteuer zu vergüten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Das beklagte Hauptzollamt trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer eines Luftfahrzeugs des Typs A. Er verfügte im Kalenderjahr 2006 weder über eine Betriebsgenehmigung nach § 20 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) noch über eine solche nach Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 (VO Nr. 2407/92) des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen (ABl EG Nr. L 240/1). Auf Grund eines am 7. Januar 2004 abgeschlossenen Vertrags vercharterte er das Luftfahrzeug einschließlich der Betriebsstoffe (sog. Nassvercharterung) an die A-GmbH, deren Gegenstand die Herstellung und der Vertrieb von Kunststoffverpackungsfolien ist. Die A-GmbH setzte das Luftfahrzeug im Werkverkehr für eigenbetriebliche Zwecke ein. Als Entgelt für die Benutzung des Flugzeugs hatte die A-GmbH dem Kläger 215 EUR pro Stunde zuzüglich Kosten und Mehrwertsteuer zu zahlen. Für die Durchführung der Flüge einschließlich eines Probeflugs im November 2006 von 85 Minuten Dauer bezog der Kläger im Kalenderjahr 2006 im Steuergebiet insgesamt 1.714,18 Liter versteuertes Flugbenzin.

Der Kläger beantragte am 17. Dezember 2007 beim beklagten Hauptzollamt, ihm für das Kalenderjahr 2006 die Mineralölsteuer und die Energiesteuer zu vergüten, die in dem für die Durchführung der geschäftlichen Flüge verwendeten Flugbenzin enthalten war. Er fügte dem Antrag eine Aufstellung über die Flüge, die Start- und Bestimmungsflugplätze, die Flugdauer sowie die Mengen des übernommenen Flugbenzins bei (Bl. 3 ff. der Verwaltungsakte des beklagten Hauptzollamts). Ferner übersandte er Belege über den Bezug des Flugbenzins (Bl. 8 ff. der Verwaltungsakte des beklagten Hauptzollamts). Im Klageverfahren hat der Kläger seine buchmäßigen Nachweise durch eine taggenaue Aufstellung der durchgeführten Flüge ergänzt (Bl. 53 der Gerichtsakte).

Das beklagte Hauptzollamt lehnte mit Bescheid vom 14. Mai 2008 eine Vergütung der Mineralölsteuer und Energiesteuer ab, weil das Luftfahrzeug nicht zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen durch ein Luftfahrtunternehmen genutzt worden sei.

Den hiergegen vom Kläger eingelegten Einspruch wies das beklagte Hauptzollamt mit Entscheidung vom 14. Juli 2008 zurück und führte aus: Der Kläger habe schon deshalb keinen Anspruch auf die Vergütung der Steuer, weil er kein Luftfahrtunternehmen betreibe. Darüber hinaus habe er das Luftfahrzeug nicht für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen gegen Entgelt eingesetzt.

Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: Er habe einen Anspruch auf die Vergütung der Steuer, weil das Luftfahrzeug zu kommerziellen Zwecken genutzt worden sei. Nicht entscheidend für die Steuerbefreiung sei, ob Luftfahrt gewerbsmäßig mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde. Der deutsche Gesetzgeber habe die Steuerbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG (Richtlinie 2003/96) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl EU Nr. L 283/51) auch nicht territorial eingeschränkt; innerdeutsche Flüge von Luftverkehrsunternehmen seien steuerfrei.

Der Kläger beantragt,

das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung seines Bescheids vom 14. Mai 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2008 zu verpflichten, ihm 735,23 EUR Mineralölsteuer und 507,59 EUR Energiesteuer zu vergüten;

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor: Nach Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2003/96 habe der deutsche Gesetzgeber die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 vorgesehene Steuerbefreiung auf internationale und innergemeinschaftliche Transporte beschränken können. Die Flüge, die in dem vom Kläger vorgelegten buchmäßigen Nachweis aufgeführt worden seien, seien überwiegend im Inland durchgeführt worden. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 begünstige zudem nur die gewerbliche Luftfahrt, was voraussetze, dass das Luftfahrzeug gegen Entgelt zur Beförderung von Personen oder Sachen oder Erbringung von Dienstleistungen genutzt werde. Die Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken für die Ausführung sog. Werkflüge falle nicht hierunter.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend begründet. Der Bescheid vom 14. Mai 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit das beklagte Hauptzollamt es abgelehnt hat, ihm 735,23 EUR Mineralölsteuer und 476,57 EUR Energiesteuer zu vergüten. Soweit das beklagte Hauptzollamt es abgelehnt hat, dem Kläger 31,02 EUR Energiesteuer zu vergüten, ist der Bescheid vom 14. Mai 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2008 rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Kläger hat in dem von ihm begehrten Umfang für den Vergütungsabschnitt vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 einen Anspruch auf die Vergütung der Mineralölsteuer.

Nach § 50 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStV) wird auf Antrag einem Luftfahrtunternehmen die Steuer für Luftfahrtbetriebsstoffe erstattet oder vergütet, die es im Steuergebiet versteuert bezogen und für steuerfreie Flüge verwendet hat. Unter einem Luftfahrtunternehmen ist ein Unternehmen zu verstehen, das Personen oder Sachen gewerbsmäßig, d.h. gegen Entgelt und nicht nur gegen Ersatz der Selbstkosten befördert (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 6. Februar 1996 VII R 101/94, BFHE 179, 511). Im Streitfall kann dahinstehen, ob der Kläger, der im Kalenderjahr 2006 weder über eine Betriebsgenehmigung nach § 20 LuftVG noch über eine solche nach Art. 4 VO Nr. 2407/92 verfügte, ein Luftfahrtunternehmen betreibt. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96, die seit dem 1. Januar 2004 anzuwenden ist (Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2003/96), erfordert als höherrangiges Gemeinschaftsrecht für eine Steuerbefreiung lediglich, dass die Energieerzeugnisse als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist nicht auf Luftfahrtunternehmen beschränkt. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat zudem bereits entschieden, dass sich ein einzelner unmittelbar auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b derRichtlinie 92/81, der Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 entspricht, berufen kann (EuGH-Urteil vom 10. Juni 1999 Rs. C-346/97, Slg. 1999, I-3419 Randnr. 31). Daher kann für eine Erstattung oder Vergütung von Mineralölsteuer nach § 50 Abs. 1 MinöStV nicht mehr darauf abgestellt werden, ob der jeweilige Antragsteller ein Luftfahrtunternehmen betreibt.

Der Kläger hat das von ihm im Steuergebiet versteuert bezogene Flugbenzin auch für steuerfreie Flüge verwendet. Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 haben die Mitgliedstaaten die Verwendung von Energieerzeugnissen als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt - "autre que l'aviation de tourisme privée" in der französischen Fassung und "other than in private pleasure-flying" in der englischen Fassung der Bestimmung - von der Steuer zu befreien. Unter privater nichtgewerblicher Luftfahrt ist zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird (Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/96).

Im Streitfall hat der Kläger sein Luftfahrzeug gegen Entgelt an die A-GmbH verchartert. Es spricht viel dafür, das Zurverfügungstellen des Luftfahrzeugs einschließlich der Betriebsstoffe gegen Entgelt als eine entgeltliche Erbringung einer Dienstleistung anzusehen. Jedenfalls wurde das Luftfahrzeug des Klägers in dem von ihm nachgewiesenen Umfang für kommerzielle Zwecke genutzt. Die Aufzählung der Regelbeispiele in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/96 - die Nutzung des Luftfahrzeugs für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke - schließt einen Rückgriff auf den allgemeinen Tatbestand der Nutzung des Luftfahrzeugs für kommerzielle Zwecke nicht aus. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach der Vorschrift lediglich die rein private Nutzung von Luftfahrzeugen nicht begünstigt ist. Der EuGH hat überdies zu dem Begriff der "Schifffahrt" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 92/81 entschieden, dass jede Schifffahrt zu kommerziellen Zwecken in den Anwendungsbereich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung von der harmonisierten Verbrauchsteuer fällt. Die Regelung unterscheide nicht nach dem jeweiligen Zweck der Schifffahrt, weil die Wettbewerbsverzerrungen, die durch die Richtlinie verhindert werden sollten, unabhängig von der Art der betreffenden gewerblichen Schifffahrt auftreten könnten (EuGH-Urteile vom 1. April 2004 Rs. C-389/02, Slg. 2004, I-3537 Randnr. 23 und 25 sowie vom 1. März 2007 Rs. C-391/05, Slg. 2007, I-1793 Randnr. 36). Der Senat hat keine Bedenken, die vom EuGH zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 92/81 entwickelten Grundsätze auf die vergleichbare Bestimmung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 zu übertragen. Daher ist auch im Streitfall davon auszugehen, dass der Kläger sein Luftfahrzeug zu kommerziellen Zwecken genutzt hat, indem er es an die A- GmbH verchartert hat, die es für eigenbetriebliche im Werkverkehr eingesetzt hat. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 auf bestimmte Arten kommerzieller Zwecke sieht das Gemeinschaftsrecht nicht vor. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hätte, wenn er über die private nichtgewerbliche Luftfahrt hinaus bestimmte Arten kommerzieller Luftfahrt von der obligatorischen Steuerbefreiung hätte ausnehmen wollen, eine solche Beschränkung der Befreiung ausdrücklich regeln müssen (EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-3537 Randnr. 26 - zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 92/81 -).

Der Senat sieht sich in seiner Auffassung auch durch das BFH-Urteil vom 27. Juni 2006 VII R 62/05 (BFH/NV 2006, 2132) bestätigt. In dieser Entscheidung hat der BFH ausgeführt, dass eine von einem Versicherungsunternehmen in Meeresgewässern der Gemeinschaft zur Besichtigung von Schäden an versicherten Yachten und zur Betreuung von Regatten eingesetzte Barkasse zu kommerziellen Zwecken verwendet werde. In dem entschiedenen Fall ließ es der BFH für die Annahme eines kommerziellen Zwecks u.a. ausreichen, dass die Barkasse als Werbemaßnahme bei der Begleitung einer Regatta in unmittelbarem Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit des Versicherungsunternehmens stand, ohne dass dieses hierfür ein Entgelt von Dritten erhielt.

Der Kläger hat für den Vergütungsabschnitt vom 1. August bis zum 31. Dezember 2006 einen Anspruch auf die Vergütung von 476,57 EUR Energiesteuer.

Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) wird auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die zu den in § 27 EnergieStG genannten Zwecken verwendet worden sind. Die Steuerentlastung kann in der Vergütung der Steuer bestehen (§ 45 EnergieStG). Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG darf u.a. Flugbenzin steuerfrei in Luftfahrzeugen für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden. § 60 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes (EnergieStV) definiert die private nichtgewerbliche Luftfahrt im Sinne des § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG als die Nutzung eines Luftfahrzeugs durch seinen Eigentümer oder den durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen Nutzungsberechtigten zu anderen Zwecken als zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen durch Luftfahrtunternehmen, zur gewerbsmäßigen Erbringung von Dienstleistungen, zur Luftrettung durch Luftrettungsdienste, zu Forschungszwecken oder zur dienstlichen Nutzung durch Behörden. Gewerbsmäßigkeit soll nach § 60 Abs. 5 EnergieStV vorliegen, wenn die mit dem Luftfahrzeug gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und der Unternehmer auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung handelt.

Die Bestimmung des Begriffs der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt durch § 60 Abs. 4 und 5 EnergieStV widerspricht Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie, weil sie die eigenbetriebliche Verwendung eine Luftfahrzeugs zu kommerziellen Zwecken von dem Anwendungsbereich des § 27 Abs. 2 EnergieStG ausnimmt. Da sich der Kläger unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 als höherrangiges Gemeinschaftsrecht berufen kann (EuGH-Urteil in Slg. 1999, I-3419 Randnr. 31), kann sich das beklagte Hauptzollamt nicht auf die dieser Vorschrift widersprechenden Bestimmungen des § 60 Abs. 4 und 5 EnergieStV stützen.

Anders als das beklagte Hauptzollamt meint, kann sich der Kläger nicht nur hinsichtlich der mit seinem Luftfahrzeug durchgeführten innergemeinschaftlichen Flüge nach A-Stadt, B-Stadt und C-Stadt auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 berufen. Der deutsche Gesetzgeber hat von der ihm durch Art. 14 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2003/96 eingeräumten Befugnis, die Steuerbefreiung gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 auf internationale oder innergemeinschaftliche Transporte zu beschränken, keinen Gebrauch gemacht. Unbeschadet dessen kann sich ein Mitgliedstaat, der seine Verpflichtungen zur Umsetzung einer Richtlinie verletzt hat, auch nicht darauf berufen, dass er die durch die Richtlinie begründeten Rechte des einzelnen hätte begrenzen können, wenn er die Richtlinie umgesetzt hätte (EuGH-Urteile vom 19. November 1991 Rs. C-6/90 und C-9/90, Slg. 1990, I-5357 Randnr. 21 , vom 29. April 2004 Rs. C-102/02, Slg. 2004, I-5405 Randnr. 63 , vom 14. Juli 2005 Rs. C-142/04, Slg. 2005, I-7181 Randnr. 35). Der deutsche Gesetzgeber hat seine Verpflichtung zur Umsetzung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 verletzt, weil er eine Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes nur für Luftfahrtunternehmen vorgesehen hat, die Luftfahrtbetriebsstoffe für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen verwenden. Ferner hat der deutsche Verordnungsgeber in § 60 Abs. 4 und 5 EnergieStV den Kreis der steuerbefreiten Tatbestände zu eng definiert.

Dem Kläger steht allerdings keine Vergütung von Energiesteuer zu, soweit er das Flugbenzin für die Durchführung eines Probeflugs im November 2006 von einer Dauer von 85 Minuten verwendet hat (Bl. 5 der Verwaltungsakte des beklagten Hauptzollamts). Nach einzelstaatlichem Recht ist hierfür keine Steuerbefreiung vorgesehen. Gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 EnergieStG besteht ein Anspruch auf Steuerbefreiung nur für bestimmtes Flugbenzin, das bei der Instandhaltung von Luftfahrzeugen nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG verwendet wird. Bei dem durchgeführten "Checkflug" handelte es sich offensichtlich nicht um eine Instandhaltungsmaßnahme, sondern um einen vom Kläger selbst durchgeführten Probeflug. Darüber hinaus ist nur die Verwendung von Flugbenzin in bestimmten Instandhaltungsbetrieben erlaubt (§ 60 Abs. 8 EnergieStV).

Der nach einzelstaatlichem Recht vorgesehene Ausschluss einer Steuerbefreiung für Probeflüge, die sowohl der Vorbereitung von Flügen zu kommerziellen als auch zu privaten nichtgewerblichen Zwecken dienen können, widerspricht nicht dem Gemeinschaftsrecht. Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 sieht für die Kraftstoffe, die bei der Erprobung von Luftfahrzeugen verwendet werden, lediglich eine fakultative Steuerbefreiung vor (Finanzgericht München , Urteil vom 10. Dezember 2008 14 K 1873/06, [...]; vgl. auch BFH-Urteil vom 3. Februar 2004 VII R 4/03, BFHE 205, 351 - zu Art. 8 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 92/81/EWG -).

Der Probeflug im November 2006 von einer Dauer von 85 Minuten entspricht einem Anteil von 2,51 % an den gesamten vom Vergütungsantrag umfassten Flugminuten des Kalenderjahres 2006 von 3.393 (Bl. 7 der Verwaltungsakte des beklagten Hauptzollamts). 2,51 % von der gesamten verwendeten Menge an Flugbenzin von 1.714,18 Liter entspricht einer Menge von 43,03 Liter Flugbenzin. Die hierauf entfallende Steuer beträgt bei einem Steuersatz von 721 EUR je 1.000 Liter Flugbenzin (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG) 31,02 EUR, so dass dem Kläger ausgehend von seinem Klageantrag lediglich 476,57 EUR Energiesteuer zu vergüten sind (507,59 EUR ./. 31,02 EUR).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.



Ende der Entscheidung

Zurück