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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.03.2009
Aktenzeichen: 4 K 358/08 VSt
Rechtsgebiete: FGO, StromStG, StromStV


Vorschriften:

FGO § 101
StromStG § 2
StromStG § 9 Abs. 3
StromStV § 15 Abs. 2
StromStV § 15 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 09.01.2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2008 verpflichtet, der Klägerin die am 08.09.2003 beantragte Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom nach § 9 Abs. 3 Stromsteuergesetz mit Wirkung ab Antragstellung zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwenig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verfügt in A über ein Messegelände mit einer Ausstellungsfläche von über .......... m² und organisiert dort und an anderen Orten Messeveranstaltungen.

Als Messeveranstalter konzentriert sie sich auf Planung, Organisation und Durchführung von Messen. Im Jahr 2002 führte sie in A 24 Eigen- und 14 Fremdveranstaltungen durch, darüber hinaus im Ausland 26 Eigen- und 42 Auftragsveranstaltungen sowie mehr als 100 Verkaufsförderungsveranstaltungen.

Sämtliche Stände in den Ausstellungshallen versorgt sie mit Wasser, Wärme, Kälte, Strom und Kommunikationsanschlüssen (insb. Telefon, Internet), ggf. auch mit Druckluft. Sie bietet allen Ausstellern ein "Rundum-Paket" an, das von einzelnen Bauten und Dienstleistungen angefangen bis zum schlüsselfertigen Stand reicht.

Bei größeren Bauvorhaben gründet sie mit Bauunternehmen Arbeitsgemeinschaften als rechtlich selbständige Einheiten, die sie mit ihren Mitarbeitern betreut.

Die Klägerin ist an vielen Unternehmen beteiligt und übt auch Holdingtätigkeiten aus.

Am 08.09.2003 beantragte die Klägerin beim Beklagten, ihr als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes die Erlaubnis zum steuerbegünstigten Bezug von Strom nach § 9 Abs. 3 StromStG zu erteilen, da sie aufgrund der Tätigkeit des überwiegenden Teils ihres Personals dem produzierenden Gewerbe zuzuordnen sei. Hierzu legte sie eine Darstellung des von ihr eingesetzten Personals vor.

Mit Verfügung vom 09.01.2004 lehnte der Beklagte den Antrag jedoch mit der Begründung ab, als Unternehmen mit der Haupttätigkeit "Messeveranstalter" sei sie dem Abschnitt K der "Klassifikation der Wirtschaftszweige des statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993" (WZ 93) zuzuordnen. Bei den dort namentlich aufgeführten Messeveranstaltern dienten die auch im Antrag aufgeführten und dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnenden Bereiche allein der Unterstützung der Haupttätigkeit der Klägerin. Die Dienstleistungen würden nicht Dritten erbracht und seien daher nur Hilfstätigkeiten. Aus diesem Grund sei die Wahl der Klägerin, auf die Zahl ihrer Arbeitnehmer abzustellen, um den wirtschaftlichen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit zu bestimmen, offensichtlich ungeeignet und werde deshalb nach § 15 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (Stromsteuer-Durchführungsverordnung - StromStV) zurückgewiesen.

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens beauftragte der Beklagte den Prüfungsdienst des Hauptzollamts B, den Umfang der Beschäftigung der Arbeitnehmer der Klägerin in Tätigkeiten des Produzierenden Gewerbes festzustellen. Im Prüfungsvermerk vom 30.11.2005 stellten die Prüfer fest, die Klägerin habe Angaben nach § 15 Abs. 5 StromStV nicht vorlegen können. Die Gesamtzahl der beschäftigten Personen habe ebenso wenig wie die beschäftigten Personen in den Bereichen der Arbeitsgemeinschaften und der Holdingtätigkeiten festgestellt werden können. Zudem beruhten alle Aufteilungen nach Angaben der Klägerin auf Schätzungen, die sie, die Prüfer, nicht hätten nachvollziehen können.

Im weiteren Einspruchsverfahren legte die Klägerin eine Aufteilung ihrer Tätigkeiten und des von ihr eingesetzten Personals nach Kostenstellen vor. Dabei ordnete sie folgende Tätigkeiten dem Produzierenden Gewerbe zu:

 Kostenstellen- Nr.Kostenstellen- KürzelBezeichnungZuordnung zur WZ 93
700G3Geschäftsführung 3Abt. 45
710G3-VVeranstaltungstechnik45.21.5
711G3-VZeichenstelle45.21.5
712G3-VFuhrpark45.21.5
720G3-VAufbau45.21.5
721G3-VSchreinerei45.22.3
722G3-VElektriker45.31.0
723G3-VMaler45.44.1
760G3-DSDesign und Standentwicklung45.21.1
770G3-SPSteuerung und Planung45.21.1
780G3-LGeländeservice / Logistik45.21.1
840U3-T/SVTechnik45.31.0
850G3-BBetriebstechnik45.31.0
890G3-LHallenservice45.21.1 11

Zur Begründung der Zuweisung führte sie aus, der Geschäftsbereich G3 sei für Technik und Service zuständig. Die Geschäftsbereichsführung sei dem Abschnitt F (Baugewerbe) zuzuordnen, weil dort der Schwerpunkt der Tätigkeiten liege. Da der Fuhrpark dem Transport der erforderlichen Materialien diene, sei er dieser Abteilung zuzuweisen. Steuerung und Planung bezögen sich auf Bauvorhaben und seien daher begünstigt. Der Hallenservice sei ein wesentlicher Teil des Facility- Managements.

Folgende Tätigkeiten wies sie als Hilfstätigkeiten aus:

 Vorsitzender der GeschäftsführungInformation und ÖffentlichkeitsarbeitInterne Revision und Organisation
BetriebsratGeschäftsführung 2Werbung
PresseProtokollBesucherbetreuung
Geschäftsführung 4ControllingRechnungswesen
FinanzenPersonalRecht
DruckereiKantineVersand u. Magazin
EDVAufsichtsratEinkauf
ArbeitssicherheitVertrieb ServiceTelekommunikation
EmpfangInternet-Services

Die weiteren Tätigkeiten im Unternehmen beurteilte sie als nichtbegünstigte Tätigkeiten.

Im Jahr 2002 beschäftigte die Klägerin insgesamt 593,08 Arbeitnehmer bezogen auf den monatlichen Durchschnitt, von denen 190,08 Arbeitnehmer im monatlichen Durchschnitt in den nach Auffassung der Klägerin begünstigten Bereichen tätig waren. Weitere 142,66 Arbeitnehmer waren im monatlichen Durchschnitt in nicht begünstigten Tätigkeiten und 260,33 Arbeitnehmer im monatlichen Durchschnitt in Hilfstätigkeiten beschäftigt.

Die Beschäftigung in Hilfstätigkeiten teilte die Klägerin nach dem Verhältnis zwischen begünstigten und nichtbegünstigten Tätigkeiten auf, rechnete den auf die begünstigten Tätigkeiten entfallenden Teil der Hilfstätigkeiten insgesamt den begünstigten Tätigkeiten zu. Danach entfielen 57,12% des von ihr beschäftigten Personals auf begünstigte Tätigkeiten. Auch in den Jahren bis 2006 blieb es in etwa bei diesem Verhältnis.

Zur Begründung ihres Einspruchs trug die Klägerin vor, sie sei ein Unternehmen des Baugewerbes, Abschnitt F WZ 93, das eindeutig zum Produzierenden Gewerbe gehöre. Zum Baugewerbe gehörten die Bauinstallation, aber auch sonstige Installations- und Klempnerarbeiten, für die sie sehr viele ihrer Arbeitnehmer eingesetzt habe. Nach den Vorbemerkungen 3.4 WZ 93 gehörten zum Ein- und Zusammenbau von Teilen und Anlagen auch Dienstleistungen im Rahmen der Inbetriebnahme, sowie alle für das reibungslose Funktionieren am Aufstellungsort erforderlichen Arbeiten für Betrieb und Wartung.

Ihre Bautätigkeit sei auch keine bloße Hilfstätigkeit für die Messetätigkeiten, denn die Bautätigkeit erbringe sie gegenüber ihren Kunden. Insoweit verweise sie auf ihre "technischen Richtlinien", die ihre Angebote an ihre Kunden enthalte. Zudem nähmen andere ihrer Kunden für die Bautätigkeit die Leistungen von Drittanbietern in Anspruch.

Es gebe auch Messeanbieter, die nur Messeleistungen erbrächten und ihr, der Klägerin, nur das gesamte Facility-Management (u.a. die Bautätigkeit) überließen.

Vom Facility-Management gehöre vieles nach der WZ 93 zum Baugewerbe.

Hilfstätigkeiten seien im Anhang Abschnitt IV B der VO (EWG) Nr. 696/93, die Grundlage der WZ 93 sei, abschließend dargestellt. Selbst die Bauinstallationen gehörten nicht dazu, da sie von der Klägerin am Markt, d.h. ihren Kunden als Dienstleistungen angeboten würden. Ebenso wenig fielen darunter Arbeiten zur Bildung von Anlagevermögen oder die Produktion, die zwar für die Haupt- oder Nebentätigkeit verbraucht, jedoch auch vermarktet werde.

Die Arbeitsgemeinschaften mit anderen Bauunternehmen bänden allenfalls zwei bis drei Arbeitnehmer pro Projekt, die Holdingtätigkeit, das Verwalten, Erwerben und Veräußern von Beteiligungen, habe nur eine untergeordnete Rolle gespielt.

Sie übe seit längerem zunehmend Tätigkeiten aus, die nicht als Messe-, Ausstellungs- oder Kongressveranstaltung des Abschnitts K WZ 93 angesehen werden könnten. Typische Messetätigkeiten seien nach der Konzeption des Messethemas die Planung von Einzelmaßnahmen, wie Mediaplanung, Aufplanung der Hallen und Stände, die Akquisition der Aussteller und das Besuchermarketing, später protokollarische Aufgaben (Eröffnungsfeiern, Ausstellerabende, VIPBetreuung) und während der Messe technisch koordinierende Tätigkeiten und Kontakte zu wichtigen Ausstellern und Verbandsvertretern.

Mit Einspruchsentscheidung vom 04.01.2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus, die Klägerin gehöre nicht zum Produzierenden Gewerbe. Messen zeichneten sich durch eine Multifunktion aus, aufgrund derer schon im Abschnitt K eine eigene Unterklasse aufgenommen worden sei. Auch ließen sich Messen kaum ohne messetypische Leistungen betreiben, zu denen auch das Angebot von Bauleistungen gehöre. Die Messeteilnehmer seien gerade an diesen Angeboten interessiert, um sich nicht Drittanbieter suchen zu müssen. Insoweit würden schon Tätigkeiten erbracht, die dem Produzierenden Gewerbe zuzurechnen seien. Im Zusammenhang mit der Durchführung einer Messe seien auch derartige Leistungen nach allgemeiner Verkehrsauffassung messetypische Leistungen, die schon deshalb nicht die Zugehörigkeit der Klägerin zum Produzierenden Gewerbe begründen könnten.

Zudem würden diese Leistungen nicht nach Außen, auf dem freien Markt, sondern nur den Messeteilnehmern angeboten, wobei sie sich einen Teil der Leistungen, etwa die Lieferung von Druckluft, allein vorbehalten habe und Drittanbieter auf ihrem Gelände nicht zulasse.

Auch wenn die von der Klägerin nunmehr vorgelegten Zahlen zutreffend seien, liefe ein Herunterbrechen von Messeleistungen allein auf handwerkliche Tätigkeiten dem Sinn und Zweck eines Messeunternehmens zuwider.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor, der Beklagte verkenne den Zweck der Begünstigung des Produzierenden Gewerbes. Sie betreibe ein energieintensives Unternehmen (Jahresverbrauch 33.000 MWh) und stehe im internationalen Wettbewerb. Insoweit sei bei der Anwendung der WZ 93 eine verfassungskonforme Auslegung geboten.

Die Begriffe "allgemeine Verkehrsauffassung" und "messetypisch" seien für die Auslegung der WZ 93 und die Anwendung der §§ 2 Nr. 3 StromStG und 15 StromStV ungeeignet.

Bei der vom Beklagten behaupteten Multifunktion handele es sich um gemischte Tätigkeiten, die nach den Vorbemerkungen 3.1 Abs. 2 WZ 93 eine Bestimmung der Haupttätigkeit erfordere, aber nicht mit der Behauptung einer nicht fassbaren messetypischen, anderweit erfassten Tätigkeit abgelehnt werden könne.

Zudem verkenne der Beklagte die Angebote eines Messeveranstalters, die sich in ihrem Fall immer mehr in die Richtung des Facility Managements und dort zu Tätigkeiten des Baugewerbes verschoben hätten. Sie biete diese Tätigkeiten ihren Kunden an.

Die in der Unterklasse 74.81.1 WZ 93 genannten Tätigkeiten seien nur solche, die nicht "anderweit genannt" seien. Ein weiteres Indiz ergebe sich auch aus dem letzten Absatz der Vorbemerkungen 3.4 WZ 93, die die Instandhaltung bestimmter Güter der Herstellung dieser Güter zuordne.

Dass sie aus betrieblich-organisatorischen Gründen ihre handwerklichen Arbeiten nur ihren Kunden auf dem Messegelände anbiete, nehme ihr nicht die Eigenschaft eines Unternehmens des Produzierenden Gewerbes, denn sie biete diese Leistungen jedem Aussteller auf ihrem Gelände an.

Wenn die WZ 93 bestimmte Hilfs- und Nebentätigkeiten einer in einer Untergliederung benannten Haupttätigkeit zuschlagen wolle, gebe sie dies so auch ausdrücklich an.

Der Beklagte verkenne das Wesen einer Messe. Die für eine Messe erforderlichen und bereits dargestellten Tätigkeiten seien grundsätzlich nicht an einen bestimmten Messeplatz gebunden. Insbesondere müsse das Messegelände sich nicht im Eigentum des Messeanbieters befinden. Das sog. Messekerngeschäft werde von der Messegesellschaft betrieben, während Grundstück, Messehallen und der gesamte Service von einer Besitzgesellschaft betrieben werden könne.

Trete eine Messegesellschaft nur als Veranstalter auf, gehöre sie in den Abschnitt K WZ 93, müsse aber Hallenkapazitäten, Standbau und technische Versorgung bei Dritten einkaufen. Dies treffe aber auf sie nicht zu, da sie über ein eigenes Gelände verfüge. Gerade bei reinen Investitionsgütermessen müssten komplette Produktionsanlagen installiert werden, für die sie die technischen Einrichtungen vorhalten müsse.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 09.01.2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2008 zu verpflichten, ihr die am 08.09.2003 beantragte Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom nach § 9 Abs. 3 StromStG ab Antragstellung zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, die Einrichtung eines Messestandes und die damit verbundene Zurschaustellung von Maschinen und anderen Gütern sei ohne handwerkliche Arbeiten nicht möglich. Das Vorhalten dieser Dienstleistungen sei daher messetypisch. Auch habe er die Tätigkeit der Klägerin immer als Ganzes gesehen.

Eine Aufteilung mit Verweisung ins Baugewerbe sei nicht möglich.

Auf Nachfrage des Gerichts hat die Klägerin die Tätigkeiten der Zeichenstelle, der Stelle Design und Standentwicklung und des Geländeservices / der Logistik und des Hallenservices dargestellt, auf die verwiesen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

In dem angefochtenen Bescheid vom 09.01.2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2008 hat es der Beklagte zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin die Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms ab Antragstellung zu erteilen. Der angefochtene Bescheid war deshalb aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin diese Erlaubnis zu erteilen, § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO .

Die von der Klägerin nach § 9 Abs. 4 StromStG für den Bezug von nach § 9 Abs. 3 StromStG begünstigten Strom begehrte Erlaubnis ist ihr zu erteilen, denn sie war im Jahr 2002 ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes nach § 2 Nr. 3 StromStG. Der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten war im Streitfall dem Abschnitt F der WZ 93 zuzuordnen.

Bei Verpflichtungsklagen, bei denen wie hier ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts besteht, ist aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Rechtsänderungen auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen, denn seinerzeit galt § 2 Nr. 3 StromStG in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform vom 23.12.2002, BGBl. I S. 4602, mit Wirkung vom 01.01.2003. Diese Fassung bestimmte als maßgebende Klassifikation der Wirtschaftszweige des statistischen Bundesamtes dessen Ausgabe 1993, die WZ 93.

Erst die geltende Fassung des § 2 StromStG aufgrund des Biokraftstoffquotengesetzes vom 18.12.2006, BGBl. I, S. 3180, bestimmte in seinem Art. 2 Nr. 1 Buchst. a und b eine andere Fassung der Klassifikation der Wirtschaftszweige. Diese Regelung ist aber, da das Gesetz nach seinem Art. 5 Abs. 1 am 01.01.2007 in Kraft trat, erst von diesem Zeitpunkt an anzuwenden.

Damit richtet sich die Zuweisung zu einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit nach der zuvor geltenden Rechtlage (s. BFH Beschluss vom 28.11.2008, VII B 59/08, nv.).

Maßgebend hierfür sind die Abgrenzungsmerkmale der WZ 93, soweit in § 15 Abs. 2 bis 8 StromStV nichts anderes geregelt ist, so wie sie sich im Jahr vor der Antragstellung, hier 2002 darstellten, § 15 Abs. 2 Satz 1 StromStV.

Da die Klägerin mehrere wirtschaftliche Tätigkeiten ausübte, die nicht alle dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnen waren, war ihre wirtschaftliche Tätigkeit nach dem Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu bestimmen, § 15 Abs. 2 Satz 2 StromStV. Die Klägerin übte ihr sich aus § 15 Abs. 2 Satz 3 StromStV ergebendes Wahlrecht dahingehend aus, dass nach § 15 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 StromStV der Abschnitt der WZ 93 gelten sollte, in dessen Tätigkeiten im letzten Jahr vor der Antragstellung im Durchschnitt die meisten Personen tätig waren.

Die Ermittlung der Zahl der tätigen Arbeitnehmer erfolgt nach § 15 Abs. 5 StromStV.

Hierbei sind zunächst - wie im Einspruchsverfahren geschehen - die Tätigkeiten der Klägerin aufzulisten, wobei für Zwecke der hier anzuwendenden Vorschriften die Darstellung der Tätigkeiten des Abschnitts F und die Darstellung der Hilfstätigkeiten ausreicht.

Im Einzelnen gab die Klägerin - vom Beklagten nicht bestritten - folgende begünstigte Tätigkeiten an, wobei das Gericht der Klägerin hinsichtlich der Zuordnung zur WZ 93 folgt.

 Kostenstellen- Nr.Kostenstellen- KürzelBezeichnungZuordnung zur WZ 93
700G3Geschäftsführung 3Abt. 45 Baugewerbe
710G3-VVeranstaltungstechnik45.21.5 Herstellung von Fertigbauteilen aus Holz im Hochbau aus fremdbezogenen Bausätzen
711G3-VZeichenstelle45.21.5
712G3-VFuhrpark45.21.5
720G3-VAufbau45.21.5
721G3-VSchreinerei45.22.3 Zimmerei und Ingenieurholzbau
722G3-VElektriker45.31.0 Elektroinstallation
723G3-VMaler45.44.1 Maler- und Lackierergewerbe
760G3-DSDesign und Standentwicklung45.21.1 Hoch- und Tiefbau ohne ausgeprägten Schwerpunkt (Auffang- Unterklasse)
770G3-SPSteuerung und Planung45.21.1
780G3-LGeländeservice / Logistik45.21.1
840U3-T/SVTechnik45.31.0
850G3-BBetriebstechnik45.31.0
890G3-LHallenservice45.21.1

Aufgrund der Darstellung der Klägerin im Klageverfahren gehören auch die Zeichenstelle, die Design- und Standentwicklung, der Geländeservice/die Logistik, der Hallenservice und der Fuhrpark zum Abschnitt F der WZ 93.

Die Zeichenstelle befasst sich mit der Hallenplanung in Form der örtlichen Zuordnung der Stände und insbesondere ihrer Versorgung mit Strom, Wasser, Druckluft einschließlich der Verlegung der Leitungen. Sie gehört zum Hochbau der Klägerin, s. Vorbemerkungen 3.4 WZ 93.

Die Stelle Design und Standentwicklung befasst sich mit dem Verkauf, der Planung, der Verwirklichung und der Bauleitung von Sonderständen und Sonderbauten, wobei der eigentliche Bau durch Subunternehmer erbracht wird.

Sie gehört, da sie trotz der bloßen Bauausführung durch Dritte die Leistungen im Namen der Klägerin verkauft, zum Hochbau der Klägerin, s. Vorbemerkungen 3.4 WZ 93.

Geländeservice/Logistik und Hallenservice gewährleisten die technische Funktionsfähigkeit der Messehallen und des Außengeländes durch Reparaturen und durch Rückbauten zuvor vorgenommener Einbauten. Sie können der Unterklasse 45.21.1 (Hoch- und Tiefbau ohne ausgeprägten Schwerpunkt) zugewiesen werden , Vorbemerkungen 3.4 letzter Abs. WZ 93.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten sind diese Tätigkeiten der Klägerin nicht der Unterklasse 74.84.1 Ausstellungs-, Messe- und Warenmarkteinrichtungen zuzuweisen, obwohl diese Unterklasse nach den Erläuterungen in der WZ 93 u.a. die Tätigkeit von Messeveranstaltern und die Gestaltung von Ständen umfasst.

Diese Tätigkeit gehört nämlich zur Klasse 74.84, die die "Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen anderweitig nicht genannt" umfasst. Schon daraus wird deutlich, dass in diese Klasse nur Tätigkeiten fallen können, die anderweit nicht genannt sind. Im Streitfall aber sind die von der Klägerin als begünstigt angegebenen Tätigkeiten in den Klassen 45.21 (Hochbau), 45.22 (Zimmerei), 45.31 (Elektroinstallation), 45.44 (Maler- und Glasergewerbe) und damit hinsichtlich der Geschäftsführung des Bereichs zur Abteilung 45 (Baugewerbe) anderweitig genannt.

Die WZ 2003 hat die Regelungen der WZ 93 in ihre Klasse 74.87 nur wortgleich übernommen und nur an Stelle der bisherigen Abkürzung a. n. g. die entsprechenden Worte ausgeschrieben.

Der Zuweisung der begünstigten Tätigkeiten der Klägerin zum Baugewerbe steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin diese Tätigkeiten nur Kunden auf ihrem Messegelände und nicht andernorts anbot. Die Einordnung in die WZ 93 ist nicht davon abhängig, dass nicht jeder Kunde, sondern beispielsweise aus Kapazitätsgründen nur ein bestimmter Kundenkreis bedient wird. Vielmehr zeigt die Übernahme ausschließlich des Facility-Managements für fremde Messen auf dem Gelände der Klägerin, zu denen gerade auch die in der mündlichen Verhandlung erwähnte ....... gehört, dass die Klägerin bei sog. Fremdveranstaltungen ganz überwiegend im Rahmen der Bauwirtschaft tätig wurde. Die Klägerin bot ihre Bauleistungen jedem auf ihrem Gelände ausstellenden Kunden an.

Eine Zuweisung der Tätigkeiten der Klägerin in den Abschnitt K ist auch nicht damit zu rechtfertigen, dass die Klägerin, wie der Beklagte meint, mit den Bauleistungen nur messetypische Leistungen erbringt. Eine Umschreibung dessen, was messetypisch ist, lässt sich, da Messen in unterschiedlicher Weise organisiert sein können, nicht leisten. In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass Konkurrenzunternehmen an anderen Orten in völlig anderer Weise organisiert sind, insbesondere aber die Erbringung von Bauleistungen an Tochtergesellschaften ausgelagert oder gänzlich Dritten überlassen haben können. Zudem ist der Begriff des Messetypischen kein Tatbestandsmerkmal der WZ 93. Gleiches gilt für die Frage, was Sinn und Zweck eines Messeunternehmens ist.

Aus der Multifunktion einer Messe folgt nur, dass für Unternehmen, die wie die Klägerin umfassende Tätigkeiten anbieten, die Zuordnung nach dem Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit wie in § 15 StromStV vorgesehen vorgenommen werden muss.

Die Ermittlung des in den begünstigten Tätigkeiten der Klägerin tätigen Personals begegnet keinen rechtlich und tatsächlichen Bedenken. Die Klägerin hat ihre diesbezüglichen Angaben in für das Gericht nachvollziehbarer Weise unter Berücksichtigung ihrer Kostenstellen erbracht und hierzu im Einspruchsverfahren Unterlagen vorgelegt. Diese Berechnung hat der Beklagte nicht nur in der Einspruchsentscheidung akzeptiert, sondern auch in der mündlichen Verhandlung trotz ausdrücklicher Frage des Gerichts in tatsächlicher Hinsicht nicht substantiiert angegriffen.

Ebenso wenig ist die von der Klägerin vorgenommene Angabe der Hilfstätigkeiten zu beanstanden, denn die von ihr angegebenen Hilfstätigkeiten dienen allein der Unterstützung ihrer Haupt- und Nebentätigkeiten (Vorbemerkungen 3.1 letzter Abs. letzter Satz WZ 93). Die Berechnung der Zahl ihrer insoweit tätigen Arbeitnehmer begegnet ebenfalls keinen tatsächlichen Zweifeln.

Das weitere Vorgehen der Klägerin, die Hilfstätigkeiten anteilig ihren begünstigten Tätigkeiten des Abschnitts F WZ 93 und ihren anderen (Neben-)Tätigkeiten zuzurechnen, ist ebenfalls im Streitfall nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem Grundsatz in den Vorbemerkungen 3.3. Abs. 4 WZ 93.

Sieht § 15 Abs. 2 Satz 2 und 3 StromStV eine Wahl des Verfahrens für die Bestimmung des wirtschaftlichen Schwerpunkts durch Zählung der beschäftigten Personen nach § 15 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 StromStV vor und wählt der Steuerpflichtige dieses Verfahren, muss auch eine Aufteilung der Hilfstätigkeiten erfolgen. Dabei ist eine entsprechende anteilige Zurechnung der Hilfstätigkeiten zur Haupttätigkeit angemessen und dem Zweck der Regelung dienlich.

Ein Fall des § 15 Abs. 2 Satz 4 StromStV - einer besonderen Ausprägung des § 42 AO ist angesichts des umfangreichen Personalbestands der Klägerin nicht erkennbar. Aufgrund des Personalbestands der Klägerin führt ihre Wahl nicht zu offensichtlich ungeeigneten, nämlich zufälligen oder willkürlichen Ergebnissen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO zu bestimmen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund nicht erkennbar ist.

Insbesondere scheidet eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO aus, denn mangels Feststellbarkeit eines typischen Messeunternehmens konnte im Streitfall nur ein einer Verallgemeinerung nicht zugänglicher Einzelfall entschieden werden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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