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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: 4 K 427/09 VE
Rechtsgebiete: EnergieStG


Vorschriften:

EnergieStG § 4
EnergieStG § 6 Abs. 3
EnergieStG § 26
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Erlaubnis als Herstellungsbetrieb nach § 6 Abs. 3 Satz 1 des Energiesteuergesetzes EnergieStG .

Die Klägerin betrieb und betreibt noch einen Verarbeitungsbetrieb für tierische Nebenprodukte der Kategorie 3 nach Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. EU Nr. L 273/1) VO 1774/2002 . Sie bezog im Wesentlichen Schlachtnebenprodukte, insbesondere Knochen und Fette, die sie zu tierischen Proteinen (Fleischknochenmehl) und tierischen Fetten (Knochenfett) verarbeitet. Die tierischen Nebenprodukte wurden erhitzt, ihnen wurde das Wasser entzogen und sie wurden nach Mehl und Fett getrennt. Das pulverförmige Mehl wird in Silos, das flüssige Fett in Tanks gelagert. Das von der Klägerin hergestellte Fett (ca. 1.000 t/Monat) fiel in die Unterposition 1518 00 95 der Kombinierten Nomenklatur (KN) und konnte grundsätzlich als Tierfutter, zur Nutzung in der oleochemischen Industrie als Ausgangsstoff für technische Enderzeugnisse oder als Kraft- oder Heizstoff mit einem Heizöl entsprechenden Brennwert genutzt werden.

Da die Verwertung als Ausgangsstoff für technische Erzeugnisse höherwertiger als die als Kraft- oder Heizstoff war, verkaufte die Klägerin das von ihr hergestellte Fett zur Nutzung in der oleochemischen Industrie als Ausgangsstoff für technische Enderzeugnisse.

Die Klägerin nutzte eine Dampfkesselanlage und betrieb sie fast ausschließlich mit Tierfett der Kategorien 1 und 2, das sie von anderen Betrieben bezog.

Am 6. September 2006 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Erlaubnis als Herstellungsbetrieb, um das von ihr aus anderen Betrieben bezogene Tierfett steuerfrei zur Herstellung des von ihr erzeugten höherwertigen Tierfetts einsetzen zu können.

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 ab, da nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG Energieerzeugnisse nur zu anderen Zwecken als zur Verwendung als Heizstoff verwendet werden dürften. Da Tierfett der Kategorien 1 und 2 als Heizstoff verwendet werde, komme eine Steuerbefreiung nicht in Betracht.

Auch sei eine steuerfreie Verwendung von Energieerzeugnissen zur Aufrechterhaltung des Betriebs im Rahmen des sog. Herstellerprivilegs nach § 26 EnergieStG nicht möglich: Das Herstellen von Tierfett der Kategorie 3 zur Weiterverwendung in der oleochemischen Industrie sei kein Herstellen von Energieerzeugnissen.

Zur Begründung ihres dagegen fristgerecht eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, im EnergieStG werde nicht zwischen den Kategorien des Tierfetts unterschieden. Daher müsse der Beklagte bei der Erteilung einer Herstellererlaubnis auch die Substitution zwischen verschiedenen Kategorien zulassen, soweit die substituierte Menge die ausgelieferte Menge nicht übersteige.

Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da die begehrte Erlaubnis nur Herstellungsbetrieben erteilt werden könne. Das Herstellen beinhalte bei Tierfett nicht nur das Gewinnen und Bearbeiten, sondern auch das Bestimmen der Ware zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff. Bei dem von der Klägerin hergestellten Tierfett fehle diese Bestimmung. Damit scheide eine Erlaubniserteilung nach § 24 Abs. 1 und 2 EnergieStG aus. Ohne diese Erlaubnis gebe es auch kein Herstellerprivileg nach § 26 Abs. 1 EnergieStG.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Nach § 26 Abs. 1 EnergieStG könne sie das von ihr hergestellte Tierfett zur Wärmegewinnung auf ihrem eigenen Betriebsgelände nutzen. Die Erlaubnis umfasse nach § 24 Abs. 1 EnergieStG die steuerfreie Verwendung und Verteilung.

Wenn ihr Lieferant von Tierfett der Kategorie 1 über diese Erlaubnis verfüge, dürfe er das Tierfett steuerfrei abgeben und sie beabsichtige, dieses Fett steuerfrei aufzunehmen und bedürfe hierzu der beantragten Erlaubnis.

Zudem zeige § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG, dass die Verwendung des von ihr hergestellten Tierfetts als Nichtenergieerzeugnis unbeachtlich sei. Daher sei ihr die Erlaubnis auch für die Verwendung nach dieser Vorschrift zu erteilen.

Zudem gebe es im Bundesgebiet bei vergleichbaren Fällen eine unterschiedliche Verwaltungspraxis, die die Zulassung der Revision rechtfertige.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 30.10.2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2009 zu verpflichten, ihr die Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Tierfett zu erteilen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dazu wiederholt er die Argumentation seiner Einspruchsentscheidung und führt weiter aus: Eine Steuerentlastung stehe der Klägerin nicht nach § 51 EnergieStG zu, da Tierfett nicht zu den dort begünstigten Erzeugnissen gehöre. Zudem fehle es hier an einem doppelten Verwendungszweck, da die Klägerin nur das zugekaufte Tierfett der Kategorie 1 zu Heizzwecken verwende.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die begehrte Bewilligung abgelehnt. Die Klägerin wird dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung FGO.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Erlaubnis nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG, denn sie stellt keine Energieerzeugnisse her. Herstellungsbetrieb im Sinne des EnergieStG ist nur ein Betrieb, in dem Energieerzeugnisse nach § 4 EnergieStG hergestellt werden. Fette der Position 1518, um die es im Streitfall geht, werden nur dann als Energieerzeugnisse hergestellt, wenn sie dazu bestimmt sind, als Kraft- oder Heizstoffe verwendet zu werden. Nur mit dieser Bestimmung sind Fette der Position 1518 Energieerzeugnisse im Sinne der §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 4 Nr. 1 EnergieStG. Die von der Klägerin herstellten Fette der Kategorie 3 der VO 1774/2002 weisen diese Bestimmung aber nicht auf, sondern werden aufgrund ihrer höheren Qualität derzeit ausschließlich als Grundstoffe der oleochemischen Industrie verwendet.

Der Klägerin steht auch keine Erlaubnis nach § 24 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG zu, denn sie betreibt, soweit sie Fette der Position 1518 herstellt, - wie bereits dargelegt - keinen Herstellungsbetrieb nach § 6 EnergieStG, in dem nach § 26 Abs. 1 EnergieStG Energieerzeugnisse steuerfrei zur Aufrechterhaltung des Betriebs verwendet werden dürften.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien des EnergieStG. Absatz 1 der Begründung zu § 26 des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Stromsteuergesetzes vom 6. April 2006 (BT-Drucksache 16/1172) beschreibt zwar die Energiesteuerbefreiung des § 26 Abs. 1 EnergieStG. Soweit die Begründung in ihrem zweiten Absatz davon ausgeht, dass es für die Steuerbefreiung des § 26 EnergieStG nicht darauf ankomme, ob Energieerzeugnisse im Betrieb selbst erzeugt oder von außerhalb bezogen würden, kann dem nicht entnommen werden, dass auch im Streitfall eine Substitution möglich ist. Die Gesetzesbegründung geht nämlich ersichtlich davon aus, dass sowohl die bezogenen als auch die hergestellten Waren Energieerzeugnisse sind. Daran aber fehlt es gerade im Streitfall, da Fette der Position 1518 nur bei einer hier fehlenden Bestimmung als Kraft- oder Heizstoff Energieerzeugnisse sind, §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 4 Nr. 1 EnergieStG.

Zudem widerspricht die dargestellte Gesetzesbegründung Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie (EG) Nr. 2003/96 des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom vom 27. Oktober 2003 (ABl. EU Nr. L 283/51) - RL 2003/96 , da danach nur die Steuerbefreiung für den Verbrauch von Energieerzeugnissen vorgesehen ist, die innerhalb des Betriebsgeländes des Herstellungsbetriebs hergestellt worden sind.

Dieses Ergebnis ist auch mit dem Zweck des sog. Herstellerprivilegs nach Art. 21 Abs. 3 RL 2003/96, § 26 Abs. 1 EnergieStG (ähnlich im Stromsteuerrecht: § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes und § 12 Stromsteuer-Durchführungserordnung) zu vereinbaren: Diese auch die Wettbewerbsfähigkeit inländischer Hersteller sichernde Regelung (BFH Urteil v. 27. August 1996 VII R 14/95, BFHE 181, 243, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 1997, 128 ff., 131) soll eine Doppelbesteuerung dadurch verhindern, dass die Herstellung eines grundsätzlich zu versteuernden Energieerzeugnisses durch die Verwendung eines Energieerzeugnisses, das grundsätzlich der gleichen Steuer unterliegt, nicht mit der Steuer für das zur Herstellung verwendete Energieerzeugnis belastet wird. Diese Doppelbelastung ist im Streitfall nicht gegeben, weil die von der Klägerin hergestellten Fette der Position 1518 keiner Energiesteuer unterliegen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass eine Steuerentlastung beim Einsatz von Fetten der Position 1518 auch nicht nach § 51 EnergieStG möglich ist. Der Einsatz dieser Energieerzeugnisse wird von dieser Vorschrift nicht begünstigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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