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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 5 K 1807/03 U
Rechtsgebiete: UStG, RL 77/388/EWG


Vorschriften:

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 15 Abs. 2 Nr. 1
UStG § 15 Abs. 4 S. 1
UStG § 15 Abs. 4 S. 2
RL 77/388/EWG Art. 17 Abs. 5
RL 77/388/EWG Art. 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

5 K 1807/03 U

Tenor:

Unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheids 2000 vom 26.03.2003 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26.03.2003 wird die Umsatzsteuersteuer 2000 auf ./. 77.882,50 DM (./. 39.820,69 EUR) festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 25% und der Beklagte zu 75%.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist der Umfang des Vorsteuerabzugs im Zusammenhang mit der Erstellung eines (später) gemischt genutzten Gebäudes.

Der Kläger ließ u. a. im Streitjahr das gemischt genutzte Gebäude in "L-Stadt", "I-Straße 1", errichten. Im Erdgeschoss des Gebäudes befinden sich zwei Ladenlokale, die mittlerweile umsatzsteuerpflichtig vermietet sind. Wohnungen befinden sich im Ober- und Dachgeschoss. Die Wohnungen sind über ein Treppenhaus und einen sich dort befindenden Fahrstuhl zu erreichen. Das Treppenhaus hat eine eigene Eingangstür; von den beiden Ladenlokalen im Erdgeschoss besteht kein eigener Zugang zum Treppenhaus.

Anlässlich von Umsatzsteuer-Sonderprüfungen für die Zeiträume III/00 und IV/00 vertrat die Prüferin die Auffassung, dass eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge durchgeführt werden müsse, da das Objekt sowohl zu steuerpflichtigen (gewerbliche Vermietung) als auch zu steuerfreien Umsätzen (Wohnungen) verwendet werde. Die Vorsteuern seien nur insoweit abzugsfähig, als diese mit der steuerpflichtigen Vermietung im Zusammenhang stünden. Soweit eine direkte Zuordnung der Vorsteuern auf die einzelnen Gebäudeteile möglich sei, müsse diese vorab vorgenommen werden. Die nicht unmittelbar zuzuordnenden Vorsteuerbeträge seien nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzflächen aufzuteilen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichte vom 29.06.2001 und vom 30.07.2001 verwiesen.

Während des Einspruchsverfahrens gegen die entsprechend geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide reichte der Kläger am 26.11.2001 seine Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2000 ein, in der er Vorsteuern in Höhe von insgesamt 88.899,45 DM erklärte. Davon entfallen auf das Objekt "I-Straße 1" insgesamt 87.511,71 DM, auf das Objekt "H-Straße" 1.387,74 DM. Die auf das Objekt "I-Straße 1" entfallenden Vorsteuerbeträge von insgesamt 120.473,18 DM hatte er einheitlich den steuerpflichtig vermieteten Ladenlokalen, einerseits, und den für steuerfreie Umsätze verwendeten Wohnungen, andererseits, entsprechend dem (unstreitigen) Umsatzschlüssel von 72,64% (steuerpflichtiger Anteil) zu 27,36% (steuerfreier Anteil) zugeordnet. Unter dem 26.03.2003 erließ der Beklagte einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2000, mit dem abweichend von der Steuererklärung nur noch Vorsteuern in Höhe von 64.122,09 DM berücksichtigt wurden. Der Bescheid wurde zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

Mit Einspruchsentscheidung (ebenfalls) vom 26.03.2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die erklärten Vorsteuern in Höhe von insgesamt 88.899,45 DM seien um die Vorsteuerkürzungen laut Tz. 17 des Umsatzsteuersonderprüfungsberichts vom 30.07.2001 in Höhe von 7.123,65 DM und laut Tz. 10e des Berichts vom 29.06.2001 in Höhe von 18.252,20 DM (insgesamt 25.467,36 DM) zu mindern. Aus der Rechnung "M" sei ein anteiliger Vorsteuerbetrag in Höhe von 690,00 DM zu berücksichtigen. Daraus ergebe sich entsprechend dem Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 26.03.2003 ein Gesamtvorsteuerbetrag von (88.899,45 DM [erklärter Betrag] ./. 25.467,36 DM + 690,00 DM =) 64.122,09 DM. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 26.03.2003 verwiesen.

Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben.

Er trägt vor, dass nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 17.08.2001, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFHE- 196, 345, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2002, 833, eine Aufteilung der Vorsteuern nach dem Umsatzschlüssel gerechtfertigt sei.

Ausgangspunkt für die Vorsteueraufteilung sei Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17.05.1977 (Richtlinie 77/388/EWG). In Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG werde eindeutig vorgeschrieben, dass das Aufteilungsverhältnis sich nach den Umsätzen richte. Dies ergebe sich auch aus Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie. Der deutsche Gesetzgeber habe in § 15 Abs. 4 Satz 1 Umsatzsteuergesetz -UStG- eine Aufteilung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgesehen. In § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG überlasse der Gesetzgeber alleine dem Unternehmer die sachgerechte Schätzung. Wenn der Gesetzgeber schon eine Schätzung zulasse, könne kein Verfahren in Gang gesetzt werden, in dem quasi "jede Schraube und jeder Stein" aufgeteilt werden müssten. Der Umsatzschlüssel sei eine vom Wortlaut des Gesetzes gedeckte Schätzungsmethode. Dabei seien auch sämtliche Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel aufzuteilen. Dies betreffe auch solche Eingangsleistungen, die z. B. nur einen für steuerfreie Zwecke genutzten Gebäudeteil betreffen.

Die Richtigkeit seiner Rechtsauffassung lasse sich u.a. ableiten aus dem Beschluss des BFH vom 29.07.2003, V B 170/02, Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2004, 234, der Urteile des BFH vom 26.01.2006, V R 36/03, BFH/NV 2006, 1525; vom 28.09.2006, V R 43/03, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2006, 2172; des Niedersächsischen Finanzgerichts -FG- vom 27.06.2002, 5 K 278/00, DStRE 2003, 1118; des FG Düsseldorf vom 07.11.2003, 1 K 3240/01, Juris Nr: STRE200571498; des FG Brandenburg vom 17.10.2005, 1 K 430/03, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2006, 380, und des Schleswig-Holsteinischen FG vom 29.11.2005, 4 K 248/00, EFG 2006, 380.

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 26.03.2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 26.03.2003 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Vorsteuern in Höhe von 24.777,- DM den bisher festgesetzten Vorsteuer-Überschuss von 59.395,- DM erhöhen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen mit der Maßgabe, dass insgesamt Vorsteuern i. H. v. 82.609,56 DM berücksichtigt werden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Nachdem der Bundesminister der Finanzen -BMF- mit Schreiben vom 24.11.2004, IV A 5 - S 73 06 - 4/04, DStR 2004, 2152, den Nichtanwendungserlass betreffend das Urteil des BFH vom 17.08.2001 (a. a. O.) (BMF, Schreiben vom 19.11.2002, IV B 7 - S 7306 - 25/02, DStR 2002, 2084) aufgehoben hatte, hat der Beklagte mit Schreiben vom 28.01.2005 (vgl. Blatt 17, 18 der Gerichtsakte -GA-) erklärt, dass weitere Vorsteuerbeträge anzuerkennen seien. Allerdings sei die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 auf solche Gebäudeteile zu beschränken, die tatsächlich gemischt genutzt würden. Vor Anwendung der Umsatzschlüssels müsse daher zunächst eine unmittelbare wirtschaftliche Zuordnung der Vorsteuerbeträge vorgenommen werden.

In der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2006 haben sich die Beteiligten darauf verständigt, dass für das Objekt "H-Straße" 1.387,74 DM Vorsteuern zu berücksichtigen sind. Sie haben sich darüber hinaus darauf geeinigt, dass der Gesamtvorsteuerbetrag für das Objekt "I-Straße 1" 120.473,18 DM beträgt und dieser Betrag weitgehend auf der Grundlage des (unstreitigen) Umsatzschlüssels in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen ist. Streitig sind allein nur noch die Beträge laut Tz. 10c) des Berichts vom 29.06.2001 i. H. v. 4.408,14 DM und Tz. 12a) des Berichts vom 30.07.2001 i. H. v. 4.250,86 DM, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Treppenhauses und Installation der Fahrstuhlanlage angefallen sind. Nach der Auffassung des Beklagten stünden die entsprechenden Eingangsleistungen insoweit ausschließlich mit steuerfreien Ausgangsumsätzen des Klägers in Zusammenhang, was den Vorsteuerabzug ausschließe.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Klage ist insoweit begründet, als der Kläger eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge betreffend die Errichtung des Gebäudes "I-Straße 1" nach dem Umsatzschlüssel begehrt und die bezogenen Eingangsleistungen sowohl den später für steuerfreie Umsätze als auch den für steuerpflichtige Umsätze verwendeten Gebäudeteil betreffen. Die Klage ist aber nicht begründet, soweit der Kläger auch eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel im Hinblick auf die ausschließlich den für steuerfreie Umsätze verwendeten Gebäudeteil (Wohnungen) betreffenden Eingangsleistungen beansprucht; insoweit scheidet ein Vorsteuerabzug aus.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die Vorsteuerbeträge für Lieferungen und Leistungen abziehen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Ausgeschlossen ist nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug u.a. für Lieferungen und sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Verwendet der Unternehmer eine für sein Unternehmen bezogene Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 der Vorschrift kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.

Der Senat folgt der Rechtsprechung des BFH, wonach die von der Klägerin begehrte Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze eine sachgerechte Schätzung i. S. von § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG darstellt (BFH, Urteile vom 17.08.2001 V R 1/01, BStBl II 2002, 833, V R 75/00, BFH/NV 2002, 227, V R 52/00, BFH/NV 2002, 225, V R 28/01, BFH/NV 2002, 228 und V R 32/01, BFH/NV 2002, 229).

In den zitierten Urteilen hat der BFH ausgeführt, dass der Wortlaut des § 15 Abs. 4 UStG nicht eindeutig ist und deshalb verschiedene Zurechnungskriterien als sachgerecht im Sinne einer wirtschaftlichen Zurechnung anzusehen sind. Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des Begriffs der "wirtschaftlichen Zuordnung" ist zu berücksichtigen, dass Art. 17 Abs. 5 und Art. 19 der Richtlinie 77/388/EWG als Regel-Aufteilungsmaßstab von einem Umsatzschlüssel ausgehen, ohne danach zu unterscheiden, ob der Unternehmer den fraglichen Gegenstand angeschafft oder selbst hergestellt hat. Eine diesen Vorgaben entsprechende Aufteilung nach dem Verhältnis der steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätze ist deshalb bei richtlinienkonformer Auslegung auch in Herstellungsfällen als "sachgerecht" i. S. von § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen.

Dass auch andere Maßstäbe in Betracht kommen, ist unerheblich. Selbst wenn es mit Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG vereinbar wäre, bei der Herstellung von Gebäuden die Aufteilung nach dem Flächenschlüssel für die nicht unmittelbar bestimmten Umsätzen zurechenbaren Vorbezüge zwingend vorzuschreiben, würde dies eine entsprechende eindeutige gesetzliche Regelung des nationalen Rechts voraussetzen. Da das UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung keine derartige Regelung enthält, ist eine vom Unternehmer gewählte Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätze nicht zu beanstanden.

Für die Frage, welche Vorsteuerbeträge aufzuteilen sind, kommt es darauf an, ob die entsprechenden Eingangsleistungen sowohl für steuerfreie als auch für steuerpflichtige Umsätze verwendet werden. Leistungen, die der Unternehmer ausschließlich für seine steuerfreien oder ausschließlich für seine steuerpflichtigen Umsätze verwendet, nehmen nicht an der Aufteilung teil, sondern sind direkt den betreffenden Umsätzen zuzuordnen (vgl. z.B. Stadie in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Rz. 878; Lippross, Umsatzsteuer[Grüne Reihe], 21. Auflage, S. 762). Entscheidend ist, ob die von dem Unternehmer bezogenen Leistungen gemischt verwendet werden oder nicht. Entgegen dem BMF-Schreiben vom 24.11.2004 IV A5-S7306-4/04 (BStBl. I 2004, 1125) ist die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG dabei nicht auf solche Gebäudeteile zu beschränken, die tatsächlich gemischt genutzt werden (z.B. Treppenhaus, Heizungskeller, Dach, Außenanlagen etc.). Dies widerspricht dem Gesetz. Denn nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist der Unternehmer berechtigt, die nicht abziehbaren Teilbeträge der Vorsteuer zu schätzen. Beschränkungen, wie sie der BMF aufstellen will, sieht die Regelung nicht vor. Der Umsatzschlüssel ist wie dargestellt eine zulässige Schätzungsmethode. Darüber hinaus bieten weder Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG noch § 15 Abs. 4 UStG eine rechtliche Grundlage dafür, eine einheitliche Leistung, die der Unternehmer empfangen hat, in einzelne Leistungsbestandteile zu zerlegen, um diese Bestandteile dann unmittelbar den steuerfreien oder steuerpflichtigen Umsätzen zuordnen zu können (vgl. FG Brandenburg, Urteil vom 17.10.2005, 1 K 430/03, EFG 2006, 380; Meyer, Anmerkungen zu dem Urteil des Schleswigholsteinischen Finanzgerichts vom 29.11.2005, 4 K 248/00, EFG 2006, 380, 382).

Hiernach haben die Beteiligten sich in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2006 zu Recht darauf verständigt, dass der größte Teil der fraglichen Vorsteuerbeträge gemäß § 15 Abs. 4 UStG auf der Grundlage des Umsatzschlüssels aufzuteilen ist. Denn die entsprechenden Eingangsleistungen betreffen sowohl Gebäudeteile, die für steuerpflichtige als auch Gebäudeteile, die für steuerfreie Umsätze verwendet werden. Damit ist insoweit der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 UStG eröffnet. Dies betrifft auch die in dem Bericht vom 13.07.2001 unter Tz. 12 b1-3 genannten Vorsteuerbeträge (vgl. hierzu auch das Schreiben des Beklagten vom 28.01.2005, Bl. 17 f. der GA). In den entsprechenden Rechnungen über Dachdeckerleistungen, Elektroinstallationen und Fliesenlegerarbeiten ist zwar weitgehend detailliert aufgeschlüsselt, welche Tätigkeiten für welchen Gebäudeteil erbracht wurden; entsprechend den zivilrechtlichen Vereinbarungen ist aber davon auszugehen, dass hier jeweils eine einheitliche Leistung "Gebäudebedachung", "Verfliesung" und "Elektroinstallation" erbracht wurde. Da diese Eingangsleistungen damit sowohl die Ladenlokale als auch den Wohnteil betreffen und daher sowohl für steuerfreie als auch für steuerpflichtige Ausgangsleistungen verwendet wurden, ist eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge gem. § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.

Anders verhält es sich dagegen bei den Vorsteuerbeträgen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Errichtung des Treppenhauses und der Installation der Fahrstuhlanlage in Anspruch nimmt. Hierbei handelt es sich um die in Tz. 10c) des Berichts vom 29.06.2001 aufgeführten Beträge i. H. v. insgesamt 4.408,14 DM und um die in dem Bericht vom 30.07.2001 unter Tz. 12a) aufgeführten Beträge i. H. v. insgesamt 4.250,86 DM. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die entsprechenden Eingangsleistungen räumlich ausschließlich den für steuerfreie Ausgangsumsätze verwendeten Wohnteil des Gebäudes betreffen. Nach Auffassung des Senats sind diese Eingangsleistungen damit auch wirtschaftlich ausschließlich den steuerfreien Ausgangsumsätzen zuzuordnen. Daher ist der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 UStG nicht eröffnet. Vielmehr scheidet hier ein Vorsteuerabzug bereits nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG aus.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger zitierten Urteilen:

In seinem Urteil vom 28.09.2006, V R 43/03, DStR 2006, 2172, hat der BFH entschieden, dass es im Hinblick auf den Vorsteuerabzug bei dem Erwerb und dem erheblichen Umbau eines gemischt genutzten Gebäudes entscheidend darauf ankomme, ob es sich bei den Umbaumaßnahmen nur um Erhaltungsaufwand am Gebäude oder um anschaffungsnahen Aufwand zur Gebäudeanschaffung handele oder insgesamt die Herstellung eines neuen Gebäudes anzunehmen sei. Vorsteuerbeträge, die den Gegenstand (Gebäude) selbst oder die Erhaltung, Nutzung oder Gebrauch des Gegenstandes betreffen, seien - so der BFH - gesondert zu beurteilen. Bei Aufwendungen, die das Gebäude selbst betreffen, komme nur eine Aufteilung der gesamten Vorsteuerbeträge auf der Grundlage von § 15 Abs. 4 UStG nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab - z. B. nach dem Umsatzschlüssel - in Betracht. Der Umfang der abziehbaren Vorsteuerbeträge auf so genannte Erhaltungsaufwendungen an dem Gebäude richte sich danach, für welchen Nutzungsbereich die Aufwendungen vorgenommen würden.

Nach Auffassung des Senats lässt sich aus diesem Urteil nicht der Schluss ziehen, bei der Herstellung von gemischt für steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze genutzten Gebäuden seien grundsätzlich sämtliche Vorsteuerbeträge nach einem einheitlichen Schlüssel aufzuteilen. Auch bei der Herstellung von Gebäuden kommt es auf die Qualität der Eingangsleistungen an. So ging es in dem Fall, den der BFH zu entscheiden hatte, um die Beurteilung der Leistung eines "Generalübernehmers", der mit der Durchführung von Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen zu einem Festpreis beauftragt worden war. Bestünde im Streitfall die fragliche Eingangsleistung in der Erstellung eines Gebäudes als solchem, so wäre die vom Kläger begehrte Aufteilung sämtlicher Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel zutreffend. Denn die Eingangsleistung "Erstellung eines Gebäudes" würde sowohl für steuerpflichtige als auch steuerfreie Umsätze verwendet. Tatsächlich ist die Situation im Streitfall aber völlig anders. Hier hat der Kläger als Bauherr diverse Handwerker und andere Unternehmer mit der Durchführung unterschiedlicher Arbeiten beauftragt. Gegenstand der Leistung war dabei in keinem Fall die Herstellung eines Gebäudes als solchem, sondern z. B. im Hinblick auf die noch streitigen Vorsteuerbeträge die Erstellung eines Treppenhauses und die Installation einer Fahrstuhlanlage. Die Leistungen "Erstellen des Treppenhauses" und "Installation der Fahrstuhlanlage" lassen sich eindeutig den steuerfreien Ausgangsumsätzen zuordnen. Denn das Treppenhaus, in dem sich auch die Aufzugsanlage befindet, ist von den Ladenlokalen aus nicht zu erreichen. Es ist ausschließlich für die Wohnungen nutzbar. Darüber hinaus lassen sich die entstandenen Aufwendungen auch unter Kostengesichtspunkten eindeutig den steuerfreien Ausgangsumsätzen zuordnen.

Auch das Urteil des BFH vom 26.01.2006, V R 36/03, BFH/NV 2006, 1525, führt nach Auffassung des Senats nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar führt der BFH hier unter Berufung auf den EuGH aus, dass bei Gebäuden, die vom Unternehmer nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nicht bestimmte Gebäudeteile, sondern nur der jeweilige prozentuale Anteil des gesamten Gebäudes zuzuordnen sei. Hieraus folgt aber nicht eindeutig, dass auch Eingangsleistungen, die z. B. - wie im Streitfall - räumlich nur den steuerfrei genutzten Gebäudeteil betreffen, als für das Gebäude als Ganzes bezogen gelten sollen. Eine derartige Betrachtungsweise ergibt sich weder zwingend aus dem UStG noch aus der Richtlinie 77/388/EWG. In einem Fall, in dem, wie hier, die Eingangsleistungen räumlich eindeutig den für Wohnzwecke genutzten Gebäudeteil betreffen, ist nach Auffassung des Senats jedenfalls eine eindeutige wirtschaftliche Zuordnung zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen des Klägers möglich.

Schließlich führen auch die durch den Klägervertreter angeführten Urteile des Schleswig-Holsteinischen FG vom 29.11.2005, 4 K 248/00, EFG, 2006, 380; des FG Brandenburg vom 17.10.2005, 1 K 430/03, EFG 2006, 380; des FG Düsseldorf vom 07.11.2003, 1 K 3240/01, Juris Nr: STRE200571498 und des Niedersächsischen FG vom 27.06.2002, 5 K 278/00, DStRE 2003, 1118 (diesen Fall betraf der vom Klägervertreter zitierte Beschluss des BFH vom 29.07.2003, V B 170/02, BFH/NV 2004, 234), nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar sind nach diesen Urteilen die Vorsteuerbeträge für gemischt genutzte Gebäude einheitlich nach dem Umsatzschlüssel aufzuteilen. Aus den jeweiligen Tatbeständen ist aber nicht ersichtlich, dass eine konkrete Zuordnung von Vorsteuerbeträge - wie im Streitfall - möglich gewesen wäre.

Die Höhe der abzugsfähigen Vorsteuerbeträge ermittelt sich nach den obigen Ausführungen wie folgt:

I.

Objekt "L-Stadt", "I-Straße 1"

 Vorsteuern insgesamt:120.473,18 DM
 - 4.408,14 DM
 - 4.250,86 DM
 111.814,18 DM
 x 72,64%
 = 81.221,82 DM

II.

Objekt "H-Straße": 1.387,74 DM

III.

Vorsteuern insgesamt (I+II)= 82.609,56 DM

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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