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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.11.2002
Aktenzeichen: 6 K 5750/99 E
Rechtsgebiete: EStG, KStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
BGB § 107
BGB § 181
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Kläger wurden im Streitjahr als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer bis zum 31.12.1984 einen Gewerbebetrieb mit dem Gegenstand "Handel mit "M-Waren"". Mit notariellem Vertrag vom 28.01.1985 gründete er zusammen mit der Klägerin die "H-GmbH" - nachfolgend GmbH -, an der der Kläger mit 75 %, die Klägerin mit 25 % beteiligt waren. Den Warenbestand des Einzelunternehmens veräußerte der Kläger an die GmbH, wobei der Kaufpreis der GmbH sogleich als Gesellschafterdarlehen zur Verfügung gestellt wurde. Das Gesellschafterdarlehen wurde von der GmbH mit DM 182.253,48 zum 31.12.1985 passiviert. Schriftliche Vereinbarungen über das Darlehen und seine Verzinsung wurden nicht getroffen. Im Anhang zum Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses (erstmals zum 31.12.1996) wurde jeweils eine Verzinsung des Darlehens mit 8% angegeben. Die Zinsen wurden jeweils dem Darlehenskonto gutgeschrieben.

Mit notariellem Vertrag vom 9.3.1995 übertrug der Kläger Anteile von je DM 8.000 am Stammkapital der GmbH auf seine drei Kinder, wobei die beiden seinerzeit minderjährigen Kinder - der Sohn "T" war bereits volljährig - durch einen vom Amtsgericht "F-Stadt" bestellten Ergänzungspfleger vertreten wurden.

Mit Verträgen vom 5.1.1996 schenkte der Kläger seinen Kindern je DM 100.000 seiner Darlehensforderung gegen die "H-GmbH". Mit Verträgen vom gleichen Tag gewährten die Kinder der GmbH jeweils ein Darlehen von DM 100.000 mit einer Laufzeit von 5 Jahren und einer erstmaligen Kündigungsmöglichkeit zum 31.12.2001. Die minderjährigen Kinder wurden dabei von ihrer Mutter vertreten.

Im Rahmen einer vom Beklagten bei der GmbH durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Zinszahlungen an den Kläger stellten verdeckte Gewinnausschüttungen - vGA - dar, weil Zinsvereinbarungen nachgeschrieben worden seien. Die Darlehensverträge zwischen den Kindern und der GmbH seien aber steuerlich anzuerkennen.

Der Beklagte änderte dementsprechend den Einkommensteuerbescheid 1996 gemäß

§ 173 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -.

Auf Grund des dagegen eingelegten Einspruchs änderte der Beklagte erneut den Bescheid, wobei er nunmehr in den Zinszahlungen an den Kläger keine vGA mehr sah, wohl aber die Zinszahlungen an die Kinder als vGA an den Kläger behandelte. Zur Begründung führte er aus, dass zwar die Darlehensvereinbarung zwischen dem Kläger und der GmbH steuerlich anzuerkennen sei. Es könne nämlich aus der Durchführung des Vertrages auf seine vorherige und eindeutige Vereinbarung geschlossen werden. Die Zahlungen an die Kinder stellten aber vGA dar, weil die Schenkungen der Darlehensforderungen mangels wirksamer Vertretung der Kinder unwirksam seien.

Dagegen wenden sich die Kläger mit vorliegender Klage.

Die Kläger sind der Ansicht, eine vGA an den Kläger liege nicht vor. Die Schenkung der Darlehensforderung an die Kinder sei wirksam, da sie ausschließlich mit einem rechtlichen Vorteil für die Kinder verbunden gewesen sei. Die Zinsen seien den Kindern als Einkünfte zuzurechnen.

Darüber hinaus sei für das Kind "T" ein Kinderfreibetrag zu gewähren. Das ursprüngliche Begehren, auch einen Ausbildungsfreibetrag für das Kind "T" anzuerkennen, haben die Kläger nicht weiterverfolgt.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 23.8.1999 und Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1996 die vGA i.H.v. 16.168 DM nicht anzusetzen und den Kinderfreibetrag für das Kind "T" zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Berücksichtigung des beantragten Kinderfreibetrages abzuweisen.

Er meint, die Zinszahlungen an die minderjährigen Kinder stellten deshalb vGA an den Kläger dar, weil eine Schenkung unter Auflagen vorliege. Er ist nunmehr zwar der Ansicht, die wegen § 518 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - zunächst unwirksame Schenkung sei durch den Abschluss der Darlehensverträge zwischen den Kindern und der GmbH gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt worden, so dass die geschenkten Beträge zur Darlehensgewährung durch die Kinder zur Verfügung gestanden hätten. Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. April 1999 (IV R 60/98, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1999, 524) trägt er aber vor, es fehle an einer betrieblichen Veranlassung, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer seinen Kindern Geldbeträge unentgeltlich zuwende und die Kinder diese sogleich als Darlehen zur Verfügung zu stellen hätten.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat zu Unrecht die Zinszahlungen an die minderjährigen Kinder als verdeckte Gewinnausschüttungen an den Kläger angesehen und dem Kläger als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet. Ebenfalls zu Unrecht hat er bislang den Kinderfreibetrag für das Kind "T" verweigert.

Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG - gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Zu den sonstigen Bezügen i. S. dieser Vorschrift können auch verdeckte Gewinnausschüttungen gehören. Nach Rechtsprechung des BFH sind verdeckte Gewinnausschüttungen i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz - KStG - bei Kapitalgesellschaften Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages nach § 4 Abs. 1 EStG auswirken und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung stehen (seit dem BFH-Urteil vom 1. Februar 1989 I R 73/85, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1989, 522 ständige Rechtsprechung). Bei einem beherrschenden Gesellschafter ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch dann anzunehmen, wenn es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt von der Kapitalgesellschaft gezahlt werden soll (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1989 I R 99/87, BStBl II 1990, 454 m. w. N.).

Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist das körperschaftsteuerliche Einkommen der Kapitalgesellschaft um die eingetretene Vermögensminderung bzw. die verhinderte Vermögensmehrung zu erhöhen, unabhängig davon, ob bei dem betreffenden Gesellschafter ein entsprechender Vorteil zugeflossen ist (vgl. die BFH-Urteile vom 22. Februar 1989 I R 44/85, BStBl II 1989, 475 und I R 9/85, BStBl II 1989, 631).

Bei dem betreffenden Gesellschafter kann eine verdeckte Gewinnausschüttung jedoch nur in dem Umfang und erst in dem Zeitpunkt als Kapitalertrag i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfasst werden, in dem ihm ein Vorteil i. S. von § 8 EStG als Einnahme gem.

§ 11 EStG zugeflossen ist. Ein Zufluss einer verdeckten Gewinnausschüttung bei einem Gesellschafter kann nach der Rechtsprechung des BFH auch dann vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft einer dem Gesellschafter nahestehenden Person einen Vorteil zuwendet (vgl. BFH-Urteile vom 29. September 1981 VIII R 8/77, BStBl II 1982, 248; vom 23. Oktober 1985 I R 247/81, BStBl II 1986, 195; vom 1. Oktober 1986 I R 54/83, BStBl II 1987, 459; vom 18. Dezember 1996, BStBl II 1996, 301).

Die Zinszahlungen an die minderjährigen Kinder sind keine vGA an den Kläger.

Es fehlt bereits an der Veranlassung der Zahlung durch das Gesellschaftsverhältnis. Die Zinszahlungen auf das Darlehen sind ausschließlich betrieblich und zwar durch die wirksam zwischen der GmbH und dem Kläger im Jahre 1985 geschlossene Darlehensvereinbarung veranlasst. Die Wirksamkeit der Darlehensvereinbarung und ihre betriebliche Veranlassung wird auch vom Beklagten nicht bestritten. So führt er in der Einspruchsentscheidung aus, dass die von der GmbH an den Kläger gezahlten Darlehenszinsen als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Zurecht war bereits der Prüfer davon ausgegangen, dass aus der tatsächlichen Zahlung der Zinsen (Gutschrift auf dem Darlehenskonto des Klägers) auf eine im voraus getroffene und damit wirksame Darlehensvereinbarung zwischen der GmbH und dem Kläger geschlossen werden muss (vgl. zu "dauernde Übung" z.B.: BFH Urteil vom 24. Januar 1990 I R 157/86, BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645).

Die Annahme einer vGA lässt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Schenkung der Darlehensforderung mit anschließendem Abschluss eines schriftlichen Darlehensvertrages zwischen der GmbH und den Kindern stützen.

Zutreffend geht nunmehr auch der Beklagte davon aus, dass die Darlehensforderung - anteilig - mit der Schenkung vom 5.1.1996 wirksam auf die Kinder übertragen wurde. Zu Recht weist er darauf hin, dass eine Schenkung an einen Minderjährigen durch seinen gesetzlichen Vertreter (idR die Eltern), ohne dass der Minderjährige durch einen Ergänzungspfleger vertreten wird, nur dann wirksam ist, wenn diese für ihn ausschließlich rechtlich vorteilhaft ist (§§ 107, 181 BGB). Die schenkweise übertragene Darlehensforderungen gegen die GmbH stellt aber ausschließlich einen rechtlichen Vorteil dar. Die Darlehens(teil)forderungen wurden von dem Kläger unverändert so an seine Kinder übertragen, wie sie zum Schenkungszeitpunkt bestanden. Es ist auch nicht erkennbar, dass die schenkweise Übertragung der Darlehensforderungen mit einer Auflage verbunden gewesen ist. Es handelt sich bei der Schenkung des Klägers eben nicht um eine Überlassung von Geld unter der Auflage, dieses unmittelbar als Darlehen zur Verfügung zu stellen. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, über den der BFH in dem von dem Beklagten angeführten Urteil (Urteil vom 15. April 1999 IV R 60/98, BStBl II 1999, 524) zu befinden hatte.

Auch aus dem nach der Abtretung der Darlehensforderung zwischen den minderjährigen Kindern und der GmbH geschlossenen Darlehensvertrag kann nicht auf eine vGA an den Kläger geschlossen werden. Zwar könnte sich aus der Überlegung heraus, dass der Darlehensvertrag mit der Festschreibung auf fünf Jahre gegenüber der bisherigen Rechtslage (gesetzliche Kündigungsfrist) nicht als bloß rechtlich vorteilhaft angesehen werden könnte, ergeben, dass der Darlehensvertrag vom 5.1.1996 mangels ordnungsgemäßer Vertretung unwirksam ist. Die Folge der Unwirksamkeit wäre aber lediglich, dass die wirksame abgetretene Darlehensforderung mit gesetzlicher Kündigungsmöglichkeit unverändert fortbestehen bliebe.

Die Zinsen sind auch nicht unmittelbar als Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen zu erfassen, weil der Kläger im Zeitpunkt der streitigen Zinszahlungen nicht mehr Inhaber der Darlehens-teil-forderungen war. Selbst eine Unwirksamkeit des von den Klägern geschlosssenen Darlehensvertrages vom 5.1.1996 würde nicht zur Unwirksamkeit der schenkweisen Abtretung der Darlehensforderung führen. Es handelt sich bei der Schenkung und dem Darlehensvertrag um zwei unabhängig voneinander zu betrachtende Rechtsgeschäfte und nicht um verbundene Verträge die miteinander "stehen und fallen". Beide Verträge besitzen jeweils einen eigenen rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt und sind jeweils ohne den anderen Vertrag alleine rechtlich wirksam und wirtschaftlich sinnvoll. Eine einheitliche verbundene Behandlung von Schenkung und Darlehen war von den Beteiligten auch nicht gewollt. Dies zeigt sich schon daran, dass sowohl die Schenkung als auch die Darlehensgewährung mit jeweils einer selbständigen Urkunde vereinbart wurden und die minderjährigen Kinder anders als bei Entgegennahme der Schenkung bei Abschluss der Darlehensvereinbarung zugleich von ihrer Mutter (der Klägerin) vertreten wurden. Anhaltspunkte für einen anderweitigen Willen der Beteiligten liegen nicht vor.

Zutreffend hat der Beklagte sich bereit erklärt, den Kinderfreibetrag für den Sohn "T" zu berücksichtigen. Die Einkünfte des Kindes lagen im Streitjahr mit DM 11.952 unter dem "schädlichen Betrag" nach § 32 Abs. 4 EStG.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

Ende der Entscheidung

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