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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.11.2007
Aktenzeichen: 7 K 1270/06 L,H(L)
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 191 Abs. 1
EStG § 42d Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie betreibt eine Druckerei und entstand im Jahr 1999 durch die Verschmelzung der Fa. A GmbH und der Firma B.

Im Jahr 2000 beauftragte die Klägerin eine Unternehmensberatung, ein Strategie- und Restrukturierungskonzept zur Sicherung des Unternehmens zu erstellen (vgl. Gutachten Juli 2000 Blatt 63 ff der Gerichtsakte). Ausweislich Seite 38 dieses Konzeptes (vgl. Blatt 100 der Gerichtsakte) sollten seinerzeit die Mitarbeiter der Klägerin als teilweisen Ausgleich bzw. zur Hebung der Motivation eine stille Beteiligung erhalten, wobei der Grundstock in Höhe von 1000,- DM über eine Schenkung des Unternehmens erfolgen sollte (3 Jahre á 333,- DM). Die Mindestverzinsung sollte 5% betragen, die Maximalverzinsung 100%, maximal aber 10% des Unternehmensgewinns.

Die Klägerin schrieb wegen ihrer Liquiditätsprobleme ihre Arbeitnehmer wie folgt an (vgl. Blatt 38 der Gerichtsakte):

"...wie Ihnen bereits bekannt ist, haben wir durch den Zahlungsausfall der Fa. E in Höhe von ca. 2,2 Millionen DM ein Liquiditätsproblem bei uns im Hause......

Um dieses Liquiditätsproblem zu beheben, möchten wir Sie bitten, Ihre Zustimmung zur Variabilisierung von Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung über einen Zeitraum von 3 Jahren zu geben. Das heißt:

Die Zahlungen fallen während dieses Zeitraums nicht weg, sondern werden je nach Liquiditätslage anteilig oder voll ausgezahlt...

Nach Ablauf der drei Jahre wird die Auszahlung wieder gemäß Tarifvertrag erfolgen, evtl. noch ausstehende Beträge werden als "Mitarbeiterguthaben" berücksichtigt und vorrangig ausgezahlt.

Als Ausgleich erhalten die Mitarbeiter eine Stille Beteiligung, wobei der Grundstock in Höhe von 1.000 DM über eine Schenkung durch das Unternehmen erfolgt. .....

Anlage: Individualvertragliche Ergänzung zum Arbeitsvertrag"

Mit jedem Arbeitnehmer, der dieser Variabilisierung durch eine individualvertragliche Ergänzung zum Arbeitsvertrag zustimmte, wurde zusätzlich eine schriftliche "Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung" abgeschlossen, mit folgendem auszugsweisen Inhalt (vgl. Vereinbarung vom 22.03.2001 mit F als Musterbeispiel; vgl. Protokoll des Erörterungstermins vom 13.06.2007 Blatt 43 der Gerichtsakte):

"Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung

§ 1 Stille Gesellschaft, Einlage

(1) A bietet Mitarbeitern die Möglichkeit, über eine stille Beteiligung gegen Einlage am Unternehmenserfolg teilzunehmen. Insgesamt können die Mitarbeiter DM 350.000 Einlagen übernehmen. Ein Grundstock von je DM 1000 wird über vier Jahre verteilt und von A zur Verfügung gestellt. Dies vorausgeschickt...

(2) A schreibt jeweils mit Wirkung zum Jahresende Herrn F in den Jahren 2001, 2002 und 2003 DM 300 und im Jahr 2004 100 DM auf die Beteiligung gut. Diese Beträge sind ab dem Geschäftsjahr der Gutschrift gewinnberechtigt.

(3) Herr F kann die stille Beteiligung durch Einzahlung um bis zu weitere DM 1.000 auf 2.000 aufstocken...

§ 2 Gewinnermittlung und -verteilung

(1) Für die Gewinnbeteiligung der stillen Gesellschafter ist von dem Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag auszugehen, der sich ergibt...

(3) Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters für jedes Geschäftsjahr beträgt mindestens 5% (fixer Anteil)und höchstens 100% (variabler Anteil) seiner Einlage. Der Mindestgewinnanteil von 5% wird unabhängig von der Höhe des verteilungsfähigen Gewinns garantier. Eine Beteiligung am Verlust findet nicht statt.

§ 3 Informations- und Kontrollrechte

(1) Der stille Gesellschafter kann, auch zusammen mit anderen stillen Gesellschaftern, den Jahresabschluss von einem durch ihn zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer auf eigene Kosten prüfen lassen. ..

(2) Weitergehende Informations- und Kontrollrechte stehen dem stillen Gesellschafter nicht zu.

§ 4 Laufzeit, Beendigung der stillen Beteiligung

(1) Die stille Beteiligung wird auf unbestimmte Dauer eingegangen.

(2) Die stille Beteiligung kann von den Vertragspartnern ordentlich erstmals zum 31.12.2011 mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden...

(3) Sofern der stille Gesellschafter als Arbeitnehmer aus dem Unternehmen ausscheidet, kann A die stille Beteiligung auch vor Ablauf der Mindestlaufzeit.....zum Ende des laufenden Kalenderjahres kündigen.."

Zum Jahresende der Jahre 2001, 2002 und 2003 schrieb die Klägerin entsprechend der Vereinbarung in ihrem Jahresabschluss den Beteiligungskonten der annehmenden Arbeitnehmer jeweils 300,- DM gut. Ein weiterer Betrag von 100,- DM wurde zum 31.12.2004 gutgeschrieben.

Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, wurden die Gewinne aus der Mitarbeiterbeteiligung (vgl. § 2 der Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung) den Arbeitnehmern jeweils bei Fälligkeit mit der Lohnabrechnung ausbezahlt (vgl. Protokoll des Erörterungstermins vom 13.06.2007, Blatt 42 der Gerichtsakte).

Im Jahr 2004 fand bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Geprüft wurde der Zeitraum 01.09.2001 bis 31.05.2004. Der Prüfer war u. a. der Ansicht (vgl. Tz. 6 des Prüfungsberichtes vom 21.10.2004), dass die Gewährung der Gewinnanteile eine Barlohn-Umwandlung darstelle. Es sei von einem Zufluss des Arbeitslohns und einem anschließenden Erwerb der Anteile auszugehen. Der Mitarbeiter beteilige sich mit eigenem Kapital am arbeitgebenden Unternehmen. Da für den Arbeitslohn keine Lohnsteuer einbehalten worden sei, hafte der Arbeitgeber gemäß § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG neben dem Arbeitnehmer für die Lohnsteuer. Da es sich um eine größere Anzahl von Arbeitnehmern handele, sei die Inanspruchnahme der Klägerin ermessensfehlerfrei. Die Klägerin hafte insoweit für folgende Beträge (Anlage 1):

 EURLohnsteuerSolidaritätszu.Ev. Kirchenst.rk Kirchenst.
20015.181,43284,9254,18353,43
20025.298,00291,2956,74354,74
20034.859,00267,1550,85317,97
Summe15.338,43843,36161,761.026,14

Insgesamt 17.369,69 EUR

Auf den weiteren Inhalt des Prüfungsberichtes vom 21.10.2004 wird verwiesen.

Der Beklagte folgte der Ansicht des Prüfers und erließ am 25.10.2004 einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Die Klägerin hafte für die Lohnsteuer, da sie diese in unzutreffender Höhe einbehalten und abgeführt habe. Sie werde als Haftende in Anspruch genommen, weil sie sich hiermit einverstanden erklärt habe, die Haftung des Arbeitgebers als Vereinfachung diene, weil der gleiche Fehler bei einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern gemacht worden sei und weil eine Haftung nicht unbillig erscheine; insbesondere ein entschuldbarer Rechtsirrtum nicht vorliege.

Hiergegen legte die Klägerin am 17.11.2004 Einspruch ein und führte zur Begründung aus: Die Gutschriften auf den Beteiligungskonten der Arbeitnehmer seien unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht im Sinne von § 11 Abs. 2 EStG zugeflossen (Hinweis auf BFH-Urteile vom 11.05.1999 VIII R 70/95, BFH/NV 2000, 18 kein Zufluss bei Gutschrift in Buchhaltung; vom 14.02.1984 II BStBl 1984, 480; vom 02.09.1994 VI R 35/94, BFH/NV 1995, 208 kein Zufluss bei gestundeter Gehaltsforderung wegen Liquiditätsschwierigkeiten; vom 16.04.1999, BStBl II 2000, 408 zur Gruppenunfallversicherung). Zum einen hätten die Arbeitnehmer auf einen Teil ihrer zukünftigen Gehaltsforderungen verzichtet und der Umwandlung in eine stille Beteiligung zugestimmt. Zum anderen seien die stillen Beteiligten bis zum 31.12.2011 daran gehindert, über die gutgeschriebenen Beträge zu verfügen. Es fehle somit an der für Arbeitslohn notwendigen wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Bei den Zinsen aus der Kapitalüberlassung handle es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 06.03.2006 wies der Beklagte den Einspruch teilweise als unbegründet zurück. Soweit die Klägerin bei Ausscheiden einzelner Arbeitnehmer und entsprechender Auszahlung des Beteiligungsguthabens tatsächlich eine Lohnversteuerung vorgenommen habe, ohne dass dies im angefochtenen Haftungsbescheid berücksichtigt worden sei, verminderte der Beklagte die Haftungsschuld wie folgt:

 EURLohnsteuerSolidaritätszu.Ev. Kirchenst.rk Kirchenst.
2001533,7929,35 37,90
2002442,0024,30 31,95
2003275,0015,11 19,62
Summe1.250,7968,76 89,47

Insgesamt 1.409,02 EUR

Darüber hinaus sei der Einspruch unbegründet. Mit Gutschrift der Beteiligung sei den Arbeitnehmern der Klägerin Arbeitslohn zugeflossen. Die Arbeitnehmer seien mit Gutschrift Eigentümer der Beteiligung geworden und hätten wirtschaftlich darüber verfügen können. Die Kündigungsvereinbarung (erstmals zum 31.12.2011) stünde dem nicht entgegen, da das Recht des Arbeitnehmers auf den Wert der stillen Beteiligung unwiderruflich - ohne Entzugsmöglichkeit durch die Klägerin - mit Gutschrift zugeflossen sei. Die Vereinbarung sei lediglich eine privatrechtliche Vertragsgestaltung. Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung sei mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Im übrigen sei die Inanspruchnahme ermessensfehlerfrei.

Mit der hiergegen erhobenen Klage wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen und trägt ergänzend vor:

Der angefochtene Bescheid sei insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die als stille Beteiligung gutgeschriebenen Beträge der Lohnsteuer unterworfen und die Klägerin hierfür in Haftung genommen habe. Es handle sich bei den für die stille Beteiligung zur Verfügung gestellten Beträgen zwar um Arbeitslohn, der jedoch den Arbeitnehmern nicht zugeflossen sei, sondern zur Stärkung der Liquidität im Unternehmen habe verbleiben sollen.

Der Beklagte habe in seiner Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt, dass ein Lohnzufluss deshalb nicht stattgefunden habe, weil die Arbeitnehmer die betreffenden Lohn- und Gehaltsteile dem Arbeitgeber in dessen Interesse belassen hätten, obwohl ihnen eher an einer Auszahlung gelegen gewesen wäre. Ziel des Sanierungskonzeptes sei es gewesen, die streitigen Arbeitslohnbestandteile darlehensweise im Unternehmen zu belassen.

Die Arbeitnehmer hätten auch keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Beträge erlangt. Aufgrund der getroffenen Vereinbarung sei keine Möglichkeit vorhanden, die Auszahlung der Beträge vor dem 31.12.2011 zu verlangen. Auch die Tatsache, dass aus der Beteiligung die Erträge zugeflossen seien, führe nicht zu Arbeitslohn. Es handle sich bei den Erträgen um Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Im Streitfall seien die Gutschriften der insgesamt 1.000 DM pro Arbeitnehmer noch nicht zugeflossen, weil die Arbeitnehmer keine Dispositionsbefugnis bezüglich der gutgeschriebenen Beträge gehabt hätten (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14.05.1982 VI R 124/77, BStBl II 1982, 469). Die Arbeitnehmer hätten die Betriebsvereinbarung nicht beeinflussen können, sondern nur wie angeboten, ablehnen oder annehmen können. Es werde außerdem auf die Aussetzung der Regelung über Sonderzahlung bis 2009 hingewiesen (vgl. Seite 7 des Berichtes über den Jahresabschluss 2004; Blatt 62 der Gerichtsakte).

Soweit der BFH im Urteil vom 14.05.1982 (BStBl II 1982, 469) einen Zufluss der gutgeschriebenen Beträge bei einer stillen Gesellschaft annehme, sei dies mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Ziel der Vereinbarung der Klägerin mit den Arbeitnehmern sei es gewesen, Lohnbestandteile nicht auszuzahlen, sondern als Kapital im Unternehmen zu halten und zusätzliches zinsgünstiges Kapital von den Arbeitnehmern zu erlangen, um u. a. das Fortbestehen der Arbeitsplätze zu sichern. Das für eine stille Gesellschaft erforderliche gesellschaftsrechtliche Element sei mit der stillen Beteiligung nicht verbunden gewesen. Die für einen stillen Gesellschafter üblichen Mitsprache- und Kontrollrechte (vgl. § 233 Abs. 1 HGB) hätten die Arbeitnehmer nicht inne gehabt (vgl. § 3 Abs. 2 der Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung).

Der Streitfall sei vergleichbar mit dem vom BFH entschiedenen Fall vom 12.02.1992 (BStBl II 1992, 468), in dem ein Zufluss verneint wurde, wenn ein Vater sich mit notariellem Vertrag verpflichtet, seinen Kindern Geldbeträge zuzuwenden, die die Kinder dem Vater sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung zu stellen haben. Dies stelle zivilrechtlich und wirtschaftlich lediglich ein befristetes Schenkungsversprechen dar.

Darüber hinaus habe das Zurverfügungstellen des Kapitals ausschließlich im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gestanden. Die Arbeitnehmer hätten wegen der minimalen Verzinsung überhaupt kein Interesse an der Gewährung der stillen Beteiligung gehabt.

Anders als der in den Richtlinien R 77 Abs. 4 LStR umschriebene Sachverhalt handle es sich bei der Variabilisierungsregelung gerade nicht um bereits geschuldete Arbeitslöhne, sondern um künftige arbeitsvertraglich noch nicht erdiente Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer.

Diejenigen Arbeitnehmer, die der Variabilisierung der Sonderzahlungen nicht zugestimmt hätten, hätten keine 13. Gehaltszahlung (vgl. Protokoll es Erörterungstermins vom 13.06.2007 Blatt 42 der Gerichtsakte) bekommen.

Ergänzend hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Arbeitnehmer, die der Variabilisierung zugestimmt hätten, letztendlich ebenfalls komplett auf die Sonderzahlungen verzichtet hätten, es sei zu keiner Auszahlung gekommen. Die anderen Arbeitnehmer, die der Variabilisierung nicht zugestimmt hätten, seien nunmehr nicht mehr für die Klägerin tätig. Ihnen sei gekündigt worden.

Außerdem trägt die Klägerin nunmehr vor: Bei der mit den Arbeitnehmern abgeschlossenen "Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung" handle es sich nicht um eine stille Gesellschaft, sondern um ein partiarisches Darlehen. Ein gesellschaftsrechtliches Element sei mit der Beteiligung nicht verbunden gewesen. Die Arbeitnehmer hätten nicht die für einen stillen Gesellschafter üblichen Mitsprache- und Kontrollrechte.

Die Klägerin hat zunächst beantragt (vgl. Blatt 2),

den Haftungsbescheid vom 25.10.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.03.2006 zu ändern und die Haftungssumme um folgend sich aus Tz. 6 und Anlage 1 des Berichtes über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 17.09.2004 ergebenden Beträge zu mindern:

 EURLohnsteuerSolidaritätszu.Ev. Kirchenst.rk Kirchenst.
20015.181,43284,9254,18353,43
20025.298,00291,2956,74354,74
20034.859,00267,1550,85317,97
Summe15.338,43843,36161,761.026,14

Insgesamt 17.369,69 EUR

sie beantragt nunmehr

die Haftungssumme um folgende Beträge zu mindern:

 EURLohnsteuerSolidaritätszu.Ev. Kirchenst.rk Kirchenst.
20014.647,64255,5741,98315,53
20024.856,00266,9936,98322,79
20034.584,00252,0429,58298,35
Summe14.087,64774,60108,54936,67

Insgesamt 15.907,45 EUR

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor: Die Einräumung der stillen Beteiligung und die Gutschrift der Anteile sei als Arbeitslohn anzusehen. Mit der entsprechenden Gutschrift sei der Arbeitslohn auch zugeflossen, denn die Arbeitnehmer seien Eigentümer der Beteiligung geworden und gleichzeitig hätten sie auch die wirtschaftliche Verfügungsmacht erhalten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass den Arbeitnehmern aus der Beteiligung entsprechende Erträge zugestanden hätten und ihnen diese auch zugeflossen seien. Zudem seien bei Kündigung die gutgeschriebenen Beträge ausgezahlt worden. In der Gutschrift der stillen Beteiligung sei auch nicht lediglich das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen. Wie in der Zustimmungsvereinbarung ausgeführt, handle es sich um eine Schenkung der Klägerin an ihre Mitarbeiter. Auch wenn die stille Beteiligung als Ausgleich dafür, dass die Sondervergütung erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt werde, anzusehen sei, stelle ein solcher Ausgleich Arbeitslohn dar.

Selbst wenn den Arbeitnehmern nach dem Vortrag der Klägerin nicht sämtliche Kontrollrechte nach § 233 HGB zustünden, stehe dies dem vom Beklagten angenommenen Zufluss im Zeitpunkt der Gutschrift der stillen Beteiligung nicht entgegen. In dem Urteil des BFH vom 14.05.1982 (BStBl II 1982, 469) habe der BFH den Zufluss u.a. deshalb verneint, weil es - anders als in dem hier vorliegenden Streitfall - nicht dem Willen der Arbeitgeberin und der Arbeitnehmer entsprach, eine stille Gesellschaft zu gründen.

§ 19 a EStG kommen schon deshalb nicht zur Anwendung, weil es sich bei der stillen Beteiligung nicht um zusätzlichen Arbeitslohn handle (vgl. R 77 abs. 4 LStR 2005).

In der mündlichen Verhandlung stellt der Beklagte klar, dass der Vortrag (vgl. Blatt 12 der Gerichtsakte), die stille Beteiligung sei nicht an die Stelle des Anspruchs auf Sonderzahlung getreten und es liege keine Schuldumwandlung (Novation) vor, nicht mehr aufrecht erhalten werde.

Am 13.06.2007 hat vor der Berichterstatterin ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf den Inhalt des Protokolls vom 13.06.2007 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Beklagte war gemäß § 191 Abs. 1 Abgabenordnung -AO- i. V. m. § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG berechtigt einen Haftungsbescheid gegen die Klägerin zu erlassen.

Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme der Klägerin sind erfüllt.

Gemäß § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Die Klägerin hatte als Arbeitgeberin für die bei ihr tätigen Arbeitnehmer die Lohnsteuern in der jeweils zutreffenden Höhe einzubehalten und abzuführen. Dies ist in dem streitigen Zeitraum 01.09.2001 bis 31.05.2004 nicht in der vollen Höhe geschehen.

Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den Gutschriften der Klägerin auf den Beteiligungskonten der Arbeitnehmer in Höhe von 300,- DM jeweils zum Jahresende der Jahre 2001, 2002 und 2003 um Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 EStG handelt, die den Arbeitnehmern der Klägerin im Zeitpunkt der Gutschrift auch zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 EStG).

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG Löhne, Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt werden. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Die Einnahmen werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind (vgl. auch § 2 Abs. 1 Lohnsteuerdurchführungsverordnung). Die berufliche Veranlassung liegt vor, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteile vom 22.03.1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 22.03.1985 VI R 26/82, BFHE 143, 539, BStBl II 1985, 64; vom 11.03.1988 VI R 106/84, BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726, und vom 26.06.2003 VI R 112/98, BFHE 203, 53, BStBl II 2003, 886).

Nach diesen Grundsätzen sind die Gutschriften von 300,- DM pro Jahr und Arbeitnehmer - wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist - den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zuzuordnen, da der wesentliche Veranlassungszusammenhang bei den Einkünften aus § 19 EStG liegt und ein anderer Veranlassungszusammenhang weder vorgetragen, noch ersichtlich ist. Die Klägerin gewährte ihren Arbeitnehmern den Grundstock im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft. Ausweislich § 1 des "Vertrages über eine stille Mitarbeiterbeteiligung" stellte die Klägerin nur ihren Mitarbeitern und keinem Dritten den Grundstock von je 1.000,- DM zur Verfügung. Nur den Arbeitnehmern, die der Variabilisierung ihrer tariflich geschuldeten Sonderzahlungen zustimmten, wurde dieser Grundstock überlassen. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und die Zustimmung zur Variabilisierung der 13. Sonderzahlung waren notwendige Voraussetzung für die Überlassung des Grundstocks. Die Arbeitnehmer sollten die Möglichkeit haben, über eine stille Beteiligung gegen Einlage am Unternehmenserfolg teilzunehmen. Der zur Verfügung gestellte Betrag, sollte zum einen zur Hebung der Motivation (vgl. Konzept, Blatt 100 der Gerichtsakte) dienen, zum anderen aber hauptsächlich als Ausgleich für nicht gezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen für bereits erbrachte Tätigkeit, denn der Grundstock wurde in Teilbeträgen jeweils zum abgelaufenen Jahr gutgeschrieben. Für dieses jeweils abgelaufene Geschäftsjahr wäre eine Auszahlung der 13. Sonderzahlung nach der Variabilisierungsvereinbarung aber nur für den Fall erfolgt, dass mindestens 3% +x Unternehmensrendite erwirtschaftet wird (vgl. Blatt 34 der Gerichtsakte). Dieser Fall ist aber nach dem Vortrag der Klägerin nie eingetreten und die Arbeitnehmer haben letztendlich für die hier streitigen Geschäftsjahre 2001 bis 2003 überhaupt keine 13. Sonderzahlung erhalten.

Entgegen der Ansicht der Klägerin haben ihre Arbeitnehmer den Arbeitslohn in Form des zur Verfügung gestellten Grundstocks auch bezogen, denn ihnen ist der jeweilige Betrag eine juristische Sekunde vor der Gutschrift auf dem Beteiligungskonto zugeflossen (§ 38 a Abs. 1 S. 3 EStG, § 11 EStG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. nur BFH-Urteil vom 01.02.2007 VI R 73/04, BFH/NV 2007, 896; BFH-Urteil vom 23.06.2005 VI R 124/99, BStBl II, 766), der sich der Senat anschließt, ist der Begriff "Zufließen" in § 11 Abs. 1 S. 1 EStG wirtschaftlich auszulegen. Danach liegt ein Zufluss erst mit der tatsächlichen Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut vor; das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolges oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen. Die Form des Übergangs der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ist unerheblich. Ob im Einzelfall die wirtschaftliche Verfügungsmacht übergegangen ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles (vgl. BFH-Urteil vom 01.10.1993 III R 32/02, BStBl II 1994, 179).

Im Falle einer Gutschrift in den Büchern des Schuldners ist ein Zufluss dann anzunehmen, wenn die Gutschrift "nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung darstellt, sondern darüber hinaus zum Ausdruck bringt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht" (vgl. BFH-Urteil vom 14.05.1982 VI R 124/77, BStBl II 1982, 469).

So verhält es sich im Streitfall. Aufgrund der Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung (vgl. § 1) sagte die Klägerin den Arbeitnehmern zu, einen Grundstock von je 1.000,- DM zur Verfügung zu stellen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung war der Zufluss des Betrages auch unstreitig noch nicht verwirklicht. Erst durch die Gutschrift auf den Beteiligungskonten in Höhe von 300,- DM jeweils mit Wirkung zum Jahresende wurde die von der Klägerin aufgrund der Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung geschuldete Leistung tatsächlich erbracht, und der Vorteil in Höhe des gutgeschriebenen Betrages ist den Arbeitnehmern zu diesem Zeitpunkt zugeflossen.

Durch die Gutschrift hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass die Arbeitnehmer nunmehr in Höhe des gutgeschriebenen Betrages an dem Unternehmen der Klägerin beteiligt sind. Die Klägerin hat ihren Arbeitnehmern hierdurch sowohl das wirtschaftliche als auch das zivilrechtliche Eigentum an dem gutgeschriebenen Geldbetrag verschafft. Den Arbeitnehmern stand der jeweils gutgeschriebene Betrag zur Verwendung für die Mitarbeiterbeteiligung zur Verfügung.

Dass die Arbeitnehmer in der Frage, "wie" sie den gutgeschriebenen Betrag verwenden, durch die Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung gebunden waren, steht dem nicht entgegen, denn ein Zufluss von Arbeitslohn ist auch zu bejahen, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft (vgl. BFH-Urteil vom 16.4.1999 VI R 66/97, BFHE 188, 338, BStBl II 2000, 408; BFH-Urteil vom 23.06.2005 VI R 124/99, BStBl II, 766). Hier wurde den Arbeitnehmern zwar durch die Gutschrift kein Anspruch gegen einen Dritten verschafft, der Streitfall ist aber insoweit vergleichbar, als die Arbeitnehmer ebenfalls durch die Überlassung des Geldbetrages für eine Mitarbeiterbeteiligung und die tatsächliche Einräumung dieser Beteiligung (Gutschrift auf dem Beteiligungskonto) einen eigenen unentziehbaren Anspruch auf ihren Gewinnanteil gemäß § 2 der Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung hatten. Dieser Gewinnanteil wurde den Arbeitnehmern von der Klägerin auch tatsächlich ausgezahlt und - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - bei den Arbeitnehmern als Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Arbeitnehmer hätten keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Beträge erlangt, weil aufgrund der getroffenen Vereinbarung keine Möglichkeit vorhanden gewesen sei, die Auszahlung der Beträge vor dem 31.12.2011 zu verlangen, so ist dem nicht zu folgen.

Der Behauptung, es habe "keine" Möglichkeit gegeben, die Auszahlung der Beträge zu verlangen, steht bereits entgegen, dass denjenigen Arbeitnehmern, die vor dem Jahr 2011 das Unternehmen verlassen haben, die Beträge ausgezahlt worden sind.

Darüber hinaus kommt es hier aber auf die Tatsache, dass die Beteiligung auf unbestimmte Dauer eingegangen wurde und eine ordentliche Kündigung erstmals zum 31.12.2011 vereinbart war (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 der Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung), nicht an. Im Streitfall ist der Arbeitslohn zugeflossen,bevordie Arbeitnehmer jeweils die 300,- DM der Klägerin wieder überlassen haben. Für die Begründung einer Mitarbeiterbeteiligung in Form einer stillen Gesellschaft hat nämlich der stille Gesellschafter eine Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht (vgl. § 230 HGB). Ebenso muss auch bei einem partiarischen Darlehen der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die Darlehensvaluta, die in das Eigentum des Darlehensnehmer übergeht, überlassen. In beiden Fällen ist denklogisch notwendig, dass der stille Gesellschafter bzw. der Darlehnsgeber vorher Inhaber der Einlage bzw. der Darlehensvaluta war, denn nur dann kann er die Einlage leisten bzw. die Darlehensvaluta überlassen.

Soweit die Klägerin sich auf das Urteil des BFH vom 14.05.1982 VI R 124/77, BStBl 1982 II, 469 beruft, ist der Fall schon deshalb mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht vergleichbar, weil es in dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall um die Gutschrift der "Zinsen" (Gewinnanteile) aus der Mitarbeiterbeteiligung ging und nicht um die Einräumung einer Beteiligung selbst. Es macht einen großen Unterschied, ob den Arbeitnehmern die Erträge aus einer Beteiligung nur gutgeschrieben werden und sie insoweit keine Auszahlung verlangen können, oder ob diesen die Beteiligungsanteile selbst gutgeschrieben werden. Es ist gerade der Sinn einer Beteiligung, dass nicht sofort die Auszahlung verlangt werden kann, denn nach Auszahlung der Beträge wären die Arbeitnehmer nicht mehr beteiligt und würden auch keine Erträge mehr erzielen. Bei den Erträgen aus einer Anlage verhält es sich anders. Diese möchte der Anleger in der Regel während der Anlage als laufende Einkünfte erzielen und darüber auch verfügen können.

Der Behauptung der Klägerin, das Zurverfügungstellen des Kapitals habe ausschließlich im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gestanden, steht bereits entgegen, dass das gesamte Konzept zur Erhaltung der Arbeitsplätze dienen sollte.

Auch der Vortrag der Klägerin, die Arbeitnehmer hätten wegen der minimalen Verzinsung überhaupt kein Interesse an der Gewährung der stillen Beteiligung gehabt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Vortrag ist unsubstantiiert. Darüber hinaus verkennt die Klägerin, dass nicht die Verzinsung minimal war, denn der Gewinnanteil betrug tatsächlich mindestens 5, höchstens 100% der Einlage (vgl. § 2 Abs. 3 der Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung), vielmehr war Ursache der niedrigen Erträge der geringe Kapitaleinsatz von 300 DM jährlich.

Auch der Hinweis der Klägerin auf den vom BFH entschiedenen Fall vom 12.02.1992 (BStBl II 1992, 468), in dem ein Zufluss verneint wurde, wenn ein Vater sich mit notariellem Vertrag verpflichtet, seinen Kindern Geldbeträge zuzuwenden, die die Kinder dem Vater sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung zu stellen haben, geht fehl, weil die Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung nicht zwischen nahen Angehörigen geschlossen wurde, sondern zwischen fremden Dritten.

Da den Arbeitnehmern jeweils zum Jahresende der Jahre 2001, 2002 und 2003 Arbeitslohn in Höhe von 300,- DM zugeflossen ist, hätte die Klägerin die hierauf entfallende Lohnsteuer einschließlich Nebenabgaben (Kirchensteuern und Solidaritätszuschlag) einbehalten und abführen müssen. Die Berechnung der Lohnsteuer ergibt sich aus der Darstellung im Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 17.09.2004, aus dem Haftungsbescheid und aus der Einspruchsentscheidung. Einwendungen gegen die Berechnungen des Finanzamtes hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Berechnung der Lohnsteuer die Steuerbefreiung gemäß § 19 a EStG nicht berücksichtigt hat.

Gemäß § 19 a Abs. 1 EStG ist unter bestimmten Voraussetzungen der Vorteil in Form von Vermögensbeteiligungen, den ein Arbeitnehmer im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses unentgeltlich oder verbilligt erhält, steuerfrei, soweit er nicht höher als der halbe Wert der Vermögensbeteiligung ist und insgesamt 300 DM im Kalenderjahr nicht übersteigt.

Nach Ansicht der Klägerin kommt diese Vorschrift bereits deshalb nicht zur Anwendung, weil es sich bei der Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihren Arbeitnehmern nicht um eine durch § 19 a EStG begünstigte Vermögensbeteiligung handelt. Gemäß § 19 a Abs. 3 Nr. 9 EStG sind zwar stille Beteiligungen im Sinne von § 230 HGB insoweit begünstigt, nach der nunmehr - nach Durchführung des Erörterungstermins - geäußerten Ansicht der Klägerin handelt es sich aber bei den jeweils abgeschlossenen "Vereinbarungen über eine stille Mitarbeiterbeteiligung" um Vereinbarungen über ein partiarisches Darlehen. Die den Arbeitnehmern eingeräumten Kontrollrechte (vgl. § 3 der Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung) würden nach Meinung der Klägerin für eine stille Beteiligung nach § 230 HGB nicht ausreichen.

Dies dahingestellt ist § 19 a EStG jedenfalls deshalb im Streitfall nicht anwendbar, weil die "Vermögensbeteiligung" nicht unentgeltlich oder verbilligt überlassen wurde. Die Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung ist nur mit den Arbeitnehmern getroffen worden, die im Gegenzug der Variabilisierung der Sonderzahlungen zugestimmt haben und letztendlich - wie die Klägerin selbst vorträgt - auf weitaus höhere Zahlungen als 300,- DM jährlich verzichtet haben. Dass diejenigen Arbeitnehmer, die der Variabilisierung nicht zugestimmt haben, nach dem Vortrag der Klägerin die tariflich geschuldete Sonderzahlung auch nicht erhalten haben, hat hierauf keinen Einfluss. Diese haben zum einen auch keinen Grundstock für eine Beteiligung erhalten. Zum anderen ist hier nur entscheidend, dass den übrigen Arbeitnehmern der Grundstock zur Beteiligung wegen der Zustimmung zur Variabilisierung, d. h. für den "Verzicht" auf tariflich geschuldete Sonderzahlungen, zur Verfügung gestellt wurde.

Die vom Finanzamt nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung, gerade die Klägerin in Anspruch zu nehmen, ist nicht zu beanstanden. Als Ermessensentscheidung ist sie nur im Rahmen des § 102 S. 1 FGO auf Ermessensfehler zu überprüfen. Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, ist zwar nach § 42 d Abs. 2 S. 1 EStG der Arbeitgeber Gesamtschuldner. Ausweislich des Haftungsbescheides hatte sich aber die Klägerin zum einen mit der Inanspruchnahme einverstanden erklärt. Zum anderen diente die Haftung der Klägerin der Vereinfachung, weil der gleiche Fehler bei einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern gemacht worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe für eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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