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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.03.2009
Aktenzeichen: 7 K 3964/08 GE
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 7 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 02.06.2008 i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2008 wird aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand:

Die Kläger sind Rechtsnachfolger des am 13. August 2007 verstorbenen Herrn CA. Herr CA war ursprünglich seit 1989 zusammen mit Herrn D in Gesellschaft bürgerlichen Rechts Miteigentümer des Wohnungseigentums im Dachgeschoss (WE Nr. 11) des Hauses Z Str.. Am 3. September 2004 erfolgte durch notarielle Urkunde des Notars E in Z-Stadt (UR-Nr. /2004) durch die Herren CA und D, zugleich als Vertreter ohne Vertretungsmacht für die übrigen Wohnungseigentümer des Objekts Z Str., eine geänderte Teilungserklärung bezüglich des gesamthänderischen Wohnungseigentums an der Wohnung Nr. 11, die in zwei selbständige Wohneigentumsanteile (WE Nr. 21 und 22) aufgeteilt werden sollte. In der Folgezeit kam es zu einem amtsgerichtlichen Verfahren der Wohnungseigentümergemeinschaft, gerichtet auf Zustimmung der übrigen Eigentümer zu der geänderten Aufteilung. Nachdem diese im Mai 2006 vorlagen, holte der Notar Zustimmungserklärungen der Kreditinstitute der Wohnungseigentümer ein, deren Darlehen durch Grundschulden gesichert waren, und beantragte am 10. Oktober 2006 beim Grundbuchamt die Rechtsänderung nach der Notarurkunde /04 einzutragen.

Am 3. August 2007 schlossen die beiden Miteigentümer einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag über Wohnungseigentum des Inhalts, dass jeder eine Wohnung zu Alleineigentum erhalten sollte. Herr CA erhielt die Wohnung Nr. 22. Aufgrund der Gleichwertigkeit der Wohnungen, deren Wert jeweils mit 100.000 EUR angesetzt wurde, wurde keine Ausgleichszahlung vereinbart.

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 26. September 2007 Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.750 EUR gegen Herrn CA fest. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Am 7. Januar 2008 hob der Beklagte den Bescheid auf und erließ am 2. Juni 2008 gegen die Kläger als Erben einen neuen Bescheid gleichen Inhalts. Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch trugen die Kläger vor, die Auseinandersetzung der GbR habe sich verzögert, da Genehmigungserklärungen der übrigen Miteigentümer, für die Herr CA und Herr D als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hätten, erst vollständig im Juli 2006 vorgelegen hätten. Die Kläger verwiesen auf das beigefügte Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 10. Mai 2006, in dem das Gericht den übrigen Wohnungseigentümern vorschlug, der Änderung der Teilungserklärung, wie von den Eigentümern CA und D beantragt, zuzustimmen. Im Anschluss an den Eintragungsantrag des Notars vom 10. Oktober 2006 seien weitere Zustimmungserklärungen der Banken erforderlich gewesen, die erst im April 2007 vorgelegen hätten. Insoweit reichten die Kläger Kopien der Zustimmungserklärungen verschiedener Banken (Darlehensgeber der übrigen Wohnungseigentümer innerhalb der Eigentümergemeinschaft) ein. Wegen der sich anschließenden Erkrankung des Herrn CA sei danach die Auseinandersetzung aufgrund der dem Kläger AA erteilten Generalvollmacht erfolgt. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 7 GrEStG seien erfüllt, da Teilung und Übertragung aufgrund der planmäßigen Durchführung des Entschlusses der Eigentümer erfolgt seien. Die nicht durch die Beteiligten zu vertretenden Verzögerungen stünden dem nicht entgegen.

Der Beklagte wies den Einspruch am 11. September 2008 als unbegründet zurück. Er führte aus, § 7 GrEStG sei nur anwendbar bei Aufteilung in Eigentumswohnungen und deren planmäßiger zügiger Zuweisung zu den endgültigen Eigentümern. Beide Rechtsvorgänge müssten in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erfolgen. Hier lägen zwischen Aufteilung und Zuweisung fast drei Jahre. Zudem müsse bereits bei Abschluss des Teilungsvertrages die Absicht zur Zuweisung in Alleineigentum feststehen, hiervon sei in der Teilungsurkunde vom 3. September 2004 nichts erwähnt. Die Auseinandersetzung sei aufgrund des hälftigen Miteigentums zu 50 % nach § 6 Abs. 2 GrEStG steuerbefreit worden.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger wiederholen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und tragen ergänzend vor, die übrigen Eigentümer hätten der Teilungserklärung erst nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung zugestimmt. Bereits den Feststellungserklärungen der Grundstücksgemeinschaft CA/D sei zu entnehmen, dass die Beteiligten bei der Einkunftsermittlung die jeweiligen Wohnungen den späteren Eigentümern zugeordnet hätten. Insoweit verweisen die Kläger auf die zu den Gerichtsakten gereichte Feststellungserklärung 2005 nebst Anlage V, in der die Mieteinnahmen für die Wohnung CA und die Wohnung D getrennt dargestellt sind.

In der mündlichen Verhandlung trug der Prozessvertreter für die Kläger ergänzend vor, die Herren CA und D hätten wegen beruflicher und daraus folgender persönlicher Differenzen bereits seit Mitte 2004 begonnen, jegliche rechtliche Beziehungen zueinander abzubrechen; so sei eine Personengesellschaft beendet worden; ein beiden Familien gehörendes Betriebsgrundstück sei einem der Gesellschafter allein zugeordnet worden. Die Auflösung der GbR CA/D sei hierbei der letzte Akt gewesen. Die Aufteilung des gemeinsamen Wohneigentums an der Wohnung Nr. 11 habe nur dazu gedient, dass jeder Gesamthänder eine der neu entstandenen Wohnungen zu Alleineigentum erhalten sollte.

Die Kläger beantragen,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 2. Juni 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 11. September 2008 aufzuheben,

hilfsweise

Revisionszulassung.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, zwischen Teilung und Zuordnung der Grundstücke sei kein zeitlicher, rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang erkennbar. Im Zeitpunkt der Teilung müsse die Absicht der späteren Aufteilung bereits feststehen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

Durch den Erwerb der Wohnung Nr. 22 durch CA von der GbR CA/D liegt zwar ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 GrEStG vor. Dabei handelt es sich aber um eine nach § 7 Abs. 2 GrEStG steuerbefreite Umwandlung von Gesamthandseigentum in Flächeneigentum, da die Wohnungen Nr. 21 und 22 ursprünglich eine wirtschaftliche Einheit (Wohnung Nr. 11) im grunderwerbsteuerlichen Sinne gebildet haben.

Der Rechtsvorgänger der Kläger, Herr CA, hat nach Aufteilung der bisherigen Wohnung Nr. 11 in zwei Eigentumswohnungen, die ihm und Herrn D in Gesellschaft bürgerlichen Rechts gesamthänderisch zustanden, das Alleineigentum an der Eigentumswohnung Nr. 22 erworben. Mangels eines Rechtsträgerwechsels unterliegt die zivilrechtliche Aufteilung der Aufteilung der Wohnung Nr. 11 in zwei Eigentumswohnungen durch Teilungserklärung nicht der Grunderwerbsteuer. Erst die Zuweisung einer Wohnung in das Alleineigentum eines der Gesamthänder stellt einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 GrEStG dar, denn erst hierdurch wird ein Rechtsträgerwechsel bewirkt.

Nach § 7 Abs. 2 GrEStG wird die Steuer jedoch nicht erhoben, wenn ein Grundstück, das einer Gesamthand gehört, von den an der Gesamthand beteiligten Personen flächenweise geteilt wird, soweit der Wert des Teilgrundstücks, das der einzelne Erwerber erhält, dem Anteil entspricht, zu dem er am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Als flächenweise Teilung i.S. des § 7 GrEStG ist auch die Begründung von Wohnungseigentum oder Sondereigentum zu sehen (BFH vom 16. Februar 1994 II R 96/90 BFH/NV 1995,156; vom 8. August 1990 II R 20/88 BFHE 161,180, BStBl 1990,922). Nach der Rechtsprechung des BFH folgt aus Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift des § 7 GrEStG, dass ein gewisser zeitlicher Zusammenhang zwischen den zu einer flächenmäßigen Aufteilung des Grundstücks unter den Miteigentümern notwendigen Rechtsakten bestehen muss. Ließe man das Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen den geschilderten Rechtsakten entfallen, wäre nämlich jede "Aufteilung" mehrerer nunmehr selbständiger Grundstücke entgegen dem Zweck der Norm immer dann begünstigt, wenn ihm irgendwann eine Grundstücksteilung vorausgegangen wäre (BFH vom 16. Februar 1994 aaO.; vom 8. August 1990 aaO.). An dieses aus Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift abgeleitete Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs sind aber, wie der BFH ausführt, keine überspitzten Anforderungen zu stellen. Ein unmittelbares Aufeinanderfolgen ist nicht erforderlich; vielmehr ist es ausreichend, wenn die zur Aufteilung erforderlichen Rechtsakte aufgrund planmäßiger Durchführung in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erfolgen (BFH aaO.).

Nach Überzeugung des Senats ist ein solches planmäßiges Vorgehen hier gegeben, welches einen ausreichend engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang begründet. Denn die einengende, den Wortlaut des Gesetzes einschränkende weitere Voraussetzung der Steuerbefreiung ist auch dann erfüllt, wenn die "Aufteilung" der Fläche dadurch verzögert wird, dass die einzelnen Teilakte aus nicht in der Person der Aufteilenden liegenden Umständen nicht unmittelbar aneinander anschließen, sofern ersichtlich ist, dass die Flächenteilung durch die Neuordnung der Rechtsträgerschaft veranlasst war und dieses Ziel kontinuierlich gefördert wurde. Dies ist hier der Fall.

Die beiden Gesamthänder haben im Zuge der Auseinandersetzung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, die, wie in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen wurde, auf geschäftlichen Differenzen beruhte, die Teilung der Wohnung Nr. 11 in zwei Wohneigentumseinheiten als Vertreter ohne Vertretungsmacht für die gesamte Eigentümergemeinschaft des Objektes Z Str. betrieben. Diese Aufteilung durch notarielle Urkunde von September 2004 sollte der Zuweisung von jeweils einer der neu entstandenen Wohnungen an die bisherigen Gesamthänder dienen. Herr CA und Herr D waren seit vielen Jahren Miteigentümer der Wohnung Nr. 11 gewesen. Ein anderer Grund für die Aufteilung dieses Wohneigentums als der, jedem Gesamthänder eine Wohnung zuzuweisen, ist nach Aktenlage weder ersichtlich noch vorgetragen. Dass die endgültige Eigentumszuweisung an Herrn CA sich bis 2007 verzögerte, vermag vorliegend den Zusammenhang zwischen Teilung und Eigentumsübertragung nicht zu entkräften. Denn die Gesamthänder haben mit der Aufteilung und den sich daran anschließenden Verfahrensschritten alles Erforderliche getan, um die Übertragung zeitnah herbeizuführen. Die zeitliche Verzögerung ist ihnen nicht zuzurechnen. Diese beruhte vielmehr darauf, dass sich zunächst ein Rechtsstreit mit den übrigen Eigentümern anschloss, der erst im Jahr 2006 abgeschlossen wurde. Bis zur Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer, für die die Herren CA und D in der Urkunde Nr. /04 als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hatten, war die "Teilungserklärung" aus dem Jahr 2004 schwebend unwirksam und konnte keine Rechtswirkungen entfalten. Erst im Oktober 2006 lagen die Zustimmungen vor. Zivilrechtlich wirken diese zwar zurück mit der Folge, dass die Teilungserklärung damit ex tunc wirksam geworden ist. Faktisch war aber eine Umsetzung der geänderten Aufteilung durch Eintragung in das Grundbuch und sich daran anschließende Auflösung der GbR CA/D mit Zuweisung jeweils einer Wohnung an jeden Gesamthänder erst ab diesem Zeitpunkt möglich. Zudem waren aufgrund des Eintragungsantrags des Notars Zustimmungserklärungen der betroffenen Kreditinstitute der Wohnungseigentümer erforderlich. Erst als auch diese Unterlagen sämtlich vorhanden waren, konnte die endgültige Zuweisung des Wohneigentums an Herrn CA erfolgen.

Zwar ist dem Beklagten einzuräumen, dass aus der Teilungserklärung selbst der Plan der Zuweisung des neuen Wohneigentums an jeweils einen der Gesamthänder nicht deutlich wird. Dies dürfte aber schon daraus zu erklären sein, dass aus Sicht der Herrn CA und D zum damaligen Zeitpunkt kein Hindernis bestand, die Teilung unverzüglich dahingehend umzusetzen, dass jeder von ihnen eine Wohnung erhielt. Die nachfolgenden verfahrensmäßigen Schwierigkeiten hatten sie zu der Zeit nicht abgesehen. Dass sie dann im Folgenden die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer gerichtlich erzwungen und ein umständliches und kostspieliges Verfahren auf sich genommen haben, um jeweils als Alleineigentümer eingetragen werden zu können, zeigt, dass sie an ihrem ursprünglichen Plan festgehalten haben, um ihn so zügig, wie es angesichts der Situation möglich war, zu verwirklichen.

Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 GrEStG steht der Steuerbefreiung nicht entgegen, da der Rechtsvorgänger der Kläger seinen Gesamthandsanteil nicht innerhalb von fünf Jahren vor der Umwandlung erworben hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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