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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 1 K 191/08
Rechtsgebiete: UStG, InsO


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1a
InsO § 85
InsO § 179 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

1 K 191/08

Tatbestand:

Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich bei der Veräußerung des 1. Bauabschnitts im Streitjahr um eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG handelt oder die Umsätze der Umsatzsteuer unterliegen.

Die die Klage einlegende Gesellschaft wurde durch Gesellschaftsvertrag vom ....1997 gegründet. Zum Gründungszeitpunkt waren als Kommanditisten die Herren A, B und C beteiligt. Alle drei hatten sich zur Leistung einer Hafteinlage in Höhe von 2.000.000 DM verpflichtet. Der Gesellschafter A brachte im November 2000 seine Kommanditbeteiligung im Wege der Sonderrechtsnachfolge mit Wirkung vom 01.11.2000 in die Fa. A GmbH als Sacheinlage über eine Kapitalerhöhung der Fa. A in Höhe von 10.000 DM ein. Zum 01.01.2001 wurde von der Fa. A GmbH an Herrn A ein Anteil von 780.000 DM des gesamten Kommanditanteils in Höhe von 2.000.000 DM für 40.000 DM veräußert. Der Gesellschafter B übertrug durch notariellen Kaufvertrag vom 17.04.2001 Teile seiner KG-Anteile (1.750.000 DM von 2.000.000 DM) auf die Fa. D GmbH mit Wirkung zum 31.12.2000. Die Anschaffungskosten der Fa. D GmbH betrugen 10.000 DM. Die gesellschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft wechselten mehrfach. Wegen der Einzelheiten wird insbesondere auf den BP-Bericht vom 25.11.2004 (Anlage K 2) und die Jahresabschlüsse der Gesellschaft verwiesen.

Im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft vom 15.04.1997 ist in § 2 der Gegenstand des Unternehmens wie folgt geregelt (Anlage K 19):

"Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb sowie die Verwaltung und Vermietung von Immobilien, insbesondere im Gewerbepark E. Die Tätigkeit der Gesellschaft ist beschränkt auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes."

Der am 23.06.1997 und am 27.06.1997 mit der Bank 1 unterzeichnete Rahmenkreditvertrag für dieses Projekt enthält insbesondere folgende Regelungen:

Laufzeit und Rückzahlung

"Dieser Rahmenkredit ist befristet bis zum 31.12.2003, unbeschadet der täglichen Kündbarkeit. Die Rückzahlung der Kreditmittel erfolgt sukzessive aus dem Verkauf des Grundstückes oder Teilen hiervon. Ab dem 01.Juli 1999 ist der Kredit mit 2% p.a. zu tilgen."

Gewinnbeteiligung

"Die Bank wird an dem Projektentwicklungsgewinn (Verkaufserlös abzüglich Gesamtinvestitionskosten) des finanzierten Grundstückes X-Straße in E mit einer Quote von 20% beteiligt. Für den Fall eines negativen Projektentwicklungsgewinnes ist die Verlustübernahme durch die Bank jedoch ausgeschlossen."

1998 erfolgte der Kauf des Grundstücks. Das Grundstück wurde in mehreren Abschnitten bebaut.

Der Rahmenkreditvertrag wurde im April 1998 noch einmal neu gefasst. Außerdem existieren Zusatzvereinbarungen. Im Jahr 2000 wurde der Kredit durch einen Kredit der Bank 2 abgelöst.

Durch Vertrag vom 19.10.1999 kaufte die F-Gesellschaft mbH von der Kommanditgesellschaft G mbH & Co das ihr gehörende Grundstück. Die unterzeichnenden Gesellschafter vertraten in diesem Vertrag sowohl die G mbH & Co als auch die H mbH & Co (die Gesellschaft im Verfahren 1 K 263/06). In der Präambel ist folgende Formulierung enthalten:

"Der Käufer und Optionsberechtigte kauft mit dieser Urkunde den bereits abschließend geplanten, teilweise bereits fertig gestellten und im übrigen in absehbarer Zeit fertig gestellten 1. Bauabschnitt und hat ein Interesse daran, den 2. Bauabschnitt gleichfalls zu kaufen, sobald eine hinreichende Projektreife des zur Zeit noch nicht abschließend geplanten 2. Bauabschnitts erreicht sein wird. Hierzu soll dem Käufer und Optionsberechtigten ein Ankaufsrecht durch den Optionsverpflichteten eingeräumt werden."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Teil B des eingereichten Vertrags verwiesen.

Der erste Mietvertrag wurde im November 2000 unterschrieben. Mietbeginn war der 15.01.2001. Der zweite Mietvertrag wurde im Dezember 2000 abgeschlossen, Mietbeginn war März 2001. Der dritte Mietvertrag wurde am 02.04.2001 abgeschlossen. Mietbeginn waren je nach vermieteter Fläche der 01.05.2001 bzw. der 01.11.2001. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Mietverträge verwiesen (Anlage 22 bis 24).

Durch den Kaufvertrag vom 16.11.2001 (Anlage 1) wurde die eingeräumte Kaufoption ausgeübt. Die bebauten Abschnitte wurden vermietet verkauft. Der Kaufvertrag enthält insbesondere folgende Regelungen:

2. Kaufgegenstand

2.2 Kaufgegenstand sind ferner die von dem Verkäufer auf dem Kaufgrundstück teilweise bereits fertig gestellten, teilweise bereits im Bau befindlichen und teilweise noch zu errichtenden Büro- und Servicegebäude nebst Parkpalette sowie aller Nebengebäude und Außenanlagen. Der Bauteil B1 und B2 ist bereits fertig gestellt. Der Bauteil B3 - B5 einschließlich des nachträglich geplanten Staffelgeschosses wurde bereits begonnen und ist noch fertig zu stellen. Mit der Errichtung des Bauteils B6 - B8 wird nach Erteilung der Baugenehmigung voraussichtlich im November 2001 begonnen.

2.3 Die Parteien beabsichtigen, den Kaufgegenstand in zwei Teilabschnitten zu übertragen.

6.4 Der Fertigstellungstermin der Gebäude einschließlich der Außenanlagen i.S.v. Ziffer 13 dieses Vertrages ist für B1 - B5 spätestens am 30.06.2002 und für B6 - B8 spätestens am 30.06.2003...

16. Kaufpreis

16.1 Der vorläufige Kaufpreis für sämtliche nach diesem Vertrag zu erbringende Leistungen beträgt EUR 47.473.451,17.

Vom Netto-Kaufpreis entfallen

 B1 - B5 B6 - B8
a) auf das Grundstück EUR 1.927.979,43 EUR 1.555.349,90
b) auf das Gebäude und die Außenanlagen EUR 28.075.602 ,17 EUR 15.914.519,67

Zusätzlich zu dem vorstehend ausgewiesenen Kaufpreis ist die Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Die Parteien gehen aufgrund des Verkaufs unmittelbar nach Fertigstellung des Gebäudes übereinstimmend davon aus, dass dieser Kaufvertrag nach Maßgabe der ergangenen Rundverfügungen der Oberfinanzdirektionen keinen Fall der nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung gemäß § 1 Ziffer 1 a) UStG darstellt....

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den eingereichten Übertragungsvertrag verwiesen.

Am 08.04.2003 schlossen die Vertragsparteien den 1. Nachtrag zum Grundstückskaufvertrag ab, in dem sie u.a. regelten, dass nunmehr davon auszugehen sei, dass doch ein Anwendungsfall einer Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG gegeben sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 08.04.2003 verwiesen (Anlage 1). Außerdem wird in diesem Zusammenhang auf das in der mündlichen Verhandlung vom Insolvenzverwalter überreichte Schreiben der Käuferin an den Kläger vom 27.10.2008 verwiesen, das als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung genommen worden ist.

Die Gesellschaft behandelte den Verkauf als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen. Dabei gab sie an, ein Vermietungsunternehmen veräußert zu haben. In der am 09.05.2003 eingereichten Feststellungserklärung erklärte sie einen laufenden Verlust in Höhe von 3.265.843,74 EUR und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 20.457.258,68 EUR. In der Gewerbesteuererklärung vom selben Tag erklärte sie Dauerschuldzinsen in Höhe von 1.672.825 EUR und Abschreibungen in Höhe von 633.568,54 EUR. Die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG beantragte sie nicht. Im Begleitschreiben vom selben Tag teilte die Gesellschaft dem Finanzamt mit, dass die Gesellschaft liquidiert werde.

Am 09.05.2003 wurde die Gesellschaft aufgrund der eingereichten Umsatzsteueranmeldung erklärungsgemäß veranlagt. Durch die Bescheide vom 23.07.2003 wurde die Gesellschaft zunächst auch hinsichtlich der Gewerbesteuer und der gesonderten und einheitlichen Feststellung erklärungsgemäß veranlagt.

In der Zeit vom 27.08.2003 bis zum 26.10.2004 wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Betriebsprüfer vertrat die Ansicht, dass eine langfristige Vermietungsabsicht nicht nachgewiesen sei und die tatsächlichen Umstände darauf hin deuteten, dass das Objekt zumindest bedingt mit Verkaufsabsicht angeschafft worden sei. Das veräußerte Grundstück stelle Umlaufvermögen dar, so dass der Veräußerungsgewinn nicht steuerbegünstigt sei, sondern laufenden Gewinn darstelle und dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sei. Wegen weiterer Einzelheiten und der Berechnung des Gewinns wird auf den BP-Bericht vom 25.11.2004 verwiesen.

Durch den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 11.03.2005 wurde der Bescheid vom 09.05.2003 gem. § 164 Abs. 2 AO geändert. Durch die Bescheide vom 07.06.2005 wurden der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2001 und der einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheid entsprechend dem Ergebnis der Betriebsprüfung geändert.

Hiergegen legte die Gesellschaft durch Schreiben vom 29.03.2005 und vom 21.06.2005 Einspruch ein.

Der am 22.03.2006 von der Gesellschaft bei Gericht gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag 2001 vom 07.06.2005 wurde durch Beschluss vom 14.06.2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Durch Einspruchsentscheidung vom 16.11.2006 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Gesellschaft am 19.12.2006 Klage eingereicht, welche unter dem Aktenzeichen 1 K 263/06 beim Finanzgericht geführt wird.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 24.01.2007 (Aktenzeichen ...) wurde über das Vermögen der Gesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft bestellt.

Durch Antrag vom 19.02.2006 meldete der Beklagte beim Kläger Forderungen in Höhe von 11.308.732,29 EUR an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anmeldung verwiesen. Diese Forderungen wurden unter Nr. 4 in die Insolvenztabelle eingetragen. Der Kläger widersprach den angemeldeten Forderungen des Beklagten.

Durch Schreiben vom 01.03.2007 erklärte der Kläger dem Prozessbevollmächtigten der Gesellschaft gegenüber, dass er den Finanzrechtsstreit aus dem Insolvenzbeschlag freigebe und die Gesellschaft den Finanzrechtsstreit damit fortsetzen könne.

Durch Schreiben vom 16.07.2007 teilte der Kläger mit, dass er nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtlage zu der Auffassung gelange, dass seine Freigabeerklärung in Leere gegangen sei, da es sich materiellrechtlich um einen Passivprozess handele, der nach §§ 179 ff. InsO zu behandeln sei.

Der Beklagte teilte in diesem Zusammenhang mit, dass am 04.05.2005 (10.386,02 EUR) und am 03.06.2005 (10.888,58 EUR) Umbuchungen bei der Umsatzsteuer durchgeführt worden seien, so dass im Fall des Obsiegens des Klägers ein Guthaben entstehe.

Durch Prozessvollmacht vom 18.09.2007 bevollmächtigte auch der Kläger den Prozessbevollmächtigten der Gesellschaft zur Führung des Rechtsstreits vor dem Finanzgericht.

Zur Begründung der Klage hat die klagende Gesellschaft vorgetragen, die Veräußerung des Grundstücks sei eine nicht gewerbesteuerpflichtige Betriebsveräußerung, denn sie habe eine langfristige Vermietungsabsicht gehabt. Diese habe sie auch durch die Vorlage des Planungsbudgets nachgewiesen (Anlage 15), denn Grundlage der Berechnung sei die mehrjährige Renditeberechnung. Die Kalkulation belege, dass die Gesellschaft ihre Investitionsentscheidung nicht auf der Basis einer geplanten Veräußerung getroffen habe, sondern eine langfristige Vermietung geplant habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorgelegte Planungsbudget verwiesen (Anlage 15). Die ursprünglichen Intentionen seien auch durch die vorgelegten Erklärungen der Gesellschafter der Gesellschaft belegt (Anlage 16 bis 18). Diese Ansicht revidierte der Kläger in seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2008, nachdem er mit dem Gesellschafter C gesprochen hatte.

Auch bei den übrigen Investitionen der Gesellschafter der Gesellschaft handele es sich um langfristige Investitionen. Der Gesellschaftszweck ergebe sich aus § 2 des Gesellschaftsvertrages. Hiernach beschränke sich der Unternehmensgegenstand auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Auch die Bilanzierung des Grundstücks als Anlagevermögen habe indiziellen Charakter.

An der Zugehörigkeit zum Anlagevermögen ändere sich durch einen nachträglich gefassten Veräußerungsentschluss nichts. Allein aus der Tatsache, dass die Veräußerung bereits zu einem Zeitpunkt stattgefunden habe, als die Vermietung noch nicht begonnen hatte, könne kein Rückschluss auf eine bereits vorher bestehende Veräußerungsabsicht gezogen werden. Die vom Beklagten als Indiz gegen eine langfristig angelegte Vermietung gewertete Call-Option spreche nicht für eine bereits vorher bestehende Veräußerungsabsicht, denn es sei kein Ausgleich für den Fall der Nichtausübung der Option vereinbart worden. Auch eine Stillhalteprämie sei nicht vereinbart worden. Auch das Vorhandensein eines anderen Kaufinteressenten könne keine für die Gesellschaft negative Konsequenz haben, denn hierdurch werde lediglich belegt, dass ein anderer habe kaufen wollen und nicht, dass die Gesellschaft habe verkaufen wollen. Aus dem Rahmenkreditvertrag ergebe sich keine Verpflichtung zur Veräußerung des Grundstücks. Die Übernahme von Vermieterrisiken zeige, dass die Gesellschaft gerade keine typische Bauträgerin sei.

Erstmalig durch den Schriftsatz vom 05.03.2008 wurde von Seiten der Gesellschaft bzw. des Klägers die Ansicht vertreten, dass der Beklagte den Gewinn bzw. Verlust nicht in richtiger Höhe festgestellt habe, denn die Gesellschaft habe durch den Kaufvertrag vom 16.11.2001 ihren Geschäftsbetrieb veräußert, so dass sie eine Schlussbilanz hätte erstellen müssen. Das habe sie fälschlicherweise bisher unterlassen, hole das jetzt im Klageverfahren aber nach. Sie mache insofern von ihrem Recht auf Bilanzberichtigung Gebrauch. Dem stehe nicht entgegen, dass sich die Erfüllung des Kaufvertrages auf mehrere Veranlagungszeiträume erstrecke, denn bei der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen handele es sich nur um einen Reflex.

Im Rahmen dieser Schlussbilanz seien alle mit dem Veräußerungsvorgang zusammenhängenden Vorgänge zu erfassen. Insbesondere müsse daher eine Rückstellung wegen des durch den 2. Bauabschnitt entstandenen Verlusts gebildet werden. Diesbezüglich werde auf die jährliche Buchhaltung der Jahre 2002 bis 2008 verwiesen. Zusätzlich seien aus Leerflächen im Parkbereich im 1. Bauabschnitt Verluste entstanden. Alle Verpflichtungen der Gesellschaft seien in der Schlussbilanz zu erfassen. Die Verpflichtungen beständen in Höhe von 830.389,84 EUR.

Es liege in der Natur einer Schlussbilanz, dass die Entwicklung späterer Jahre einfließen müsse. Dies geschehe gem. § 175 AO. Es komme deswegen nicht darauf an, ob die späteren Verluste bereits am Bilanzstichtag absehbar gewesen seien.

Folge man dieser Ansicht nicht, müsse der Verlust an Hand des Vertrages aus 2001 prognostiziert werden. Dabei müsste neben dem Verkaufspreis, den Herstellungskosten, den Finanzierungskosten auch ein Betrag für die Erstvermietung einbezogen werden, so dass das Verlustrisiko für den 2. Bauabschnitt auf 3.648.581 EUR geschätzt werde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Gesellschaft im Verfahren 1 K 263/06 vom 28.05.2008 verwiesen.

Zusätzlich bestünden Bedenken, ob die Gesellschaft einen Zahlungsanspruch wegen der Umsatzsteuer gegen die Käuferin habe. Der Ergänzungsvertrag vom 08.04.2003, der gem. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB nicht der notariellen Form bedurfte, treffe diesbezüglich keine Regelungen und sei deswegen auslegungsbedürftig. Es könne eine Auslegung in der Weise, dass die Gesellschaft auf diesen Umsatzsteueranspruch gegenüber der Käuferin verzichtet habe, nicht ausgeschlossen werden. Dementsprechend müsse zwar die Umsatzsteuer nebst Zinsen als Verbindlichkeit gebucht werden, was bisher nicht geschehen sei und deswegen nachgeholt werden müsse. Auf der anderen Seite könne aber wegen des Imparitätsprinzips keine Forderung gegen die Käuferin aktiviert werden.

Bei der Höhe der Verluste bzw. der Gewinne der einzelnen Gesellschafter müsse einbezogen werden, dass die Kommanditisten A und B ihre Beteiligung an der Gesellschaft zu einem höheren Wert als den Buchwert in die Fa. D GmbH bzw. die Fa. A GmbH hätten einbringen können, da sie diesbezüglich ein Wahlrecht gehabt hätten. Die Einlage zu höheren Ertragssteuerwerten würde zu einem höheren ertragsteuerlichen gewerbesteuerfreien Ergebnis auf der Ebene der einlegenden Gesellschafter B und A führen. Als Folge hätten dann die übernehmenden Kapitalgesellschaften höhere Anschaffungskosten für ihre KG-Anteile an der Gesellschaft, die zu niedrigeren laufenden Aufgabeergebnissen der Gesellschafter in 2001 führen würden. Die Fa. A wolle ihr Wahlrecht dahingehend ausüben, dass sie die Anteile zum Verkehrswert einbringe. Die Änderung der Ausübung des Wahlrechts sei noch möglich, da die diesbezüglichen Veranlagungen der Kapitalgesellschaften noch nicht rechtskräftig seien. Wegen der konkreten Werte der Ergänzungsbilanz wird auf die Anlage K 26 verwiesen.

Im Zusammenhang mit dem abweichend von der Klageschrift angekündigten Antrag, der die Aufhebung der nach der Betriebsprüfung geänderten Bescheide zum Inhalt hatte, vertritt der Kläger die Ansicht, dass der von ihr im Schriftsatz vom 12.09.2008 gestellte Klageantrag zulässig sei. Mit der Klage seien die Aufteilung des Gesamtergebnisses als laufendes Ergebnis und als Veräußerungsergebnis und die Höhe der Ermittlung des Veräußerungsergebnisses angefochten worden, so dass diese Besteuerungsgrundlagen, welche grundsätzlich separate Streitgegenstände sein können, nicht bestandskräftig geworden seien. Dementsprechend stelle die Einbeziehung der Anfechtung des festgestellten Gewinns der Höhe nach in den veränderten Klageantrag keine unzulässige Klageänderung dar. Wegen weiterer Einzelheiten wird insbesondere auf den Schriftsatz der Gesellschaft vom 12.09.2008 verwiesen.

Der Kläger vertritt im Zusammenhang mit der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Grundstücksveräußerung die Ansicht, dass es sich bei dem Verkauf des Grundstücks um eine Geschäftsveräußerung gem. § 1 Abs. 1 a UStG handele, welche nicht steuerbar sei. Die Gesellschaft habe ein Vermietungsunternehmen begründet und dieses an den Käufer weiterveräußert. Die Veräußerung eines Vermietungsunternehmens sei sogar bereits vor der beabsichtigten Vermietung möglich. Es sei nicht erforderlich, dass der Käufer dasselbe Unternehmen fortsetze, entscheidend sei, dass er irgendein Unternehmen fortführe. Sinn und Zweck der Regelung sei neben der Vermeidung einer endgültigen Belastung mit Umsatzsteuer innerhalb der Unternehmerkette bei unentgeltlicher Übertragung eines Betriebes, Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Dieses Ziel würde verfehlt werden, wenn es sich bei Veräußerer und Erwerber jeweils um Unternehmen im Sinne des UStG handele und gleichwohl in der Veräußerung ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang gesehen werde. Eine restriktive Auslegung des § 1 Abs. 1 a UStG, die die Fortführung ein und desselben Unternehmens erfordere, begegne auch europarechtlichen Bedenken, denn eine Auslegung müsse im Lichte des Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie erfolgen.

Nachdem zunächst die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt worden war,

beantragt der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft als ursprüngliche Klägerin und nach der Abtrennung gemäß Beschluss vom 10.10.2008 und der Führung des vorliegenden Rechtsstreits bezüglich der Umsatzsteuer 2001 unter dem Aktenzeichen 1 K 191/08 nunmehr,

1. den Widerspruch des Klägers gegen die von dem Beklagten am 22.02.2007 zur laufenden Nr. 4 der Insolvenztabelle angemeldete Forderung für begründet zu erklären, soweit die in der Anmeldung zu laufenden Nummern 5 und 9 genannten Umsatzsteuer und Zinsforderungen zur Umsatzsteuer aus 2001 betroffen sind.

2. den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 11.03.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2006 bei der weiteren Umsatzsteuerberechnung dahingehend zu ändern, dass die festgestellte Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze um 59.703.026 DM zu kürzen ist.

Die Beklagtenvertreterin beantragt, nachdem zunächst Klageabweisung beantragt worden war, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Forderung des Beklagten über Umsatzsteuern für 2001 in Höhe von 4.862.832,77 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 561.671 Euro zur Insolvenztabelle festzustellen und im Übrigen die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor, dass keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen, da die Gesellschaft eine langfristige Vermietungsabsicht nicht nachgewiesen habe. Insbesondere könne das vorgelegte Planungsbudget keinen Nachweis darstellen, sondern sei lediglich eine Unterlage, die typischerweise im Rahmen der Ermittlung der Finanzierbarkeit bzw. Beleihungsfähigkeit von Grundstücken für Kreditinstitute erstellt werde. Auch sei nicht erkennbar, dass die vorgelegte Anlage 10 für die Gesellschaft erstellt worden sei. Die Gesellschaft sei als eine typische gewerbliche Bauträgerin aufgetreten. Ihr hätten die Gebäudeherstellung, Mieterbeschaffung sowie die Gewährleistungspflichten hinsichtlich der Gebäude oblegen. Bereits im Februar 1999 habe es einen Kaufinteressenten gegeben. Dies ergebe sich aus einem Schreiben der I, auf dessen Inhalt Bezug genommen werde. Aus dem Schreiben ergebe sich durch die Bezugnahme auf vorherige Gespräche, dass konkret über einen Erwerb gesprochen worden sei.

Die nunmehr geltend gemachte Berechnung des Gewinns sei unzutreffend. Es sei keine Rückstellung zu bilden. Selbst wenn 2001 von einer bevorstehenden Betriebsaufgabe auszugehen sei, könne nicht für alle zukünftig entstehenden Kosten eine Rückstellung gebildet werden. Zwar habe die Gesellschaft das Grundstück durch den Vertrag von 2001 bereits schuldrechtlich veräußert, die Verwertung sei aber erst mit der Fertigstellung auch der Bauteile B 6 bis B 8 abgeschlossen. Bis dahin könnten normale Geschäftsvorfälle, wie etwa die Zahlungen aufgrund der Mietausgleichspflicht, anfallen. Zudem habe die Gesellschaft nicht dargelegt, dass sie nach den am Bilanzstichtag (31.12.2001) objektiv gegebenen Verhältnissen ernsthaft damit hätte rechnen müssen, dass sie bei Übergabe des 2. Teilabschnitts Mietertragsausfälle ausgleichen müsste, da der 1. Bauabschnitt bei Übergabe nahezu voll vermietet gewesen sei und die Gesellschaft noch in ihrer Bilanz 2002 von einer Vermietung von 95% für den 2. Bauausschnitt ausgegangen sei.

Die Berechtigung zur Bildung einer Rücklage könne auch nicht aus der Einreichung einer Schlussbilanz gefolgert werden, denn die Gesellschaft habe selbst noch Steuererklärungen für die Jahre 2002 ff eingereicht. Auch sei das Verhalten der Gesellschaft widersprüchlich, da sie selbst den Kaufpreis aus dem 2. Bauabschnitt erst in der Bilanz 2003 berücksichtigt habe.

Es könne auch nicht von einer Betriebsaufgabe ausgegangen werden, denn in dem Vertrag aus 2001 werde zwischen den beiden Teilen des Grundstücks differenziert. Die Gesellschaft habe sich in dem Vertrag nicht nur zur Übereignung des 2. Teilgrundstücks verpflichtet, sondern auch zur Bebauung. Das sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem noch nicht einmal eine Baugenehmigung vorgelegen habe. Diese hierfür erforderlichen Tätigkeiten hätten einen erheblichen Umfang gehabt. Der vertragsgerechten Fertigstellung und Übergabe des 2. Teilgrundstücks sei damit eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zugekommen und lasse sich nicht als bloße Abwicklung des Kaufvertrages aus 2001 begreifen. Hiervon sei auch die Gesellschaft bisher ausgegangen.

Rückstellungen bzw. Verbindlichkeiten wegen Umsatzsteuern kämen nicht in Betracht. Der 1. Nachtrag zum Grundstückskaufvertrag aus dem Jahr 2003 sei gem. § 125 BGB nichtig, da er nicht notariell beurkundet worden sei. Auch lasse sich kein Verzicht auf die Umsatzsteuer aus dem Vertrag herleiten. Auch die Gesellschaft habe bisher nicht daran gezweifelt, dass der Umsatzsteueranspruch gegen die Käuferin bestehe, denn sie habe diesen Anspruch dem Beklagten mehrfach zur Abtretung angeboten.

Eine zusätzliche Kürzung um die Einlagewerte sei nicht vorzunehmen, denn die Kapitalgesellschaft übe das ihr zustehende Bewertungswahlrecht aus, wenn sie ihre Steuererklärung einschließlich der dazugehörigen Bilanz für das Wirtschaftsjahr der Einbringung abgebe. Eine nachträgliche Änderung der Ausübung dieses Wahlrechts sei nicht zulässig. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG lasse eine Bilanzänderung nur unter sehr engen Voraussetzungen zu. Im Übrigen sei der Verkehrswert von 3.328.480 DM bisher auch lediglich behauptet worden. Die Ergänzungsbilanzen seien dementsprechend nicht zu korrigieren. § 20 Abs. 4 UmwStG sei hier nicht von Relevanz.

Soweit die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Kaufvertrages streitig ist, beruft sich der Beklagte darauf, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 a UStG nicht vorlägen, denn erforderlich sei, dass der Veräußerer ein Vermietungsunternehmen betrieben habe, welches der Erwerber fortsetzen könne. Diese Auslegung des BFH widerspreche nicht der EG-Richtlinie, denn der BFH berufe sich bei seiner Auslegung ausdrücklich auf diese Richtlinie. Notwendig sei daher die Übertragung des lebenden, fortsetzbaren Unternehmens. Das Unternehmen der Gesellschaft sei aber mit der Errichtung, Vermietung und dem Verkauf des Grundstücks abgeschlossen worden und habe damit nicht fortgeführt werden können.

Dem Gericht haben die Bilanz- und Berichtsakten, die Umsatzsteuerakten, die Gewinnfeststellungsakten und Gewerbesteuerakten, die BP-Akte, die BP-Arbeitsakte, die Akte Allgemeines und die Rechtsbehelfsakten vorgelegen. Auf die Sitzungsprotokolle des Erörterungstermins vom 12.07.2007 und der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2008 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Forderungen des Beklagten zur Umsatzsteuer für 2001 in Höhe von 4.862.832,77 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 561.671 EUR sind zur Insolvenztabelle festzustellen, denn die Klage des Klägers ist bezüglich der Zinsen zur Umsatzsteuer unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1. In dem Verfahren bezüglich des Umsatzsteuerbescheides 2001 ist der Insolvenzverwalter als Kläger Beteiligter des Rechtsstreits und nicht mehr die die Klage einlegende Gesellschaft, denn es handelt es sich hierbei um einen Passivprozess, den der Insolvenzverwalter nicht freigeben konnte, so dass seine Freigabeerklärung vom 01.03.2007 ins Leere gegangen ist.

Das finanzgerichtliche Verfahren wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Die Aufnahme des Verfahrens obliegt in entsprechender Anwendung des § 179 Abs. 2 InsO demjenigen, der das Bestehen der Steuerforderung bestreitet. Neuer Kläger infolge Parteiwechsels kann daher insbesondere der Insolvenzverwalter sein (siehe BFH vom 26.09.2006 X S 4/06, BStBl 2007, 55).

Es ergibt sich nicht aus § 85 InsO, dass die Gesellschaft, die die Klage erhoben hatte, das unterbrochene finanzgerichtliche Verfahren aufnehmen konnte.

Nach § 85 Abs. 1 InsO können zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängige Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Lehnt dieser die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen.

Voraussetzung für die Aufnahmebefugnis des Schuldners gem. § 85 InsO ist das Vorliegen eines Aktivprozesses. Ein solcher ist dadurch gekennzeichnet, dass der Schuldner einen Anspruch verfolgt, der zur Insolvenzmasse gehört und im Falle seines Obsiegens die zur Verteilung anstehende Masse vergrößern würde. Nicht entscheidend ist dabei die formelle Parteirolle, sondern allein, ob in dem anhängigen Rechtsstreit über eine Pflicht zu einer Leistung gestritten wird, die in die Masse zu gelangen hat (Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 14. April 2005 IX ZR 221/04, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2005, 952, m.w.N.). Wird dagegen vom Gläubiger ein Recht zu Lasten der Insolvenzmasse beansprucht, so dass ein Unterliegen des Schuldners zu einer Verringerung der Masse führen würde, liegt ein Passivprozess vor, der nur unter den Voraussetzungen des § 86 InsO aufgenommen werden kann. Ob der Schuldner den Prozess in der Stellung des Klägers oder in der Stellung des Beklagten führt, ist für die Anwendbarkeit von § 85 InsO nicht entscheidend. Ein Prozess kann Aktivprozess sein, obwohl der Schuldner Beklagter ist. Entscheidend ist, ob im Einzelfall Vermögensstücke für den Schuldner bzw. für das dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen beansprucht werden.

Im Streitfall handelt es sich nicht um einen Aktivprozess, sondern um einen Passivprozess zur Schuldenmasse, da das Finanzamt eine Insolvenzforderung, nämlich einen Umsatzsteueranspruch und somit ein Recht zu Lasten der Insolvenzmasse geltend macht, das der Kläger bestreitet. Eine Aufnahmebefugnis des Schuldners nach § 85 Abs. 2 InsO kommt damit nicht in Betracht.

Zwar würde im Fall des Obsiegens ein Umsatzsteuererstattungsanspruch zu Gunsten der Insolvenzmasse der Gesellschaft entstehen, so dass die Insolvenzmasse erhöht werden würde, allerdings ist dies nicht ausschlaggebend, denn entscheidend ist, dass es in dem Klageverfahren um die Frage geht, ob eine Umsatzsteuerpflicht besteht, also eine Belastung der Gesellschaft. Würde man auf eine etwaige Zahlungsverpflichtung bzw. Erstattungsberechtigung abstellen, wäre es möglich, dass sich der Charakter eines Verfahrens durch zwischenzeitliche Aufrechnung auch während eines laufenden Verfahrens ändern könnte. Hierdurch würden Probleme hinsichtlich des Grundsatzes der Rechtssicherheit entstehen, da die Beteiligten die Möglichkeit hätten, durch die Veranlassung von Verrechnungen oder Zahlungen den Charakter des Verfahrens noch nachträglich zu verändern. Maßgeblich ist nur der Festsetzungs- und nicht auch der Abrechnungsteil des Bescheides.

Spätestens durch den Schriftsatz vom 05.03.2008 hat der Insolvenzverwalter, vertreten durch den bisher schon für die Gesellschaft tätigen Prozessbevollmächtigten, das Verfahren aufgenommen, so dass der Insolvenzverwalter Kläger des vorliegenden Rechtsstreits geworden ist.

Sowohl der Kläger als auch der Beklagte haben richtigerweise im Klageverfahren ihre Anträge umgestellt, denn durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der die Klage einlegenden Gesellschaft hat sich das ursprüngliche Anfechtungsverfahren in ein Insolvenzfeststellungsverfahren gewandelt. Gegenstand dieses Verfahrens ist nicht die Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheides, sondern die streitige Beseitigung des Widerspruchs durch Feststellung der im Prüfungstermin geltend gemachten Forderung zur Tabelle (BFH vom 07.03.2006 VII R 11/05, BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573 ; siehe auch Jäger in DStR 2008, 1272).

2. Der Widerspruch des Klägers gegen die vom Beklagten angemeldeten Zinsen zur Umsatzsteuer ist unbegründet, denn die Klage ist bezüglich des erst im Klageverfahren angegriffenen Zinsbescheides zur Umsatzsteuer unzulässig, weil diesbezüglich ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist.

3. Der Widerspruch des Klägers gegen die vom Beklagten angemeldete Umsatzsteuer 2001 ist unbegründet, denn die Klage bezüglich des Umsatzsteuerbescheides ist unbegründet, so dass die Forderungen aus diesem Bescheid, die noch bestehen und vom Beklagten angemeldet wurden, zur Insolvenztabelle festzustellen sind.

Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die Veräußerung des 1. Bauabschnitts im Streitjahr 2001 umsatzsteuerbar ist. Die Veräußerung des 1. Bauabschnitts vom Grundstück ist ein steuerbarer Umsatz und erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 a UStG.

Eine Geschäftsveräußerung liegt nach § 1 Abs. 1 a UStG u.a. vor, wenn ein Unternehmen im Ganzen übereignet wird. Das setzt die Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen des Unternehmens voraus. Was die wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Unternehmens sind, richtet sich im Einzelfall nach der Art und dem Wirtschaftszweig des Unternehmens. Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i. S. des § 1 Abs. 1 a UStG setzt voraus, dass der Erwerber die wirtschaftliche Tätigkeit des Veräußerers fortführen kann.

§ 1 Abs. 1 a UStG dient der Umsetzung von Art. 5 Abs. 8 und Art. 6 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) in nationales Recht und ist richtlinienkonform auszulegen (vgl. z.B. Urteil des BFH vom 18. Januar 2005 V R 53/02, BFHE 208, 491, BFH/NV 2005, 810).

Art. 5 Abs. 8 und Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG lautet:

"Die Mitgliedstaaten können die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen. Die Mitgliedstaaten treffen gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen, um Wettbewerbsverzerrungen für den Fall zu vermeiden, dass der Begünstigte nicht voll steuerpflichtig ist."

Gemäß Art. 6 Abs. 5 gilt Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG "unter den gleichen Voraussetzungen für Dienstleistungen".

Die in diesen Bestimmungen verwendeten Begriffe sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts, die eine in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (Urteil vom 27. November 2003 C-497/01, Zita Modes, Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128 Randnr. 32). Dabei bezweckt Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG nach der Rechtsprechung des EuGH, die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen. Im Hinblick auf diesen Zweck erfasst Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG die Übertragung der Geschäftsbetriebe und der selbständigen Unternehmensteile, die jeweils materielle und immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann (EuGH-Urteil Zita Modes in Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128 Randnr. 39 f.). Der Erwerber muss darüber hinaus die Absicht haben, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. Nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit (EuGH-Urteil Zita Modes in Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128 Randnr. 44).

Nach dieser Rechtsprechung, der sich der BFH angeschlossen hat, ist die Übertragung verpachteter oder vermieteter (Gewerbe-)Immobilien unter Fortführung des Pacht-/Mietvertrages durch den Erwerber eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1 a UStG (vgl. BFH-Beschluss vom 1. April 2004 V B 112/03, BFHE 205, 511, BStBl II 2004, 802), falls der Veräußerer ein Vermietungsunternehmen, das der Erwerber fortführen kann, betrieben hat (siehe BFH vom 06.09.2007 V R 41/05, BFHE 217, 338 unter Hinweis auf BFH-Urteile vom 18. Januar 2005 V R 53/02, BFHE 208, 491, BFH/NV 2005, 810;vom 24. Februar 2005 V R 45/02, BFHE 210, 146, BFH/NV 2005, 1467; anders Sächsisches Finanzgericht vom 16.12.2004 3 K 891/03, hier hat der BFH im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die Revision zugelassen).

Die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand ist keine eigenständige Voraussetzung für die Nichtsteuerbarkeit, sondern im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen, aus der sich ergibt, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht (BFH vom 23.08.2007 V R 14/05, BFH/NV 2008, 256).

Wie sich bereits aus den Begriffen des Gesamtvermögens und des Teilvermögens ergibt, die die Richtlinie gleichrangig verwendet, kommt es für die Unternehmensfortführung nach Art. 5 Abs. 8 und Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG nicht darauf an, dass der Steuerpflichtige sein gesamtes Unternehmensvermögen auf den Erwerber überträgt. Im Hinblick auf die nach der EuGH-Rechtsprechung maßgebliche Absicht des Erwerbers, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben, ist vielmehr entscheidend, ob die übertragenen Vermögensgegenstände die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglichen. Hiermit übereinstimmend ist es nach der Rechtsprechung des BFH maßgeblich, ob die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 28. November 2002 V R 3/01, BFHE 200, 160, BStBl II 2004, 665 ).

§ 1 Abs. 1 a UStG setzt nicht voraus, dass der Erwerber das Unternehmen unverändert weiterführt. Der vom EuGH bei der Auslegung betonte Vereinfachungszweck greift vielmehr auch dann ein, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb aus z.B. betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert. Die Wesentlichkeit einzelner Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand (BFH vom 4. Juli 2002 V R 10/01, BFHE 199, 66, BStBl II 2004, 662) stellen in diesem Zusammenhang keine eigenständigen Voraussetzungen für die Nichtsteuerbarkeit dar, sondern sind im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen, aus der sich ergibt, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht (BFHE 200, 160, BStBl II 2004, 665 ). Hieran fehlt es z.B., wenn nur der Warenbestand verkauft wird (EuGH-Urteil Zita Modes in Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128 Randnr. 44).

Betreibt der Veräußerer ein auf ein Großprojekt beschränktes Bauträgerunternehmen und kann der Erwerber dieses Unternehmen schon deshalb nicht fortführen, weil das Unternehmen des Veräußerers mit der Errichtung, der Findung von Mietern und der möglichst lukrativen Veräußerung des Projektes seinen Abschluss gefunden hat, so ist die Veräußerung des Projekts mangels Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Veräußerers keine Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn der Erwerber ein anders geartetes Unternehmen betreibt (Abgrenzung Bauträgerunternehmen von Vermietungsunternehmen). Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber die Mietverträge des Veräußerers fortführt (siehe BFH vom 24.02.2005 V R 45/02, BFHE 210, 146, BStBl II 2007, 61).

Auf den Streitfall übertragen folgt hieraus, dass weder eine Geschäftsveräußerung im Ganzen noch eine Veräußerung eines gesondert geführten Betriebes im Sinne von § 1 Abs. 1 a UStG vorliegt. Zwar hat die Gesellschaft die von ihr errichteten Gebäude vermietet. Der erste Mietvertrag wurde bereits im Jahr 2000 abgeschlossen, Mietbeginn war Januar 2001, so dass die Gesellschaft im Streitjahr bereits erhebliche Mieterträge erzielte (1.175.689,85 EUR incl. Mietnebenkosten). Allerdings war der Hauptzweck der Gesellschaft mit dem Bau des Objekts und der anschließenden Vermietung erreicht. Die Gesellschaft hat keine nachhaltige Vermietung als Gegenstand ihrer unternehmerischen Tätigkeit beabsichtigt. Der Gesellschaft ist es vielmehr darauf angekommen, das Gebäude zu errichten und Mieter für die einzelnen Mieteinheiten zu finden, um eine möglichst lukrative Veräußerung zu gewährleisten. Die Gesellschaft hat damit ein auf ein Großprojekt beschränktes Bauträgerunternehmen betrieben. Allein der Umstand, dass sie für das Jahr 2001 Mieteinnahmen erzielt hat, fällt dagegen nicht ins Gewicht. Dieses Unternehmen hat die Erwerberin nicht fortführen können, weil es mit Errichtung, Vermietung und Verkauf abgeschlossen gewesen ist. Die Erwerberin hat ein anders geartetes Unternehmen, nämlich ein Vermietungsunternehmen, betrieben.

Zudem hat die Gesellschaft auch nicht im Streitjahr 2001 ihren Geschäftsbetrieb veräußert, denn sie hat den 2. Bauabschnitt erst im Jahr 2003 fertig gestellt und das Grundstück auch erst im Jahr 2003 übertragen und den entsprechenden Kaufpreis erhalten. Die Veräußerung des ersten Teilabschnitts stellt auch keine Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs im Sinne von § 1 Abs. 1 a UStG dar, denn ein solcher setzt eine wirtschaftliche Selbständigkeit voraus. Der Unternehmensteil muss unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmers nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben werden und nach außen hin ein selbständiges, in sich geschlossenes Wirtschaftsgebilde darstellen. Das wurde von dem Kläger weder vorgetragen, noch ergeben sich aus den Akten Hinweise auf eine solche Selbständigkeit.

Durch die hier vorgenommene rechtliche Würdigung wird auch keine europarechtswidrige Schlechterstellung der Gesellschaft erreicht, denn grundsätzlich sind die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, gem. § 4 Nr. 9 a UStG steuerbefreit. Die Gesellschaft hat jedoch im Veräußerungsvertrag auf diese Umsatzsteuerfreiheit gem. § 9 Abs. 1 UStG verzichtet und hat zur Umsatzsteuerpflicht optiert, für den Fall, dass die Veräußerung umsatzsteuerbar sein sollte. Die Gesellschaft ist auch nicht endgültig mit der Umsatzsteuer belastet, da die Käuferin bereits mitgeteilt hat, dass im Fall der Feststellung durch das Finanzgericht, dass keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG vorliege, sie die Umsatzsteuer an den Kläger zahlen würde.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, da beim BFH zur Zeit zwei Verfahren (V R 23/06 und V R 21/07) anhängig sind, die eine ähnliche Problematik zu Streitgegenstand haben.

Ende der Entscheidung

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