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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 2 K 239/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 3
EStG § 5
EStG § 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

2 K 239/05

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Verlusten aus der Veräußerung von Wertpapieren als Betriebsausgaben.

Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gesellschafter sind die Rechtsanwälte P und R. Die Klägerin ermittelt ihre Einkünfte durch Einnahmenüberschussrechnung.

Am 12.04.2002 reichte die Klägerin beim Finanzamt Hamburg-1 die Feststellungserklärung für 2001 ein, in der ein Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von DM 331.565,- erklärt war. In der gleichzeitig eingereichten Einnahmenüberschussrechnung war bei den Betriebsausgaben eine Position "Sonstige Aufwendungen" in Höhe von DM 19.193,45 enthalten.

Das Finanzamt Hamburg-1 führte die Veranlagung mit Bescheid vom 13.05.2002 zunächst erklärungsgemäß, aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, durch, und bat u.a. um Erläuterung der genannten Position. Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 24.07.2002 mit, dass es sich hierbei um Kursverluste aus Wertpapierverkäufen handele, und fügte Jahreskontoauszüge der Buchungskonten "O", "Sonstige Wertpapiere" und "Festgeld" (Gewinnfeststellungsakten - GewFA - Bl. 153 ff.) bei, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Das Finanzamt Hamburg-1 änderte daraufhin am 29.03.2004 den Feststellungsbescheid und erkannte Bewirtungsaufwendungen sowie den Verlust aus der Veräußerung der Wertpapiere nicht an (festgestellte Einkünfte aus selbständiger Arbeit: DM 351.851,36) mit der Begründung, der Veräußerungsverlust sei mangels betrieblichen Zusammenhangs keine Betriebsausgabe. Außerdem seien die Wertpapiere im Anlagenverzeichnis nicht aufgeführt worden.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 08.04.2004 Einspruch gegen den Änderungsbescheid ein. Die Wertpapiere seien nicht eingelegt, sondern aus betrieblichen Mitteln angeschafft worden und daher von Beginn an Betriebsvermögen gewesen. Sie hätten als Liquiditätsrücklage für schlechte Zeiten gedient. Im Anlagenverzeichnis seien nur Sachanlagen erfasst worden. Aus den - beigefügten - Kapitalkontenentwicklungen gehe der Ausweis als Betriebsvermögen aber ebenso eindeutig hervor wie aus dem Umstand, dass der gesamte Schriftverkehr bzgl. des Wertpapierdepots an die Klägerin adressiert worden sei.

Das Finanzamt Hamburg-1 wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19.09.2005 als unbegründet zurück. Der Erwerb und das Halten der Wertpapiere seien nicht als Teil der Tätigkeit als Rechtsanwalt anzusehen, weil hierfür der spezifisch betriebliche Bezug fehle. Der Vortrag der Klägerin, sie habe Liquiditätsreserven schaffen wollen, genüge insoweit nicht, da der Kauf von starken Kursschwankungen unterliegenden Wertpapieren hierfür kein übliches und leicht nachvollziehbares Mittel sei.

Hiergegen richtet sich die am 17.10.2005 bei Gericht eingegangene und gegen den Beklagten gerichtete Klage.

Die Klägerin trägt vor, sie habe in den Boomjahren der Börse aus der laufenden Liquidität ab 1999 Liquiditätsreserven in Form von gängigen Aktien und Fonds für Bürorenovierung und Ersatzinvestitionen gebildet und im Betriebsvermögen gehalten. Auch in der Zeit davor habe sie Liquidität angespart, aber auf einem Festgeldkonto angelegt. Wegen der zunächst positiven Börsenentwicklung sei der Entschluss gefasst worden, das Geld in Aktien zu investieren. Im Jahr 1999 seien zunächst nur Aktien der D AG angeschafft worden, später auch andere. Nach Veräußerung der Wertpapiere habe die Klägerin die angesparten Beträge - regelmäßig monatlich DM 1.000 bzw. EUR 500 - wieder in Geldmarktfonds und Ähnlichem angelegt. Die übrige, auf dem Girokonto angesammelte Liquidität habe für Steuerzahlungen, sonstige Ausgaben und Entnahmen gedient, nicht jedoch für Ersatzinvestitionen. Die Gesellschafter hätten verabredet, grundsätzlich keine Leasing- oder Mietverträge abzuschließen. Daher fielen des Öfteren Investitionen für Ersatzbeschaffungen in beträchtlicher Höhe an, so etwa für einen neuen Teppich, eine neue Computeranlage, eine neue Telefonanlage oder ein neues Kopiergerät. Die Gesellschafter wollten diese Investitionen nicht aus ihrem Privatvermögen finanzieren, sondern immer ausreichend finanzielle Mittel im Betriebsvermögen vorhalten. Dies sei auch sinnvoll, da die private finanzielle Situation der Partner sehr unterschiedlich sein könne.

Aufgrund des plötzlichen Wertverfalls der Aktien und Fonds in den Jahren 2000 und 2001 habe die Klägerin die Notbremse gezogen und die Wertpapiere im Streitjahr mit einem Verlust in Höhe von DM 19.193,45 veräußert. Dieser Verlust stelle eine Betriebsausgabe dar. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass es Freiberuflern im gleichen Umfang wie Gewerbetreibenden möglich sei, gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden. Wertpapiere seien als gewillkürtes Betriebsvermögen geeignet, da sie als Liquiditätsreserve den Betrieb stärken könnten. Eine unterschiedliche Behandlung danach, ob freiberufliche oder gewerbliche Einkünfte vorliegen, verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot. Auch müsse der Gesamtgewinn bei den unterschiedlichen Gewinnermittlungsarten identisch sein.

Wertpapiere seien nur dann kein gewillkürtes Betriebsvermögen, wenn bereits bei ihrem Erwerb mit einem Verlust zu rechnen ist. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall; der Börseneinbruch aufgrund der New Economy und des Golfkrieges sei im Jahr 1999 nicht absehbar gewesen. Es habe sich um Papiere renommierter Unternehmen gehandelt, bei denen nach allgemeiner Auffassung kurzfristig lediglich mit geringen Kursschwankungen und langfristig mit Kurssteigerungen zu rechnen sei.

Die Klägerin habe ihren Willen, die Wertpapiere dem Betriebsvermögen zuzuordnen, ausreichend deutlich gemacht, indem sie die Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln angeschafft und das Wertpapierkonto bei der Bank auf ihren Namen eingerichtet habe. Sie habe die Anschaffung der Wertpapiere laufend auf den Konten Sonstige Wertpapiere, O und Festgeld gebucht. Ferner seien die Wertpapiererträge seit dem Erwerb der Papiere als Betriebseinnahmen erfasst und zusammen mit den anrechenbaren Steuern in den Feststellungserklärungen erklärt worden. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18.12.2006 (FGA Bl. 31 ff.) nebst Anlage wird insoweit Bezug genommen. Dieses Vorgehen sei weder im Rahmen der Veranlagung noch bei der für die Jahre 1997 bis 1999 durchgeführten Betriebsprüfung beanstandet worden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 29.03.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des Finanzamtes Hamburg-1 vom 19.09.2005 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit um DM 19.193,45 niedriger festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass die Wertpapiere kein gewillkürtes Betriebsvermögen gewesen seien, da ihnen die objektive Eignung und die Bestimmung zur Förderung des Betriebes der Klägerin gefehlt habe. Anders als bei Gewerbetreibenden, die ihren Betrieb auf finanzielle Reserven gründeten, sei der Einsatz erheblichen Kapitals bei einer selbständigen Tätigkeit eher die Ausnahme; an die Betriebsbezogenheit bei gewillkürtem Betriebsvermögen von Freiberuflern seien daher strenge Anforderungen zu stellen. Die erst im Klageverfahren nachgeschobene Begründung für die Anschaffung der Wertpapiere (Bürorenovierung und Ersatzinvestitionen) sei wenig glaubhaft, da die Klägerin ausweislich der für die Jahre 1999 bis 2002 vorgelegten Kapitalkontenübersichten über erhebliche Bankguthaben bei der K verfügt habe.

Zudem habe die Klägerin die Zuordnung der Wertpapiere nicht ausreichend dokumentiert. Insbesondere habe sie nicht nachgewiesen, ob, wann und wie sie die Wertpapiere in ihren betrieblichen Aufzeichnungen erfasst habe. In den Anlagenverzeichnissen seien sie jedenfalls nicht aufgeführt worden. Die Kontoinhaberschaft der Klägerin sei zweifelhaft, da nur die Gesellschafter der Klägerin namentlich genannt seien ohne Hinweis auf ihre gesellschaftsrechtliche Verbundenheit. Die Anschaffung der Wertpapiere mit betrieblichen Mitteln sei unergiebig, da die Mittel auch zuvor entnommen worden sein könnten. Die Einnahmen aus den Wertpapieren seien nur einmal und nur in Bezug auf eine Dividende der D AG erklärt worden.

Die Beteiligen haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 20.11.2006 wird Bezug genommen.

Dem Gericht hat Band I der Gewinnfeststellungsakten (St.-Nr. ...) vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klage richtet sich zulässigerweise gegen den Beklagten.

Nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist die Klage gegen die Behörde zu richten, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat. Ist vor Erlass der Einspruchsentscheidung eine andere als die ursprünglich zuständige Behörde für den Steuerfall örtlich zuständig geworden, so ist die Klage gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 FGO gegen die Behörde zu richten, die die Einspruchsentscheidung erlassen hat. Dasselbe gilt, wenn sich die örtliche Zuständigkeit nach Erlass der Einspruchsentscheidung, aber vor Rechtshängigkeit der Klage ändert (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 63 FGO Rz. 37).

So verhielt es sich zwar im Streitfall. Die Einspruchsentscheidung wurde am 19.09.2005 durch das Finanzamt Hamburg-1 erlassen. Noch vor Einreichung der Klage am 17.10.2005 wurde dieses Finanzamt mit Wirkung vom 01.10.2005 aufgelöst, und die Zuständigkeit ging aufgrund der Änderung der Zuständigkeitsanordnung der Finanzämter in Hamburg (Amtl. Anz. 1997, 2609) auf den Beklagten über. Diesem wurde u.a. die Zuständigkeit für die Ortsteile 104 bis 107 zugewiesen, für die zuvor das Finanzamt Hamburg-1 zuständig war. Nach der Anlage 2 zur Anordnung über die Einteilung des Gebietes der Freien und Hansestadt Hamburg vom 07.09.1965 (Amtl. Anzeiger 1965, 999, 1001) umfasst der Stadtteil S, zu dem der W gehört, wo die Klägerin ihre Praxis hat (vgl. § 180 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung -AO-), die Ortsteile 104 bis 107. Gemäß Ziff. XV Abs. 8 der Zuständigkeitsanordnung gehen die vom Finanzamt Hamburg-1 vor dem 01.10.2005 begonnenen Verfahren auf die nach der Zuständigkeitsanordnung bestimmten Finanzämter über.

Dennoch war die Klage nicht gegen das Finanzamt Hamburg-1 zu richten, das den ursprünglichen Verwaltungsakt und die Einspruchsentscheidung erlassen hat. Denn die oben genannte Auffassung betrifft nur den Fall, dass der Wechsel der örtlichen Zuständigkeit auf einer Änderung der sie begründenden Umstände beruht, etwa auf einer Verlegung der Praxis in den Bezirk eines anderen Finanzamts; durch einen solchen Vorgang ändert sich die Passivlegitimation des Finanzamtes, das die Einspruchsentscheidung erlassen hat, nicht, unabhängig davon, ob der Wechsel vor oder nach Rechtshängigkeit eintritt (für letzteren Fall Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 63 FGO Rz. 6). Demgegenüber beruhte der Zuständigkeitswechsel im Streitfall, wie dargelegt, auf einem behördlichen Organisationsakt. Tritt ein derartiger Wechsel während des gerichtlichen Verfahrens ein, kommt es zu einem gesetzlichen Beklagtenwechsel (Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 63 FGO Rz. 7). Dann muss die Klage aber von vornherein gegen das neu zuständig gewordene Finanzamt gerichtet werden, wenn der zuständigkeitsändernde Organisationsakt nach Erlass der Einspruchsentscheidung, aber vor Rechtshängigkeit wirksam wird.

II.

Die Klage hat in der Sache Erfolg.

Der angefochtene Feststellungsbescheid vom 29.03.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.09.2005 ist rechtswidrig und verletzt die Feststellungsbeteiligten in ihren Rechten. Das Finanzamt Hamburg-1 hat die Verluste aus der Veräußerung der Wertpapiere zu Unrecht nicht als Betriebsausgabe anerkannt, denn die Wertpapiere gehörten zum gewillkürten Betriebsvermögen der Klägerin.

Gegenstand des Betriebsvermögens, das für die Gewinnermittlung nach den §§ 4 Abs. 1 und 5 Einkommensteuergesetz (EStG) zugrunde zu legen ist, können Wirtschaftsgüter aller Art sein. Betriebsvermögen wird herkömmlich in notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen unterteilt. Wirtschaftsgüter, die nach Art und Einsatz im Betrieb eine besonders enge betriebliche Beziehung aufweisen, sind dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen. Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige für Zwecke der privaten Lebensführung verwendet, sind (notwendiges) Privatvermögen. Fehlt eine solche eindeutige Beziehung zum einen oder anderen Bereich, steht es dem Unternehmer weitgehend frei zu bestimmen, ob er das zunächst neutrale Wirtschaftsgut der Förderung betrieblicher Zwecke widmen will oder nicht (Heinicke in Schmidt, EStG, 24. Aufl., § 4 Rz. 103). Ein Wirtschaftsgut kann jedoch nur dann zum (gewillkürten) Betriebsvermögen gehören, wenn es objektiv geeignet und vom Betriebsinhaber subjektiv dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern und ihm zu dienen (BFH-Urteile vom 15. Juli 1960, VI 10/60 S, BFHE 71, 625, BStBl III 1960, 484; vom 15. April 1981,IV R 129/78, BFHE 133, 282, BStBl II 1981, 618). Die Steuerpflichtigen haben kein freies Wahlrecht, gewillkürtes Betriebsvermögen oder Privatvermögen zu bilden. Vielmehr muss auch die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens betrieblich veranlasst sein; sie muss ihr auslösendes Moment im Betrieb haben. Deshalb muss der Steuerpflichtige darlegen, welche Beziehung das Wirtschaftsgut zum Betrieb hat und welche vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen ihn veranlasst haben, das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen zu behandeln (BFH-Urteil vom 24. Februar 2000, IV R 6/99, BFHE 191, 307, BStBl II 2000, 297).

Im Streitfall ist die Behandlung der Wertpapiere als Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin den Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt.

Nach neuerer Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, gelten diese Grundsätze auch bei Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Eine unterschiedliche Behandlung von notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen bei den einzelnen Gewinnermittlungsarten ist vom Gesetz nicht gedeckt, das in § 4 Abs. 3 EStG keinen anderen Betriebsvermögensbegriff anordnet als § 4 Abs. 1 EStG. Eine Differenzierung nach der Gewinnermittlungsart führte zu unterschiedlichen Gesamtgewinnen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003, IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 ).

Die Anwendung der o.g. Grundsätze auf den Streitfall ergibt, dass die Wertpapiere objektiv geeignet und von der Klägerin subjektiv dazu bestimmt waren, den Betrieb zu fördern und ihm zu dienen.

1. Die Bildung der Liquiditätsreserve und die Anlage der angesparten Mittel waren objektiv geeignet, den Betrieb zu fördern. Aktien und Aktienfonds sind neutrale Wirtschaftsgüter, die Erträge erwirtschaften können und leicht liquidierbar sind. Sie sind daher grundsätzlich geeignet, das Betriebskapital zu stärken und damit einen Betrieb zu fördern. Das gilt zwar ausnahmsweise nicht, wenn die Wertpapiere im Zeitpunkt ihrer Anschaffung bzw. Einlage bereits Verluste erwarten lassen. Die objektive Eignung eines Wirtschaftsgutes zur Förderung des Betriebes fehlt nämlich in den Fällen, in denen zum Einlagezeitpunkt erkennbar ist, dass es dem Betrieb nicht nutzt, sondern schadet (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003, IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 ). Absehbare Verluste dürfen nicht in den betrieblichen Bereich verlagert werden.

Bei den streitgegenständlichen Wertpapieren war im Zeitpunkt ihrer Anschaffung indes nicht absehbar, dass sie verlustbringend sein würden. Die Aktien der D AG wurden im Jahr 1999 gekauft, die Fondsanteile O (A) und die Aktien der B, G und C im Jahr 2000. Es ist gerichtsbekannt, dass die Aktienmärkte in diesen Jahren allgemein eine aufsteigende Tendenz hatten und ein Einbruch noch nicht absehbar war. Zwar wohnt der Anschaffung von Aktien immer auch ein spekulatives Element inne. Im Streitfall waren die Wertpapiergeschäfte der Klägerin jedoch nicht in einem Maße risikobehaftet, das die Widmung zu Betriebsvermögen ausschlösse. Bei den Unternehmen, deren Anteile erworben wurden, handelt es sich durchweg um große und renommierte Firmen mit stabilen Wertentwicklungen, bei denen zwar auch mit negativen Entwicklungen gerechnet werden musste, aber nicht in gravierendem Maße und allenfalls für kürzere Zeiträume. Da die Klägerin hinsichtlich der Zeitpunkte für eventuelle Neuanschaffungen relativ flexibel war, hätte sie bei kurzfristigen Kurssenkungen abwarten können, bis sich die Kurse wieder erholten. Mit einem Einbruch bei allen Anteilen und in erheblichem Maße war nicht zu rechnen.

Auch die speziellen Anforderungen an die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens durch Freiberufler sind erfüllt. Da eine selbständige Tätigkeit i.S. des § 18 EStG dadurch charakterisiert ist, dass die eigene Arbeitskraft sowie das geistige Vermögen eingesetzt und in der Regel durch eine besonders qualifizierte Ausbildung erworbene Kenntnisse verwertet werden, nicht dagegen durch einen erheblichen Kapitaleinsatz, sind an den Nachweis der Betriebsbezogenheit bei der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens strenge Anforderungen zu stellen, wenn Geldanlagen als gewillkürtes Betriebsvermögen eines Freiberuflers behandelt werden sollen (BFH-Urteil vom 24. Februar 2000, IV R 6/99 BFHE 191, 307, BStBl II 2000, 297; BFH-Urteil vom 31. Mai 2001, IV R 49/00j, BFHE 195, 386 , BStBl II 2001, 828). Denn Geldgeschäfte, die ihrer Art nach zu Einkünften nach § 20 EStG führen, können zwar gewerbliche Einkünfte sein, erfüllen aber regelmäßig nicht die Anforderungen an eine selbständige Tätigkeit i.S. des § 18 EStG. Wertpapiere können deshalb nur dann zum gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers gezogen werden, wenn ausschließlich betriebliche Gründe für ihren Erwerb maßgeblich waren (BFH-Beschluss vom 10. Juni 1998, IV B 54/97, BFH/NV 1998, 1477; BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999, XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708).

Der erkennende Senat sieht die Anschaffung der Wertpapiere im Streitfall als ausschließlich betrieblich bedingt an. Die Klägerin hat glaubhaft dargelegt, dass sie laufend finanzielle Mittel für Ersatzinvestitionen angespart hat. Dass sie diese Investitionen nicht durch Kredite finanzieren wollte und auch den Abschluss von Leasing- oder Mietverträgen ablehnte, ist eine unternehmerische Entscheidung, die auch Freiberufler treffen können und die steuerlich grundsätzlich zu akzeptieren ist. Da es Steuerpflichtigen grundsätzlich frei steht, betriebliche Investitionen durch Eigen- oder Fremdkapital zu finanzieren (BFH-Beschluss vom 8. Dezember 1997, GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193), muss es den Angehörigen der freien Berufe ebenso wie Gewerbetreibenden möglich sein, für künftige Ausgaben eine gewisse Liquiditätsreserve im Betriebsvermögen zu bilden (Wacker in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 18 Rz. 163; von Schönberg, HFR 2000, 561). Der Vortrag der Klägerin, dass Investitionen für die Bürorenovierung und den Ersatz der technischen Einrichtungen, insbesondere der Telefon- und der Computeranlage, anfallen würden, ist nachvollziehbar und glaubhaft. Die in den Jahren 1999 bis 2001 vorgehaltene Liquiditätsreserve war auch nicht wesentlich höher als die zu erwartenden Investitionen. Sie betrug, soweit sie in Wertpapieren gebildet wurde, im Jahr 1999 DM 4.910,42, im Jahr 2000 DM 23.248,68 und im Jahr 2001 DM 13.675,12. Die jährliche Summe der angesparten Beträge, DM 12.000,-, entspricht auch in etwa den jährlichen Abschreibungen auf das im Gesamthandsvermögen gehaltene Inventar (vgl. Anlagenverzeichnis für 2000, GewFA Bl. 93). Dass die Gesellschafter der Klägerin nicht private Verluste oder jedenfalls Risiken in den betrieblichen Bereich verlegen wollten, wird zudem daran deutlich, dass sie die Liquiditätsreserve schon vor Anschaffung der streitgegenständlichen Wertpapiere angespart und vorgehalten hat und ebenso nach Veräußerung der Wertpapiere im Streitjahr. Darüber hinaus hat die Klägerin die Wertpapiere veräußert, bevor die Aktienkurse ihren Tiefpunkt erreicht hatten, und anschließend nur noch in Geldmarktfonds und Ähnliches investiert, um weitere Verluste zu vermeiden. Wäre es ihr um die Aktienspekulation selbst gegangen, hätte sie beides nicht getan, sondern weiter in Aktien investiert.

Der erkennende Senat hält die Unterscheidung zwischen der Anlage in börsengängigen Zinspapieren oder in Aktien (so von Schönberg, a.a.O.) für sachlich nicht gerechtfertigt. Diese Auffassung wird damit begründet, dass der Erwerb von Aktien einen spekulativen Charakter habe, der diesen Geschäften ein eigenes wirtschaftliches Gewicht verleihe, während beispielsweise neu emittierte Zinspapiere nicht verlustgeneigt seien und zu gewillkürtem Betriebsvermögen eines Freiberuflers gemacht werden könnten. Abgesehen davon, dass auch Zinspapiere verlustbringend sein können, betrifft die Frage, ob Wertpapiere verlustgeneigt sind, lediglich ihre allgemeine und von der Einkunftsart unabhängige Eignung zur Förderung des Betriebes. Steht fest, dass die Papiere im Anschaffungszeitpunkt nicht verlustgeneigt sind und dass die Anlage der Bildung einer ertragbringenden Liquiditätsreserve für Investitionen dient, besteht kein Grund, ihre Widmung zu gewillkürtem Betriebsvermögen bei Freiberuflern nicht anzuerkennen. Die bei Freiberuflern zu stellenden strengeren Anforderungen an den Nachweis der Betriebsbezogenheit können sich nach Auffassung des Senates nur auf den Grund für die Anschaffung der Wertpapiere beziehen, der sich in der Verwendung der Wertpapiere und ihrer Erträge manifestiert, nicht jedoch auf den Grad der möglichen Betriebsschädlichkeit bzw. Verlustgeneigtheit. Das Bestreben, eine aus betrieblichen Gründen vorgehaltene Liquiditätsreserve bis zu ihrer Auflösung möglichst ertragbringend anzulegen, ist auch bei Freiberuflern legitim und steuerrechtlich zu akzeptieren. Auf welche Weise der Ertrag erwirtschaftet wird - ob durch Anlage in Zinspapieren oder in Aktien - spielt so lange keine Rolle, wie die Liquiditätsreserve und die damit erwirtschafteten Erträge für betriebliche Zwecke verwandt werden sollen. Bei beiden Anlageformen ist die Absicht, Einkünfte zu erzielen, die der Sache nach der Bestimmung der §§ 20 oder 23 EStG unterfallen, nicht isoliert zu betrachten und aus dem Bereich der Freiberuflichkeit auszuscheiden, sondern wird überlagert durch das ausschließlich betrieblich motivierte Interesse an einer Liquiditätsreserve zur Finanzierung künftiger Investitionen. Der durch die Absonderung bestimmter Geldmittel für betriebliche Investitionen geschaffene betriebliche Zusammenhang wird durch die Anlageform nicht aufgelöst, sofern die Grundvoraussetzung, dass keine Betriebsschädlichkeit droht, erfüllt ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Freiberufler keine außergewöhnlich riskanten oder spekulativen Anlagen wählt (vgl. zur Options- und Devisentermingeschäften BFH-Urteil vom 19. Februar 1997, XI R 1/96, BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399), sondern gängige Wertpapiere, die üblicherweise auch im Privatvermögen gehalten werden. Hierin kann auch bei Freiberuflern kein die betriebliche Veranlassung verdrängendes spekulatives Element gesehen werden.

2. Die Aktien bzw. Fondsanteile, deren Veräußerung zu dem streitgegenständlichen Verlust geführt hat, waren auch subjektiv dazu bestimmt, dem Betrieb zu dienen. Diese subjektive Bestimmung eines Wirtschaftsgutes erfordert eine eindeutige Dokumentation des entsprechenden Widmungswillens, die regelmäßig durch einen Ausweis in der Buchführung erfolgt (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1990, VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401; Heinicke in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 4 Rz. 316 und 360 "Buchung"). Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung ist für den Akt der erstmaligen Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen (bei erstmaligem Erwerb oder Einlage) erforderlich, dass dieser unmissverständlich in einer solchen Weise dokumentiert wird, dass ein sachverständiger Dritter - z.B. ein Betriebsprüfer (§ 145 Abs. 1 AO) - ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des erworbenen oder eingelegten Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen erkennen kann (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003, IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 ; BFH-Urteil vom 22. September 1993, X R 37/91, BFHE 172, 354, BStBl II 1994, 172).

Die Klägerin hat ihren Willen, die Wertpapiere im Betriebsvermögen zu halten, dadurch dokumentiert, dass sie ihre Anschaffung auf den betrieblichen Konten Festgeld, O und Sonstige Wertpapiere verbucht hat. Die subjektive Widmung zum Betriebsvermögen kann sich auch daraus ergeben, dass die mit dem Erwerb des Wirtschaftsgutes zusammenhängenden Geschäfte in der laufenden Buchhaltung als betriebliche Vorgänge erfasst werden (BFH-Beschluss vom 25. November 2004, XI B 66/04, BFH/NV 2005, 549). Der steuerliche Berater der Klägerin hat versichert, die Anschaffungen im Rahmen der laufenden Buchführung, d.h. mit geringen zeitlichen Differenzen, entsprechend verbucht zu haben. Bei den genannten Konten handelt es sich um betriebliche Bestandskonten, auf denen keine Entnahmen gebucht wurden. Diese Konten wurden auch in die jährlich erstellte Übersicht über die Kapitalkontenentwicklung aufgenommen (vgl. Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 18.12.2006).

Zudem hat die Klägerin die Erträge aus den streitgegenständlichen Wertpapieren als Betriebseinnahmen erklärt. Die Dividendenabrechnung für die D-Aktien wurde - versehentlich - einmal für 1999 und einmal für 2000 eingereicht (GewFA Bl. 62 und 84). Die im Jahr 2001 ausgezahlten Dividenden der D AG und der C hat die Klägerin ebenfalls als Betriebseinnahmen erklärt. Weitere Ausschüttungen sind nach ihrem unbestrittenen Vortrag nicht erfolgt.

Durch die Erfassung der Wertpapierkäufe und -verkäufe auf den genannten Betriebskonten wurde sichergestellt, dass auch die Erträge aus Umschichtungen des Wertpapierbestandes erfasst wurden, so etwa die Gewinne aus den in 2000 erfolgten Veräußerungen der Anteile an der E und der F-Aktien. Diese Gewinne wirkten sich steuerlich zwar erst im Jahr 2001 aus (vgl. Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 01.03.2007, FGA Bl. 35 f.) und nicht im Jahr 2000, wie es korrekt gewesen wäre. Jedenfalls war die Erfassung aber sichergestellt; es bestand nicht die Gefahr, dass ausschließlich die Verluste, nicht aber die Gewinne in den betrieblichen Bereich fallen würden.

Ferner hat die Klägerin die Wertpapiere unmittelbar aus betrieblichen Mitteln angeschafft; die Papiere wurden nicht aus dem Privatvermögen der Gesellschafter eingelegt. Zwar begründet der Umstand, dass die Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes aus Betriebseinnahmen finanziert werden, noch nicht deren Charakter als gewillkürtes Betriebsvermögen, da sie dem Betriebsvermögen zuvor entnommen worden sein können (BFH-Urteil vom 24. Februar 2000, IV R 6/99, BFHE 191, 307, BStBl II 2000, 297). Bei Freiberuflern, die Wertpapiere, wie dargelegt, nur aus ausschließlich betrieblichen Gründen in das Betriebsvermögen überführen können, ist die Anschaffung aus betrieblichen Mitteln aber unabdingbar, da eine Anschaffung aus privaten Mitteln und erst spätere Einlage in den Betrieb deutlich gegen die ausschließlich betriebliche Veranlassung spräche.

Ein weiteres Indiz dafür, dass die Wertpapiere im Betriebsvermögen gehalten und nicht entnommen wurden, ist der Umstand, dass die Korrespondenz, wie die Klägerin vorträgt und sich z.B. aus der Dividendenabrechnung über die D-Aktien (GewFA Bl. 62) und den Abrechnungen der O (FGA Bl. 37 ff.) ergibt, an beide Gesellschafter der Klägerin unter ihrer Praxisanschrift gerichtet war. Die Annahme, dass sich Mitunternehmer privat zusammenschließen, um gemeinsam ein Wertpapiervermögen anzuschaffen, liegt jedenfalls deutlich ferner als die entsprechende Möglichkeit bei einem Einzelanwalt. Es ist davon auszugehen, dass die Wertpapiere durch die (geschäftsführenden) Gesellschafter für die Gesellschaft angeschafft wurden und sich daher im Gesamthandsvermögen befanden (§ 718 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Ein etwa fehlender "GbR"-Zusatz in der Bezeichnung des Kontoinhabers durch die Bank änderte daran nichts.

Der Umstand, dass die Klägerin die Wertpapiere nicht in das dem Finanzamt eingereichten Bestandsverzeichnis aufgenommen hatte, lässt keinen negativen Rückschluss zu. In das Bestandsverzeichnis werden nur die beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aufgenommen als Grundlage für die Ermittlung der Abschreibungsbeträge. Ebenso unschädlich ist, dass die Klägerin die Zuordnung der Wertpapiere zum Betriebsvermögen - mit Ausnahme der eingereichten Dividendenabrechnung - auch nicht anderweitig bereits mit Einreichung der Steuererklärungen und Einnahmenüberschussrechnungen deutlich gemacht hat. Wie dargelegt, ist ausreichend, dass ein sachverständiger Dritter wie etwa ein Betriebsprüfer die Zuordnung ohne weitere Erklärungen des Steuerpflichtigen erkennen kann. Das ist hier der Fall, denn die Zuordnung ergibt sich aus der Buchhaltung und den Kapitalkontenübersichten, die ein Betriebsprüfer im Rahmen einer Außenprüfung eingesehen und geprüft hätte.

Nach alledem sieht der Senat es als ausreichend erwiesen an, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Wertpapiere im Zeitpunkt ihrer Anschaffung dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet und diese Zuordnung zeitnah dokumentiert hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.



Ende der Entscheidung

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