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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 04.09.2006
Aktenzeichen: 2 K 247/04
Rechtsgebiete: KStG, FGO, AO 1977, BewG, GewStG, AktG, GmbHG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 S. 2
KStG § 47 Abs. 1
KStG § 47 Abs. 2 Nr. 1
KStG a.F. § 27
KStG a.F. § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
FGO § 40 Abs. 2
FGO § 42
AO 1977 § 171 Abs. 10
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 1
AO 1977 § 182 Abs. 1 S. 1
AO 1977 § 351 Abs. 2
BewG § 95 ff.
GewStG a.F. § 12
AktG § 93 Abs. 1 S. 1
GmbHG § 43 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

2 K 247/04

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob Zahlungen, die die Klägerin an die Firma A... S. A. (im folgenden A) geleistet hat, als verdeckte Gewinnausschüttungen dem Gewinn hinzuzurechnen sind.

Die Klägerin firmierte in den Streitjahren unter "...Textilien GmbH", hatte ihren Sitz in B und betrieb dort einen Großhandel mit Teppichen. Zum 31.12.1998 veräußerte sie den Geschäftsbetrieb einschließlich der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Warenvorräte an die Firma Textilien GmbH, die den Betrieb seitdem fortführt. Auf die Rechnung der Klägerin vom 01.01.1999 über die Warenbestände und die beigefügte Inventurliste (Beweismittelordner der Staatsanwaltschaft B - BewO - Bl. 83 und 81 f.) wird Bezug genommen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin war in den Streitjahren Herr H.

Die Klägerin unterhielt langjährige Geschäftsbeziehungen zu der Firma A in ... (Marokko). Diese Firma stellte Berber-Teppiche her und belieferte fast ausschließlich die Klägerin. Herr H hielt seit 1990 die Hälfte der Gesellschaftsanteile an der A. Seit 1992 ist er Miteigentümer der Betriebsgrundstücke der A (vgl. Kaufvertrag vom 30.04.1991, BewO Bl. 113 ff., und Genehmigungserklärung vom 24.07.1992, BewO Bl. 125, sowie Eintragungsbestätigung, BewO Bl. 123) und seit Mai 1997 alleinvertretungsberechtigter Vorsitzender des Aufsichtsrates der A, dem die Geschäftsführung obliegt (vgl. Protokoll der Hauptversammlung vom 14.05.1997, BewO Bl. 120 ff.).

Das seinerzeit zuständige Finanzamt B1 folgte zunächst den eingereichten Erklärungen der Klägerin und erließ entsprechende Bescheide, die anschließend aufgrund von Verlustrückträgen geändert wurden. Auf die nachfolgende tabellarische Aufstellung (in DM) wird verwiesen. Ab dem Veranlagungszeitraum 2000 ging die Zuständigkeit wegen einer Sitzverlegung der Klägerin nach Hamburg auf den Beklagten über. Die Verlustrückträge von 1997 auf 1995 und von 1998 auf 1996 erfolgten antragsgemäß (vgl. Antrag vom 23.09.1999, Körperschaftsteuerakten - KStA - Bl. 102).

Mit Schreiben vom 18.01.1999 erstattete ein Mitarbeiter und Anteilseigner der A, Herr K1, beim Bundesfinanzministerium Strafanzeige gegen Herrn H. Er behauptete, Herr H, der aufgrund seiner 50-prozentigen Beteiligung an der A und seiner Beherrschung der Klägerin maßgeblichen Einfluss auf beide Firmen ausübe, vereinbare überhöhte Preise für die von der A an die Klägerin verkauften Teppiche (BewO Bl. 7 ff.). Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung B leitete daraufhin am 18.10.1999 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Herrn H ein, nach dessen Abschluss sie einen Bericht über die steuerlichen Feststellungen (Steufa-Bericht, BußStra-Akte Bl. 1 ff.) erstellte.

Bei einer Durchsuchung der Wohnräume des damaligen Leiters der Buchhaltung der Klägerin wurden für sechs Lieferungen der A an die Klägerin in den Jahren 1995 und 1998 jeweils zwei Rechnungen mit unterschiedlichen Preisen aufgefunden. Es handelt sich dabei um folgende Rechnungen (in DM):

 Nr.Datumqmniedrigerer Preishöherer Preis Differenz
28/9510.11.19954.015,16175.088,49354.225,55179.137,03
29/9517.11.19954.056,57164.304,29359.254,80194.950,51
30/9524.11.19954.052,95174.111,63354.410,00180.298,37
44/9807.12.19983.950,81170.433,32370.433,32200.000,00
45/9811.12.19983.616,79193.584,50354.445,42160.860,92
46/9821.12.19982.792,26 113.088,90293.082,30 179.993,40

Für zwei Lieferungen wurde jeweils nur eine Rechnung aufgefunden:

 Nr.DatumqmPreis lt. Steufa Rechn .- preisDifferenz
31/9515.12.19952.007,86 85.861,8392.703,996.842,16
32/9501.12.19953.946,89154.150,72175.825,20 21.674,48

Preisdifferenz insgesamt: 1.123.756.87

Da in den letztgenannten Rechnungen u.a. Teppiche der Qualität Oase zum Quadratmeterpreis von DM 38,00 berechnet wurden (Rechnung 31/95: 855,27 qm = DM 32.500,26 und Rechnung 32/95: 2.709,61 qm = DM 102.953,78), obwohl vorher und nachher nur DM 30,00 bzw. DM 33,00 in Rechnung gestellt wurden, ging die Steuerfahndung auch insoweit von überhöhten Preisen aus (Ziffer 9 des Berichtes) und legte zur Ermittlung des richtigen Preises einen Quadratmeterpreis von DM 30,00 zugrunde (Rechnung 31/95: DM 25.658,10, Rechnung 32/1/95: DM 81.279,30; s.o. Preis lt. Steufa).

Ferner stellte die Steuerfahndung bei der Durchsuchung einen von Herrn H erstellten, handschriftlichen Vermerk sicher (BewO Bl. 19), der mit "LE PROCHAINE 5 FACTURE" überschrieben ist. Hierin ist für zwei Lieferungen je eine "facture officielle" (offizielle Rechnung) und eine zweite Rechnung erwähnt für jeweils ca. 4.000 qm Ware. Wegen der Mengenangaben bezog die Steuerfahndung diese Vermerke auf die Rechnungen 28/95 und 29/95 (Ziffer 9 des Berichtes). Weiter heißt es in dem Vermerk: "3) FACTURE OFFICIELLE: TOUT EN OASE A 30,00 DM DIFFERENCE ENTRE NOUS". Hieraus schloss die Steuerfahndung, dass die Differenz zwischen den Preisen für die Lieferung gemäß der Rechnung 30/95 zwischen der A und Herrn H geteilt werden solle. Die weiteren zwei im Vermerk erwähnten Rechnungen bezog die Steuerfahndung auf die Rechnungen 31/95 und 32/95 (Ziffer 9 des Berichtes). Auf den Vermerk wird Bezug genommen. Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Textilien GmbH fand die Steuerfahndung zahlreiche Blanko-Rechnungsvordrucke der Firma A (BewO Bl. 141 f., vgl. Bericht Ziffer 10).

Die Klägerin buchte die Rechnungen zunächst mit den höheren Beträgen als Wareneinkauf. Hinsichtlich der Rechnungen 28-30/95 nahm sie im Jahr 1997 zum Teil folgende gewinnerhöhende Stornierungen vor:

 Rechnung Reduzierung der Preisdifferenz auf
28/95: DM 17.721,23DM: 161.415,83
29/95: DM 134.950,51DM 60.000,00
30/95:DM 157.298,37DM 23.000,00
Insgesamt:DM 309.970,11 DM 813.786,79

Hinsichtlich der Zahlungen, die die Klägerin auf die Rechnungen jeweils leistete, wird auf den Bericht der Steuerfahndung (BußStra-A Bl. 5 ff.) Bezug genommen. Die jeweils letzten und damit auf die Differenzbeträge entfallenden Zahlungen wurden wie folgt geleistet:

 Rechnung19961997 1999
28/95 47.915,83  113.500,00
29/95  60.000,00 
30/95 23.000,00 
31/956.842,16  
32/95 21.674,48  
44/98  200.000,00
45/98  160.860,92
46/98  179.993,40
Gesamt76.432,4783000,00 654.354,32

Die Steuerfahndung vertrat die Auffassung, dass das Einkommen der Klägerin in den Jahren 1995 und 1998 durch die Verbuchung der höheren Rechnungsbeträge gemindert worden sei und diese Minderungen auf verdeckten Gewinnausschüttungen beruhten, so dass sie gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen seien (Ziffer 12 des Berichtes). Die Ausschüttungsbelastung sei entsprechend den geleisteten Zahlungen in den Jahren 1996, 1997 und 1999 herzustellen (Ziffer 14 des Berichtes). Aufgrund der Beteiligung des Herrn H an der A, seines Miteigentums an den Betriebsgrundstücken und seiner Stellung als Aufsichtsratsvorsitzender der A (seit 1997) sei davon auszugehen, dass es sich bei der A um eine dem Gesellschafter der Klägerin, Herrn H, nahe stehende Person handele (Ziffer 16 des Berichtes). Herr H habe entgegen seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) keine Buchführungsunterlagen der A vorgelegt, aus denen sich ergebe, was mit den Zahlungen geschehen sei.

Die teilweise Stornierung der Rechnungen 28-30/95 sei in der Weise zu berücksichtigen, dass die Gewinnerhöhung in 1997 durch eine entsprechende Gewinnminderung rückgängig zu machen und stattdessen der Gewinn für 1995 entsprechend zu erhöhen sei (jeweils um DM 309.970,11), da der Klägerin von Anfang an bekannt gewesen sei, dass die höheren Rechnungsbeträge unzutreffend gewesen seien (Ziffer 13 des Berichtes). Auf den weiteren Inhalt des Berichtes wird Bezug genommen.

In den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft B (- ErmA - Bd. 2 Bl. 324 f., Übersetzung Bl. 325a f.) befindet sich die Kopie einer Vereinbarung zwischen dem bis dahin an der Firma A beteiligten Gesellschafter K2 sowie Herrn N und Herrn K3 einerseits und Herrn H andererseits vom 19.01.1990, derzufolge Herr H die hälftige Beteiligung an der A von Herrn K2 erwerben sollte. Er sollte aber nur seinen Namen zur Verfügung stellen; tatsächlich sollten die Rechte und Pflichten aus der Beteiligung den Herren N und K3 zustehen. Der Zeuge K1 sagte bei seiner Vernehmung durch die Steuerfahndungsstelle B aus, die Vereinbarung sei erst im Jahr 2002 geschlossen und rückdatiert worden. Auf den weiteren Inhalt des Vertrages und der Zeugenaussage (ErmA Bd. 2 Bl. 424 f.) wird Bezug genommen.

Des weiteren befindet sich in den Ermittlungsakten (BewO Bl. 84) ein an Herrn H gerichtetes Telefaxschreiben der A vom 30.05.2000, in dem u.a. die Rechnungen 44-46/98 mit den jeweils niedrigeren Rechnungsbeträgen genannt sind.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Steuerfahndungsstelle B und änderte die angefochtenen Bescheide entsprechend (s. Übersicht). Wegen der Abweichungen von den Berechnungen der Steuerfahndung wird auf die Anlage zu den geänderten Körperschaftsteuerbescheiden und Gewerbesteuermessbescheiden für 1995 bis 1999 (KStA Bl. 175) Bezug genommen. Die Änderung der Bescheide für 1995 und 1996 erfolgte nach § 173 AO, die Änderung der Bescheide für 1997 bis 2001 nach § 164 Abs. 2 AO; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Übersicht über das Verwaltungsverfahren insgesamt:

Bescheid vom 28.11.1996: Körperschaftsteuer (KSt) 1995: zu versteuerndes Einkommen (zvE): 22.128, Körperschaftsteuer (KSt): ./.1.253 - Änderung v. 04.05.1999: zvE: 30.894, KSt: 2.692 - Änderung v. 16.11.1999: zvE: 0 (Verlustrücktrag aus 1997), KSt: ./.3.033 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: vGA: 272.932, zvE: 509.662, KSt: 218.137

Bescheid vom 28.11.1996: Gesonderte Feststellung gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1995: EK 45: 41.100, EK 02: 20, EK 04: 11.259

Änderung v. 04.05.1999 u. v. 05.07.1999: EK 45: 48.097, EK 02: 20

Änderung v. 16.11.1999: EK 45: 31.105, EK 02: 17.012 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: EK 45: 295.262, EK 02: 20

Gewerbesteuermessbetrag (GewSt MB) 1995: Ertrag: 57.400, MB: 4.040 - Änderung: Ertrag: 66.100, MB: 4.479 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: Ertrag: 544.900, MB: 28.419

Bescheid v. 21.10.1997: KSt 1996: zvE: 10.641, KSt: 4.788 - Änderung v. 04.05.1999 u. v. 05.07.1999: zvE: 91.488 (nach Bp), KSt: 41.169 - Änderung v. 16.11.1997: zvE: 0 (Verlustrücktrag aus 1997 =8.568 u. 1998 =82.920), KSt: 0 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: zvE: 91.488, KSt: 24.790

Gesonderte Feststellung gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996 v. 21.10.1997: EK 45: 4.035, EK 02: 20, EK 04: 11.259 - Änderung v. 04.05.1999 u. 05.07.1999: EK 45: 55.498, EK 02: 20 - Änderung v. 16.11.1997: EK 45: ./. 1.818, EK 02: 49.159 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: EK 45: 300.804, EK 02: 20

GewStMB 1996: Ertrag: 41.600, MB: 3.374 - Änderung: Ertrag: 122.400, MB: 7.294 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: Ertrag: 122.400, MB: 8.620

Bescheid v. 05.07.1999: KSt 1997: zvE: ./. 71.998, KSt: 0 - Änderung v. 16.11.1999: zvE: ./. 71.998, KSt: 0 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: zvE: ./. 381.970, KSt: ./. 17.786

Gesonderte Feststellung gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1997 v. 05.07.1999: EK 45: 53.940, EK 02: ./. 71.978 - Änderung v. 16.11.1997: EK 45: ./. 3.376, EK 02: ./. 5.082 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: EK 45: 235.904, EK 02: ./. 381.950

Verlustfeststellung auf den 31.12.1997 zur KSt v. vom 05.07.1999: verbleibender Abzug: 71.998 - Änderung v. 16.11.1999: Verlustrücktrag auf 1995: 30.894, auf 1996: 8.568, verbleibender Abzug: 32.536 Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: verbleibender Abzug: 381.970

GewStMB 1997: Ertrag: ./. 42.155, MB: 1.294 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: Ertrag: ./. 352.127, MB: 2.500

Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 v. 05.07.1999: Verlust: 42.155 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: Verlust: 352.127

Bescheid v. 30.07.1999: KSt 1998: zvE./. 82.920, KSt: 0 - Änderung v. 16.11.1999: zvE: ./. 82.920, KSt: 0 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: vGA: 540.854, zvE: 23.349 (Verlustabzug aus 1997 und -rücktrag aus 1999), KSt: 150.019,00

Gesonderte Feststellung gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1998 v 30.07.1999: EK 45: 50.752, EK 02: ./. 154.898 - Änderung v. 16.11.1999: EK 45: ./. 6.564, EK 02: ./. 50.688 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: EK 45: 172.241, EK 02: 16.647

Verlustfeststellung auf den 31.12.1998 zur KSt v. 30.07.1999: verbleibender Abzug: 154.918 Änderung v. 16.11.1999: Rücktrag auf 1996 (82.920), verbleibender Abzug: 32.536 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: verbleibender Abzug: 0

GewStMB 1998: Ertrag: ./. 63.354, MB: 0 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: Ertrag: 102.900, MB: 5.145

Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1998 v. 10.08.1999: Verlust: 63.354 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: Verlust: 0, (Abzug in 1998)

Bescheid v. 18.04.2000: KSt 1999: zvE: ./. 30.231, KSt: 0 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: zvE: ./. 30.231, KSt: 0

Gesonderte Feststellung gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1999 v. 18.04.2000: EK 45: 0, EK 40: ./. 6.564, EK 02: ./. 80.919 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: EK 02: ./. 621.605

Verlustfeststellung auf den 31.12.1999 zur KSt v. 18.04.2000: verbleibender Abzug: 62.767 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: Rücktrag auf 1998 (30.231), verbl. Abzug: 0

GewStMB 1999: Ertrag: ./. 18.439, MB: 0 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: Ertrag: ./. 18.439, MB: 0

Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1999 v. 02.05.2000: Verlust: 123.948 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: Verlust: 18.439

Bescheid v. 11.07.2002: KSt 2000: zvE: 0, KSt: 0 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: zvE: 0, KSt: 0

Gesonderte Feststellung gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.2000 v. 11.07.2000: EK 40: ./. 6.564, EK 02: ./. 71.336 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: EK 02: ./. 612.022

Verlustfeststellung auf den 31.12.2000 zur KSt v. 11.07.2002: verbleibender Vortrag: 62.767 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: verbleibender Vortrag: 0

Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 v. 11.07.2002: Verlust: 123.948 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: Verlust: 18.439

Gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 und der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 etc. KStG zum 31.12.2001 v. 21.03.2003: EK 40: ./. 6.564, EK 02: ./. 71.336, § 27 Abs. 2: 0, § 28 Abs. 1: 0, § 36 Abs. 7: 0, Guthaben: 0 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: EK 40: 0, EK 02: ./. 612.022, § 27 Abs. 1: 0, § 28 Abs. 1: 0, § 36 Abs. 7: 0, Guthaben: 0

Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001 v. 21.03.2003: Verlust: 123.948 - Änderung nach Steuerfahndung v. 29.03.2004: Verlust: 18.439

Einheitswert (EW) des Betriebsvermögens auf den 31.12.1996 - Änderung nach Steuerfahndung v. 23.03.2004: EW: 695.000

Mit Schreiben vom 25.04.2004 legte die Klägerin gegen die geänderten Bescheide Einspruch ein, den sie nicht begründete. Der Beklagte wies den Einspruch mit Bescheid vom 08.07.2004 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die am 02.08.2004 bei Gericht eingegangene Klage. Die Klägerin trägt vor, es sei zutreffend, dass im Jahr 1995 Wareneinkäufe auf der Grundlage unrichtiger Rechnungen verbucht worden seien. Die Korrektur sei nach Bekanntwerden des Fehlers im Jahr 1997 gewinnerhöhend vorgenommen worden, und zwar in Höhe von DM 309.970,11. Herrn H oder einer ihm nahe stehenden Person sei hieraus kein Vorteil erwachsen. Eine nochmalige Hinzurechnung führte zu einer doppelten Versteuerung. Eine für die Jahre 1994 bis 1996 durchgeführte Betriebsprüfung habe zu keinen Beanstandungen geführt. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Rechnungen aus dem Jahr 1998 habe sich erst im Jahr 1999 herausgestellt, dass der Lieferant zu hohe Beträge angesetzt habe. Die Klägerin habe noch nicht bezahlte Teilbeträge daraufhin zurückbehalten. Im Mai 2000 habe der Lieferant die Unrichtigkeit der Rechnungen zugegeben. Nach Übergabe korrekter Rechnungen sei der restliche, überhöhte Betrag von DM 550.000,00 im Jahr 2001 gewinnerhöhend ausgebucht worden. Auch insoweit sei Herrn H keinerlei Vorteil entstanden. Die Firma A sei keine Herrn H nahe stehende Person. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Herr H die hälftige Beteiligung an dieser Firma nur treuhänderisch gehalten habe.

Nachdem die Klägerin zunächst erklärt hatte, die Entscheidung darüber, ob der Verlust aus 1997 vor- oder zurückgetragen werden solle, erst nach Urteilsverkündung treffen zu wollen, hat sie auf einen gerichtlichen Hinweis mit Schriftsatz vom 15.08.2006 mitgeteilt, dass sie einen Verlustrücktrag auf 1995 wünsche. Der Beklagte hat daraufhin am 31.08.2006 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid erlassen, in dem er den Verlust aus 1997 in Höhe von DM 381.970,00 vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzog und ein zu versteuerndes Einkommen von DM 127.692,00 und eine Körperschaftsteuer von DM 46.251,00 festsetzte, sowie einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1998, in dem ein zu versteuerndes Einkommen von DM 405.319,00 und eine Körperschaftsteuer von DM 150.018,00 festgesetzt wurden. Die geänderten Bescheide wurden am 31.08.2006 bekannt gegeben.

Die Klägerin beantragt,

die geänderten Bescheide über Körperschaftsteuer und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG für 1995 bis 2000, jeweils vom 23.03.2004, die geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1995, 31.12.1996, 31.12.1997, 31.12.1998 und 31.12.1999, jeweils vom 23.04.2004, und zum 31.12.2000 vom 29.03.2004, die geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG und der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 KStG vom 29.03.2004, die geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1997, den 31.12.1998 und den 31.12.1999, jeweils vom 23.03.2004, die geänderten Gewerbesteuermessbescheide für 1995 bis 1999, jeweils vom 23.03.2004, die geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997, den 31.12.1998, den 31.12.1999, den 31.12.2000 und den 31.12.2001, jeweils vom 29.03.2004, und den Bescheid vom 23.03.2004 über den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 01.01.1996, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.07.2004, sowie die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1995, 1997 und 1998, jeweils vom 31.08.2006, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung seines Klagabweisungsantrages auf den Bericht der Steuerfahndungsstelle B, insbesondere auf die Ziffern 13 und 16.

Auf die Protokolle des Erörterungstermins vom 12.01.2006 und der mündlichen Verhandlung vom 04.09.2006 wird Bezug genommen.

Das Gericht hat vier Bände Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft B zum Az. 56 Js 992/01 (Ermittlungsverfahren gegen Herrn H) beigezogen.

Dem Gericht haben ferner Band III der Körperschaftsteuerakten, Band II der Akten betreffend die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals, Band III der Gewerbesteuerakten, Band II der Bilanz- und Bilanzberichtsakten, Band II der Einheitswertakten und Band I der Bußgeld- und Strafsachenakten (St.-Nr. ...) vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.

I.

1.

Die Klage ist in Bezug auf die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG für die Jahre 1995 bis 2000 unzulässig, weil es sich hierbei um Folgebescheide der jeweiligen Körperschaftsteuerbescheide handelt.

Gemäß § 42 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 351 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO nur durch Anfechtung dieses Bescheides und nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der auch der Senat folgt, handelt es sich bei dieser Bestimmung um eine spezielle Sachentscheidungsvoraussetzung für eine Anfechtungsklage, deren Nichterfüllung die Unzulässigkeit der Klage - und nicht ihre Unbegründetheit - zur Folge hat. Hierfür sprechen die systematische Stellung des § 42 FGO sowie der Umstand, dass eine die Zulässigkeit begründende Beschwer durch einen Verwaltungsakt nur geltend gemacht werden kann, soweit der Verwaltungsakt eine eigene Regelung trifft (BFH-Urteil vom 11. Juni 1996, IV R 67/95, BFH/NV 1997, 114; BFH-Beschluss vom 8. Mai 1995, III B 113/94, BFH/NV 1995, 971; BFH-Urteil vom 29. Oktober 1987, VIII R 413/83, BFHE 151, 319, BStBl II 1988, 240; von Groll in Gräber, FGO, 5. Auflage, § 42 Rz. 35, mit Nachweisen zur Gegenmeinung in Rz. 36; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 351 AO Rz. 129). Der Körperschaftsteuerbescheid ist gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 1 KStG in der in den Jahren 1995 bis 1999 geltenden Fassung Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. u.a. hinsichtlich des zu versteuernden Einkommens, der Tarifbelastung und der ausschüttungsbedingten Minderung und Erhöhung der Körperschaftsteuer nach § 27 KStG a.F. Das Klagebegehren richtet sich ausschließlich gegen die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen, also gegen die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und die Herstellung der Ausschüttungsbelastung, und damit nur gegen Regelungen der jeweiligen Körperschaftsteuerbescheide, die für die Feststellungsbescheide bindend sind.

2.

Ebenfalls unzulässig ist die Klage gegen den geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 1997. Zwar wurde der Gewerbesteuermessbetrag in dem geänderten Bescheid vom 23.03.2004 auf DM 2.500 und damit höher festgesetzt als im ursprünglichen Bescheid (DM 1.294). Diese Änderung beruht ausschließlich auf der entsprechenden Erhöhung des Messbetrages nach dem Gewerbekapital; der Messbetrag nach dem Gewerbeertrag blieb unverändert bei DM 0. Insoweit kann die Klägerin nicht geltend machen, durch den Änderungsbescheid in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO). Die Erhöhung des Messbetrages nach dem Gewerbekapital beruht ihrerseits auf der Wertfortschreibung des Einheitswertes des Betriebsvermögens von DM 94.000 zum 01.01.1995 auf DM 695.000 zum 01.01.1996 mit Einheitswertbescheid vom 23.03.2004. Dieser Einheitswertbescheid ist gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. §§ 95 ff. Bewertungsgesetz (BewG), § 182 Abs. 1 Satz 1 AO für den Gewerbesteuermessbescheid hinsichtlich der Ermittlung des Gewerbekapitals (§ 12 GewStG a.F.) bindend und eine Anfechtung des Gewerbesteuermessbescheides aus den dargelegten Gründen insoweit unzulässig. Denn über den Wert und den Umfang der wirtschaftlichen Einheiten, für die ein Einheitswert festzustellen ist, wird in dem Verfahren über die Feststellung des Einheitswerts abschließend entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 17. Mai 1963, III 406/58 S, BStBl III 1963, 530). Nur darüber, ob die als Betriebsschulden abgezogenen Verbindlichkeiten der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, mithin Dauerschulden sind, ist im Gewerbesteuermessbetragsverfahren zu entscheiden (BFH-Urteil vom 13. März 1964, IV 385/62 S, BFHE 79, 311, BStBl III 1964, 344). Dass es sich bei den Betriebsschulden nicht um Dauerschulden handelte, hat die Klägerin jedoch nicht geltend gemacht. Sie hat die angesetzten Dauerschulden vielmehr selbst erklärt (vgl. Anlage zum Bescheid, KStA Bl. 175, und Erklärung, GewStA Bl. 23).

3.

Unzulässig ist auch die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1997. In diesem Bescheid wurden ein niedrigeres zu versteuerndes Einkommen (./. DM 381.970 statt ./. DM 71.998) und eine niedrigere Steuer (./. DM 17.786 statt 0) festgesetzt als in dem vorangegangenen Bescheid vom 16.11.1997.

Da die Klägerin keine weitere Änderung zu ihren Gunsten, sondern lediglich die Aufhebung des ändernden Verwaltungsaktes begehrt, fehlt es insoweit an der Geltendmachung einer Rechtsverletzung i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO. Eine Rechtsverletzung liegt ebenso wenig in der Feststellung der Körperschaftsteuerminderung aufgrund der verdeckten Gewinnausschüttung. Hierbei handelt es sich um eine für die Klägerin günstige Rechtsfolge. Zwar wird das EK 45 hierdurch gemindert und steht für spätere Ausschüttungen nicht mehr zur Verfügung. Dieser spätere Nachteil ist aber nicht größer als der durch die Minderung entstehende Vorteil und vermag daher keine Rechtsverletzung zu begründen (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rz. 43).

4.

Entsprechendes gilt für die geänderten Körperschaftsteuerbescheide für 1999 und 2000. Die Klägerin ist durch diese Bescheide nicht in ihren Rechten verletzt, weil die Körperschaftsteuer hierin, wie auch in den vorangegangenen Bescheiden, auf 0 festgesetzt wurde. Allein der Umstand, dass in den geänderten Bescheiden der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde, begründet keine Rechtsverletzung, weil die Klägerin eine niedrigere Steuerfestsetzung als auf 0 ohnehin nicht begehren kann.

5.

Unzulässig ist des Weiteren die Klage gegen den geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 1999. Die Festsetzung eines Messbetrages von 0 begründet keine Rechtsverletzung der Klägerin i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO.

6.

Auch die Klage gegen den geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 1996 ist unzulässig. Nach § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 1 AO können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sein denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt. Hinsichtlich des - geänderten - Gewerbesteuermessbetrages nach dem Gewerbekapital besteht aus den dargelegten Gründen die Bindungswirkung des Einheitswertbescheides. Der Gewerbesteuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag wurde im Verhältnis zu dem vorherigen, unanfechtbaren Änderungsbescheid, in dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde, nicht geändert.

7.

Hinsichtlich der Anfechtung des geänderten Bescheides über die Verlustfeststellung auf den 31.12.1997 zur Körperschaftsteuer sowie des Bescheides über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 fehlt es ebenfalls an der Geltendmachung einer Rechtsverletzung, weil die Verluste in den angefochtenen Bescheiden höher festgestellt wurden als in den Ursprungsbescheiden, die Aufhebung der Änderungsbescheide also auf eine niedrigere Verlustfeststellung hinausliefe.

8.

Ferner ist die Klage gemäß § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 AO unzulässig, soweit sie sich gegen den Bescheid über die Verlustfeststellung auf den 31.12.2000 zur Körperschaftsteuer und gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 und auf den 31.12.2001 richtet. In diesen Bescheiden wurden lediglich die in den jeweiligen Vorjahren festgestellten Verluste als vortragsfähig festgestellt. Die Verlustfeststellungsbescheide der Vorjahre sind insoweit bindende Grundlagenbescheide (Heinicke in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 10d Rz. 56; für § 10a GewStG BFH-Urteil vom 28. Februar 2001, I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293).

9.

Schließlich ist auch die gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG und den Bescheid zum 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001 unzulässig. Bei der Feststellung der Endbestände handelt es sich um einen Folgebescheid des Feststellungsbescheides nach § 47 Abs. 1 KStG auf den 31.12.2000 und bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 usw. KStG um Folgen der festgestellten Endbestände.

II.

Die Klage ist im Übrigen unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1.

Der Beklagte hat die Unterschiedsbeträge zwischen den niedrigeren und den höheren Rechnungsbeträgen zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttungen dem Gewinn der Jahre 1995 und 1998 hinzugerechnet. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen nicht. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht (BFH-Urteil vom 14. März 2006, I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515).

Durch die überhöhten Rechnungen trat im Zeitpunkt der Weiterveräußerung der von der A erworbenen Teppiche eine Vermögensminderung ein. Bei der Verbuchung des Wareneinkaufs zu den höheren Preisen handelt es sich zunächst um einen gewinnneutralen Vorgang, da sich der Wert des Warenbestandes und die Lieferantenverbindlichkeiten gleichermaßen erhöhen. Erst im Zeitpunkt der Veräußerung der erworbenen Waren wird der Wareneinsatz (mit den erhöhten Werten) in die Gewinn- und Verlustrechnung übertragen und wirkt sich Gewinn mindernd aus.

Hinsichtlich der mit den streitgegenständlichen Rechnungen aus 1995 erworbenen Teppiche ist der Zeitpunkt der Veräußerung aus den vorliegenden Akten nicht zu ermitteln. Es ist aber nicht zu beanstanden, dass der Beklagte gemäß § 162 Abs. 1 AO eine Veräußerung noch im selben Jahr angenommen hat. Die Klägerin ist dieser Annahme nicht entgegengetreten und hat sich, obwohl dieser Umstand aus ihrer Sphäre stammt und sie insoweit eine Mitwirkungspflicht trifft, hierzu nicht geäußert.

Die Teppiche, die die Klägerin mit den streitgegenständlichen Rechnungen aus dem Jahr 1998 erworben hat, hat sie spätestens zum 31.12.1998 an die Nachfolgerin, die Textilien GmbH, veräußert. Die Rechnung über die Veräußerung des Warenbestandes datiert zwar vom 01.01.1999 (BewO Bl. 83), aber zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Veräußerung bereits zum 31.12.1998 erfolgte und die Forderung der Klägerin mithin auch in 1998 entstanden ist.

Die Vermögensminderung bei der Klägerin in Höhe der Rechnungsdifferenzen war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz -AktG-, § 43 Abs. 1 GmbH-Gesetz -GmbHG-) die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafterin ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt ebenfalls vor, wenn die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei der Körperschaft zugunsten einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person erfolgt (BFH-Urteil vom 22. Februar 2005, VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, dass die Vereinbarung der höheren Preise durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war. Werden an einen Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person überhöhte Preise für die Lieferung von Waren bezahlt, können in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Rohergebnis und dem angemessenen Rohgewinn verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1972, I R 70/70, BStBl II 1973, 449). Im Streitfall liegen die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und die Höhe des Vorteils hinsichtlich der Lieferungen, für die jeweils zwei Rechnungen vorliegen, auf der Hand. Ein betrieblicher Grund für die Ausstellung jeweils zweier Rechnungen ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Der einzig erkennbare Grund für die Ausstellung der jeweils höheren Rechnung ist, der A einen Vorteil zukommen zu lassen, der nicht betrieblich veranlasst war. Dies ergibt sich auch aus dem handschriftlichen Vermerk des Herrn H (BewO Bl. 19) "différence entre nous"; die Differenz zwischen dem offiziellen und dem richtigen Rechnungsbetrag sollte - offenbar zwischen der A und Herrn H - geteilt werden. Dass es sich bei den streitgegenständlichen Verkäufen nicht lediglich um Scheinverträge handelte, bei denen der höhere Preis vereinbart, aber der niedrigere tatsächlich gewollt war, wird daran deutlich, dass die höheren Preise - abgesehen von der Stornierung in 1997 - auch bezahlt wurden.

Für die Rechnungen 28-30/95 ergibt sich der angemessene Preis aus der jeweils niedrigeren Rechnung. Eine Erklärung dafür, dass die Stornierung dieser Rechnungen in 1997 nur in Höhe von insgesamt DM 309.970,11 vorgenommen wurde und nicht in Höhe der vollen Rechnungsdifferenzen, ist die Klägerin schuldig geblieben. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin und die A die jeweils niedrigeren Preise als angemessen erachtet haben und dass sie diese Preise ohne die Vorteilszuwendung an die A auch vereinbart hätten.

Der Steuerfahndungsstelle B ist darin zu folgen, dass sich der genannte handschriftliche Vermerk des Herrn H auf die Rechnungen 28-32/95 bezieht. Dies ergibt sich aus den Mengen, die für die ersten beiden Rechnungen (28/95 und 29/95) angegeben sind (jeweils 4.000 qm). Dann beziehen sich die weiteren Angaben zu Ziffern 3 bis 5 aber auf die Rechnungen 30-32/95. Für die Rechnungen 31/95 und 32/95 ergibt sich hieraus, dass die Klägerin und die A einen Preis von DM 30,00 pro qm der Qualität Oase als angemessen angesehen haben. Insoweit ist unstreitig geblieben, dass dies auch der vor und nach diesen Lieferungen vereinbarte Preis war. Damit ist der in den Rechnungen 31/95 und 32/95 vereinbarte Preis von DM 38,00 pro qm überhöht und die durch den Beklagten in Höhe der Differenz angenommene verdeckte Gewinnausschüttung zutreffend.

Hinsichtlich der Rechnungen aus dem Jahr 1998 (44-46/98) ist sogar unstreitig, dass diese Rechnungen überhöht und die niedrigeren Preise angemessen waren. Die A hat die richtigen - niedrigeren - Rechnungsbeträge mit Telefaxschreiben vom 30.05.2000 (BewO Bl.84) gegenüber Herrn H bestätigt. Für einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter hätte demnach kein Anlass bestanden, einen höheren Preis zu vereinbaren als den, den die A in dem Telefaxschreiben bestätigt hat und folglich bereit war zu akzeptieren. Nach dem Vortrag der Klägerin soll im Jahr 2001 eine entsprechende Gewinnerhöhung vorgenommen worden sein. Eine einmal eingetretene verdeckte Gewinnausschüttung kann jedoch nicht mit steuerlich rückwirkender Kraft beseitigt werden (BFH-Urteil vom 29. Mai 1996, I R 118/93, BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92).

Die A ist eine dem Gesellschafter der Klägerin, Herrn H, nahe stehende Person, weil er an ihr zu 50% beteiligt ist. Zur Begründung des "Nahestehens" reicht jede Beziehung eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu einer anderen Person aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an die andere Person beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder rein tatsächlicher Art sein (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996, I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301). Zum Kreis der dem Gesellschafter nahe stehenden Personen zählen natürliche und juristische Personen sowie Personenhandelsgesellschaften, an denen der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, wobei es auf die Höhe der Beteiligung nicht ankommt (BFH-Urteil vom 1. Oktober 1986, I R 54/83, BFHE 149, 33, BStBl II 1987, 459).

Ob ein etwaiges Treuhandverhältnis an dieser Beurteilung etwas änderte, kann dabei offen bleiben. Denn dass ein derartiges Treuhandverhältnis bestanden hätte, konnte nicht festgestellt werden. Da es sich hierbei um einen Vorgang handelt, der sich im Ausland abspielte, hätte die Klägerin gemäß § 90 Abs. 2 AO diesen Sachverhalt aufklären und die erforderlichen Beweismittel beschaffen müssen. Dies hat sie jedoch - trotz des entsprechenden Hinweises im Erörterungstermin - nicht getan. In den Akten befindet sich zwar eine Kopie eines Treuhandvertrages (ErmA Bd. 2 Bl. 324). Der Zeuge K1 sagte jedoch aus, es handele sich um einen rückdatierten Vertrag. Die Klägerin hat es versäumt, das Original vorzulegen und Zeugen zu benennen und ggf. zu stellen, die bestätigt hätten, dass ein derartiger Vertrag überhaupt und dass er vor den Streitjahren abgeschlossen wurde. Die Stellung des Herrn H als geschäftsführender Aufsichtsratsvorsitzender der A ab 1997 und sein Miteigentum an den Betriebsgrundstücken sprechen ebenfalls für ein "Nahestehen" der A und lassen zudem eher vermuten, dass er seine Beteiligung nicht nur treuhänderisch hielt.

2.

Die Erhöhung des Gewinns bzw. des Gewerbeertrags für das Jahr 1995 um DM 309.970,11 ist ebenfalls rechtmäßig. Dass die Rechnungen 28-30/95 um diesen Betrag überhöht waren, ist unstreitig. Allerdings ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Beklagte insoweit nicht ebenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen hat. Ob die Voraussetzungen für eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlagen oder nicht, kann aber offen bleiben. Denn auf die Höhe der festzusetzenden Körperschaft- und Gewerbesteuer hat es keinen Einfluss, ob der Gewinn entsprechend erhöht oder außerbilanziell eine verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet wird. Die Ausschüttungsbelastung war insoweit nicht herzustellen, da die in 1997 stornierten Rechnungsbeträge nicht an die A bezahlt wurden. Sowohl die verdeckte Gewinnausschüttung als auch die Rechnungsstornierung durch eine Gewinnerhöhung wäre aus den genannten Gründen im Zeitpunkt der Gewinnauswirkung, also im Jahr 1995, und nicht im Jahr 1997 zu berücksichtigen. Im Übrigen wurde durch den Verlustrücktrag aus 1997 nach 1995 durch die Änderungsbescheide vom 31.08.2006 aber ohnehin dieselbe Auswirkung hergestellt wie bei der durch die Klägerin ursprünglich vorgenommenen Gewinnerhöhung in 1997.

3.

Der Beklagte war schließlich befugt, die Bescheide trotz Eintritts der Bestandskraft zu ändern.

Die geänderten Bescheide für 1998 und1999 standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und konnten durch die Bescheide vom 23.03.2004 nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden.

Bei den Bescheiden für 1995 war der Vorbehalt der Nachprüfung nach einer Außenprüfung für die Jahre 1994 bis 1996 zwar aufgehoben worden. Die Änderung durch die Bescheide vom 23.03.2004 war aber nach § 173 Abs. 2 Satz 1 AO zulässig. Danach können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Bei der Beurteilung dieser Frage ist das Gericht nicht an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Strafgerichtes gebunden (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 70 AO Rz. 14 m.w.N.).

Im Streitfall liegen die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vor. Danach begeht eine Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt.

Herr H, der als gesetzlicher Vertreter der Klägerin gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 AO deren Erklärungspflichten zu erfüllen hatte, hat gegenüber dem seinerzeit zuständigen Finanzamt B1 unrichtige Angaben gemacht, indem er eine Körperschaftsteuer- und eine Gewerbesteuererklärung einreichte, die auf einer unrichtigen Gewinnermittlung basierten. In Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen hätte der Gewinn nicht gemindert werden dürfen. Hierdurch wurden die Körperschaft- und die Gewerbesteuer zu niedrig festgesetzt und damit verkürzt (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Dass dies vorsätzlich geschah, ergibt sich aus dem Vorhandensein von jeweils zwei Rechnungen für die streitgegenständlichen Verkäufe und dem handschriftlichen Vermerk, in dem die Preise für die jeweils zwei Rechnungen festgelegt wurden.

Die Änderung der Körperschaftsteuerbescheide für 1995 und 1998 durch Bescheide vom 31.08.2006, die gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Klagverfahrens wurden, erfolgte nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Der Beklagte half der Klage insoweit ab.

4.

Die durch den Beklagten vorgenommene Fortschreibung des Einheitswertes des Betriebsvermögens auf den 31.12.1996 war ebenfalls rechtmäßig. Die Klägerin hat keine Begründung für die Anfechtung dieses Bescheides vorgetragen. Nach Aktenlage war die Ermittlung des Einheitswertes durch den Beklagten zutreffend.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Soweit der Körperschaftsteuerbescheid für 1995 während des Verfahrens zugunsten der Klägerin geändert wurde, folgt die Kostentragungspflicht der Klägerin aus § 137 FGO, weil sie den Verlustrücktrag erst mit Schriftsatz vom 15.08.2006 beantragt hat, nachdem sie den Verlustvortrag aus 1997 nach 1998 zunächst nicht gerügt hatte und sich die Entscheidung über die Verlustbehandlung bis auf die Zeit nach Urteilsverkündung hatte vorbehalten wollen.

Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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