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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Gerichtsbescheid verkündet am 02.06.2008
Aktenzeichen: 4 K 14/08
Rechtsgebiete: VO Nr. 800/1999/EG, VO Nr. 615/98/EG, RL 91/628/EWG


Vorschriften:

VO Nr. 800/1999/EG Art. 25 Abs. 1
VO Nr. 800/1999/EG Art. 52 Abs. 1
VO Nr. 615/98/EG Art. 5 Abs. 3
RL 91/628/EWG Art. 2 Abs. 2 lit. b)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

4 K 14/08

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt, die ihr als Vorauszahlung gewährt worden war.

Mit Ausfuhranmeldung vom 7.11.2000 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt A - Zollamt B - insgesamt 32 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 1010 9120 zur Ausfuhr nach Ägypten an und beantragte hierfür die Gewährung von Ausfuhrerstattung im Wege der Vorauszahlung, was ihr das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 18.12.2000 in Höhe von DM 17.840,69 antragsgemäß gewährte.

In der Folgezeit stellte das beklagte Hauptzollamt nach Auswertung des Transportplanes fest, dass der LKW am 7.11.2000 gegen 10.15 Uhr den Versandort in C verlassen und am 8.11.2000 um 3.00 Uhr die Ausgangszollstelle in D erreicht hatte, dort indes erst nach einer Wartezeit von 6 Stunden und 45 Minuten zur Weiterfahrt nach E abgefertigt worden war. Daraufhin forderte das beklagte Hauptzollamt mit Änderungsbescheid vom 1.9.2003 die der Klägerin im Wege der Vorauszahlung gewährte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 10% unter Hinweis darauf zurück, dass die Klägerin während des Transports der Tiere die gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten habe. Insoweit führte das beklagte Hauptzollamt in dem Änderungsbescheid vom 1.9.2003 aus: Gemäß Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 setze die Zahlung der Ausfuhrerstattungen für lebende Rinder des KN-Codes 0102 voraus, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Richtlinie des Rates 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport eingehalten werde. Nach Auswertung des von der Klägerin vorgelegten Transportplanes sei festgestellt worden, dass zwischen der Ankunft des LKW an der Ausgangszollstelle in D und der veterinärrechtlichen Abfertigung ein Zeitraum von 6 Stunden und 45 Minuten gelegen habe. Eine Wartezeit von nahezu sieben Stunden sei für lebende Tiere unzumutbar. Bei einer sorgfältigen Planung des Transports hätte die lange Standzeit an der Grenze nach Slowenien vermieden werden können. Da die Klägerin mithin die Richtlinie 91/628/EWG des Rates über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten habe, sei die ihr im Wege der Vorauszahlung gewährte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 10% gemäß Art. 25 Abs. 1 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 zurückzufordern.

In ihrem gegen den Änderungsbescheid vom 1.9.2003 gerichteten Einspruch wandte die Klägerin ein, dass sie die tierschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt habe. Eine Wartezeit von fast sieben Stunden bedeute für die Rinder aus tierschützerischer Sicht in jedem Falle eine Ruhezeit. Im Übrigen habe auch der italienische Grenzveterinär in D den tierschutzgerechten Transport der Rinder bestätigt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.1.2004 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch der Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 1.9.2003 mit der Begründung zurück, der Sinn und Zweck der Tierschutzbestimmungen bestehe darin, den Tieren eine unnötig lange Transportdauer zu ersparen und die Transportunternehmer zu einer sorgfältigen und verantwortungsbewussten Planung des Transports anzuhalten. Es sei dem Transportunternehmer zuzumuten, die Abfahrtszeit so zu planen, dass der Transport zu einer Tageszeit bei der jeweiligen Zollstelle eintreffe, die eine umgehende Abfertigung durch die örtlichen Behörden - scil. Veterinär und Zoll - ermögliche. Bei einer realistischen Transportdauer einschließlich Pausen von 15 Stunden für die Strecke von C bis D hätte die Abfertigung beim Zollamt B auf den Nachmittag des 7.11.2000 mit der Folge verlegt werden müssen, dass sich die Abfahrtszeit auf etwa 17.00 Uhr und die Ankunft in D innerhalb der Öffnungszeiten des dortigen Veterinärdienstes von 8.00 bis 18.00 Uhr verschoben hätte.

Mit ihrer am 16.2.2004 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort.

Mit Beschluss vom 12.1.2006 (IV 38/04) hat der Senat das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 74 FGO ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art. 1 VO Nr. 615/98 insoweit gültig, als er die Gewährung der Ausfuhrerstattung an die Einhaltung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport knüpft?

2. Für den Fall, dass die vorstehende Frage bejaht wird: Ist die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, wonach Ausfuhrerstattung nicht gezahlt wird für Tiere, bei denen die zuständige Behörde aufgrund sonstiger Informationen über die Einhaltung von Art. 1 VO Nr. 615/98 zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden ist, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar?

Aufgrund dieses Ersuchens hat der Gerichtshof mit Urteil vom 17.1.2008 (C-37/06 u. 58/06) wie folgt erkannt:

1. Die Prüfung der ersten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport beeinträchtigen könnte.

2. Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beeinträchtigen könnte. Das vorlegende Gericht hat zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 615/98 im Einklang mit diesem Grundsatz angewandt haben.

Nach Eingang des Urteils des Europäischen Gerichtshofs hat der Senat das Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen, das nunmehr unter dem Aktenzeichen 4 K 14/08 geführt wird.

Die Klägerin beantragt,

den Änderungsbescheid vom 1.9.2003 sowie die Einspruchsentscheidung vom 13.1.2004 aufzuheben.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Hauptzollamtes verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet gemäß § 90 a Abs. 1 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

Die zulässige Anfechtungsklage führt zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Im Einzelnen merkt der erkennende Senat insoweit Folgendes an:

1. Der Gemeinschaftsverordnungsgeber hat nach Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18.3.1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABl. Nr. 82/19, im Folgenden: VO Nr. 615/98) die Zahlung der Ausfuhrerstattung für lebende Rinder des KN-Codes 0102 in zulässiger Weise davon abhängig gemacht, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Vorschriften der Richtlinie 91/628/EWG (= Richtlinie des Rates vom 19.11.1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG, ABl. Nr. 340/17, in der Fassung der Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29.6.1995 zur Änderung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport, ABl. Nr. 1 148/52) sowie die Regelungen der VO Nr. 615/98 eingehalten werden (vgl. EuGH, Urteil vom 17.1.2008, C-37/06 und 58/06, Rz. 47, [...]). Dementsprechend wird gemäß Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 Ausfuhrerstattung u.a. nicht gezahlt für Tiere, die während des Transportes verendet sind oder bei denen die zuständige Behörde aufgrund sonstiger Informationen über die Einhaltung von Art. 1 VO Nr. 615/98 zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden ist. Hinsichtlich des Streitfalles hat das beklagte Hauptzollamt allerdings zu Unrecht angenommen, dass es der Klägerin im Hinblick auf die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 keine Ausfuhrerstattung schuldet. Der erkennende Senat vermag vorliegend nicht festzustellen, dass die Klägerin die Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten hat (hierzu unter a). Vor diesem Hintergrund stellt sich nicht (mehr) die Frage, ob das beklagte Hauptzollamt die Bestimmungen der Verordnung Nr. 615/98 im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angewandt hat (hierzu unter b)

a) Der erkennende Senat vermag hinsichtlich des Streitfalles nicht festzustellen, dass die Klägerin die Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten hat.

In Kapitel VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG ist unter Ziffer 48.4 lit. d) "Zeitabstände für das Tränken und Füttern sowie Fahrt und Ruhezeiten" bestimmt, dass Tiere der Gattung Rind (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 91/628/EWG) bei der Verwendung eines - wie hier - unter Ziffer 48.3 genannten Fahrzeuges nach einer Transportdauer von 14 Stunden eine ausreichende, mindestens einstündige Ruhepause erhalten müssen, insbesondere damit sie getränkt und nötigenfalls gefüttert werden können; nach dieser Ruhepause kann der Transport für weitere 14 Stunden fortgesetzt werden. Nach der festgesetzten Transportdauer, so ist es in Ziffer 48.5 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG weiter geregelt, müssen die Tiere entladen, gefüttert und getränkt werden und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden erhalten. Ziffer 48.8 des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG sieht schließlich vor, dass die Transportzeiten nach u.a. Ziffer 48.4 insbesondere unter Berücksichtigung der Nähe des Bestimmungsortes im Interesse der Tiere um zwei Stunden verlängert werden dürfen. Als Transport gilt gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 91/628/EWG jegliche Beförderung von Tieren mit einem Transportmittel, einschließlich Ver- und Entladen.

Der erkennende Senat geht davon aus, dass der in Rede stehende Tiertransport am 7.11.2000 in C startete, wobei die Verladung der Tiere auf den LKW etwa um 7.50 Uhr begann (vgl. Bl. 11 der Sachakte II). Seine Fahrt nach E unterbrach der Transport noch am 7.11.2000 für zwei Ruhepausen von einer (14.30 bis 15.30 Uhr) bzw. zwei Stunden (21.00 bis 23.00 Uhr), in der die Tiere jeweils versorgt wurden (vgl. Transportplan, Bl. 90 der Sachakte I). Gegen 3.00 Uhr des folgenden Tages erreichte der Tiertransport D. Nach Abfertigung durch den italienischen Grenzveterinär setzte der Transport um etwa 9.45 Uhr seine Fahrt nach E fort, wo die Tiere am 8.11.2000 gegen 14.45 Uhr eintrafen.

Der vorliegende Tiertransport ist somit dadurch gekennzeichnet, dass er sich aus insgesamt vier Transportintervallen mit einer jeweiligen Transportzeit einschließlich Ver- bzw. Entladen der Tiere (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 91/628/EWG) von

6 Stunden und 40 Minuten (7.11.2000: 7.50 Uhr bis 14.30 Uhr),

5 1/2 Stunde (7.11.2000: 15.30 bis 21.00 Uhr),

4 Stunden (7./8.11.2000: 23.00 bis 3.00 Uhr) bzw.

5 Stunden (8.11.2000: 9.45 bis 14.45 Uhr)

sowie drei Ruhepausen, scil.

1 Stunde am 7.11.2000 in der Zeit von 14.30 bis 15.30 Uhr,

2 Stunden am 7.11.2000 in der Zeit von 21.00 bis 23.00 Uhr bzw.

6 Stunden und 45 Minuten am 8.11.2000 in der Zeit von 3.00 bis 9.45 Uhr,

zusammensetzt, die zu einer Gesamttransportdauer von 30 Stunden und 55 Minuten führen. Dass auch die Standzeit an der Grenze in D als Ruhezeit zu werten ist, folgt aus der Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. h) der Richtlinie 91/628/EWG, wonach als Ruhezeit jeder Zeitraum während der Verbringung gilt, in dem die Tiere nicht in einem Transportmittel befördert werden.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Transportdaten ist nicht festzustellen, dass die Klägerin die Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten hat.

Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 20.5.2008 (4 K 25/08) ausgeführt, dass die Normierungen des Kapitels VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG einem Ausführer nicht eine maximale Transportdauer von 29 Stunden gestatten, sondern eine maximale Transportzeit auf der Straße einschließlich Ver- und Entladen von 28 Stunden, die durch eine mindestens einstündige Ruhepause unterbrochen wird. Aus diesem Verständnis folgt, dass die Gesamttransportdauer deutlich mehr als 29 Stunden betragen kann, sofern nämlich die beiden maximalen Transportzeiten (auf der Straße einschließlich Ver- und Entladen) von jeweils 14 Stunden durch eine längere als einstündige Ruhezeit unterbrochen werden, wobei eine längere als einstündige Ruhepause nicht dazu führt, dass sich das anschließende Transportintervall von 14 Stunden entsprechend verkürzt. Das skizzierte Verständnis hat zur weiteren Konsequenz, dass sich die maximale Transportzeit auf der Straße (einschließlich Ver- und Entladen) von 28 Stunden auf mehr als zwei Transportintervalle aufteilen kann, sofern das einzelne Transportintervall 14 Stunden nicht überschreitet (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 20.5.2008, 4 K 25/08).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann der Klägerin im Streitfall zum einen nicht angelastet werden, dass die Gesamttransportdauer fast 31 Stunden betrug. Denn sie hat die einzelnen Transportintervalle in zulässiger Weise durch mehrere Ruhepausen unterbrochen, so dass die nach der Richtlinie 91/628/EWG zulässige maximale Transportzeit auf der Straße von 28 Stunden nach keiner Betrachtung überschritten wurde. Bereits die beiden am 7.11.2000 eingelegten Ruhepausen von zusammen 3 Stunden (scil. in der Zeit von 14.30 bis 15.30 Uhr und 21.00 bis 23.00 Uhr) bewirken, dass sich die Gesamtbeförderungszeit (einschließlich Ver- und Entladen) im Streitfall auf unter 28 Stunden reduziert.

Der Klägerin ist zum anderen im Hinblick auf die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den Schutz von Tieren beim Transport nicht vorzuhalten, dass der Transport an der italienischen Grenze eine Standzeit von 6 Stunden und 45 Minuten hatte. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Standzeit in D als Ruhezeit im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. h) der Richtlinie 91/628/EWG zu werten ist, während der die Tiere auch versorgt wurden (vgl. Bl. 107 und 109 der Sachakte I). Denn als Ruhezeit gilt jeder Zeitraum während der Verbringung, in dem die Tiere nicht in einem Transportmittel befördert werden (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. h) der Richtlinie 91/628/EWG). Weiterhin ist zu bedenken, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber im Anhang zur Richtlinie 91/628/EWG keine Vorgaben bezüglich des Höchstumfanges der zwischen den einzelnen Transportintervallen einzulegenden Ruhepause normiert hat. Ziffer 48.4 lit. d) des Kapitels VII des Anhangs zur Richtlinie 91/628/EWG schreibt lediglich die Einhaltung einer Ruhepause von mindestens einer Stunde vor (vgl. bereits FG Hamburg, Urteil vom 20.5.2008, 4 K 25/08, sowie Schlussantrag des Generalanwalts Mengozzi vom 13.3.2008 in der Sache C-277/06, Rz. 18, http://curia.europa.eu/de /transitpage.htm). Der Senat teilt in diesem Zusammenhang zwar nicht die Auffassung, dass die Ruhezeit nach Ziffer 48.4 lit. d) des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG auch 22 Stunden oder mehr betragen kann (in diesem Sinne aber der Generalanwalt Mengozzi in seinem Schlussantrag vom 13.3.2008 in der Sache C-277/06, Rz. 18, http://curia.europa.eu/de /transitpage.htm). Mit Blick auf die Regelung der Ziffer 48.5 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG, wonach die Tiere nach der festgesetzten Transportdauer entladen, gefüttert und getränkt werden und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden erhalten müssen, und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass ein Transportintervall längstens 14 Stunden betragen darf (vgl. 48.4 lit. d) des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG), muss die maximale Ruhezeit im Sinne der Ziffer 48.4 lit. d) des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG nicht nur deutlich unter der in Ziffer 48.5 geregelten Ruhezeit liegen, sondern darf auch die maximale Zeit eines Transportintervalls von 14 Stunden nicht überschreiten. Denn die in Ziffer 48.4 lit. d) des Anhangs der Richtlinie festgeschriebene Ruhezeit ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass die Tiere nicht entladen werden, sondern auf dem Transportfahrzeug verbleiben. Dieser Umstand erhellt zugleich, dass die Ruhepause nach Ziffer 48.4 lit. d) die Gesundheit der Tiere zwar besser schont als der Transport auf der Straße, nicht jedoch in der gleichen Weise, wie die in Ziffer 48.5 geregelte 24-stündige Ruhezeit. Die in Ziffer 48.4 lit. d) vorgesehene Ruhepause erfüllt dann auch nicht - im Unterschied zur Ruhezeit im Sinne der Ziffer 48.5 - die Funktion der Neutralisierung der vor dieser Ruhepause durchgeführten Transportzeiten. Dass sich die Länge der nach Ziffer 48.4 lit. d) noch zulässigen Ruhepause auch an der maximalen Zeit eines Transportintervalls zu orientieren hat, folgt aus dem mit der Richtlinie 91/628/EWG verfolgten Zweck, eine Akkumulierung langer Transportzeiten so weit wie möglich zu begrenzen. Die in concreto zu betrachtende Ruhezeit an der italienischen Grenze bewegt sich aber klar innerhalb dieser Vorgaben, die der Senat freilich, worauf es hinzuweisen gilt, nicht als Festschreibung einer äußeren Grenze, sondern lediglich als Anhalt versteht. In diesem Zusammenhang stellt der Senat zudem klar, dass jedem Transportunternehmer eine vorkehrende Transportplanung zuzubilligen ist, die sich u.a. auch von der Erwägung leiten lassen kann, rechtzeitig die Ausgangsstelle der Gemeinschaft zu erreichen, um anschließend einen reibungslosen Weitertransport zum Umladeort sicherzustellen.

b) Angesichts der unter a) dargelegten Ausführungen stellt sich im Streitfall nicht (mehr) die Frage, ob das beklagte Hauptzollamt die Bestimmungen der Verordnung Nr. 615/98 im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angewandt hat (vgl. hierzu einerseits EuGH, Urteile vom 17.1.2008 und 13.3.2008, C-37/06 bzw. C-96/06, [...], sowie andererseits FG Hamburg, Urteil vom 20.5.2008, 4 K 25/08).

Ungeachtet der vorstehenden Erörterungen gibt der Senat den Beteiligten aber folgenden Hinweis: Das beklagte Hauptzollamt dürfte unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Standzeit von 6 Stunden und 45 Minuten an der italienischen Grenze selbst dann nicht zum Anlass nehmen, der Klägerin gestützt auf die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 die Ausfuhrerstattung zu versagen, wenn man - entgegen der Auffassung des Senats - diese Standzeit als Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG werten würde.

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem auf das Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats (Beschluss vom 10.1.2006, IV 3/02, [...]) ergangenen Urteil vom 17.1.2008 (C-37/06 und 58/06, [...]) erkannt, dass das vorlegende Gericht zu prüfen hat, ob die zuständigen Behörden die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 615/98 im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angewandt haben (Rz. 47). Denn die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98, wonach die Ausfuhrerstattung nicht gezahlt wird für Tiere, bei denen die zuständige Behörde zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie 91/628/EWG nicht eingehalten worden ist, räumt der "Behörde bei der Entscheidung, ob der Verstoß gegen eine Bestimmung der Richtlinie 91/628/EWG zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führt, ein gewisses Ermessen ein" (EuGH, Urteil vom 17.1.2008, C-37/06 und 58/06, Rz. 38). Die zuständige Behörde hat deshalb - so hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17.1.2008 (C-37/06 und 58/06) weiter ausgeführt - zu prüfen, ob sich der Verstoß gegen eine Bestimmung der Richtlinie 91/628/EWG auf das Wohlergehen der Tiere ausgewirkt hat, ob dieser Verstoß gegebenenfalls geheilt werden kann und ob er zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen muss (Rz. 44).

Im Streitfall wäre das dem beklagten Hauptzollamt nach Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 eingeräumte Ermessen in der Weise gebunden, dass allein die Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung als ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht kommt. Der italienische Grenzveterinär hat auf dem Kontrollexemplar T 5 durch den Vermerk "Controllato e risultato conforme alle disposizioni dell'Art. 2 del regolamento (CE) n. 615/98" bestätigt, dass die Klägerin bzw. der Fahrer des Tiertransportes die Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG eingehalten hat (vgl. Bl. 81 RS der Sachakte I). Die von dem Grenzveterinär gemäß Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 615/98 durchgeführte Kontrolle umfasst u.a. auch die Überprüfung, ob die Tiere im Sinne der Richtlinie 91/628/EWG transportfähig sind. Da der italienische Veterinär der Klägerin bzw. dem Fahrer ein uneingeschränktes Testat ausgestellt hat, kann sich die Standzeit an der Grenze nicht auf die Transportfähigkeit und damit auch nicht auf das Wohlergehen der Tiere ausgewirkt haben. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auch davon auszugehen, dass dem italienischen Grenzveterinär die lange Standzeit durchaus bewusst war und dass er folglich sein Testat auch auf der Grundlage dieses Bewusstseins getroffen hat.

Ein weiterer Gesichtspunkt käme schließlich hinzu: Sofern die Standzeit an der italienischen Grenze nicht als Ruhezeit angesehen wird, kommt allein eine rechtliche Einordnung als Transportzeit, also Fahrzeit auf der Straße in Betracht. Dieser rechtliche Ansatz würde dazu führen, dass sich im Streitfall die Gesamtbeförderungszeit auf der Straße (einschließlich Ver- und Entladen) auf etwa 28 Stunden beliefe; die bisherigen Transportintervalle von

6 Stunden und 40 Minuten (7.11.2000: 7.50 Uhr bis 14.30 Uhr),

5 1/2 Stunde (7.11.2000: 15.30 bis 21.00 Uhr),

4 Stunden (7./8.11.2000: 23.00 bis 3.00 Uhr) bzw.

5 Stunden (8.11.2000: 9.45 bis 14.45 Uhr)

müssten um die in Rede stehende Standzeit (6 Stunden und 45 Minuten) ergänzt werden. Eine Gesamtbeförderungszeit auf der Straße von rund 28 Stunden hält sich aber innerhalb der durch die Richtlinie 91/628/EWG vorgegebenen Zeitfenster.

Eine Einordnung der Standzeit als Transportzeit hätte im Übrigen nicht zur Folge, dass sich die beiden letzten Transportabschnitte - scil. am 7./8.11.2000 von 4 Stunden (23.00 bis 3.00 Uhr) und am 8.11.2000 von 5 Stunden (9.45 bis 14.45 Uhr) aufgrund der Standzeit von 6 Stunden und 45 Minuten zu einem Transportintervall von zusammen 15 Stunden und 45 Minuten verklammerten. Abgesehen davon, dass nach Ziffer 48.8 des Anhangs der Richtlinie auch die Nähe eines Umladeortes im Interesse der Tiere eine Verlängerung der Transportzeit nach Ziffer 48.4. lit. d) des Anhangs zur Richtlinie 91/628/EWG rechtfertigen kann, wie der Senat mit Urteil vom 20.5.2008 (4 K 26/08) bereits entschieden hat, dürfte vorliegend nicht ausgeblendet werden, dass die Tiere während der Standzeit an der italienischen Grenze auch versorgt wurden (vgl. Bl. 107 und 109 der Sachakte I). Vor diesem Hintergrund bewirkt die Standzeit nach jeder Betrachtungsweise eine Unterbrechung der Transportabschnitte mit der Folge, dass weder der Transportabschnitt vor der Standzeit (7./8.11.2000: 23.00 bis 3.00 Uhr) noch die letzte Etappe nach der Standzeit (8.11.2000: 9.45 bis 14.45 Uhr) zusammen mit der Standzeit ein längeres Transportintervall als 14 Stunden ergäbe.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.



Ende der Entscheidung

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