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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 6 K 171/05
Rechtsgebiete: KStG, KAAG


Vorschriften:

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 3
KStG § 8 Abs. 1 S. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
KAGG § 38
KAGG § 39 Abs. 1 S. 1
KAGG § 40 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

6 K 171/05

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein inländischer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Im Streitjahr 1996 flossen ihr Erträge aus mehreren inländischen Investmentfonds zu. Bei den Fonds handelte es sich den zugrunde liegenden vertraglichen Bestimmungen zufolge um sog. Spezialfonds i.S.d. § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG), an denen die Klägerin als alleinige Anteilinhaberin zu jeweils 100% beteiligt war.

In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 1996 vom 28.07.1997 machte die Klägerin (u.a.) geltend, dass die von ihr bezogenen Ausschüttungen aus dreien dieser Spezialfonds in Höhe von 399.532,00 DM gemäß § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei seien; denn insoweit beruhten die Ausschüttungen auf Dividendenerträgen aus im Fondsvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, für die seitens der betreffenden Kapitalgesellschaften Teilbeträge i.S.d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG in der Fassung des Jahres 1994 als verwendet gegolten hätten (sog. EK 01). In Höhe von weiteren 67.250,47 DM seien die aus einem vierten Spezialfonds bezogenen Ausschüttungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG als steuerfreie Einlagenrückgewähr zu behandeln, die die Anschaffungskosten der Fondsanteile minderten; denn insoweit gingen die Ausschüttungen auf Dividendenerträge aus im Fondsvermögen gehaltenen inländischen Kapitalgesellschaften zurück, für die Teilbeträge i.S.d. § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG (1994) als verwendet gegolten hätten (sog. EK 04).

Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheid für 1996 über Körperschaftsteuer vom 04.09.1997 insoweit zunächst erklärungsgemäß; der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Er wurde - wegen hier nicht streitiger Punkte - durch Bescheide vom 28.09.1998, vom 01.02.2001 und vom 09.02.2001 geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.

Vom 08.12.2000 bis zum 17.04.2003 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1998 statt. Der Prüfer teilte die Auffassung der Klägerin in Bezug auf die Beurteilung der Fondserträge nicht. In der Anlage 11 zum (geänderten) Prüfungsbericht vom 28.01.2004 heißt es dazu: Da für Sondervermögen keine Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals vorgenommen werde, könnten durch die Fonds auch keine Ausschüttungen aus dem verwendbaren Eigenkapital nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 4 KStG (1994) erfolgen; die Ausschüttungen seien daher weder steuerfrei noch als Minderung der steuerlichen Anschaffungskosten der Fonds zu berücksichtigen. Daraus ergäben sich folgende Änderungen: Minderung der steuerfreien Einkommensbestandteile nach § 8b KStG um 399.532,00 DM und Erhöhung des steuerlichen Wertansatzes der Investmentzertifikate zum 31.12.1996 um 67.250,47 DM.

Mit Bescheid vom 27.05.2004 folgte der Beklagte den Feststellungen der Betriebsprüfung. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin vom 16.06.2004 wurde mit Entscheidung des Beklagten vom 11.07.2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Am 10.08.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor: Die Steuerfreiheit der von ihr über die betreffenden Spezialfonds bezogenen EK 01-Dividenden ergebe sich bereits unmittelbar aus § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG. Der Anwendungsbereich dieser Regelung sei nicht auf Fälle beschränkt, in denen ein Investmentvermögen selbst Einkünfte erziele, die nach einem DBA steuerfrei seien, und diese an seine Anleger ausschütte. Erfasst werde vielmehr auch die vorliegende Konstellation, dass eine zur Eigenkapitalgliederung verpflichtete inländische Kapitalgesellschaft nach DBA steuerfreie Einkünfte erziele, diese ausländischen steuerfreien Einkünfte in Form von EK 01-Dividenden an ein Investmentvermögen ausschütte und dieses wiederum die entsprechenden Beträge an eine inländische Körperschaft weiter ausschütte. Dessen ungeachtet ergebe sich die Steuerfreiheit der von der Klägerin über die betreffenden Spezialfonds bezogenen EK 01-Dividenden auch unmittelbar aus § 8b Abs. 1 KStG (1994). Zwar seien die ausschüttenden Investmentfonds unstreitig keine Kapitalgesellschaften; sie erfüllten jedoch die Voraussetzungen einer sonstigen unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft i.S.d. § 43 KStG, da sie Mitgliedschaftsrechte gewährten, die einer kapitalmäßigen Beteiligung gleichstünden, und das Investmentvermögen korporationsähnlichen Charakter aufweise. Das sog. Investmentdreieck bestehend aus Wertpapier-Sondervermögen, Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank sei insoweit als wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Zumindest aber sei § 8b Abs. 1 KStG (1994) analog anzuwenden; denn das KAGG enthalte, wenn man die unmittelbare Anwendbarkeit der Vorschrift verneine, eine planwidrige Unvollständigkeit. Ziel des Gesetzgebers bei Einführung des § 8b Abs. 1 KStG und des § 40 Abs. 3 KAGG sei es gewesen, Investmentanleger hinsichtlich ausländischer Einkünfte ebenso zu behandeln wie Direktanleger. Dieses Ziel sei jedoch planwidrig nur unvollständig umgesetzt worden. Das ergebe sich insbesondere im Hinblick auf das investmentrechtliche Transparenzprinzip. Schließlich seien die von der Klägerin bezogenen EK 04-Dividenden durch Verrechnung mit den jeweiligen Buchwerten der von der Klägerin gehaltenen Investmentfondsanteile steuerfrei zu stellen. § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG verweise hinsichtlich der Einordnung von Ausschüttungen auf Fondsbeteiligungen auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG; gemäß Satz 3 der letztgenannten Bestimmung seien aber EK 04-Dividenden keine steuerbaren Kapitalerträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 11.07.2005 aufzuheben und den Bescheid für 1996 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 09.02.2001 dahingehend zu ändern, dass die bezogenen Fonds-Ausschüttungen insoweit steuerfrei sind, als diese auf von den Fonds vereinnahmte EK 01-Dividenden und EK 04-Dividenden entfallen, d.h. in Höhe von 399.532,00 DM (EK 01-Dividenden) zuzüglich 67.250, 47 DM (EK 04-Dividenden).

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen einer Steuerfreistellung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG lägen ebenso wenig vor wie die tatbestandlichen Merkmale einer Abstandnahme von der Besteuerung nach § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG oder § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG in der für den Veranlagungszeitraum 1996 geltenden Fassung. Die von den Sondervermögen bezogenen Ausschüttungen seien nicht von einer in das Anrechnungsverfahren einbezogenen Körperschaft bezogen; weder hätten sie den Rechtscharakter von steuerfrei bezogenem ausländischem Einkommen noch handle es sich um die Rückzahlung von Einlagen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten Bezug genommen.

Der Streitfall ist mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift zum Erörterungstermin vom 19.03.2008 wird ebenfalls Bezug genommen, ferner auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 24.06.2008.

Dem Gericht hat die Körperschaftsteuerakte 1996 des Finanzamtes für Großunternehmen in Hamburg zur Steuernummer ..... vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der geänderte Bescheid für 1996 über Körperschaftsteuer vom 27.05.2004 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Zutreffend hat der Beklagte die hier streitigen Ausschüttungen der Körperschaftsteuer unterworfen bzw. den steuerlichen Wertansatz der Investmentzertifikate zum 31.12.1996 erhöht.

1. Die Klägerin ist als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Zu ihren Einkünften gehören nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, §§ 38, 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG (in der für das Streitjahr geltenden Fassung - a.F.) auch die Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Wertpapiersondervermögen. Um solche Ausschüttungen handelt es sich bei den von der Klägerin aus ihren Beteiligungen an den Spezialfonds erzielten Erträgen. Demzufolge unterliegen diese Einkünfte nach den genannten Bestimmungen der Körperschaftsteuer.

2. Die hier streitigen Erträge in Höhe von 399.532,00 DM, die dem Fondsvermögen als sog. EK 01-Dividenden zugeflossen sind, sind nicht nach § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F.) von der Besteuerung ausgenommen.

a) Gem. § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F.) sind die Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen bei der Veranlagung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer insoweit außer Betracht zu lassen, als sie aus einem ausländischen Staat stammende Einkünfte enthalten, für die die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf die Ausübung des Besteuerungsrechts verzichtet hat.

b) Einkünfte stammen im Sinne dieser Vorschrift aus einem ausländischen Staat, wenn sie dem Fondsvermögen unmittelbar aus einer ausländischen Quelle zufließen. Erträge, die nur mittelbar aus dem Ausland stammen, weil sie - wie im Streitfall - zunächst einer inländischen Kapitalgesellschaft zufließen, die ihrerseits Erträge an das Fondsvermögen ausschüttet, fallen nicht unter § 40 Abs. 3 KAGG; denn insoweit handelt es sich um Einkünfte, die aus dem Inland stammen.

aa) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F.).

Bei dem in § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG verwendeten Begriff "Einkünfte" handelt es sich um einen ertragsteuerrechtlichen Begriff, für den allgemeine Zurechnungsregeln gelten. Danach sind Einkünfte derjenigen Person zuzurechnen, die sie erzielt. Das Merkmal des Erzielens wiederum wird durch die einzelnen Einkünftetatbestände konkretisiert (vgl. etwa BFH-Urteil vom 07.09.2005, VIII R 80/99, BFH/NV 2006, 57 mit weiteren Nachweisen; Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 19. Aufl., § 9 Rz. 150; Blümich/Ratschow, EStG, § 2 Rz. 70; Schmidt/Seeger, EStG, § 2 Rz. 19). Im Falle von Einkünften, die aus einem ausländischen Staat stammen, erfolgt diese Konkretisierung durch die abschließende Aufzählung des § 34d i.V.m. § 34c EStG. Einschlägig wäre hier insoweit § 34d Nr. 6 EStG, da es im Streitfall um Einkünfte aus Kapitalvermögen geht. Vor diesem Hintergrund ist auch die in § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F.) getroffene Regelung so zu verstehen, dass ein Steuerpflichtiger nur dann ausländische Kapitaleinkünfte erzielt, wenn der Schuldner der Einkünfte Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat oder das Kapitalvermögen durch ausländischen Grundbesitz gesichert ist (so im Ergebnis auch Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, § 40 KAGG I Rn. 83 und 85). Schuldner der hier streitigen Dividendenzahlungen waren aber unstreitig Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland; dass das Kapitalvermögen insoweit durch ausländischen Grundbesitz gesichert gewesen wäre, hat die Klägerin nicht geltend gemacht und ist auch im Übrigen aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich.

Dass der in einem speziell für Investmentgeschäfte geschaffenen Gesetz verwendete Begriff "Einkünfte" bzw. "aus einem ausländischen Staat stammende Einkünfte" in diesem allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Sinne zu verstehen ist, folgt (konkret) aus § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F.), der sich auf die Veranlagung eines Wertpapier-Sondervermögens zur Einkommensteuer bzw. zur Körperschaftsteuer bezieht, sowie (allgemein) auch aus dem Umstand, dass das Fondsvermögen über die gesetzliche Fiktion des § 38 Abs. 1 KAGG (a.F.) als Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG gilt und somit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG den allgemeinen ertragsteuerlichen Bestimmungen zur Ermittlung der Einkünfte unterliegt. Einer, wie die Klägerin meint, klarstellenden gesetzlichen Regelung in § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F.) bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht.

Der erkennende Senat hält damit, anders als die Klägerin, die Unterschiede in den Formulierungen des § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F. - "aus einem ausländischen Staat stammende Einkünfte") und der §§ 34c, 34d EStG ("ausländische Einkünfte") für unmaßgeblich. Zum einen folgt aus den in § 34c Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 und Abs. 6 EStG getroffenen Regelungen, dass es sich bei den "ausländischen Einkünften" i.S.d. §§ 34c, 34d EStG um solche handelt, die "aus einem ausländischen Staat stammen". Zum anderen verwendet auch § 40 Abs. 4 Satz 1 KAGG in seinem Tatbestand den Ausdruck "aus einem ausländischen Staat stammende Einkünfte" und greift dieses Tatbestandsmerkmal in der Rechtsfolge mit der Formulierung "diese ausländischen ... Einkünfte" auf. Beiden Formulierungen kommt damit - insbesondere auch nach dem KAGG - dieselbe Bedeutung zu.

bb) Aus § 30 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 KStG (a.F.) lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass nach dieser Vorschrift Einkünfte, die ursprünglich aus einem ausländischen Staat stammen, in der körperschaftsteuerlichen Behandlung ihre Qualität als steuerfreie "Auslandseinkünfte" in einer inländischen Beteiligungskette nicht verlieren. Doch kann dem schon entgegengehalten werden, dass auch § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG (a.F.) begrifflich zwischen "ausländischen Einkünften" einerseits und "nach § 8b Abs. 1 und 2 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Beträgen" andererseits unterscheidet. Nach der Terminologie dieser Regelung sind weitergeleitete ausländische Dividenden, die unter § 8b Abs. 1 KStG (a.F.) fallen, tatbestandlich keine "ausländischen Einkünfte" i.S.d. Vorschrift, auch wenn beide gleichermaßen nach der von § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG (a.F.) vorgesehenen Rechtsfolge dem EK 01 zugeordnet werden. Vor allem aber geht der Verweis auf § 8b Abs. 1 und 2 KStG (a.F.) in § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG (a.F.) auf das Standortsicherungsgesetz vom 13.09.1993 (BGBl. I 1993, 1569) zurück (vgl. auch Blümich/Danelsing KStG a.F. § 30 Rz. 73). Mit diesem Gesetz wurde unter anderem § 40 Abs. 4 KAGG (wegen des ebenfalls geänderten § 34c EStG) neu gefasst. Eine Änderung des § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F.) hingegen unterblieb. Hätte der Gesetzgeber auch die im Inland weitergeleiteten und somit nur mittelbar aus dem Ausland stammenden Dividenden von der Besteuerung ausnehmen wollen, hätte er § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG (a.F.), in gleicher Weise wie § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG (a.F.), durch einen entsprechenden Verweis auf § 8b Abs. 1 KStG (a.F.) ergänzen müssen.

cc) Weder der von der Klägerin angeführte Wille des historischen Gesetzgebers noch eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck des § 40 Abs. 3 KAGG unter Berücksichtigung des Transparenzprinzips rechtfertigen ein anderes Ergebnis.

Ob § 40 Abs. 3 KAGG nach dem Willen des historischen Gesetzgebers darauf abzielt, den Inhaber von Anteilscheinen an einem Sondervermögen hinsichtlich der aus dem Ausland stammenden Kapitalerträge nicht schlechter zu stellen, als wenn er die zum Sondervermögen gehörenden ausländischen Wertpapiere unmittelbar besäße, ist in Anbetracht des hier gewonnenen Auslegungsergebnisses nicht maßgeblich.

Hinsichtlich des von der Klägerin angeführten sog. Transparenzprinzips schließlich ist durch Rechtsprechung und Literatur hinreichend geklärt, dass der Gedanke einer Transparenz des Fondsvermögens im Gesetz nur punktuell und damit unvollständig verwirklicht worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 04.03.1980, VIII R 48/76, BStBl. II 1980, 453, vierter Absatz der Entscheidungsgründe; BFH-Urteil vom 11.10.2000, I R 99/96, BStBl. 2001, 22, unter II. 1. e; FG Münster, Vorlagebeschluss vom 22.02.2008, 9 K 5096/07 K, EFG 2008, 983, Aktz. des BVerfG: 1 BvL 5/08; ferner: Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, Vor §§ 37 n ff. KAGG I Rn. 12 ff. und § 39 KAGG I Rz. 22; Täske in: Festschrift für Hans Flick zum 70. Geburtstag, 1997, S. 587 ff, 596). Es handelt sich nicht um ein übergeordnetes Rechtsprinzip, welches das gesamte KAGG durchdringen würde und die gesetzlichen Regelungen im Einzelfall modifizieren oder ergänzen könnte. Vielmehr werden unter dem Begriff "Transparenzprinzip" - nur deskriptiv - diejenigen im KAGG ausdrücklich niedergelegten Regelungen zusammengefasst, mit denen der Gesetzgeber für bestimmte Fälle sicherstellt, dass Erträge aus einem Fondsvermögen nur beim Anleger erfasst und so versteuert werden, als ob dieser sie unmittelbar bezogen hätte. Fehlt es jedoch wie im Streitfall an einer entsprechenden Regelung, kann eine solche nicht über den Wortlaut des KAGG hinaus unter Berufung auf ein allgemein geltendes Transparenzprinzip konstruiert werden.

3. Die hier streitigen Erträge in Höhe von 399.532,00 DM sind auch nicht nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG (a.F.) steuerfrei.

a) Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG (a.F.) bleiben Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG, die eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 KStG von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft oder von einer sonstigen Körperschaft im Sinne des § 43 KStG (a.F.) erhält, bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz, soweit dafür der Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG (a.F.) als verwendet gilt.

b) Zunächst spricht schon die Systematik des KAGG dagegen, § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG (a.F.) auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Gegenüber den allgemeinen steuerrechtlichen Bestimmungen des EStG und des KStG ist das KAGG im Hinblick auf die Besteuerung von Fondserträgen das speziellere Gesetz. Dieses verweist in einer Vielzahl von Bestimmungen auf die Vorschriften des EStG und des KStG; einen Verweis auf § 8b Abs. 1 KStG (a.F.) enthält es indessen (in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung) nicht. Da nun aber § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG (a.F.) bestimmt, dass Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Wertpapiersondervermögen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören, kann diese spezialgesetzlich festgelegte Rechtsfolge nicht ohne eine entsprechende ausdrückliche Verweisung durch die in § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG (a.F.) getroffene allgemeine gesetzliche Regelung aufgehoben werden.

c) Ungeachtet dessen sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG (a.F.) im Streitfall nicht erfüllt.

aa) Zwar gehört die Klägerin als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG zu den Körperschaftsteuersubjekten, die nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG (a.F.) begünstigt sein können. Ferner geht es im Streitfall um Bezüge, die gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG (a.F.) zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.

bb) Doch hat die Klägerin diese Bezüge weder von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft noch von einer sonstigen Körperschaft im Sinne des § 43 KStG erhalten. Dabei ist unstreitig, dass das Fondsvermögen keine Kapitalgesellschaft ist. Es ist zudem auch keine sonstige Körperschaft i.S.d. § 43 KStG (a.F.); denn zu den Wesensmerkmalen einer Körperschaft gehört, dass es sich um ein rechtsfähiges Gebilde mit eigenen Organen und eigenem Vermögen handelt, welches vom Vermögen der Mitglieder getrennt ist (vgl. etwa BFH-Urteil vom 08.02.1995, I R 73/94, BStBl. II 1995, 552; ferner: Altendorf in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 1 KStG Anm. 27; Blümich/Rengers, § 1 KStG Rz. 144, mit weiteren Nachweisen). Hieran fehlt es. Das Fondsvermögen ist als Sondervermögen (§§ 1 Abs. 2, 6 KAGG) eine nichtrechtsfähige Vermögensmasse, die sich aus dem von den Fondsanlegern eingelegten Geld und den erworbenen Vermögensgegenständen zusammensetzt. Diese stehen in der Regel im Miteigentum der Anleger, die eine durch das KAGG modifizierte Bruchteilsgemeinschaft bilden. Gibt es - wie im Streitfall - nur einen einzigen Anleger, der alle Fondsanteile hält, so steht das Fondsvermögen in seinem Alleineigentum. Dass dem Fondsvermögen über die gesetzliche Fiktion des § 38 Abs. 1 KAGG als Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG eine steuerliche Rechtsfähigkeit zuerkannt und im Rahmen der Körperschaftsteuer eine eigene Steuerpflicht begründet wird, kann schon deshalb zu keiner abweichenden Beurteilung führen, weil Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG ihrerseits nicht von § 43 KStG (a.F.) erfasst werden (vgl. auch Blümich/Danelsing, § 43 KStG a.F. Rz. 21; Antweiler in: Ernst&Young, Körperschaftsteuergesetz, § 43 KStG Rz. 44; Dötsch in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 43 KStG a.F. Tz. 6). Darüber hinaus fehlt es dem Fondsvermögen an einer korporationsähnlichen Struktur. Das Fondsvermögen ist - zivilrechtlich - keine Personenvereinigung, die ihre Willensentscheidungen durch Organe zum Ausdruck bringt (vgl. insoweit Dötsch in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 43 KStG Tz. 2 und 6; Lübbehüsen in: Brinkhaus/Scherer, Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften/Auslandinvestment-Gesetz, I KAGG § 38 Exk I Rn. 37; im Ergebnis ebenso: Blümich/Danelsing, § 43 KStG a.F. Rz. 17; Buyer in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8b a.F. Tz. 35e; Täske in: Festschrift für Hans Flick zum 70. Geburtstag, 1997, S. 587 ff, 595; s. ferner auch Abschnitt 96 Abs. 2 KStR 1995). Eine korporationsähnliche Struktur lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise über das sog. Investment-Dreieck (Wertpapier-Sondervermögen/Kapitalanlagegesellschaft/Depotbank) konstruieren. Denn das Fondsvermögen bleibt Eigentum der Anleger (s.o.) und ist von dem eigenen Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft rechtlich getrennt (§ 6 Abs. 1 Satz 3 KAGG). Weder die Kapitalanlagegesellschaft noch die Depotbank können daher als "Organ" des Fondsvermögens betrachtet werden.

cc) Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23.09.1970, I R 22/67 (BStBl. II 1971, 47), auf das sich die Klägerin unter Hinweis auf die Kommentierung von Streck (KStG, Anh. § 43 a.F. Anm. 3) beruft, ergibt sich nichts anderes. In der genannten Entscheidung ging es um einen ausländischen Investmentfonds, der sich den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts zufolge gerade nicht als Bruchteilsgemeinschaft, sondern als ein Gebilde mit korporationsähnlichem Charakter erwiesen hatte.

dd) Ob man im Falle von Ausschüttungen aus einem Fondsvermögen, für das unstreitig keine Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals vorgenommen wird, überhaupt davon sprechen kann, dass ein Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG als verwendet gilt, muss vor diesem Hintergrund nicht entschieden werden.

d) § 8b Abs. 1 KStG kann auf die hier streitigen Erträge auch nicht analog angewendet werden; denn es fehlt an einer planwidrigen Lücke. Eine solche lässt sich auch nicht mit der Klägerin über das sog. Transparenzprinzip begründen. Denn der Umfang der nach dem KAGG geltenden Transparenz des Fondsvermögens ist durch den Gesetzgeber im Einzelnen geregelt worden (s.o.: II. 2. b. cc.). Es kann daher nicht angenommen werden, dass die Steuervorschriften des KAGG eine Lücke i.S. einer planwidrigen Unvollständigkeit des Rechts enthielten, die es erlauben würde, das Gesetz im Sinne einer völligen Durchsetzung des Transparenzprinzips zu ergänzen (BFH-Urteil vom 04.03.1980, VIII R 48/76, BStBl. II 1980, 453, vierter Absatz der Entscheidungsgründe; vom 11.10.2000, I R 99/96, BStBl. 2001, 22, unter II. 1. e; ferner: Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, Vor §§ 37 n ff. KAGG I Rn. 13).

e) In Anbetracht dessen lässt sich das von der Klägerin angestrebte Ergebnis auch nicht durch eine Auslegung des § 40 Abs. 3 Satz 1 KAGG "aus dem Sinn und Zweck des § 8b Abs. 1 KStG heraus" herleiten.

4. Schließlich sind die hier streitigen Erträgen in Höhe von 67.250,47 DM, die die Klägerin als Ausschüttungen aus dem EK 04 behandelt hat, nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen.

a) Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (a.F.) gehören Bezüge nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft stammen, für die Eigenkapital im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes als verwendet gilt.

b) Ebenso wie bei § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG (a.F. - s.o.: 3. b) spricht auch im Fall des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (a.F.) bereits die Systematik des KAGG gegen eine Anwendung dieser Regelung auf den vorliegenden Sachverhalt. § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG (a.F.) bestimmt, dass Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören, wenn sie nicht Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen sind. Damit verweist § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG nur auf die Rechtsfolge des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG; die tatbestandlichen Voraussetzungen, die diese Rechtsfolge nach sich ziehen, werden ausschließlich in § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG beschrieben. Für einen Rückgriff auf die abweichende Rechtsfolge des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG bleibt insoweit kein Raum.

c) Dessen ungeachtet ist auch der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (a.F.) im Streitfall nicht erfüllt; denn das Fondsvermögen ist keine Körperschaft (s.o.: 3. c. bb; ebenso Lübbehüsen in: Brinkhaus/Scherer, Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften/Auslandinvestment-Gesetz, I KAGG § 38 Exk I Rn. 38). Daher kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob in Anbetracht einer fehlenden Eigenkapitalgliederung aus dem Fondsvermögen überhaupt Ausschüttungen vorgenommen werden können, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes als verwendet gelten.

d) Soweit sich die Klägerin ergänzend auf § 1 Abs. 3 InvStG bzw. auf die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift sowie die einschlägigen Gesetzesmaterialien bezieht, denen zufolge "der Gesetzentwurf ... das Transparenzprinzip in seiner bisherigen Ausgestaltung ohne Veränderungen" übernommen haben soll (Bundestags-Drucksache 15/1553, S. 120), misst der erkennende Senat dieser aus seiner Sicht nur programmatischen Aussage keine Bedeutung, jedenfalls aber keine Bindungswirkung im Hinblick auf das hier gewonnene Auslegungsergebnis zu.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

7. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen worden.



Ende der Entscheidung

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