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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 6 K 173/07
Rechtsgebiete: KStG, AO


Vorschriften:

KStG § 21
AO § 233a Abs. 2a
Die Handelsbilanz ist maßgeblich für die gemäß § 21 KStG zu bildende Rückstellung für Beitragsrückerstattungen.

Die Änderung der Handelsbilanz stellt im Hinblick auf eine geänderte Steuerfestsetzung infolge erhöhter Zuführungen zur Rückstellung für Beitragsrückerstattungen ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 233 a Abs. 2 a AO dar.


Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die zutreffende Zinsfestsetzung nach § 233a AO.

Die Klägerin ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit im Sinne der §§ 15 ff. VAG. Der wesentliche Gegenstand des Unternehmens ist der direkte und der indirekte Betrieb der .....- und der .....-Versicherung. Als .....-versicherungsunternehmen hat die Klägerin den Jahresabschluss und den Lagebericht nach den Vorschriften der §§ 341 ff. HGB aufzustellen.

Der Jahresabschluss des Streitjahres 1996 wurde am 28.04.1997 aufgestellt und vom Aufsichtsrat am 23.05.1997 festgestellt. Die Überschussverwendung ist in § 24 Abs. 3 der Satzung der Klägerin wie folgt geregelt:

"Der sich aus der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung - nach Abzug der Direktgutschrift - ergebende Überschuss (Jahresüberschuss zuzüglich Aufwendungen für Beitragsrückerstattung) wird nach Kürzung um die Einstellung in die Gewinnrücklage der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugewiesen."

In dem Jahresabschluss 1996 buchte die Klägerin Erträge aus Kapitalanlagen in Höhe von 1.821.904.244,67 DM. In diesen Erträgen waren Einnahmen aus Genussrechten in Höhe von 18.971.375 DM enthalten, die im Jahr 1996 gezahlt wurden, zivilrechtlich aber Zinsen des Jahres 1995 betrafen. Entsprechend wurden Erträge aus Genussrechten in Höhe von 21.444.739,01 DM, die zivilrechtlich das Jahr 1996 betrafen, aber erst im Jahr 1997 ausgezahlt wurden, noch nicht im Jahresabschluss 1996, sondern erst im Jahresabschluss 1997 erfasst.

Der Aufsichtsrat der Klägerin beschloss am 23.05.1997, von dem Jahresüberschuss 1996 15 Mio DM in die Gewinnrücklagen einzustellen. Entsprechend der Regelung in § 24 Abs. 3 der Satzung wurde der restliche Rohüberschuss (nach Kürzung der Direktgutschrift) in Höhe von 694.056.032,98 DM der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugewiesen:

"Der Rohüberschuss beläuft sich damit auf 710 Mio. DM. Nach der Einstellung von 15 Mio DM in die Gewinnrücklagen kann der Rückstellung für Beitragsrückerstattung ein Betrag von 695 Mio DM zugeführt werden."

Am 18.12.2002 entschied der BFH (I R 11/02, BStBl II 2003, 400), dass Erträge aus Genussrechten, die ein abgelaufenes Jahr betreffen, anders als von der Klägerin ursprünglich gehandhabt, phasengleich zu vereinnahmen sind. Dieser Umstand wurde im Rahmen einer bei der Klägerin für die Jahre 1995 - 1998 durchgeführten Betriebsprüfung aufgegriffen.

Die Klägerin beschloss darauf, die Jahresabschlüsse 1995 - 2002 zu ändern und die Erträge aus Genussrechten phasengleich zu vereinnahmen. In dem Jahresabschluss 1996 erhöhten sich dadurch die Erträge aus Kapitalanlagen im Saldo um DM 2.473.355.

Der berichtigte Jahresabschluss 1996 wurde am 27.11.2003 von dem Aufsichtsrat der Klägerin festgestellt. Die Dotierung der Gewinnrücklage blieb gegenüber dem Beschluss vom 23.05.1997 unverändert in Höhe von 15 Mio DM bestehen. Die Rückstellung für Beitragsrückerstattung erhöhte sich dadurch gemäß § 24 Abs. 3 der Satzung um DM 2.473.355 auf DM 697.429.387,90. Alle anderen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung blieben unverändert.

Der Beklagte akzeptierte die berichtigte Handelsbilanz 1996 und legte diese der Besteuerung zugrunde. Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Körperschaftsteuerbescheid für 1996 vom 27.05.2004 setzte der Beklagte gegen die Klägerin eine Körperschaftsteuer in Höhe von EUR 3.386.590,86 fest. Dieser Betrag ist unstreitig. Gleichzeitig setzte der Beklagte Zinsen zur Körperschaftsteuer 1996 nach § 233a AO in Höhe von EUR 801.715 fest. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids verwiesen.

Auf den gegen den Zinsbescheid eingelegten Einspruch vom 16.06.2004 änderte der Beklagte die Zinsfestsetzung mit Bescheid vom 13.09.2004 und setzte die Zinsen auf EUR 480.907 herab. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids verwiesen.

Den Einspruch im Übrigen wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18.09.2007 zurück. Führe eine Steuerfestsetzung zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des § 233a Abs. 3 AO, so sei dieser gemäß § 233a Abs. 1 AO zu verzinsen. Der Zinslauf beginne 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden sei. Für die Körperschaftsteuer 1996 bedeute dies einen Zinslaufbeginn am 01.04.1998. Soweit die Steuerfestsetzung aber auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses beruhe, beginne der Zinslauf gemäß § 233a Abs. 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten sei, mit der Maßgabe, dass gemäß § 233a Abs. 7 AO für die Zinsberechnung Teilunterschiedsbeträge zu bilden seien. Soweit im Streitfall die geänderte Körperschaftsteuerfestsetzung für 1996 auf der nachträglichen Aktivierung der Genussrechtsvergütungen beruhe, sei die Verzinsung mit Zinslaufbeginn 01.04.1998 vorzunehmen; der Beschluss der Klägerin vom 27.11.2003, die geänderte Handelsbilanz 1996 festzustellen und damit die Zuführung zu den Gewinnrücklagen unverändert zu belassen und stattdessen den Mehrgewinn aus der Aktivierung der Genussrechtsvergütungen der Rückstellung für Beitragsrückerstattungen zuzuführen, stelle hingegen ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO dar. Deshalb müsse die Steuernachforderung gemäß Bescheid vom 27.05.2004 in Teil-Unterschiedsbeträge i.S.v. § 233a Abs. 7 AO aufgeteilt werden. Daraus ergebe sich die streitige Zinsforderung in Höhe von EUR 480.907.

Hinsichtlich der Zinsberechnung im Einzelnen wird auf die Berechnung Blatt 71 der Körperschaftsteuerakte --Zinsen-- verwiesen.

Die Klägerin hat am 17.10.2007 Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor: Ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO setze voraus, dass nachträglich ein Ereignis eintrete, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe. Hierzu zählten alle rechtlich und tatsächlich bedeutsamen Vorgänge, die steuerlich in der Weise Rückwirkung entfalteten, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen sei. Werde im Rahmen einer Bilanzberichtigung ein falscher Bilanzansatz richtig gestellt, zeitige dies keine steuerliche Rückwirkung; die Bilanz dokumentiere nur Schlussfolgerungen aus einem oder mehreren Sachverhalten. Bei einer Bilanzberichtigung würden nur die Schlussfolgerungen geändert, während die diesen Schlussfolgerungen zugrunde liegenden Sachverhalte unverändert blieben. Die von ihr --der Klägerin-- vorgenommene Bilanzberichtigung stelle demnach kein rückwirkendes Ereignis dar. Da sie --die Klägerin-- zudem im Rahmen der Feststellung der berichtigten Handelsbilanz 1996 vom 27.11.2003 keine Entscheidung über die Gewinnverwendung getroffen habe, liege auch insoweit kein rückwirkendes Ereignis vor. Denn die Dotierung der Gewinnrücklage sei gegenüber dem ursprünglichen Beschluss vom 23.05.1997 unverändert geblieben. Der Mehrgewinn aus der Aktivierung der Genussrechtsvergütungen sei gemäß § 24 Abs. 3 der Satzung automatisch in die Rückstellung für Beitragsrückerstattungen einzustellen gewesen. Der Aufsichtsrat hätte zur Vermeidung dieses Automatismus ausdrücklich eine andere Dotierung der Gewinnrücklagen beschließen müssen. Das habe er aber nicht. Darin, dass der Aufsichtsrat dies unterlassen habe, könne kein rückwirkendes Ereignis gesehen werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 15.11.2007 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 18.09.2007 aufzuheben und den Zinsbescheid vom 13.09.2004 dahingehend zu ändern, dass die Zinsen zur Körperschaftsteuer 1996 auf 284.381 EUR herabgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Ausführungen seiner Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor: Die Klägerin habe bewusst gehandelt, nachdem klar geworden sei, dass die Genussrechte phasengleich zu aktivieren gewesen seien. Zur Vermeidung erheblicher Steuernachforderungen seien die vertretungsberechtigten Organe der Klägerin dem Rat der steuerlichen Berater gefolgt und hätten entschieden, die Mehrgewinne der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zuzuführen. Diese Entscheidung begründe ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO.

Dem Gericht hat eine Körperschaftsteuerakte --Zinsen-- zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Zinsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Zu Recht hat der Beklagte der Verzinsung der Körperschaftsteuerschuld für 1996 ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 233a Abs. 2a AO zugrunde gelegt.

1. a. Nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO sind Zinsen auf Steuern zu leisten, wenn die Festsetzung der Steuer zu einer Steuernachzahlung oder -erstattung führt. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer einerseits und den anzurechnenden Steuerabzugsbeträgen, der anzurechnenden Körperschaftsteuer und den bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen andererseits (§ 233a Abs. 3 Satz 1 AO), wobei der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO).

b. Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO) beruht, beginnt der Zinslauf abweichend hiervon 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Diese Abweichung ergibt sich aus der durch das JStG 1997 in die Abgabenordnung eingefügten Regelung in § 233a Abs. 2 a AO. In einem derartigen Fall ist der für die Zinsberechnung maßgebliche Unterschiedsbetrag in der Weise zu ermitteln, dass er in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn (§ 233a Abs. 7 Satz 1 AO). Die gesetzlichen Neuregelungen finden erstmals in jenen Fällen Anwendung, in denen das rückwirkende Ereignis nach dem 31. Dezember 1995 eingetreten ist (vgl. BFH-Urteil vom 22. Oktober 2003 I R 15/03, BFHE 204, 6, BStBl II 2004, 398).

c. Im Streitfall ist hiernach die sich aufgrund der Körperschaftsteuerfestsetzung für 1996 vom 27.05.2004 ergebende Steuernachzahlung vom 01.04.1998 an gemäß § 233a AO zu verzinsen. Zweifelhaft ist lediglich, ob die nachträgliche Erhöhung der Rückstellung für Beitragsrückerstattungen ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 233a Abs. 2 a i.V.m. Abs. 7 Satz 1 AO darstellt, sodass nach Maßgabe dieser Vorschriften Teil-Unterschiedsbeträge errechnet werden müssen.

d. Die Frage, ob der nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, bestimmt sich in § 233a Abs. 2 a AO, nicht anders als in § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 I R 60/98, BFHE 188, 542, BStBl II 1999, 634). Das nachträglich -- nach Erlass des Steuerbescheids-- eintretende Ereignis muss zu einer Änderung des Sachverhalts führen, den die Finanzbehörde der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 73/98, BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18). Bei dem Ereignis muss es sich um einen Umstand handeln, den die Finanzbehörde bei der Steuerfestsetzung nicht berücksichtigen konnte, weil er --insbesondere bei einem künftigen Ereignis-- noch nicht bekannt oder nicht vorhersehbar war.

e. Gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 KStG können unter den im Einzelnen genannten Voraussetzungen im .....- und .....-versicherungsgeschäft Beitragsrückerstattungen "aufgrund des Jahresergebnisses" gewährt und von der Versicherungsgesellschaft einkommensmindernd berücksichtigt werden. Beitragsrückerstattungen werden i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 KStG "aufgrund des Jahresergebnisses" gewährt, wenn und soweit sie auf der Basis des nach den handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Jahresergebnisses (s. § 21 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG) geleistet werden.

f. Grundlage für die Bemessung der Rückstellung nach § 21 Abs. 2 KStG ist daher der Überschuss, wie er in der ordnungsmäßig zustande gekommenen und veröffentlichten Handelsbilanz ausgewiesen ist (vgl. BFH-Urteil vom 03. Februar 1959 I 145/57 U, BFHE 68, 354, BStBl III 1959, 138). Die nicht veröffentlichte und nur im Innenverhältnis zwischen den Finanzbehörden und der Versicherungsgesellschaft für deren Ertragsbesteuerung maßgebende Steuerbilanz ist keine geeignete Bemessungsgrundlage und kann nach bürgerlichem Recht den Inhalt des versicherungsrechtlichen Rückgewähranspruchs der Versicherungsnehmer nicht beeinflussen. Nur wenn man den Überschuss der Handelsbilanz als maßgebend ansieht, ist auch für die Versicherungsgesellschaften eine eindeutige, rechtzeitig feststehende und unabänderliche Grundlage für die Kalkulation und die geschäftlichen Maßnahmen gegeben. Die oft erst nach Jahren eintretende Änderung von Ansätzen in den Steuerbilanzen würde ein Element der Unsicherheit und Unstetigkeit in die Bilanzierung tragen (vgl. BFH-Urteil vom 03. Februar 1959 I 145/57 U, BFHE 68, 354, BStBl III 1959, 138). Dementsprechend bleibt die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Rückerstattung auch dann bestehen, wenn sich aufgrund einer Betriebsprüfung die Steuerbilanzansätze ändern. Einfluss kann eine Betriebsprüfung auf die Beitragsrückerstattung in diesen Fällen nur haben, wenn die Handelsbilanz nachträglich der Steuerbilanz angeglichen wird (vgl. Olbing in Streck, KStG, 6. Aufl., § 21 Anm. 4 m.w.N.).

g. Nach diesen Grundsätzen war die von der Klägerin gemäß § 16 VAG, § 341a Abs. 4 HGB, § 172 AktG am 27.11.2003 festgestellte geänderte Handelsbilanz Voraussetzung für die Zuführung von weiteren 2.473.355 DM in die Rückstellung für Beitragsrückerstattungen nach § 21 KStG. Ohne die Änderung der Handelsbilanz konnten keine neuen Zuführungen erfolgen, weder nach § 24 Abs. 3 der Satzung noch nach neuem Gewinnverwendungsbeschluss. Gingen also Änderung der Handelsbilanz und Zuführung zur Rückstellung Hand in Hand, dann ist die Zuführung zur Rückstellung mit der Änderung der Handelsbilanz ein neuer tatsächlicher Umstand, den der Beklagte bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung noch nicht berücksichtigen konnte. Die Änderung der Handelsbilanz und die Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung stellen demnach rückwirkende Ereignisse i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 233a Abs. 2a AO dar (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 73/98, BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18; FG Saarland, Beschluss vom 19. September 2005 1 V 178/05, [...]).

h. Vor dem Hintergrund des § 21 KStG unterscheidet sich die Änderung der Handelsbilanz von einer bloßen Bilanzberichtigung i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG. Während die Bilanzberichtigung keinen neuen Sachverhalt darstellt, sondern nur rechtliche Schlussfolgerungen aus unveränderten Sachverhalten zieht, wirkt die berichtigte Handelsbilanz in Bezug auf die Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung konstitutiv und stellt als solches einen neuen Sachverhalt dar.

i. Auf die Frage, ob im Streitfall zudem ein rückwirkendes Ereignis in Gestalt eines geänderten Gewinnverwendungsbeschlusses vorliegt, kommt es hiernach nicht mehr an. Da aber Grundlage für den Gewinnverwendungsbeschluss gemäß § 174 AktG der nach § 172 AktG festgestellte Jahresabschluss ist, wird bei einem geänderten Jahresabschluss wohl auch ein --ggf. konkludent (vgl. zu dem umgekehrten Fall der konkludenten Feststellung des Jahresabschlusses BFH-Urteil vom 16. Mai 2007 I R 84/06, BFH/NV 2007, 1925, HFR 2008, 52)-- geänderter Gewinnverwendungsbeschluss zu verlangen sein (vgl. auch § 253 AktG).

j. Der Beklagte hat die sich aus der Anwendung des § 233a Abs. 2a AO auf die nachträgliche Zuführung von 2.473.355 DM in die Rückstellung für Beitragsrückerstattungen ergebenden Zinsfolgen rechnerisch richtig nachvollzogen. Im Ergebnis war durch die Bildung von Teil-Unterschiedsbeträgen gemäß § 233a Abs. 7 AO eine um den Rückstellungsaufwand erhöhte Steuernachforderung in Höhe von (gerundet) 1.398.200 DM für den Zeitraum 01.04.1998 - 01.06.2004, d.h. für 74 Monate, also in Höhe von 37%, zu verzinsen. Das entspricht 1.398.200 DM x 37% = 517.334 DM abzgl. bisher festgesetzter Zinsen in Höhe von 36.426,99 DM = 480.907 DM.

2. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 135 Abs. 1, § 115 Abs. 2 FGO.

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