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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 6 K 174/05
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 16
EStG § 34
AO § 39 Abs. 1
AO § 39 Abs. 2
1. Veräußern die Gesellschafter einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ihre Mitunternehmeranteile an eine bislang nur vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, an der sie selbst beteiligt sind, so handelt es sich zwar auch in Höhe ihrer Beteiligung an der erwerbenden Gesellschaft um eine Veräußerung i.S.d. §§ 16, 34 EStG, der Gewinn gilt aber insoweit gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn.

2. Die Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steht dem nicht entgegen.


Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG teilweise als laufender Gewinn anzusehen ist.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die ein gewerbliches Unternehmen betreibt. Sie hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.03. bis zum 28.02.

Als Kommanditisten waren an der Klägerin ursprünglich (u.a.) A und B zu jeweils 25% beteiligt. Alleiniger Komplementär war die C GmbH (GmbH), an der A und B ebenfalls zu jeweils 25% beteiligt waren.

Mit Verträgen vom ...1998 veräußerten A und B (jeweils) ihre Kommanditanteile und ihre Anteile an der Komplementärin vollständig an die KG D-Gesellschaft & Co. (KG-D). Die KG-D war bis zu diesem Zeitpunkt, ihrem Gesellschaftsvertrag entsprechend, ausschließlich vermögensverwaltend tätig gewesen. Die Gesellschafter der KG-D stimmten dem Erwerb und der damit verbundenen Änderung ihres Gesellschaftsvertrags mit Beschluss vom ...1998 einstimmig zu. Als Kaufpreis für die veräußerten Anteile wurden jeweils ... DM vereinbart.

Am Kapital der KG-D waren zum Zeitpunkt der Veräußerung, am ...1998, A mit 0,014% als einziger Komplementär und B mit 49,991% als einer von ... Kommanditisten beteiligt. Aufgrund von Nießbrauchsvereinbarungen war A zu diesem Zeitpunkt am Gewinn der KG-D mit 4,6511% und B mit 48,8372% beteiligt. Am Tag nach der Veräußerung, mit Gesellschafterbeschluss vom ...1998, schied A als Komplementär aus der KG-D aus und trat gleichzeitig als Kommanditist mit einer Einlage in Höhe seines bisherigen Anteils ein. Neuer Komplementär ohne Beteiligung am Vermögen der KG-D wurde die K Vermögensverwaltung GmbH (K-GmbH). Allein die K-GmbH war von diesem Zeitpunkt an zur Geschäftsführung befugt. Zur Finanzierung des Erwerbs der Kommanditanteile von A und B nahm die KG-D Darlehen in Höhe von ... DM bei der E Aktiengesellschaft ... und in Höhe von ... DM bei der F Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH auf.

Am 01.09.2000 ging bei dem Beklagten die Erklärung der Klägerin zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 ein. In einer Anlage zu dieser Erklärung (Bl. 109 der Gewinnfeststellungsakte) wurde der jeweilige Veräußerungsgewinn von A und B wie folgt ermittelt:

 Veräußerungspreis... DM
abzüglich: 
Kommanditeinlage... DM
Einlage GmbH... DM
lfd. Gewinn... DM
Rückstellungen VU... DM
Veräußerungsgewinn... DM

Der über das erworbene Kapital hinaus gezahlte Kaufpreis von insgesamt ... DM wurde als Firmenwert in eine Ergänzungsbilanz der KG-D bei der Klägerin eingestellt und linear abgeschrieben. Für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 wurde eine Abschreibung in Höhe von ... DM angesetzt (vom ...1998 bis zum ...1999 = 2 Monate und 9 Tage). Die auf das Streitjahr entfallenden Darlehenszinsen in Höhe von ... DM und ... DM wurden als Sonderbetriebsausgaben der KG-D geltend gemacht (Bl. 123 der Gewinnfeststellungsakte).

Mit den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 18.10.2000 folgte der Beklagte den Angaben der Klägerin. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Vom ...2001 bis zum ...2002 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Der Betriebsprüfer ermittelte die jeweiligen Veräußerungsgewinne wie folgt:

 Veräußerungspreis... DM
abzüglich: 
Kommanditeinlage... DM
Einlage GmbH... DM
Kapitalkonto (variabel)... DM
Veräußerungsgewinn... DM

Dementsprechend wurden der Mehrwert in der Ergänzungsbilanz auf ... DM und die Abschreibung auf ... DM erhöht. Weiter heißt es in dem Bericht: "Aus Sicht der Bp ist der bisher festgestellte Veräußerungsgewinn nur zu einem Teil begünstigt. Gemäß § 16 Abs. 2 S. 3 EStG gilt der Gewinn insoweit als laufender Gewinn, als auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind. Bei Berücksichtigung der o. g. Beteiligungsquoten (i. e.: 4,6511% für A und 48,8372% für B) sind demnach für A DM ... und für B DM ... in laufende Einkünfte umzuqualifizieren. Gleichzeitig unterliegt dieser zusätzliche laufende Gewinn (abzüglich der Abschreibung gemäß der Ergänzungsbilanz) der Gewerbesteuer (Abschnitt 39 Abs. 1 S. 3 GewStR 99)". Wege der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsvermerk Nr. 1 des Berichts vom ...2002 Bezug genommen (Bl. 124 der Betriebsprüfungsakte).

Der Beklagte erließ am 06.06.2002 entsprechend geänderte Bescheide über die Gewinnfeststellung und den Gewerbesteuermessbetrag. Die dagegen gerichteten Einsprüche der Klägerin vom 18.06.2002 (eingegangen am 21.06.2002) wurden mit Entscheidung des Beklagten vom 13.07.2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Am 12.08.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. In ihrer Begründung folgt sie hinsichtlich der Höhe der Veräußerungsgewinne den Feststellungen der Betriebsprüfung (jeweils ... DM). Hinsichtlich der anteiligen Umqualifizierung dieser Gewinne in laufende Gewinne trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG setze tatbestandlich eine Veräußerung voraus. An diesem Tatbestandsmerkmal fehle es, soweit A und B an der KG-D beteiligt gewesen seien. Die KG-D sei zum Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile am ...1998 eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gewesen. Sie habe unstreitig keine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 EStG ausgeübt. Sie sei zudem auch nicht durch den Erwerb der Anteile der Kläger "zeitgleich" gewerblich geworden. Die Logik gebiete es, dass erst der Erwerb der mitunternehmerischen Beteiligung durch die vermögensverwaltende Personengesellschaft stattfinden müsse, bevor diese durch die Beteiligung gewerblich geprägt werden könne. Ungeachtet dessen vermöge ohnehin (allein) die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft die vermögensverwaltende Personengesellschaft nach damals geltendem Recht nicht gewerblich zu prägen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 06.10.2004 - IX R 53/01, BStBl. II 2005, 383). Die später eingetretene Rechtsänderung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sei, soweit § 52 Abs. 32 a EStG eine zeitlich unbegrenzte Rückwirkung anordne, verfassungswidrig. Die KG-D sei somit auch nach dem Erwerb der Anteile an der Klägerin zunächst eine vermögensverwaltende Personengesellschaft geblieben. Erst am ...1998 habe durch den Wechsel des Komplementärs eine gewerbliche Prägung stattgefunden. Verkaufe aber der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft dieser ein Wirtschaftsgut, so sei dies steuerlich nicht als Veräußerung zu beurteilen, soweit der Gesellschafter an der erwerbenden (nur) vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt sei. Denn für die vermögensverwaltende Personengesellschaft gelte die aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO folgende Bruchteilsbetrachtung, so dass ein zum Gesamthandsvermögen der vermögensverwaltenden Personengesellschaft gehörendes Wirtschaftsgut den Gesellschaftern grundsätzlich anteilig zuzurechnen sei. Der Veräußerungstatbestand werde somit durch die aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO folgende Bruchteilsbetrachtung verdrängt. Der Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG werde hierdurch nicht in Frage gestellt. Diese Vorschrift ziele darauf ab, Missbräuche zu verhindern. Ursprünglich hätten die durch die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils aufgedeckten stillen Reserven begünstigt nach §§ 16, 34 EStG besteuert werden können. Der Erwerber habe sich dadurch die Möglichkeit eröffnet, von der neuen Bemessungsgrundlage Abschreibungen zu Lasten des laufenden Gewinns vorzunehmen; dadurch habe er mehr Steuern gespart, als durch die Versteuerung der stillen Reserven ausgelöst worden seien. Seien Veräußerer und Erwerber identisch gewesen, so habe sich allein durch diese Gestaltung eine Steuerersparnis ergeben. Im Streitfall sei die Sachlage jedoch anders. Da keine Veräußerung vorliege, soweit A und B an der KG-D beteiligt seien, seien insoweit auch keine stillen Reserven aufzudecken und entstehe bei der KG-D kein Abschreibungspotential. Der Verhinderung eines Missbrauchs bedürfe es nicht. Der Veräußerungsgewinn und der Ergänzungsbilanzmehrwert seien wie folgt zu ermitteln:

 AB
Gezahlt... DEM... DEM
Minderung um nicht verkaufte Anteile-.. DEM-.. DEM
abzgl. Kapitalkonto insgesamt-.. DEM-.. DEM
zzgl. auf nicht verkauften Anteil  
entfallendes KapKto... DEM... DEM
Veräußerungsgewinn... DEM... DEM
Zusammen... DEM

Zu den Hintergründen der hier streitigen Vorgänge hat die Klägerin vorgetragen, dass es sich um eine Strukturbereinigung des E-Konzerns gehandelt habe. Es sei dabei vor allem um den Aktienbesitz an der E Aktiengesellschaft ... und an der E GmbH gegangen, die bislang zum Teil von Mitgliedern der Familie E persönlich gehalten worden seien, zum Teil über verschiedene Beteiligungsgesellschaften. Im Zuge einer Vereinheitlichung dieser Strukturen habe man die Beteiligungen an den beiden genannten Gesellschaften jeweils in einer Kommanditgesellschaft zusammengefasst. Dabei habe man sich für die zeitliche Staffelung der Vorgänge - Übernahme der Anteile am ...1998 und Aufnahme einer GmbH als neuem und alleinigem zur Geschäftsführung befugten Komplementär am ...1998 - entschieden, um die Wirkung des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG auszuschließen. Den Beteiligten habe es freigestanden, diese für sie steuerlich günstigere Vorgehensweise zu wählen; sie seien nicht verpflichtet gewesen, eine für sie steuerlich nachteilige Gestaltung durchzuführen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 13.07.2005 aufzuheben und den Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie den Bescheid für 1999 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 06.06.2002 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb von bisher ... DM um ... DM auf ... DM herabgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt Bezug auf die Begründung der Einspruchsentscheidung vom 13.07.2005 und erwidert ergänzend: Da es sich bei der Beteiligung an der Klägerin um eine Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft handle, führe der Erwerb dieser Beteiligung durch die KG-D dazu, dass diese "uno actu" in die Mitunternehmerstellung der Veräußerer eintrete und nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG gewerblich "infiziert" werde. Der Eintritt in die Mitunternehmerstellung und die gewerbliche Infizierung seien ein einheitlicher Vorgang, in dem sich kein Platz für eine logische Sekunde finde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen des Beklagten Bezug genommen.

Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 30.06.2008 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2008 wird ebenfalls Bezug genommen.

Dem Gericht haben folgende Akten vorgelegen: Gewinnfeststellungsakten und Gewerbesteuerakten, Band VI; Akte "Arbeitsbogen", 1996 bis 1999; Betriebsprüfungsakte; Rechtsbehelfsakte; ein Hefter mit Gesellschaftsverträgen, Gesellschafterbeschlüssen und Vollmachten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten ( § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Zutreffend hat der Beklagte die streitbefangenen Veräußerungsgewinne anteilig, in Höhe der jeweiligen Beteiligung von A und B an der KG-D, gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufende Gewinne erfasst.

1. Gemäß § 16 und § 34 EStG werden Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils begünstigt besteuert. Zu den hiernach begünstigten Gewinnen gehören gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die bei der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters erzielt werden, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist ( § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Veräußerungsgewinn in diesem Sinne ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Dieser Wert ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 zu ermitteln. Ungeachtet dessen gilt der Gewinn gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG insoweit als laufender Gewinn, als auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind.

2. Im Streitfall haben A und B ihre Anteile an der Klägerin, an der sie bislang als Mitunternehmer beteiligt gewesen sind, an die KG-D veräußert. Um eine Veräußerung nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts handelt es sich insbesondere auch insoweit, als A und B im Zeitpunkt der Veräußerung selbst an der KG-D beteiligt gewesen sind.

a) Veräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG ist jede entgeltliche Übertragung des bürgerlich-rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums an Wirtschaftsgütern auf ein anderes Rechtssubjekt (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.1992 - VIII R 7/90, BStBl. II 1993, 228).

Das erwerbende Rechtssubjekt kann eine natürliche oder eine juristische Person sein, grundsätzlich aber auch eine Personengesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 31.07.1991 - VIII R 23/89, BStBl. 1992, 375). So fallen unter § 16 Abs. 1 EStG beispielsweise auch die Veräußerung eines Gewerbebetriebs durch eine Personengesellschaft an eine andere - ganz oder teilweise - beteiligungsidentische Personengesellschaft (vgl. Geissler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG § 16 Anm. 61; Hörger/Rapp in: Littmann/Bitz/Pust, EStG § 16 Rn. 42 - beide mit weiteren Nachweisen) und ebenso die Veräußerung an einen an der veräußernden Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter (soweit die Veräußerung zu fremdüblichen Bedingungen erfolgt - vgl. etwa BFH-Urteil vom 20.02.2003 - III R 34/01, BStBl. II 2003, 700; ferner: Schmidt/Wacker, EStG § 16 Rn. 20 ff. und 110 ff.).

Handelt es sich bei dem Erwerber allerdings um eine (nur) vermögensverwaltende Personengesellschaft, an der der Veräußerer selbst als Gesellschafter beteiligt ist, scheitert die Annahme einer Veräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG in Höhe der eigenen Beteiligung des betreffenden Gesellschafters am Gesamthandsvermögen regelmäßig an § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. Abweichend davon bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, dass Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet werden, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist (sog. Bruchteilsbetrachtung). Im Falle einer gewerblich tätigen Personengesellschaft wird diese Bestimmung durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG überlagert, so dass es bei der Regelzurechnung des § 39 Abs. 1 AO bleibt (zu den Einzelheiten: Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 AO Tz. 90 f.; Klein/Brockmeyer, AO, § 39 Rz. 43 f.). Im Falle einer nicht gewerblich tätigen Personengesellschaft hingegen folgt aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, dass für die Zwecke des Einkommensteuerrechts der übertragende Gesellschafter nach erfolgter Übertragung in Höhe seiner eigenen Beteiligung - immer noch - als Eigentümer des von der Gesamthand erworbenen Wirtschaftsguts anzusehen ist. Insoweit fehlt es also im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Veräußerung in § 16 Abs. 1 EStG an der erforderlichen Übertragung des Eigentums auf ein anderes Rechtssubjekt (vgl. BFH-Urteile vom 02.04.2008 - IX R 18/06, BStBl. II 2008, 679; und vom 05.07.2005 - VIII R 65/02, BStBl. II 2006, 160).

b) Im Streitfall sind die von A und B veräußerten Anteile an der Klägerin in voller Höhe auf die KG-D als - auch einkommensteuerrechtlich anzuerkennendes - eigenständiges Rechtssubjekt übergegangen. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ist hier nicht anzuwenden.

aa) Unstreitig ist die KG-D jedenfalls bis zum Erwerb der Anteile an der Klägerin nur vermögensverwaltend tätig gewesen. Unstreitig ist auch, dass der Erwerb der Anteile zivilrechtlich als Veräußerung konzipiert und durchgeführt worden ist, also als (kausalrechtlicher) Kaufvertrag mit (dinglicher) Anteilsübertragung.

bb) Bereits mit dem Erwerb der Anteile an der Klägerin ist die Tätigkeit der KG-D gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in eine gewerbliche Tätigkeit umqualifiziert worden.

Da die KG-D durch die Beteiligung an der Klägerin gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht, fällt sie unter die zweite Tatbestandsalternative des Abs. 3 Nr. 1. Diese Regelung ist durch das Jahressteuergesetz 2007 geschaffen worden. Sie ist gemäß § 52 Abs. 32 a EStG auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden und gilt somit für das Streitjahr. Da § 15 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG lediglich die bis zum Urteil des Bundesfinanzhofs vom 06.10.2004 (IX R 53/01, BStBl. II 2005, 383) gängige Rechtspraxis kodifiziert, konnte - jedenfalls in Bezug auf Gestaltungen, die auf das hier maßgebliche Streitjahr 1998/1999 zurückgehen - kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand des alten Rechts entstehen. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG bestehen daher nicht (s. hierzu im Einzelnen FG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2007 - 14 V 1366/07 A, EFG 2008, 62, rechtskräftig; vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15.10.2008 - 1 BvR 1138/06, unter III. 1; BFH-Urteil vom 14.03.2006 - I R 1/04, BStBl. II 2006, 549, unter II. 4; ferner: Schmidt/Wacker, EStG § 15 Rz. 189; a. A.: Kirchhof/Reiß, EStG § 15 Rn. 140 a; Korn/Carlé, EStG § 15 Rz. 12.6).

cc) Die Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG tritt gleichzeitig mit der des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ein.

Das Tatbestandsmerkmal der Veräußerung in § 16 Abs. 1 Satz 1 EStG ist nicht schon mit Abschluss des schuldrechtlichen Kausalgeschäft, sondern erst in dem Augenblick der dinglichen Erfüllung vollendet (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.1992 - VIII R 7/90, BStBl. II 1993, 228; Geissler in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG § 16 Anm. 60; Schmidt/Wacker, EStG § 16 Anm. 24 u. 220). Im Falle einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen, die als schlichter Rechtsübergang keiner weiteren Vollzugsakte bedarf (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.1992 a.a.O.), tritt die Erfüllung des Veräußerungsgeschäfts zu dem Zeitpunkt ein, zu dem der Erwerber die betreffenden Anteile übernimmt.

Gleichermaßen erfolgt die Umqualifizierung von Einkünften einer bislang nur vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unmittelbar mit der Übernahme der mitunternehmerischen Beteiligung. Es gibt also kein gedankliches Nacheinander, auch nicht in Form einer sog. "logischen Sekunde".

Findet somit im Augenblick der Veräußerung eine gewerbliche Prägung statt bzw. werden die Anteile an der Klägerin im Zeitpunkt der gewerblichen Prägung veräußert, ist kein Raum mehr für eine Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO; denn bereits von diesem Zeitpunkt an gilt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Das bedeutet, dass eine "getrennte Zurechnung für die Besteuerung" im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht (mehr) erforderlich ist. Folglich bleibt es bei der Regelzurechnung des § 39 Abs. 1 AO. Die veräußerten Anteile an der Klägerin sind daher auch einkommensteuerrechtlich ab dem Zeitpunkt der Veräußerung der KG-D zuzurechnen mit dem Ergebnis, dass ein Rechtsträgerwechsel stattgefunden hat.

dd) Nur ergänzend weist der erkennende Senat auf Folgendes hin: Selbst wenn man die Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG verneinte oder davon ausginge, dass eine gewerbliche Prägung erst im Anschluss an den Veräußerungsvorgang hätte stattfinden können, und auch dann, wenn man beide Annahmen kumulierte, bliebe es gleichwohl bei dem hier gewonnenen Ergebnis. In diesem Fall wäre die KG-D einen Tag nach dem Erwerb der Anteile, d.h. mit dem Eintritt der K-GmbH als alleinigem persönlich haftenden und zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter, gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt worden. Beide Ereignisse, die Übernahme der Anteile durch die KG-D am ...1998 und der Eintritt der K-GmbH am ...1998, beruhen auf einer einheitlichen Planung und sind in einem engen zeitlichen Zusammenhang verwirklicht worden. Sie sind daher einkommensteuerrechtlich als einheitlicher Vorgang zu werten (vgl. dazu etwa BFH-Urteile vom 06.09.2000 - IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229; und vom 06.12.2000 - VIII R 21/00, BStBl. II 2003, 194) mit der Folge, dass die Anteile ungeachtet der zeitlichen Verschiebung von einem Tag im Ergebnis an eine mitunternehmerisch tätige Personen(handels)gesellschaft veräußert worden sind. Auch in diesem Fall lägen somit ein Rechtsträgerwechsel und eine Veräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG vor.

c) Im Streitfall haben A und B die Anteile an der Klägerin als Mitunternehmer veräußert und sie haben sie, soweit sie an der KG-D beteiligt sind, auch als Mitunternehmer erworben. In Höhe ihrer jeweiligen Beteiligung an der KG-D gilt daher der erzielte Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn.

aa) Der Klägerin ist zuzugeben, dass der Wortlaut des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG mit der Formulierung "soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind", auf den ersten Blick den Schluss nahe legt, dass (auch) der Erwerber schon vor dem maßgeblichen Erwerb Unternehmer (gewesen) sein muss. Dieser Schluss ist allerdings nicht zwingend. Dem Wortlaut nach kann die gesetzliche Regelung auch so verstanden werden, dass Veräußerer und Erwerber dann Mitunternehmer im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG "sind", wenn der Veräußerer bis zum Zeitpunkt der Veräußerung und der Erwerber ab dem Zeitpunkt des Erwerbs Mitunternehmer ist (so im Ergebnis wohl auch Schmidt/Wacker, EStG § 16 Rn. 97). Diese Voraussetzung ist, wie oben (unter 2. b) dargelegt, im Streitfall erfüllt.

Für die letztgenannte Auslegung spricht zunächst, dass jedenfalls der Veräußerer die gewerbliche Tätigkeit, die Gegenstand der Veräußerung ist, mit der Veräußerung einstellen muss; denn die Beendigung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit ist selbständiges Tatbestandsmerkmal des § 16 EStG (vgl. Geissler in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG § 16 Anm. 66 u. 136; Schmidt/Wacker, EStG § 16 Rz. 97 - beide mit weiteren Nachweisen). Ob der Veräußerer daneben einen weiteren Gewerbebetrieb unterhält oder nach der Veräußerung eine andere gewerbliche Tätigkeit aufnimmt (die mit der bisherigen Tätigkeit allerdings wirtschaftlich nicht identisch sein darf), ist für die Anwendung des § 16 EStG unwesentlich. Warum man demgegenüber von dem Erwerber verlangen sollte, dass er schon vor dem Zeitpunkt der Veräußerung gewerblich tätig gewesen sein muss, erschließt sich dem erkennenden Senat nicht.

Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung bestätigen dies. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG soll Gestaltungen nach dem sogenannten Aufstockungsmodell ausschließen. Nach diesem Modell wurden Betriebe oder dem Betrieb dienende Wirtschaftsgüter unter Ausnutzung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG und des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG an eine Personengesellschaft, an der der Veräußerer selbst beteiligt war, veräußert oder in diese eingebracht, um dem Veräußerer die Möglichkeit zu geben, die um die stillen Reserven aufgestockten Wirtschaftsgüter bei der erwerbenden Gesellschaft - nochmals - abzuschreiben (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil vom 15.06.2004 - VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754, mit weiteren Nachweisen). Die Begünstigung des Gewinns aus der Veräußerung soll durch § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG insoweit ausgeschlossen werden, als die Aufstockung künftig den grundsätzlich tarifbesteuerten Gewinn des "erwerbenden Veräußerers" mindern würde (vgl. Groh DB 1996, 2365 ; Schmidt/Wacker, EStG § 16 Rz. 3). Ob der "erwerbende Veräußerer" schon vor dem Zeitpunkt der Veräußerung anderweitig mitunternehmerisch tätig gewesen ist, ist im Hinblick auf diese Zielsetzung ohne Bedeutung.

bb) Aber auch dann, wenn man dieser Auslegung des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht folgen wollte, käme man im Streitfall gleichwohl zu demselben Ergebnis.

Denn auch insoweit muss nach Auffassung des erkennenden Senats berücksichtigt werden, dass das Ziel der hier streitigen Vorgänge die Fortsetzung der mitunternehmerischen Betätigung von A und B in einem anderen Gewand gewesen ist. Um dieses Ziel zu erreichen ist der Übergang der Beteiligungen an der Klägerin auf die KG-D als Veräußerungsvorgang unter Aufdeckung der stillen Reserven geplant und umgesetzt worden. Der "Mehrwert" der Anteile ist als Firmenwert in einer Ergänzungsbilanz erfasst und abgeschrieben worden. In einem (sehr) engen zeitlichen Zusammenhang mit diesen Vorgängen ist die KG-D durch den Eintritt der K-GmbH zu einer gewerblich geprägten Personengesellschaft geworden. Damit wurde im Ergebnis - wenn auch versetzt um einen Tag - genau der Sachverhalt verwirklicht, auf den die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG abzielt. Der Senat würde daher auch im Hinblick auf § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG die Ereignisse vom ... und vom ...1998 als einheitlichen - weil auf einem einheitlichen Gesamtplan beruhenden - Vorgang werten, der den Tatbestand der genannten Regelung erfüllt.

Unter diesem Gesichtspunkt könnte man schließlich auch noch einmal an das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 39 AO (s. o.: 2. a) anknüpfen. Nach der Rechtsprechung des BFH muss der Gedanke der Einheit der Personengesellschaft - und damit die Regelzurechnung des § 39 Abs. 1 AO - (nur) dann hinter der Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zurücktreten, wenn ein Durchgriff durch die zivilrechtliche Struktur der Gesamthand im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung erforderlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 05.07.2005 - VIII R 65/02, BStBl. II 2006, 160 - unter II. 2. c) bb) (3)). Die sachlich zutreffende Besteuerung ist aber hier im Hinblick auf § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG die anteilige Erfassung des an sich begünstigten Veräußerungsgewinns als laufenden Gewinn.

d) Zutreffend hat daher der Beklagte aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG den Veräußerungsgewinn des A (unstreitig ... DM) in Höhe dessen Beteiligung an der KG-D von 4,6511% (... DM) als laufenden Gewinn erfasst und die Abschreibungen auf den Firmenwert entsprechend korrigiert. Das gleiche gilt für den Veräußerungsgewinn des B (ebenfalls unstreitig ... DM) in Höhe dessen Beteiligung an der KG-D von 48,8372% (... DM).

3. Der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft unterliegt, soweit er nach § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn zu erfassen ist, der Gewerbesteuer. Daher erfolgte auch die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids vom 06.06.2008 zu Recht. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das Urteil des BFH vom 15.06.2004 (VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754) Bezug genommen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

5. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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