Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 05.05.2008
Aktenzeichen: 6 K 24/05
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 129
EStG § 16 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hamburg

6 K 24/05

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Korrektur eines Steuerbescheids nach § 129 AO und über die Berücksichtigung eines Freibetrags für Veräußerungsgewinne nach § 16 Abs. 4 EStG.

Der 1926 geborene Kläger ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Mit Kaufvertrag vom 23.07.1996 hatte er mit Wirkung zum 01.01.1997 einen Teilbetrieb ("Außenstelle D") seiner Steuerberater- und Wirtschaftsprüfersozietät für 50.000,00 DM an eine GmbH veräußert, an der er selbst mehrheitlich beteiligt war. Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997 hatte er die Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe des Veräußerungsgewinns (= Veräußerungspreis) nach § 16 Abs. 4 EStG beantragt. Der Beklagte hatte diesen Freibetrag antragsgemäß mit dem Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 15.09.1999 berücksichtigt.

Im Streitjahr 2001 veräußerte der Kläger einen weiteren Teilbetrieb seiner Steuerberater- und Wirtschaftsprüfersozietät (in Hamburg) an die nämliche GmbH für 77.999,00 DM. Mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 beantragte er wiederum die Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe des Veräußerungsgewinns nach § 16 Abs. 4 EStG.

Im Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 24.04.2003 wurde weder ein Veräußerungsgewinn erfasst noch ein Freibetrag berücksichtigt.

Nach Erhalt einer (hier nicht streitigen) Mitteilung für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erließ der Beklagte am 13.05.2003 einen Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2001. Mit diesem Bescheid wurden nicht nur die gesondert festgestellten Einkünfte des Klägers erfasst; berücksichtigt wurde auch - erstmalig - der ungeminderte Veräußerungsgewinn in Höhe von 77.999,00 DM. Zur Begründung der Änderungen wurde in dem Bescheid auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sowie auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO verwiesen.

In der Steuerakte findet sich zu diesen Vorgängen eine Hinweismitteilung vom 30.04.2003; darin heißt es:

"Einkommensteuer-Veranlagung 2001

Abbruchhinweis

09/XXXX

Zur Kennzahl 22.24 wurde der Veräußerungsgewinn eingetragen, für den ein Veräußerungsfreibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG zu gewähren ist. Es wurde jedoch bereits ein Freibetrag in einem anderen Veranlagungszeitraum gewährt oder bei einer anderen Einkunftsart für diesen Steuerpflichtigen beantragt (§ 16 Abs. 4 Satz 2 EStG). Der Veräußerungsgewinn ist in der Kennzahl für die übrigen Veräußerungsgewinne einzutragen."

Handschriftlich ist auf der Hinweismitteilung vermerkt: "Bei Auswertung der Mitteilung fiel mir auf, dass der Veräußerungsgewinn nicht eingegeben wurde. Bei dessen Eingabe wurde der Abbruchhinweis (siehe oben) ausgeworfen". Der Hinweis ist mit einem Namenszeichen der Sachbearbeiterin und mit dem Datum 30.04.2003 versehen.

Gegen den geänderten Bescheid legte der Kläger am 15.05.2003 Einspruch ein und machte geltend, dass der Beklagte zu Unrecht einen Freibetrag in Höhe von 50.000,00 DM nicht berücksichtigt habe. Es sei zwar richtig, dass ihm bereits im Jahr 1997 ein Freibetrag von 50.000,00 DM gewährt worden sei. Damit sei jedoch die Grenze des für das Streitjahr geltenden Freibetrags von 100.000,00 DM nicht erreicht. Bei der Veräußerung der Restpraxis sei daher ein (Rest-)Freibetrag von 50.000,00 DM zu berücksichtigen. Den Umstand, dass der Veräußerungsgewinn erstmalig mit dem Änderungsbescheid erfasst worden war, griff der Kläger nicht auf.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 05.01.2005 zurück. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, der Veräußerungsgewinn in Höhe von 77.999,00 DM sei zunächst versehentlich nicht erfasst worden; die erneute Berücksichtigung eines Freibetrags sei nach § 16 Abs. 4 EStG ausgeschlossen.

Am 31. Januar 2005 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, eine Änderung des Bescheides sei ausgeschlossen. Der Beklagte habe sich zunächst auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO berufen und erst in der Einspruchsentscheidung darauf verwiesen, dass der erklärte Veräußerungsgewinn versehentlich nicht erfasst worden sei. Tatsächlich komme eine Änderung nach § 129 AO nicht in Betracht. Ungeachtet dessen ergebe sich hinsichtlich des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG aus dem Gesetz nur, dass der Betrag von 100.000,00 DM nicht mehrmals gewährt werden dürfe. Gleichwohl stehe der Betrag von 100.000,00 DM jedem Steuerpflichtigen in voller Höhe zu. Dabei sei unerheblich, ob ein ganzer Gewerbebetrieb, ein Teilbetrieb oder ein Unternehmensteil aufgegeben oder veräußert werde. Er selber beantrage auch gar nicht die mehrmalige Inanspruchnahme; er wolle den ihm zustehenden Betrag nur einmal, allerdings in voller Höhe ausschöpfen. Das Finanzamt verhalte sich so, als stünde in § 16 Abs. 4 EStG, der Freibetrag könne nur "auf einmal" gewährt werden, oder, "ein" Freibetrag sei dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren. Tatsächlich laute die Vorschrift: "Der Freibetrag ist nur einmal zu gewähren ...", und dies beziehe sich auf die für das Streitjahr geltende Höhe von 100.000,00 DM.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

die Einspruchsentscheidung vom 05.01.2005 aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 13.05.2003 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn in Höhe von 77.999,00 DM nicht erfasst wird,

hilfsweise,

den Veräußerungsgewinn 2001 in Höhe von 77.999,00 DM um den Freibetrag von 50.000,00 DM zu vermindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die Änderung des streitigen Einkommensteuerbescheids sei irrtümlich zunächst auf § 172 AO gestützt worden. Tatsächlich sei die Änderung nach § 129 AO erfolgt. Die zuständige Veranlagungsbeamtin habe bei der Übertragung der erklärten Einkünfte in den Eingabewertbogen den Veräußerungsgewinn schlicht übersehen. Jede Zahl, die die Beamtin habe erfassen wollen, habe sie in der Erklärung mit einem Kreuz versehen; nur bei dem Veräußerungsgewinn fehle dieses Kreuz. Bestätigt werde ein Versehen auch durch den handschriftlichen Vermerk der Beamtin vom 30.04.2003. Damit sei der Ausgangsbescheid für die Kläger "offenbar" unrichtig gewesen. Denn der Kläger, der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sei, habe einen Veräußerungsgewinn von 77.999,00 DM erklärt, der bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens tatsächlich nicht aufgeführt werde. Hinsichtlich des Freibetrags verweist der Beklagte im Wesentlichen auf den Wortlaut des § 16 Abs. 4 Satz 2 EStG, der eine erneute Inanspruchnahme ausdrücklich ausschließe.

Der Streitfall ist mit den Beteiligten am 11. Juli 2007 erörtert worden (s. dazu Niederschrift über den Erörterungstermin, Bl. 27 f. der Gerichtsakte).

Nach Akteneinsicht haben die Kläger auf die Ausführungen des Beklagten zu § 129 AO erwidert, das Datenblatt zu dem Systemabbruch vom 30.04.2003 belege, dass die Eingabe des Veräußerungsgewinns nicht vergessen worden sei.

Im Hinblick auf diese Erwiderung hat der Berichterstatter den Bevollmächtigten der Kläger darauf hingewiesen, dass das Datenblatt vom 30.04.2003 im Zusammenhang mit dem Änderungsbescheid vom 13.05.2003 erzeugt worden sei, nicht im Zusammenhang mit dem Ausgangsbescheid vom 24.4.2003. Zu letzterem lägen zwar auch Hinweismitteilungen vom 10. und 11.04.2003 vor; diese enthielten jedoch keine Angaben zur Erfassung des Veräußerungsgewinns. Der Bevollmächtigte der Kläger wollte sich gleichwohl nicht erneut zu dieser Frage äußern.

Mit Schriftsätzen vom 14.04.2008 und vom 15.04.2008 haben die Beteiligten erklärt, dass sie auf mündliche Verhandlung verzichten.

Dem Gericht haben folgende Akten vorgelegen:

Einkommensteuerakten Band IX und XI,

Bilanz- und Berichtsakte, Band II,

Akte "Verträge"

und Rechtsbehelfsakte.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Der Ausgangsbescheid vom 24.04.2003 durfte nach § 129 AO geändert werden.

Die Finanzbehörde kann gemäß § 129 AO Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne sind mechanische Fehler, die ebenso mechanisch wie Schreib- oder Rechenfehler, d.h. ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden können (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 10.07.2007 - XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810, mit weiteren Nachweisen). Zu solchen mechanischen Fehlern gehören insbesondere auch Ablese- und Übertragungsfehler wie das Übersehen erklärter Besteuerungsgrundlagen (vgl. Tipke in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 129 AO Rz. 20 mit weiteren Nachweisen). Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm ebenso wie eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit aus. § 129 AO ist ferner nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht (BFH-Urteil vom 29.01.2003 - I R 20/02, BFH/NV 2003, 1139, mit weiteren Nachweisen). Zudem muss der Fehler auf der Hand liegen, also durchschaubar, eindeutig oder augenfällig sein. Dazu ist nicht erforderlich, dass die Unrichtigkeit aus dem Bescheid selbst erkennbar ist. Es genügt, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhaltes für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkannt werden kann (BFH-Urteil vom 29.01.2003 a.a.O.).

Im Streitfall hat es die zuständige Sachbearbeiterin unterlassen, den von dem Kläger erklärten Veräußerungsgewinn zu erfassen. Dieses Unterlassen stellt einen mechanischen Übertragungsfehler dar, der als ähnliche offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO berichtigt werden durfte. Das wird nicht nur durch den handschriftlichen Vermerk der Sachbearbeiterin vom 30.04.2003 auf dem maschinell erzeugten Abbruchhinweis über die bereits erfolgte Berücksichtigung eines Freibetrags in einem früheren Veranlagungszeitraum bestätigt, sondern auch durch den Umstand, dass die zuständige Sachbearbeiterin, wie von dem Beklagten vorgetragen, alle in der Erklärung des Klägers angegebenen und von ihr bei der Bearbeitung der Erklärung eingegebenen Beträge mit einem Kreuz versehen hat. Dabei ist offensichtlich derselbe Stift verwendet worden wie für die übrigen Eintragungen auf dem Erklärungsvordruck (einschließlich der Verfügung auf dem Mantelbogen) und ebenso für den Vermerk auf der im Anschluss an die Eingabe produzierten Hinweismitteilung vom 10.04.2003. Lediglich der von dem Kläger erklärte Veräußerungsgewinn ist nicht mit einem entsprechenden Kreuz versehen.

Dass die Nichtbeachtung des Veräußerungsgewinns in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht, hält der Senat für ausgeschlossen. Hätte die Sachbearbeiterin irrtümlich angenommen, dass dem Kläger bislang noch kein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG gewährt worden sei, so hätte sie gleichwohl den Veräußerungsgewinn konsequenterweise eingeben müssen mit der Folge, dass dieser ebenso wie der abzuziehende Freibetrag in dem Bescheid ausdrücklich aufgeführt worden wäre. Dies lässt sich anhand des Einkommensteuerbescheids 1997 vom 15.09.1999 ohne weiteres nachvollziehen.

Als dritter - theoretisch möglicher - Handlungsablauf bliebe nur, dass die zuständige Sachbearbeiterin nicht nur irrtümlich angenommen hätte, dem Kläger sei bislang noch kein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG gewährt worden, sondern darüber hinaus auch irrtümlich davon ausgegangen wäre, dass in einem solchen Fall der Veräußerungsgewinn (maschinell) überhaupt nicht zu erfassen sei. Da aber in dem Erklärungsvordruck für den Veräußerungsgewinn eine eigene Kennzahl angegeben wird, so dass in dem Augenblick, in dem ein Sachbearbeiter den Veräußerungsgewinn wahrnimmt, auch deutlich wird, dass dieser bei der Auswertung der Erklärung einzugeben ist, schließt der erkennende Senat diesen Geschehensablauf aus.

Als einzige plausible Erklärung für den in dem Bescheid vom 24.04.2003 nicht erfassten Veräußerungsgewinn bleibt somit ein Ablese- und Übertragungsfehler. Dieser Fehler war auch offenbar im Sinne des § 129 AO. Denn insbesondere bei einem Vergleich mit der Behandlung des für 1997 beantragten Freibetrags in dem Einkommensteuerbescheid 1997 vom 15.09.1999 ist der Fehler klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit zu erkennen.

2. Für den für das Streitjahr erklärten Veräußerungsgewinn ist dem Kläger kein Freibetrag zu gewähren.

Bei Steuerpflichtigen, die das 55. Lebensjahr vollendet haben oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig sind, wird ein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 EStG gemäß Abs. 4 Satz 1 dieser Vorschrift (in der für das Streitjahr 2001 geltenden Fassung) auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 100.000,00 Deutsche Mark übersteigt. Gemäß Abs. 4 Satz 2 der Vorschrift ist der Freibetrag dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass die in § 16 Abs. 4 Satz 2 EStG gewählte Formulierung zumindest auf den ersten Blick auch die von ihm gewählte Auslegung zulässt. Gleichwohl bedeutet hier "einmal", dass der genannte Betrag nur "einmal im Leben" gewährt werden kann und demzufolge grundsätzlich nur ein Veräußerungsvorgang begünstigt ist. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang mit Abs. 4 Satz 1 bzw. aus der Verwendung des Rechtsbegriffs "Freibetrag". Denn ein Freibetrag ist systematisch eine dem Betrag nach begrenzte sachliche Steuerbefreiung an sich steuerpflichtiger Einkünfte. Die Grundaussage einer Freibetrags-Regelung lautet daher: "Bis zu einem Betrag von X DM/EUR sind die an sich steuerpflichtigen Einkünfte steuerfrei." Dabei gilt diese Befreiung wegen des Jahressteuerprinzips (§ 2 Abs. 7 EStG) bezogen auf ein bestimmtes Jahr. Nimmt der Steuerpflichtige den Freibetrag in Anspruch, ohne ihn vollständig auszuschöpfen, so ist ihm gleichwohl der betreffende Freibetrag bis zu der gesetzlich festgelegten Höhe in dem betreffenden Jahr gewährt worden. Es gibt demzufolge keinen "Restfreibetrag", der sich auf einen späteren Veranlagungszeitraum übertragen ließe. Dementsprechend kann etwa auch der Sparerfreibetrag des § 20 Abs. 4 EStG zwar jedes Jahr bis zu der genannten Höhe erneut geltend gemacht werden. Nicht ausgeschöpfte Beträge lassen sich jedoch nicht auf Folgejahre übertragen. Wenn aber in § 16 Abs. 4 Satz 1 EStG - anders als in § 20 Abs. 4 EStG - ausdrücklich eine nur einmalige Gewährung gesetzlich vorgeschrieben ist, kommt ein erneuter Rückgriff auf diese Bestimmung zur Ausnutzung eines bislang nicht genutzten "Restbetrags" in einem späteren Veranlagungszeitraum nicht in Betracht (so im Ergebnis auch Kohor in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Anm. 530; Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz. 581; Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rn. 508; Stuhrmann in Blümich, § 16 EStG Rn. 451; Stahl in Korn, § 16 EStG Rn. 418; Kanzler, FR 1995, 851, 852; ferner: R 16 Abs. 13 Satz 4 EStR 2005; R 139 Abs. 13 Satz 4 EStR 2001 - a.A.: wohl Kauffmann in Frotscher, § 16 EStG Rn. 257)

Lediglich Veräußerungsfreibeträge, die bereits für Veräußerungen vor dem 1. Januar 1996 in Anspruch genommen wurden, bleiben gemäß § 52 Abs. 34 Satz 5 Halbsatz 2 EStG unberücksichtigt.

Etwas anderes kann ausnahmsweise (nur) dann gelten, wenn sich ein Freibetrag steuerlich überhaupt nicht auswirkt bzw. gemäß § 16 Abs. 4 Satz 3 auf 0 DM/EUR gekürzt wird (vgl. Kohor in Herrmann/Heuer/Raupach § 16 EStG Anm. 530) oder wenn sich eine Veräußerung bzw. Aufgabe über zwei Veranlagungszeiträume erstreckt (Kanzler, FR 1995, 851, 852; EStH 16 (13) - BMF vom 20. Dezember 2005, BStBl. I 2006, 7). Letzteres trifft auf den Streitfall schon deshalb nicht zu, weil es sich hier um zwei separate Veräußerungen handelt, eine aus dem Jahr 1997 und eine aus dem Streitjahr 2001.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 135 Abs. 1 und § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

Zurück